Rudolf Leopold

Rudolf Leopold

Rudolf Leopold (* 1. März 1925 in Wien; † 29. Juni 2010 ebenda) war ein österreichischer Augenarzt und Kunstsammler und der museologische Direktor des nach ihm benannten Leopold Museums im MuseumsQuartier in Wien.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Rudolf Leopold studierte nach der Matura 1943 an der Universität Wien Augenheilkunde und wurde 1953 zum Dr. med. promoviert; danach war er als Augenarzt tätig. Sein Interesse galt jedoch schon zu dieser Zeit der Kunst; er hörte während seines Studiums auch Vorlesungen zur Kunstgeschichte und sammelte Bilder und Kunstobjekte, vorwiegend des damals bereits in Vergessenheit geratenen expressionistischen Malers Egon Schiele.

1955 stellte er in Amsterdam eine viel beachtete Ausstellung Moderner österreichischer Kunst vor, durch die Schiele erst einem größeren Publikum bekannt wurde. Nach diesem Erfolg organisierte Leopold weitere Schiele-Ausstellungen in Innsbruck, London (1963), Wien (1968) und New York.[1]

1972 veröffentlichte Rudolf Leopold seine große Schiele-Monografie als kritisches Werkverzeichnis mit genauem Motivnachweis. Von 1989 bis 1991 wurde die Schau „Egon Schiele und seine Zeit“ mit großem Erfolg in Zürich, Wien, München, Wuppertal und London gezeigt. Zahlreiche Ausstellungen in Tübingen, Düsseldorf und Hamburg, Graz, New York und Barcelona folgten. Auch zur Expo 2000 in Hannover waren Bilder Schieles zu sehen.

1994 brachte Rudolf Leopold mit Hilfe der Republik Österreich und der Oesterreichischen Nationalbank seine Sammlung in die Leopold Museum-Privatstiftung ein, in der sich heute 5289 Kunstwerke befinden. Leopold erhielt dafür etwa ein Drittel des Schätzwertes, wurde dafür aber zum museologischen Direktor auf Lebenszeit eingesetzt. 2001 wurde das Leopold Museum im Wiener MuseumsQuartier eröffnet, seither ist diese wichtige Sammlung der Österreichischen Klassischen Moderne in einer ständigen Präsentation zu sehen.

Für sein Engagement bekam Rudolf Leopold 1997 das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse verliehen.

Leopold verstarb am 29. Juni 2010 und wurde am 6. Juli 2010 auf dem Grinzinger Friedhof im 19. Wiener Gemeindebezirk Döbling, in einem Ehrenhalber gewidmeten Grab der Stadt Wien beigesetzt.[2]

Restitutionsdiskussion

Mit der Museumsöffnung begannen Diskussionen um „arisierte“ Kunstwerke in der Sammlung. 1998 wurden in New York die beiden Egon-Schiele-Gemälde Bildnis Wally (aus dem ehemaligen Eigentum von Lea Bondi-Jaray) und Tote Stadt III (aus dem Eigentum von Fritz Grünbaum) beschlagnahmt. Tote Stadt III wurde 1999 wieder dem Museum zurückgegeben, da die Kläger nicht die rechtmäßigen Erben nach Fritz Grünbaum waren.[3]

Beim Rechtsstreit um Bildnis Wally ging es darum, dass Rudolf Leopold das Gemälde mit der Österreichischen Galerie Belvedere gegen das Bild Rainerbub (Egon Schiele) getauscht hatte, obwohl er gewusst haben soll, dass das Gemälde der Kunsthändlerin Lea Bondi gehörte (die ihn selber zu Beginn der 1950er Jahre um Hilfe bei der Rückforderung des Gemäldes, das 1938 von Friedrich Welz „arisiert“ wurde, bat).[4] Dieser Rechtsstreit endete im Juli 2010 mit einem Vergleich: die zivilrechtliche Einziehungsklage wurde abgewiesen, das Bild geht gegen eine Zahlung vom 19 Millionen US-Dollar (knappe 15 Mio Euro) an den Nachlass von Lea Bondi-Jaray in den Besitz der Sammlung Leopold über. Darüber hinaus soll ein gemeinsam formulierter Begleittext künftige Museumsbesucher über die wechselvolle Geschichte des Bildes und seiner Vorbesitzer aufklären.[5]

Im Jahr 2000 klagte eine kanadische Staatsbürgerin auf Herausgabe des Gemäldes Der Dengler von Albin Egger-Lienz. Diese Klage wurde in allen Instanzen abgewiesen, 2003 auch vom Obersten Gerichtshof in Wien. Schließlich gibt es noch eine (offene) Forderung der Erben nach Jenny Steiner auf Rückgabe des Egon Schiele-Gemäldes „Häuser am Meer“.

Zwar hat das Leopold Museum als einziges Museum Österreichs seine Provenienzdatenbank im Internet zugänglich gemacht, nennt aber nur teilweise die bedenklichen Provenienzen. Es gibt jedoch zahlreiche bedenkliche Kunstwerke in der Sammlung aus dem ehemaligen Eigentum von vom NS-Regime verfolgten Personen: Oskar Reichel, Fritz Grünbaum, Heinrich Rieger, Karl Mayländer, Jenny Steiner und andere. Als Privatstiftung fällt das Leopold Museum auch nicht unter das österreichische Restitutionsgesetz (BGBl. 181/1998). Allerdings war der Fall „Wally“, 1998 aus der Sammlung Leopold in New York beschlagnahmt, einer der Auslöser einer Restitutionsdiskussion sowie auch dieses Gesetzes. Das Restitutionsgesetz ermächtigt den zuständigen Bundesminister, Kunstgegenstände der Bundesmuseen zu restitutiueren.

Im Jahr 2008 gab es einen Eklat um die Albin Egger-Lienz Ausstellung des Leopold-Museums, da bei 14 der ausgestellten Bilder (12 davon Leihgaben verschiedener österreichischer Museen) der Verdacht bestand, dass sie in der NS-Zeit geraubt worden waren.[6] Die Leopold Museum Privatstiftung hat mittlerweile dem Vorschlag des Bildungsministeriums zugestimmt, zwei vom Museum unabhängige Provenienzforscher im Leopold-Museum einzusetzen, die von der Republik Österreich bezahlt werden.[7] Am 21. Dezember 2009 haben diese Forscher 11 Berichte zu 17 Kunstwerken vorgelegt.[8]

Einzelnachweise

  1. Almuth Spiegler: Entdecker Egon Schieles - Zum Tode des Kunstsammlers Rudolf Leopold. in: Süddeutsche Zeitung vom 30. Juni 2010
  2. Rudolf Leopold in Grinzing beigesetzt (ORF Wien, 6. Juli 2010)
  3. Restitution: Wem gehören Klimt & Co ? (Falter, 17. Jänner 2003)
  4. Restitutionen bisher: Nur die Ouvertüre (Der Standard, 31. März 2008)
  5. http://wien.orf.at/stories/457563/
  6. faz.net - Unkenntnis, Ignoranz oder Provokation?
  7. Leopold Museum: Hearing mit fünf möglichen Provenienzforschern (Der Standard, 9. Mai 2008)
  8. Dossiers zu Kunstwerken der Leopold Museum Privatstiftung auf den Seiten des BMUKK

Literatur

  • Diethard Leopold: Rudolf Leopold. Kunstsammler. Verlag Holzhausen, Wien 2003. ISBN 3-85493-064-X

Weblinks


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