NR-1 Deep Submergence Craft

NR-1 Deep Submergence Craft
NR-1 2007 mit an Deck stehender Besatzung im Golf von Mexiko
NR-1 2007 mit an Deck stehender Besatzung im Golf von Mexiko
Geschichte
Kiellegung 10. Juni 1967
Stapellauf 25. Januar 1969
Indienststellung 27. Oktober 1969
Außerdienststellung 21. November 2008
Technische Daten
Verdrängung

400 Standard-Tonnen

Länge

45,7 m

Breite

4,2 m

Tiefgang

4,6 m

Tauchtiefe ca. 915 m
Besatzung

Fünf Mann Besatzung, zwei Wissenschaftler

Antrieb

Ein Kernreaktor, zwei Propeller

Geschwindigkeit

3,5 Knoten getaucht

Die NR-1 war ein Forschungs-U-Boot der United States Navy. Sie was das einzige atomgetriebene Forschungs-U-Boot, was ihr wochenlange Tauchfahrten erlaubte. Die NR-1 wurde 1969 in Betrieb genommen und am 21. November 2008 deaktiviert. Im Kalten Krieg erledigte sie Missionen, die der Geheimhaltung unterliegen, in der folgenden Zeit wurde sie vermehrt auch für zivile Zwecke eingesetzt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Planung und Bau

Der Bau der NR-1 wurde Anfang der 1960er Jahre unter höchster Geheimhaltung durch John Piña Craven und Hyman Rickover vorangetrieben. 1965 kündigte Präsident Lyndon B. Johnson an, dass die Navy ein atomgetriebenes Forschungs-U-Boot bauen wolle und betonte dabei vor allem die Vorteile, die die Antriebsanlage bei der Erforschung des Meeresgrundes bieten würde.[1] Das zur Entwicklung benötigte Geld zweigte Rickover teilweise von anderen Projekten, wie einem Finanzierungskorb des Polaris-Projekts ab, um die oft langwierige Bewilligung durch den Kongress zu umgehen und möglichst wenig über das Schiff an die Öffentlichkeit dringen zu lassen.[2] Bis zum Stapellauf wurden für das Projekt 99,2 Millionen US-Dollar aufgewendet, davon 67,5 Millionen für den Bau, 19,9 Millionen für Sensoren und 11,8 Millionen für die Entwicklung und Forschung, die betrieben wurde. Die Gesamtkosten wurden von der Navy nie öffentlich gemacht.[2]

Im Sommer 1967 wurde die NR-1 auf Kiel gelegt, Bauwerft war Electric Boat. Anfang 1969 lief das Forschungs-U-Boot vom Stapel, Taufpate war Rickover persönlich. Den Sommer über teste die Navy das Boot und nahm es noch im selben Jahr in Betrieb, stellte es aber nie offiziell in Dienst So wurde es nicht auf die vom Kongress genehmigte Flottengröße angerechnet und zusätzlich der Kontrolle der Politik entzogen, so dass Rickover sich den maximal möglichen Einfluss auf „sein“ Boot sichern konnte. Außerdem bekam das Boot nie einen Namen zugewiesen. Innerhalb der Navy wird es Nervin genannt, als schnelle Aussprache der Nummer. Heimatstützpunkt ist die Naval Submarine Base New London.

Einsätze

Die Crew verlässt die NR-1 2008 nach der letzten Fahrt

Die NR-1 war seit 1969 an mehreren Forschungs- und Bergungsoperationen beteiligt, viele der militärischen Einsätze im kalten Krieg unterliegen allerdings der Geheimhaltung. Zu solchen Einsätze dürfte neben der Bergung von militärisch bedeutenden Gegenständen gegnerischer Streitkräfte vom Meeresboden auch die Wartung von Sensoren des SOSUS-Lauschsystems gehört haben.[2] Bekannt geworden sind jedoch insbesondere mehrere zivile Fahrten der NR-1.

Einige der militärischen Einsätze sind öffentlich bekannt geworden. Dazu zählt einer der ersten Einsätze 1970. Die NR-1 in den Gewässern um die Azoren, wo sie beim Aufbau der Azores Fixed Acoustic Range half, einer NATO-Installation zur Erforschung von Schallausbreitung unter Wasser. Obwohl das Boot öffentlich einsehbar im Hafen von Ponta Delgada lag, drängte Rickover darauf, es aus sämtlichen Pressemitteilungen herauszuhalten.[2]. Bekannt geworden ist außerdem, dass die Navy die NR-1 einsetzte, um eigene Technologie vom Meeresgrund zu bergen. 1976 rollte eine F-14 Tomcat mit den damals recht neuen Langstreckenraketen vom Typ AIM-54 Phoenix vom Flugdeck der USS John F. Kennedy (CV-67) und lag rund 500 Meter tief unter der Wasseroberfläche. Die NR-1 barg damals sensible Teile, unter anderem die Raketen, von dem Wrack. 1994 unterstützte die NR-1 die Air Force bei den Untersuchungen der Absturzursache bezüglich einer F-15 Eagle, indem sie die Schleudersitze und weitere Ausrüstung barg. Die US-Streitkräfte konnten so zusätzlich erreichen, dass diese Wracks und deren Ausrüstung nicht in die Hände von gegnerischen Streitkräften oder Waffenhändlern fallen konnten.

Besonders nach dem Ende des Kalten Krieges wurde das Tauchboot vermehrt zivilen Zwecken zugänglich gemacht. Sowohl nach der Challenger-Katastrophe 1986 als auch 1999 nach dem Absturz von EgyptAir-Flug 990 untersuchte die NR-1 die Wracks unter Wasser und fand Hinweise auf die jeweilige Absturzursache.

1995 tauchte Robert Ballard in der NR-1 zum Wrack der HMHS Britannic. Außerdem entdeckte die NR-1 mehrere Wracks von römischen Schiffen im Mittelmeer und von Weltkriegs-Kriegsschiffen in norwegischen Fjorden. 1997 suchte sie nach dem Wrack des 1968 gesunkenen israelischen U-Bootes INS Dakar. 2002 untersuchte sie das Wrack der USS Monitor, 2007 erkundete das Boot das Flower Garden Banks National Marine Sanctuary im Golf von Mexiko.

Ihr letzter Einsatz startete im Juni 2008, sie suchte vor der englischen Nordseeküste das Wrack der USS Bonhomme Richard, dem Flaggschiff von John Paul Jones aus dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg.[3] Am 23. Juli kehrte das Boot zurück nach New London. Das Ergebnis der Tauchgänge blieb vorerst unklar, von 26 untersuchten Wracks hielt die Crew eines für einen passenden Kandidaten für nähere Untersuchung.[4]

Nach dieser letzten Fahrt wurde die NR-1 im September 2008 in die Portsmouth Naval Shipyard geschleppt, um dort auf ihre Deaktivierung vorbereitet zu werden. Eine formelle Deaktivierungszeremonie fand am 21. November 2008 statt. Was dann mit dem Tauchboot geschehen wird ist unklar. Möglicherweise wird es im Ship-Submarine Recycling Program in der Puget Sound Naval Shipyard abgebrochen. Es gibt aber Bestrebungen, die NR-1 nach Groton zurückzuholen und dort im U.S. Navy Submarine Force Museum neben der USS Nautilus (SSN-571) der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.[4]

Technik

Rumpf

NR-1 mit ihrem Tender, der Carolyn Chouest

Die NR-1 ist 45,2 Meter über alles lang, die Länge des Druckkörpers beträgt 29,3 Meter. Davon wiederum werden rund zwei Drittel vom Antriebssystem in Beschlag genommen. An der breitesten Stelle misst das U-Boot 4,2 Meter, der Tiefgang liegt bei 4,6 Metern. Die Verdrängung des kleinen Bootes liegt bei unter 400 Standard-Tonnen (ts). Die NR-1 besitzt wie reguläre militärisch genutzte U-Boote einen Turm, der rund zwei Meter hoch ist, die Einstiegsluke befindet sich auf diesem. Außerdem sind dort die Tiefenruder angebracht, ebenso das Periskop. Um das Boot optisch besser ausmachen zu können sind der Turm und das achterne Ruderkreuz grellorange lackiert.

Der Rumpf besteht aus hochfestem HY-80-Stahl, wie er auch bei militärisch genutzten U-Booten der Zeit, etwa der Los-Angeles-Klasse, verwendet wurde. Damit liegt die maximale Streckgrenze (high yield) bei 80.000 Pound-force per square inch (ca. 550 N/mm²). Mit einer Tauchtiefe von bis zu 915 Metern kann die NR-1 aber wesentlich tiefer als reguläre U-Boote tauchen. Deren Tauchtiefe liegt bei rund 300 Metern.

Um im Notfall zusätzlich Auftrieb zu besitzen, trägt die NR-1 rund zehn Tonnen Bleischrot mit sich, die ausgeworfen werden können.

Antrieb

Die Besonderheit der NR-1 ist ihr Kernreaktor. Dieser wurde vom Knolls Atomic Power Laboratory entworfen und lädt über einen Turbogenerator Akkus auf, die wiederum zwei außerhalb der Druckhülle liegende 50-PS-Elektromotoren mit zwei Schrauben antreiben. Die NR-1 verwendet also einen turbo-elektrischen Antrieb, wie ihn bei der US Navy ansonsten nur die USS Tullibee (SSN-597) und die USS Glenard P. Lipscomb (SSN-685) besaßen. Die Geschwindigkeit unter Wasser liegt bei unter vier Knoten, über Wasser können leicht höhere Geschwindigkeiten erreicht werden.

Die Steuerung erfolgt über konventionelle Tiefen- und Seitenruder, neben dem Tiefenruder am Turm steuern in einem Steuerkreuz am Heck angebrachte Ruder die NR-1. Außerdem besitzt das Boot je zwei Strahlruder an Bug und Heck. Die Strahlruder sind jeweils diagonal zu beiden Seiten angeordnet.

Der Reaktor wurde erstmals während einer Überholung 1990 bis 1992 aufgefüllt. Da eine Füllung mit Kernbrennstoffen rund 20 Jahre reicht, könnte das Boot aus diesem Gesichtspunkt also noch bis 2012 betrieben werden.

Ausrüstung

Zum Auffinden von Objekten am Meeresgrund besitzt die NR-1 starke nach vorn und seitwärts gerichtete Sonaranlagen, zur Ermittlung der Geschwindigkeit über Grund ein Sonar, das nach dem Dopplereffekt funktioniert. Für die Forschung besitzt das Boot mehrere Bewegt- und Standbildkameras sowie starke Scheinwerfer zur Ausleuchtung des Meeresgrundes. Sowohl seitlich als auch nach unten gerichtet befinden sich Beobachtungsfenster, die der Crew erlauben, selbst Blicke nach außen zu werfen. Ein einziehbarer, ferngesteuerter Greifarm kann Gegenstände in einem Korb ablegen und so vom Meeresgrund bergen.

Um längere Zeit direkt über dem Boden verharren zu können, besitzt das Boot zwei ausfahrbare Räder mit alkoholbefüllten Lkw-Reifen von Goodyear.

Anders als herkömmliche U-Boote dieser Zeit besaß die NR-1 als Periskop einen Kameramast, im Gegensatz zum üblichen Spiegelsystem.

Besatzung und Einsatzprofil

Blick auf die Kontrollen der NR-1

Die NR-1 wird von zwei Offizieren und drei Mannschaftsdienstgraden gesteuert, für gewöhnlich befinden sich zusätzlich zwei Wissenschaftler an Bord. An Bord gibt es drei Kojen, die die Crew schichtweise benutzt. Maximal können 13 Personen mit der NR-1 tauchen.

Die maximale Tauchdauer, die bei normalen Forschungs-U-Booten oft nur wenige Stunden beträgt, liegt hier bei bis zu 330 Personen-Tagen. Ununterbrochene Forschungsfahrten von einem Monat sind also problemlos möglich. Dies wird erreicht durch den Einsatz des Kernreaktors. Die maximale Tauchdauer ist also nur beschränkt durch die Versorgung der Mannschaft mit Nahrung und Sauerstoff. Da das häufige Auf- und Abtauchen damit entfällt, ist die NR-1 außerdem nicht von beständigem Wetter abhängig. Außerdem entfällt die Zeit, die herkömmliche Forschungs-U-Boote benötigen, um ihre Batterien wieder aufzuladen.

Die NR-1 arbeitet mit einem Tender zusammen. Für diese Aufgabe hat die Navy über das Military Sealift Command seit 1994 die MV Carolyn Chouest gechartert. Auf dieser leben die Besatzungsmitglieder während der Fahrt, außerdem dient sie als Lager für Ausrüstung und als Kommunikationsrelais.

Aufgrund ihrer geringen Eigengeschwindigkeit wird die NR-1 auch von diesem Schiff in ihr Einsatzgebiet geschleppt. Die maximale mögliche Geschwindigkeit im Schlepp liegt so bei sechs Knoten. Für verdeckte Operationen kann die NR-1 auch getaucht von einem anderen U-Boot mit rund vier Knoten geschleppt werden.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Norman Polmar: Cold War Submarines: The Design and Construction of U.S. and Soviet Submarines, 1945-2001. Brassey's 2005, ISBN 978-1574885941. S. 276f
  2. a b c d Norman Polmar: Naval Institute Guide to the Ships and Aircraft of the U.S. Fleet. US Naval Institute Press, Annapolis 2005, ISBN 978-1591146858. S. 93f
  3. Navy Times: Navy searches for Jones’ famed frigate, (engl.)
  4. a b New London Day vom 24. Juli 2008: NR-1 returns to Groton base for the last time

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