Napalmbombe

Napalmbombe
Napalm-Angriff im Vietnamkrieg

Napalm ist eine Brandwaffe. Es besteht im Wesentlichen aus Benzin, das mit Hilfe von Zusatzstoffen geliert wird. So wird erreicht, dass Napalm als zähflüssige, klebrige Masse am Ziel haftet und eine starke Brandwirkung entwickelt. Bereits kleine Spritzer verursachen schwere und schlecht heilende Verbrennungen auf der Haut. Wegen seiner hydrophoben Eigenschaften kann Napalm zudem nur schlecht mit Wasser gelöscht oder von der Haut abgewaschen werden. Auch bei einem nicht direkten Treffer wirkt Napalm sehr zerstörerisch gegen Lebewesen und hitzeempfindliches Material. Je nach Rezeptur erreicht es eine Verbrennungstemperatur von 800 bis 1200 °C.

Napalmbomben, die häufigste Einsatzform des Brandstoffes, sind mit Napalm und weißem Phosphor als Zündmittel befüllte Kanister. Zünder an beiden Enden lösen beim Aufschlag kleine Explosivladungen aus, wodurch der Kanisterinhalt über eine große Fläche verteilt wird. Napalm kann auch mit Hilfe von Flammenwerfern eingesetzt werden.

Inhaltsverzeichnis

Zusammensetzung

Napalm gehört zu den Brandstoffen auf Ölbasis. Es gibt zwei Sorten:

  • Herkömmliches Napalm: ölbasierter Brandsatz auf Basis von Aluminiumseife (Oil-based incendiary agents of the Al-soap type)
  • Napalm-B: ölbasierter Brandsatz auf Basis von Kunststoffen (Oil-based incendiary agents of the polymer type).

Herkömmliches Napalm besteht zum Großteil aus Benzin oder Petroleum. Durch Beimischung eines Verdickungsmittels, meist Aluminiumseifen (Al(OH)(OOCR)(OOCR')) der Naphthensäure und Palmitinsäure, entsteht eine transparente, zähflüssige und klebrige Substanz, das nach den Anfangssilben dieser beiden Säuren benannte Napalm-Gel. Die Konzentration des Pulvers im Benzin beeinflusst die Viskosität und Brenneigenschaften. Napalm in Flammenwerfern oder Bomben enthält deshalb Verdickungsmittel in unterschiedlicher Menge.

Die Aluminiumseifen können durch gemeinsame Abscheidung von Aluminiumhydroxid, Naphthensäure und Palmitinsäure hergestellt werden. Sie sind häufig durch freie Säure, Wasser und anorganische Stoffe verunreinigt. Naphthensäuren sind ein technisches Gemisch aus alkylierten Cyclopentan- und Cyclohexansäuren, die durch alkalische Extraktion von Erdöl und Ansäuern der erhaltenen Lösung gewonnen werden. Palmitinsäure kann durch Verseifung von zum Beispiel Kokosöl erzeugt werden und ist als Natriumsalz ein Bestandteil von Seifen im Waschmittelbereich.

Die Verdickungsmittel (Thickener) tragen in den US-amerikanischen Streitkräften die Codebezeichnung M1, M2 und M4 und sind durch folgende Standards charakterisiert:

  • M1 Thickener, Incendiary Oil, MIL-T-589A, 26 Aug. 53

M1 Thickener ist ein Gemisch aus Aluminiumseifen, in welchen etwa 50 % der organischen Säuren aus den Fettsäuren von Kokosnussöl, 25 % aus Naphthensäuren und 25 % aus Ölsäure bestehen. M1 Thickener wurde in Fässer mit 45,4 kg (100 Pfund) oder Kanister mit 2,4 kg (5 1/4 Pfund) abgepackt und ist ein weißes bis hellbraunes Pulver.

  • M2 Thickener, Incendiary Oil, MIL-T-0903025B, 13 Apr. 54

M2 Thickener ist ein weißes Pulver von ähnlicher Zusammensetzung wie M1, jedoch enthält es entgastes Siliciumdioxid als Trennmittel (Antiagglomerant), um das Zusammenbacken des Pulvers zu verhindern.

M4 Thickener
  • M4 Thickener, Incendiary Oil, MIL-T-50009A, 22 Mai. 59

M4 Thickener ist ein feines Pulver aus Aluminiumoktoat (Octal; Hydroxylaluminium-bis(2-ethylhexanoat)) und einem Trennmittel. Aluminiumoktoat ist das Aluminiumsalz der Isooctansäure, welche durch Oxidation von Petroleum über Isooctylalkohol und Isooctylaldehyd hergestellt wurde. Als Trennmittel diente ein Zusatz von 2% Santocel C oder Attzorb clay.

  • Napalm-B, eine später entwickelte Variante des Napalm, besteht aus Polystyrol, Benzol und niederoktanigem Benzin. Bei Napalm-B wirkt Polystyrol als Verdickungsmittel. Napalm-B bietet längere Brennzeiten von bis zu zehn Minuten (konventionelles Napalm nur 15 bis 30 Sekunden), „verbesserte“ Zerstörungswirkung und ist weniger leicht entzündlich, was die Unfallgefahr durch rauchende Soldaten reduziert. Napalm B ist zähflüssiger als andere Gelbrandstoffe, wodurch die Haftwirkung an Zieloberflächen verbessert und der Feuerballeffekt reduziert wird. Es brennt heißer als herkömmliches Napalm und entwickelt einen charakteristischen Geruch bei der Verbrennung.
Bezeichnung Verbrennungstemp. Lösemittel Verdicker und Zusätze Anwendung
Napalm NP-1 800...1000°C 91...98% Benzin 4..8% M-1 oder 2..4% M-4 Brandbomben, Brandbehälter, Flammenwerfer
Napalm NP-2 800...1000°C 91...96% Benzin oder Kerosin 3...6% M-2 wie NP-1
Napalm NP-3 800...1000°C 89...90% Benzin oder Kerosin 3...4% M-1 oder M-4 Brandgranaten
Napalm IM > 1000°C 89...90% Benzin 10...11% eines Gemisches aus 5% i-Butylmethacrylat (oder Naturkautschuk), 2% Stearinsäure und 2% Calciumoxid Brandbomben
Napalm B bis 1200°C 25% Benzin, 25% Benzol 50 % Polystyren Brandbomben
Pyrogel PT-1 bis 1600°C 30...60% Benzin 3...5% i-Butylmethycrylat, 10% Magnesiumpulver, 3% kerosin sowie Erdölrückstände, Asphalt, Aktivkohle und Natriumnitrat Brandbomben, Brandbehälter, Brandgranaten
Pyrogel PT-2 1600...2000°C 60% Benzin 5% i-Butylmethacrylat, 10 % Magnesiumpulver, 3% Kerosin sowie Asphalt, Bariumnitrat Brandbomben, Brandbehälter, Brandgranaten
Pyrogel PT-V 60% Benzin 5% Polybutadien, 6% Natriumnitrat, 28% Magnesiumpulver und etwas p-Aminophenol Brandbomben

Durch den Einsatz von Naturkautschuk oder Polymethacrylaten als Verdicker wird eine besonders gute Haftung erzielt. Der Zusatz von Magnesiumpulver erhöht die Verbrennungstemperatur und fördert (im Vergleich zu Aluminiumpulver) das Umherspritzen der Mischung.

Nach einem neueren U.S.-Patent wurde Kerosin auch mit Hydroxylaluminium-bis(2-ethylhexanoat) [30745-55-2] und einem nichtionischen Tensid oder Wasser geliert.

Geschichte

Das Prinzip einer anhaftenden, langsam brennenden Brandmasse wurde das erste Mal im frühen Mittelalter in Form des Griechischen Feuers verwirklicht.

Die ersten Versuche wurden zu Beginn des Zweiten Weltkrieges mit einer Mischung aus Benzin und Schmierseife durchgeführt. Auch Mischungen aus Benzin und Gummi wurden erprobt. Die eigentliche Rezeptur für Napalm wurde 1942 an der Harvard-Universität entwickelt. Der erste belegte Einsatz war die Bombardierung von Tinian Town (heute San Jose) auf der Pazifikinsel Tinian am 23. Juli 1944 durch die USA.
Der erste großangelegte Einsatz von Napalm erfolgte am 25. Februar 1945. Bei diesem Angriff werfen 174 B-29 Superfortress Bomber Napalmbomben auf Tokio ab. Die Napalmbomben verursachen enorme Verluste unter der Zivilbevölkerung. Rund 3 km² Stadtgebiet werden ein Raub der Flammen. Bei dem Angriff kamen erstmals die M69 Napalmbomben zum Einsatz. Die M69 Bomben wiegen 2,3 kg und werden zu je 38 Stück in die 227 kg schweren M19 Streubomben gepackt.
In der Nacht vom 9./10. März unternimmt die 21. US Air Force einen weiteren Luftangriff gegen Tokio. 334 B-29 Bomber werfen rund 1.500 Tonnen Napalmbomben auf die japanische Hauptstadt ab. 41 km² Stadtgebiet wird vollkommen zerstört. Nach japanischen Angaben wurden 26.7171 Häuser ein Raub der Flammen. 1.008.000 Menschen werden Obdachlos. Offiziell werden die Verluste von 83.793 Toten und 40.918 Verletzten angegeben (Vgl. Luftangriffe auf Tokio).
Innerhalb von drei Wochen werden auf die die Städte Tokio, Osaka, Kobe und Nagoja 9.365 Tonnen M69-Napalmbomben abgeworfen, die insgesamt über 82 km² Stadtgebiet in Schutt und Asche legen. Danach ist der erste Vorrat von Napalmbomben verbraucht[1].

Der nächste großangelegte Einsatz von Napalm erfolgte während des Koreakrieges. Bereits im ersten Kriegsjahr wurden 30 Millionen Liter Napalm eingesetzt. Im ganzen Krieg kam eine Menge von 32.357 Tonnen Napalm zum Einsatz[2]. Der massivste Napalmangriff während des Koreakrieges erfolgte gegen die Stadt Sinŭiju. Am 10. November 1950 werfen 79 US-amerikanische B-29 Bomber insgesamt 550 Tonnen Brandbomben auf den Industriestandort ab. Die 85.000 abgeworfenen M69-Napalmbomben verursachen enorme Verluste unter der Bevölkerung und zerstören die Stadt nahezu vollständig.

In einem ebenfalls großen Ausmaß kam Napalm im Vietnamkrieg zum Einsatz.

Flammenwerfer auf einem US-Kampfboot in Vietnam

Kriegs- und völkerrechtliche Einordnung

Da Napalm extrem schlecht verheilende Brandwunden und große Schmerzen verursacht, fällt es nach einigen neueren Interpretationen unter die übermäßiges Leid verursachenden geächteten Waffen des Artikels 23 der Haager Landkriegsordnung. Allerdings ist zu beachten, dass Brandwaffen mit gleicher Wirkungsweise wie zum Beispiel Flammenwerfer routinemäßig seit dem Ersten Weltkrieg eingesetzt wurden.

Der Gebrauch von Brandwaffen gegen die Zivilbevölkerung wurde durch Protokoll III der Konvention der Vereinten Nationen zur Ächtung unmenschlicher Waffen im Jahre 1980 verboten. Die USA traten dem Vertrag nicht bei, haben allerdings nach eigenen Angaben ihre Bestände an Napalm im Jahr 2001 zerstört.

Dies wurde bezweifelt, als die USA während des Irakkrieges 2003 die Brandbombe Mk-77 gegen die Republikanische Garde einsetzten. Laut Pentagon enthält die Mk-77 ein Gemisch mit Kerosin und sei nicht als Napalm zu klassifizieren. Die verwendeten Substanzen seien zwar bemerkenswert ähnlich, jedoch verursache die auf Kerosin basierende Substanz weniger Umweltschäden. Ähnliche Brandbomben basieren auch auf Phosphor-Brandsätzen, die ebenfalls im Irak getestet wurden.

Nichtmilitärischer Einsatz

Im nichtmilitärischen, unprofessionellen Bereich ist häufig die Rede von selbstgemachtem oder „hausgemachtem“ Napalm. Der Begriff „hausgemachtes Napalm“ tauchte zum ersten Mal in Zusammenhang mit dem so genannten Anarchist Cookbook auf (engl. homemade Napalm). Durch wortgetreue Übersetzung kam der heutzutage verbreitete Name „hausgemachtes Napalm“ zustande. Durch die sehr leichte (stark vereinfachte) Herstellungsart fand diese Form des Napalms schnell Verbreitung. Meist wird es nur aus Freude am Umgang mit gefährlichen Stoffen hergestellt. Hausgemachtes Napalm bezeichnet einige Brandstoffe, die dem militärischen Napalm nachempfunden sind. Eine genaue Abgrenzung ist nicht möglich, da es sich um einen umgangssprachlichen Begriff handelt. Diese Brandmittel ähneln in ihrer Wirkung dem professionellen Napalm, enthalten aber oftmals andere, für Zivilpersonen leichter zugängliche Bestandteile, wie zum Beispiel Kernseife, oder es werden schwer verfügbare Grundsubstanzen wie Benzol einfach ausgelassen. Die Folgen dieser Rezepturvariationen betreffen meist die Konsistenz des Napalms und äußern sich häufig in Form von erschwerter Löslichkeit der Verdicker im Brandmittel, wodurch häufig nur eine inhomogene Verdickung erzielt wird, oder sogar das halbgelöste Verdickungsmittel als zäher Körper auf dem noch immer dünnflüssigen Brandmittel schwimmt. Diese Selbstlaborate entfalten trotz ihrer nicht optimalen Konsistenz eine ernst zu nehmende Brandwirkung und können ebenfalls schwere Verbrennungen anrichten. Sie sind allerdings selten gefährlicher als gewöhnliches Benzin, und erreichen niemals die Qualität von professionellen Napalmarten.

Literatur

  • L.F. Fieser et al.: Ind. Eng. Chem. 38, 768 (1946)
  • Leo Finkelstein: J. Phys. & Colloid Chem. 52, 1460-70 (1948) (Rheological properties of incendiary gels)
  • K.J.Mysels: Ind. Eng. Chem. 41, 1435 (1949)
  • Anonymus: Chem. Eng 58, No. 11, 162-3 (1951) (Description of the Cleveland plant of Ferro Chem. Co for production of napalm)
  • A.P. 2,763,621 (12/7/1951; 9/18/1956) to Pfister Chemical Works Inc.
  • H.J. Töpfer: Brandmittel, Lehrbrief 1 Charakteristik der Brandmittel; Militärverlag der DDR, Berlin 1981

Fußnoten

  1. Janusz Piekalkiewicz – Der Zweite Weltkrieg, ECON Verlag, 1985, ISBN 3-89350-544-X
  2. Jörg Friedrich – Yalu. An den Ufern des dritten Weltkrieges, Propyläen Verlag, München 10/2007, ISBN 978-3-549-07338-4

Siehe auch

Weblinks


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