- Naikan
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Naikan ist ein aus Japan stammender Weg, der zu Selbsterkenntnis führen soll. Die Wortbedeutung ergibt sich aus NAI = Inneres und KAN = Beobachten. Grundlage ist eine stille und intensive Betrachtung der eigenen Lebensgeschichte.
Die Methode des Naikan will gleichzeitig meditativ und psychisch wirksam sein und ist frei von religiösen oder psychologischen Inhalten.
Naikan beruht auf der Idee, dass Menschen ihre Persönlichkeit und Sicht der Welt selbst erschaffen haben, und damit auch viele ihrer Blockaden und Konflikte. Naikan soll eine Möglichkeit bieten, die eigene Vergangenheit, andere Menschen und sich selbst in neuem Licht zu sehen.
Naikan hat nicht zum Ziel, die Persönlichkeit zu verändern. Es gibt im Naikan keinen Therapeuten, keine Interpretationen, keine Kommentare, und es finden weder Dialoge noch Gruppenprozesse statt. Alles, was geübt wird, ist eine neue Wahrnehmung, die alte Blockaden und Beziehungsmuster auflösen soll.
Fragen werden innerlich, in der Stille, beantwortet. Begonnen wird mit der Mutter, für jeweils aufeinander folgende Lebensabschnitte von etwa fünf Jahren. Dabei wird das gesamtes Leben mit der Mutter betrachtet, von der Geburt bis zur letzten Erinnerung.
Dies wird mit allen wichtigen Bezugspersonen wiederholt. Der Naikan-Leiter kommt in regelmäßigen Abständen zum Praktizierenden und begleitet bei dieser Art der Selbstbeobachtung.
Erinnert werden sollen nur tatsächliche Ereignisse - alle Meinungen, Wertungen und Interpretationen werden beiseite gelassen. Die Fragen klingen einfach, doch sie sollen tief in die innere Erlebniswelt führen und nach und nach ihre Wirkung entfalten.
Im Naikan werden nicht die Probleme betrachtet, sondern es wird versucht, Lösungen zu erfinden. Diese sollen darin bestehen, das Erlebte anders zu betrachten und sollen im psychischen und spirituellen Sinn heilsam und erfüllend wirken.
Am Beginn steht eine besondere, intensive Versöhnung mit den Eltern und anderen Angehörigen. Die Naikan-Erfahrung weitet sich aus zu den Beziehungen zu Menschen und Dingen des Alltags. Die Wahrnehmung der Welt soll sich verändern.
Im Naikan sollen die Erkenntnisse allein aus der Kraft der Selbstbetrachtung und Aufmerksamkeit wachsen. Dabei sollen sich neue Einsichten von selbst einstellen, ohne etwas dazulernen zu müssen. Die drei Fragen des Naikan:
- 1. Was hat ein (mir nahestehender) Mensch für mich im Zeitraum xy getan, meist in Fünf-Jahresschritten?
- 2. Was habe ich für ihn im Zeitraum xy getan?
- 3. Welche Schwierigkeiten habe ich ihm im Zeitraum xy bereitet?
Dabei geht es in der
- 1. Frage um die Beziehungen (zur Mutter, zum Vater,..)
- 2. Frage um das Miteinander im Tun mit der entsprechenden Bezugsperson. Hier tritt eine erste Beschämung auf: Ich habe für sie nichts oder wenig gemacht...
- 3. Frage um die soziale Verantwortung: Dies ist meist schmerzhaft und spricht das Ehr- und Schamgefühl an. Oft kommt es bei dieser Frage zu Tränen. Sie führt dazu, aktiv die Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen. Hierbei soll gelernt werden, sich selbst von außen zu sehen und diese Sichtweise auch auf andere Menschen zu beziehen. So soll es dem Praktizierenden möglich sein, sich besser in andere Menschen hineinzuversetzen. Eine Stärkung der sozialen Kompetenz ist die Folge.
Gibt es Hinweise auf stärkere familiäre Probleme, insbesondere eine Verstrickung des Teilnehmers mit den Schicksalen von Familienangehörigen, sollte dies zuvor mit einem Familientherapeuten geklärt werden. Oft ist eine Familienaufstellung sinnvoll, bevor mit Naikan begonnen wird.
Das erste Naikan-Zentrum in Europa wurde von Franz Ritter in Niederösterreich gegründet. Das erste deutsche Naikan-Zentrum wurde von Gerald Steinke in Tarmstedt bei Bremen gegründet.
Literatur
- Gerald Steinke/Claudia Müller-Ebeling: Naikan - Versöhnung mit sich selbst. Kamphausen-Verlag, 2003
- Gerald Steinke/Claudia Müller-Ebeling: Naikan Praxisbuch I - Beruf, Schule, Familie, Seelsorge, Suchthilfe, Strafvollzug. Kamphausen-Verlag, 2004
- Jörg Röttger: Naikan - ein Weg zur Versöhnung mit sich selbst. Film/DVD. Kamphausen-Verlag, 2005
- Wilhelm Dittschar/Akira Ishii: Naikan in der Schule: Neue Wege zur Selbstverantwortung wie Kinder und Jugendliche lernen, Mitgefühl zu entwickeln. Kamphausen-Verlag, 2008
- Gregg Krech: Die Kraft der Dankbarkeit. Theseus-Verlag, 2003
- Dr. Detlev Bölter: Drei Fragen, die die Welt verändern. Kamphausen-Verlag, 2004 (speziell für Fortgeschrittene und Psychotherapeuten)
Weblinks
- Naikan
- Insightvoice Naikan Center Wien
- Das Leben von Ishin Yoshimoto und seine Entwicklung der Naikan-Methode vor dem Hintergrund des Jodo-Shinshu
- Naikan Schweiz
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