Nachhilfeinstitut

Nachhilfeinstitut

Unter Nachhilfe-Unterricht oder kurz Nachhilfe versteht man die gelegentliche, bisweilen aber auch regelmäßige, systematische Unterstützung von Lernenden (z. B. Schülern oder Studenten), die Lernprobleme haben und/oder ihre Lernleistungen steigern wollen/sollen.

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Inhaltsverzeichnis

Formen

Formen professioneller, semiprofessioneller, aber auch unprofessioneller Nachhilfe bilden sich meist heraus, wenn das familiäre Umfeld (Eltern, Geschwister und Verwandte des betreffenden Kindes) helfend interveniert und für die schulbegleitende Förderung Geld an Dritte fließt. Ein Nachhilfelehrer ist meist eine außerschulisch wirkende und außerfamiliäre Person. Nachhilfelehrer sind häufig Studenten, pensionierte Lehrer oder Schüler höherer Klassen. Oft wird aber auch schon eine schulinterne Hausaufgabenhilfe am Nachmittag als Nachhilfe bezeichnet.

Die Nachhilfelehrer kommen häufig direkt mit den Eltern in Kontakt und organisieren in privater Absprache in der Regel Einzelunterricht zu Preisen von etwa 8-25 € pro 45/60 Minuten. Dabei handelt es sich allerdings oft um Schwarzarbeit; eine brancheninterne Quelle schätzt den Anteil für 2007 in Österreich auf 60 %, eine Studie gibt den Anteil der Schwarzarbeit in der Branche für Deutschland – ebenfalls für 2007 – mit geschätzten 70 % an. Auch die im Falle einer Geringfügigen Beschäftigung fälligen Pauschalabgaben werden in diesen Fällen nicht abgeführt.

Probanden und Fächer

Die große Mehrheit der Nachhilfefälle liegt bei Schülern allgemeinbildender Schulen in den Klassenstufen 5 bis 10, darunter wiederum die meisten in den Jahrgangsstufen 7 bis 10. Mitte der 2000er Jahre wird die Zahl der aktuell Nachhilfe erhaltenden Schüler allgemeinbildender Schulen in Deutschland auf ca. 1,5 Millionen geschätzt, etwa ein Siebtel der ca. 9,5 Millionen dieser Schüler. Im Verlaufe ihrer gesamten Schulzeit nehmen derzeit etwa 30-40% aller Schüler Nachhilfe in Anspruch, die Tendenz ist seit Jahren und derzeit weiter steigend.

Jungen erhalten etwas häufiger Nachhilfe als Mädchen, dieser Trend kehrt sich allerdings in höheren Klassenstufen um. Schüler von Gymnasien erhalten häufiger Nachhilfe als Realschüler. Hauptschüler treten selten auf dem Nachhilfemarkt in Erscheinung. In Westdeutschland wird Nachhilfe etwa doppelt so oft in Anspruch genommen wie in Ostdeutschland. Am weitaus häufigsten wird mit über 50% der Fälle das Fach Mathematik nachgefragt, gefolgt von Englisch mit etwa 25% und Deutsch mit ca. 15%. Auf den weiteren Plätzen folgen Latein und Französisch sowie Physik und Chemie. Viele Schüler erhalten in mehreren Fächern Nachhilfe[1].

Für Legasthenie oder Dyskalkulie gibt es Lerntherapien speziell ausgebildeter Fachkräfte. Bei Entwicklungsdyslexie wegen Wahrnehmungsstörung können auch niedergelassene Logopäden helfen[2].

Bildungsbenachteiligung durch Nachhilfe?

Einer Studie des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie in Berlin zufolge gäben 30% der Nachhilfe-Schüler pro Jahr 1300 Euro für professionelle Nachhilfe aus. Nachhilfe durch Studenten und Schüler verbessere die Bewertung des Schülers im Schnitt um eine Note, professionelle Nachhilfe um 1,3 bis 1,4. Zudem scheinen Kinder, die Nachhilfe erhalten, vor allem Eltern aus höheren Bildungs- und Einkommensschichten zu haben. Dieter Dohmen, der Leiter des FiBS gibt zu Bedenken, dass in diesem Fall die Bildungsbenachteiligung in der Bundesrepublik Deutschland zunähme: "Trifft das zu, heißt das: Nachhilfe verschärft die soziale Selektion."[3]

Organisierte Nachhilfeanbieter

Die kontinuierliche steigende Nachfrage nach Nachhilfeleistungen in Deutschland hat auch zu einer starken Expansion organisierter Anbieter seit den 1970er Jahren geführt[4]. Unter diesen Anbietern dominieren bundesweit und auch in Österreich und der Schweiz operierende Unternehmen. Sie bieten in der Hauptsache Nachhilfeunterricht in Gruppen von 3-6 Schülern an, den stundenweise beschäftigte Honorarkräfte erteilen. Einzelunterricht wird generell auch angeboten, bleibt aufgrund von Preisen um 40-60 € für 90 Minuten allerdings eher die Ausnahme.

Marktführer

In Deutschland marktführend - bei der Gruppennachhilfe - sind die Unternehmen Studienkreis und Schülerhilfe mit jeweils etwa 1000 zum Teil im Franchisebetrieb geführten Filialen in nahezu jeder größeren Stadt. Beide Unternehmen setzen in der Regel Honorarkräfte ein, die häufig Studenten sind. Der Grad der individuellen Förderung und damit die Lernerfolge hängen beim organisierten Gruppenunterricht von der sinnvollen Zusammensetzung der Nachhilfe-Gruppe, der Größe der Gruppe und dem persönlichen Bezug der Lehrkräfte zum Schüler und zu ihrem Arbeitgeber ab.

Zertifikate und Gütesicherung

Neben diesen großen Nachhilfeketten gibt es regional begrenzt auch kleinere Nachhilfeinstitute. Eine bislang kleine Gruppe hat sich zur Gütegemeinschaft INA-Nachhilfeschulen zusammengeschlossen. Gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung überprüfen externe Auditoren jährlich und zertifizieren nach objektiv vergleichbaren Qualitätskriterien mit einem Gütezeichen. Viele Anbieter erfüllen die strengen Qualitätsauflagen bisher nicht. Die Nachhilfeuntersuchung von Stiftung Warentest 4/2006 macht die Anstrengung der privaten Nachhilfeinstitute und ihre Qualität immer bekannter. Das RAL-Gütezeichen hilft vor allem Eltern, sich auf dem unübersichtlichen Nachhilfemarkt zu orientieren.

Auch die beiden großen Anbieter der Branche, die Schülerhilfe und der Studienkreis, lassen ihre Qualität von unabhängigen Institutionen überprüfen. Technischen Überwachungsverein.

Der TÜV Rheinland gibt ein Zertifikat heraus, das die Qualität von Nachhilfe-Institutionen bestätigt. Informationen zum TÜV-Zertifikat, den Prüfkategorien und zu bereits zertifizierten Studienkreis-Nachhilfe-Schulen stehen auf den Internetseiten des TÜVs unter der Identifikations-Nummer 0000007170. Abseits von diesem technischen Überwachungsverein haben normgebende pädagogische Institutionen bislang keine Gütekriterien für Nachhilfe entwickelt, was vor allem damit zu tun hat, dass diese das Anwachsen des kommerziellen Nachhilfemarktes als gesellschaftlich-bildungspolitischen Missstand betrachten.

Der TÜV Nord hat mit der Schülerhilfe das erste Nachhilfeinstitut nach der international gültigen DIN ISO Norm zertifiziert. Diese Zertifizierungen (TÜV und RAL) betreffen allerdings fast ausschließlich nur formale Kriterien wie Vertragsgestaltung etc., es wird dabei die Qualität und die Erfolgsquote des Unterrichts nicht geprüft. Insofern ist die Aussagekraft dieser Zertifizierungen recht umstritten und eher ein Werbeargument.

Verbände und Organisationen

Der Bundesverband Nachhilfe- und Nachmittagsschulen (VNN) ist der größte Nachhilfeverband in Deutschland. Er vertritt die Interessen von Nachhilfe- und Nachmittagsschulen[5].

Zwischen dem klassischen Nachhilfelehrer, der Nachhilfe in privater Absprache mit den Eltern organisiert, und dem Nachhilfe-Großkonzern existieren inzwischen diverse Zwischenformen, zum Beispiel gibt es Agenturen, die gezielt private Nachhilfekräfte gegen Gebühr vermitteln, außerdem bieten viele ASten von Hochschulen Nachhilfevermittlungen an.

Andere Unternehmen beschäftigen Lehrkräfte auf Honorarbasis, die wie der klassische Nachhilfelehrer zu den Schülern ins Haus kommen.

Als äußerst zwiespältig werden Nachhilfeinstitute im Rahmen von Scientology angesehen, die häufig getarnt auftreten[6].

Internetportale

  • Weiterhin gibt es auch viele gemeinnützige Anbieter, die Nachhilfe anbieten, oft auch im Übergangsbereich zu hortähnlicher Nachmittagsbetreuung. In vielen Horten selbst gehört Hausaufgabenhilfe und Nachhilfeunterricht mittlerweile zur pädagogischen Hauptaufgabe.
  • Außerdem gibt es auch einige kostenlose Internetportale, bei denen Schüler bzw. Eltern private Nachhilfe- und Sprachlehrer finden können.
  • Einige dieser Portale sehen keine Maßnahmen gegen Schwarzarbeit vor.
  • In Österreich gibt es mittlerweile bereits mehrere Internet-Dienstleister, die als Bindeglieder zwischen Nachhilfe-Suchenden und -Anbietern fungieren.

Literatur

  • Mario H. Kraus: Nachhilfe ist uns lieb und teuer, in: blz, Mitgliederzeitschrift der GEW Berlin, Nr. 10/2006
  • Thorsten Schneider:Nachhilfe als Strategie zur Verwirklichung von Bildungszielen.Eine empirische Untersuchung mit Daten des Soziooekonomischen Panels, DIW, Berlin, Oktober 2004
  • Birgit Ebbert: Außerschulische Lernunterstützung in der modernen Gesellschaft, in: Ralph Fischer, Volker Ladenthin (Hrsg.): Homeschooling – Tradition und Perspektive. Würzburg: Ergon Verlag 2006, S. 183-198

Weblinks und Einzelnachweise

  1. aus Stiftung Warentest
  2. Auszug aus dem Deutschen Bildungsserver
  3. Frauke Haß: Selektion durch Nachhilfe FR-Online, 14.04.2008 [1]
  4. http://www.bildungsserver.de/db/mlesen.html?Id=39820
  5. http://www.nachhilfeschulen.org/
  6. Carola Padtberg: Schüler-Nachhilfe. Lehrerverbände und Kultusminister warnen vor Scientology, in: Spiegel-Online, 2.8.2006

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