NROL 21

NROL 21
Start von USA 193 (NROL 21) mittels einer Delta-7920-Rakete

USA 193, auch bekannt als NRO Launch 21 (NRO-L 21, NROL 21, L-21), war ein US-amerikanischer experimenteller Spionagesatellit.[1] Der Satellit, dessen genaue Funktion geheim gehalten wird, gehörte dem National Reconnaissance Office. Wahrscheinlich war er ein Nachfolger der Lacrosse-Synthetic Aperture Radar-Satelliten.

Inhaltsverzeichnis

Mission

NROL 21 startete am 14. Dezember 2006 von der Vandenberg Air Force Base auf einer Delta-7920-Rakete ins All. Der Start war die erste Mission, die von der kurz zuvor gebildeten United Launch Alliance durchgeführt wurde.[2] Die Masse des Satelliten betrug 2270 kg[3]. Nach dem Erreichen der Umlaufbahn zwischen 351 km und 367 km Höhe mit 58,5° Inklination erhielt der Satellit die Bezeichnung USA 193, eine generische Bezeichnung für US-militärische Satelliten. Der Bodenkontakt zum Satelliten ging innerhalb von Stunden nach der Freisetzung im All verloren.[4] Amateur-Teleskopaufnahmen lassen den Schluss zu, das sich der Solarzellenausleger nicht entfaltete und der Satellit somit keine Stromversorgung besaß.[5] Durch den Ausfall der Energieversorgung versagte auch die Temperaturkontrolle, so dass wahrscheinlich der Hydrazin-Treibstoff im Satelliten gefror.

Orbitverringerung

Im Januar 2008 wurde in der Presse bekannt, dass ein nicht näher genannter Spionagesatellit in wenigen Wochen seinen Orbit verlassen und auf die Erde stürzen werde.[6][7] Amateurbeobachter, die USA 193 seit seinem Start beobachteten, bestätigten die kontinuierliche Abnahme der Bahnhöhe.[8] Dies wurde wenig später offiziell bestätigt und USA 193 als fraglicher Satellit benannt. Bis zum 11. Februar 2008 hatte sich seine Bahnhöhe bei einer Sinkrate von etwa 0,7 km/Tag um 100 km auf 255 km × 268 km bei 58,48° Inklination verringert.[3] Durch die erhöhte Abbremsung durch die Erdatmosphäre wäre die Sinkrate deutlich gestiegen und hätte zu einem Absturz spätestens im März 2008 geführt.

Verschiedene Medien berichteten über gefährliche Stoffe, die sich an Bord des Satelliten befinden könnten. Insbesondere die Gefährdung durch das Hydrazin des Antriebssystems[7][9] sowie eventuell durch vorhandenes Beryllium[7][10] wurden genannt.

Spekulationen über eine nukleare Energieversorgung wie zum Beispiel einen Radioisotopengenerator wurden in der Presse verbreitet[11], jedoch von Fachleuten als unwahrscheinlich eingestuft.[7] Ein Sprecher des National Security Council bestätigte, dass sich kein radioaktives Material an Bord des Satelliten befinde.[12]

Abschuss

Trümmer und Feuerball nach der Kollision der SM-3-Rakete mit USA 193 (Teleskopaufnahme)

Nachdem bereits zuvor Berichte über Pläne zum Abschuss des Satelliten zirkulierten,[13] wurde am 14. Februar 2008 bekannt gegeben, dass der Satellit kurz vor dem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre mit einer Anti-Satelliten-Rakete zerstört werden sollte, um eine Gefährdung der Bevölkerung durch die zirka 500 kg gefrorenen Hydrazins des Antriebssystems zu verhindern.[14] Das gefrorene Hydrazin hätte möglicherweise den Treibstofftank des Satelliten stabilisiert und so den Wiedereintritt in die Erdatmosphäre überstanden. Der Plan sah vor, eine SM-3-Rakete vom Lenkwaffenkreuzer USS Lake Erie abzuschießen, die den Satelliten durch Rammstoß vernichten sollte.[15][14] Der Abschuss sollte nach Angaben offizieller Stellen nicht – wie spekuliert wurde – dazu dienen, geheime Technik davor zu schützen, eventuell in die Hände anderer Nationen zu fallen. Auch sei der Abschuss keine Antwort auf einen chinesischen Anti-Satelliten-Test im Jahre 2007.[16] Der Satellit wurde am 21. Februar 2008 um 3:26 UTC erfolgreich durch eine US-Abfangrakete in einem Abschussgebiet nördlich von Hawaii in einer Höhe von 247 Kilometern zerstört.[17] Radar- und Bahndaten für den Abschuss lieferten die beiden Zerstörer USS Russell und USS Decatur.


Kritik am Abschuss

Das russische Verteidigungsministerium in Moskau äußerte den Verdacht, die USA wollten in Wahrheit die Wirksamkeit ihres Abwehrsystems gegen ballistische Raketen als Anti-Satelliten-Waffe testen und demonstrieren.[18] Ein weiterer geäußerter Kritikpunkt ist die Gefährdung anderer Raumflugkörper durch Trümmerteile (siehe Weltraummüll) des Satelliten. Die Trümmer des Satelliten verbleiben noch eine gewisse Zeit in der Umlaufbahn, bevor sie in der Erdatmosphäre verglühen. Daher erfolgte der Abschuss nach der Rückkehr der Raumfähre Atlantis von ihrer Mission STS-122.

China hingegen sah durchaus eine Gefährdung, die von Trümmern ausgeht, die nicht in der Atmosphäre verglühen. Das chinesische Außenministerium forderte die USA daher auf sie und die internationale Gemeinschaft mit Informationen zu versorgen, um rechtzeitig reagieren zu können.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. National Space Science Data Center: USA 193 spacecraft data
  2. Jonathan's Space Report: No. 575 (2006 Dec 26)
  3. a b Ted Molczan (11. Februar 2008). TJM obs of 2008 Feb 11 UTC; USA 193 elements. satobs.org.
  4. Reuters: Expensive new U.S. spy satellite not working: sources
  5. Amateur-Teleskop-Aufnahme des Satelliten USA 193
  6. Globe and Mail: U.S. spy satellite expected to crash back to Earth soon
  7. a b c d New York Times: U.S. Spy Satellite, Power Gone, May Hit Earth
  8. Ted Molczan (27. Januar 2007). USA 193 elements from observations. satobs.org.
  9. BBC: Satellite could plummet to Earth
  10. The Guardian: Disabled Spy Satellite Threatens Earth
  11. The Observer: US warns out-of-control spy satellite is plunging to Earth
  12. New York Times: Satellite Spotters Glimpse Secrets, and Tell Them
  13. New York Times: AF General: Spy Satellite Could Hit US
  14. a bOfficials: U.S. to try to shoot down errant satellite “, CNN, February 14, 2008. 
  15. Le Grande Observer: Broken Satellite Will Be Shot Down
  16. Pentagon plans to shoot down disabled satellite “, Reuters. 
  17. Navy Missile Hits Decaying Satellite Over Pacific Ocean
  18. Financial Times Deutschland: „China fordert Aufklärung über US-Satelliten“, 21. Februar 2008

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