Peter-Pan-Syndrom

Peter-Pan-Syndrom

Das Peter-Pan-Syndrom ist der Titel eines Buches des amerikanischen Familientherapeuten Dan Kiley. Er schreibt in diesem Buch populärwissenschaftlich über „Männer, die nie erwachsen werden“ (Untertitel des Buches). Das Anfang der 1980er Jahre auch auf deutsch erschienene Ratgeberbuch erfreute sich großer Popularität. Der Begriff „Peter-Pan-Syndrom“ blieb populär für die Bezeichnung unangemessen kindischer Verhaltensmuster bei Männern.[1]

Mittlerweile findet der Begriff auch Eingang in die Wissenschaft. So zählt der US-amerikanische Wissenschaftler John J. Ratey (Professor für Psychiatrie an der Harvard Medical School) das „Peter-Pan-Syndrom“ mit zu bestimmten Gehirnabweichungen, die er Schatten-Syndrome nennt.[2] Über diese neueren Erkenntnisse der Neuropsychiatrie berichtete Ratey auch gemeinsam mit Catherine Johnson in dem 1998 herausgegebenen Fachbuch Shadow Syndromes: The Mild Forms of Major Mental Disorders That Sabotage Us. [3]

Inhaltsverzeichnis

Das Syndrom

Kiley beschreibt sechs Symptome des Peter-Pan-Syndroms, wobei er die Begriffe „Syndrom“ und „Symptom“ zwar der klinischen Psychologie entlehnt, sie aber in seinem eigenen populärwissenschaftlichen Stil gebraucht und beschreibt:

  1. Verantwortungslosigkeit: Der Betreffende drückt sich vor seinen Pflichten. Er verlacht unbekümmert die geltenden Regeln, schiebt die Erledigung von Aufgaben vor sich her. Spaß und Abneigung gegen Selbstdisziplin sind sein Credo. Nie sucht er die Schuld an Misserfolgen bei sich selbst. Dank blühender Fantasie kann er sich zum Tagträumer entwickeln.
  2. Angst: Er verbirgt ein Schuldgefühl gegenüber den Eltern. Er verarmt emotional, wird unfähig zu tiefer Liebe für andere Menschen.
  3. Einsamkeit: Aus dem Gefühl, vom Vater abgelehnt zu werden, entwickelt sich eine ständige Suche nach Freunden, die aber vergeblich bleibt und durch Anpassung an Kumpel-Gruppen kompensiert wird.
  4. sexueller Rollenkonflikt: Einerseits führen Sexualtrieb und Wunsch, geliebt zu werden, schnell zu Partnerschaften, andererseits verhindern Unsicherheit, mangelndes Selbstvertrauen, Prahlerei und cooles Macho-Gehabe eine positive und von Offenheit geprägte Beziehung zur Partnerin, außer wenn sie aus Angst vor Verlust und Selbständigkeit willig die überfürsorgliche, nachgiebige, einseitig altruistische, stets auf Harmonie und Konfliktvertuschung bedachte, sich zur Märtyrerin stilisierende „Mutterrolle“ übernimmt.
  5. Narzissmus: Selbstverliebtheit, Perfektionismus.
  6. Chauvinismus: verächtliche sexistische Einstellung.

Ursachen

Über die Ursachen für das Peter-Pan-Syndrom ist heute noch nicht alles bekannt. Da dieses Syndrom hauptsächlich Männern zugesprochen wird, geht man davon aus, dass dem Peter-Pan-Syndrom eine gestörte Vater-Sohn-Beziehung zugrunde liegt. Die Betroffenen fühlten sich wohl schon vom jungen Alter an vom Vater abgelehnt, wurden verunsichert und trauen sich seitdem nicht viel zu. Auch kann es sein, dass der Vater den Sohn beispielsweise nicht in sein berufliches Umfeld eingeführt hat oder sich überhaupt irgendwelche beruflichen Interessen bei dem Betroffenen entwickeln konnten und er somit nicht lernen konnte, was es bedeutet, ein verantwortungsbewusster Erwachsener zu werden, sich dafür den amüsanteren Sachen in seinem Leben zuwendete. Das könnte insofern zutreffen, da eine Vaterfigur beim männlichen Geschlecht für seine zukünftige Entwicklung und Bildung der eigenen Persönlichkeit wichtig ist. Das gleiche gilt auch für die Mutter-Tochter-Beziehung. Insofern können genetische Faktoren und andere Schäden bei den betroffenen Personen ausgeschlossen werden.

Begriffsherkunft

Peter Pan, nach dem Dan Kiley dieses Syndrom benannte, ist Hauptheld einer Anfang des 20. Jahrhunderts vom britischen Autor J. M. Barrie geschaffenen beliebten Kindergeschichte. Diese handelt von der vorübergehenden Freundschaft dreier gewöhnlicher Londoner Kinder mit dem faszinierenden Jungen, der sie in sein traumhaftes Nimmerland lockt, wo sie unvergleichliche Abenteuer erleben, schließlich aber doch vom Heimweh zurückgetrieben werden. Peter Pan, der partout nicht erwachsen werden will, sondern sein Leben in ewigem Spiel verbringt, bleibt einsam zurück.

Siehe auch

Literatur

  • Dan Kiley: The Peter Pan Syndrome: Men who have never grown up. Corgi Books, London 1984, ISBN 0-552-12554-7 (englisch)
  • Dan Kiley: Das Peter-Pan-Syndrom: Männer, die nie erwachsen werden. Dt. Erstausg., 3. Aufl., Heyne-Verlag, München 1991, ISBN 3-453-03360-4
  • Dan Kiley: Die Angst der Frauen, sie selbst zu sein: das Wendy-Dilemma. 2. Aufl., Heyne-Verlag, München 1991, ISBN 3-453-04251-4. (dt. Übers.; engl. Originaltitel: The Wendy dilemma)
  • J. M. Barrie: Peter Pan, 1911 (englisch)
  • James M. Barrie: Peter Pan. Hrsg. von: Erhard Dahl, Reclam Verlag, Stuttgart 1993, Schriftenreihe: Universal-Bibliothek, ISBN 3-15-009294-9. (engl., mit dt. Worterklärungen)
  • John J. Ratey, Catherine Johnson: Das Schattensyndrom. Neurobiologie und leichte Formen psychischer Störungen. Klett-Cotta, Stuttgart 1999, ISBN 3-608-91889-2. (dt. Übers.; engl. Originaltitel: Shadow Syndromes...)

Einzelnachweise

  1. Wortschatz-Portal der Uni Leipzig: „Peter-Pan-Syndrom“
  2. (Dt. Fachaufsatz von John J. Ratey: Schatten-Syndrome: Menschen mit leichten Formen ernsthafter Störungen; 1999)
  3. Die deutsche Übersetzung Das Schattensyndrom... erschien 1999 bei Klett-Cotta. (s. Literatur)

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