SIMOX-Technik

SIMOX-Technik

Die Ionenimplantation ist ein Verfahren zur Einbringung von Fremdatomen (in Form von Ionen) in ein Grundmaterial (Dotierung). Auf diese Weise lassen sich die Materialeigenschaften (meistens die elektrischen Eigenschaften) des Grundmaterials ändern. Das verfahren wird unter Anderem in der Halbleitertechnik genutzt. Entsprechende Anlagen zur Ionenimplantation werden als Ionenimplanter bezeichenet.

Inhaltsverzeichnis

Prinzip

Die Ionenimplantation ist der wichtigste Prozess zur Dotierung von Halbleitern (meist Silizium) zur Herstellung mikroelektronischer Bauelemente. Sie hat hierbei in den meisten Fällen die Diffusion ersetzt. Es gibt jedoch auch zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten außerhalb der Mikroelektronik.

Typische Dotanten sind: Aluminium, Antimon, Arsen, Bor, Gallium, Germanium, Indium, Kohlenstoff, Phosphor, Stickstoff oder auch Sauerstoff, welches beispielsweise in der SIMOX-Technik[1] (Separation by IMplanted. OXygen) verwendet wird.

Das prinzipielle Verfahren ist der Beschuss von Festkörpern im Hochvakuum mit beschleunigten Ionen. Es lässt sich in folgende Schritte aufteilen:

  • Erzeugung der Ionen in einer Ionenquelle
  • Extraktion der Ionen durch ein elektrostatisches Feld
  • Separation der Ionen nach Masse in einem Massenseparator
  • Beschleunigung der Ionen
  • Ablenkung mittels elektrischer Felder
  • Implantation in die Probe

Die wichtigsten Parameter zur Charakterisierung der Ionenimplantation sind die Beschleunigungsenergie, die von 500 eV bis 3 MeV reichen kann, und die Implantationsdosis, die im Bereich von 1011–1018 cm−2 liegt. Sie bestimmen die Reichweite der Ionen im Festkörper und die Dotierungskonzentration.

Mit der Ionenimplantation lassen sich verschiedenste Materialeigenschaften verändern, die je nach Anwendungsgebiet unterschiedlich sind. In der Mikroelektronik dient die Ionenimplantation hauptsächlich der Veränderung der elektrischen Leitfähigkeit und Ladungsträgerbeweglichkeit. Daneben kann eine Veränderung der Farbe, Härte, optischen Eigenschaften, Ätzbarkeit, Haftung, Gasdiffusion und Zusammensetzung eines Materials erreicht werden.

Reichweite von Ionen in amorphen Festkörpern

Bei der Ionenimplantation spielt die Reichweite der Ionen eine entscheidende Rolle. Eine wichtige Theorie zur Beschreibung der Reichweite von Ionen in amorphen Festkörpern wurde 1963 von Lindhard, Scharff und Schiott aufgestellt. Sie ist allgemein als LSS-Theorie bekannt.

Prinzip der Abbremsung von Ionen

Prinzipiell sind fünf verschiedene Abbremsmechanismen für Ionen denkbar:

  • unelastische Stöße mit gebundenen Elektronen,
  • unelastische Stöße mit Atomkernen,
  • elastische Stöße mit gebundenen Elektronen,
  • elastische Stöße mit Atomkernen,
  • Tscherenkow-Licht.

Praktisch sind jedoch nur die elastischen Stöße mit Atomkernen sowie die unelastischen Stöße mit Elektronen relevant.

Kenngrößen

Wichtige Kenngrößen zur Beschreibung der Reichweite von Ionen im Festkörper sind die mittlere projizierte Reichweite, die Reichweitestreuung, die Schiefe und die Kurtosis (in der Statistik allgemeiner bekannt als erstes bis viertes statistisches Moment der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion):

Ausgangspunkt für die Herleitung

Ausgangspunkt für die Herleitung der Reichweiteschreibung ist die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion:

\int_{-\infty}^{\infty}f(x) \mathrm{d} x = 1 und f(x) \ge 0

sowie die allgemeine Reichweiteverteilung:

C(x) = Nf(x)

N: implantierte Dosis

Mittlere projizierte Reichweite
Reichweite und projizierte Reichweite eines Ions im Festkörper

Die projizierte Reichweite eines Ions, beschreibt den Abstand des Ions zur Oberfläche, nachdem es zum Liegen gekommen ist. Betrachtet man alle implantierten Ionen und bildet den Mittelwert der projizierten Reichweiten, so erhält man die mittlere projizierte Reichweite Rp. Diese stimmt in der Regel nicht unbedingt mit dem Ort der maximalen Konzentration der implantierten Ionen überein. Mathematisch lässt sich die mittlere projizierte Reichweite wie folgt darstellen:

R_p = \int_{-\infty}^{\infty}xf(x) \mathrm{d} x
Reichweitestreuung

Die Reichweitestreuung ΔRp beschreibt die „Breite der Verteilung“ um die mittlere projizierte Reichweite. Sie lässt sich mathematisch wie folgt beschreiben:

\Delta R_p = \sqrt{\int_{-\infty}^{\infty}(x-R_p)^2 f(x) \mathrm{d} x}
Schiefe

Die mittlere projizierte Reichweite und die Reichweitestreuung sind geeignet um symmetrische Profile zu beschreiben. Da Implantationsprofile in der Regel jedoch nicht symmetrisch sind, müssen zwei weitere Größen definiert werden. Die eine ist die Schiefe, die die Asymmetrie zwischen den beiden Bereichen "links und rechts" von der mittleren projizierten Reichweite angibt. Sie lässt sich mathematisch wie folgt angeben:

\gamma = \frac{\int_{-\infty}^{\infty}(x-R_p)^3 f(x) \mathrm{d} x}{{\Delta R_p}^3}
Kurtosis

Die zweite Größe ist die Kurtosis, die die Flachheit des Maximums der Verteilung angibt:

\beta = \frac{\int_{-\infty}^{\infty}(x-R_p)^4 f(x) \mathrm{d} x}{{\Delta R_p}^4}

Gitterführungseffekt

Animation eines Einkristalls in Diamantstruktur (Silicium, Germanium). Unter bestimmten Drehungswinkeln ist die Ausbildung von „Kanälen“ zu beobachten, so dass an diesen Stellen durch den Kristall gesehen werden kann bzw. Ionen nahezu ungestört durch den Kristall gelangen können.

Der Gitterführungseffekt (engl.: channeling) ist ein unerwünschter Effekt bei der Dotierung von monokristallinen Siliziumscheiben (Wafern). Je nach Kristallanordnung in der Scheibe besteht die Möglichkeit, dass Ionen aufgrund der gleichmäßigen Kristallstruktur durch die Zwischenräume der Atomen nahezu ungebremst in das Substrat eindringen und erhalten eine unerwünscht hohe Reichweite. Der Effekt stört die genaue Prozessführung, da er nur sehr schwer über statistische Zusammenhänge beschrieben werden kann, dies geht jedoch bei gestreuten Ionen sehr gut. Die Gitterführung kann verhindert werden, indem man die Substratoberfläche um ca. 7° neigt sowie um 22° gegenüber den <100>-Richtungen dreht und/oder diese vor der Implantation mit einem dünnen Streuoxid beschichtet.

Strahlenschäden und Ausheilen

Bei der Implantation entstehen in Abhängigkeit von der Masse der implantierten Ionen und der Implantationsdosis Strahlenschäden im Kristallgitter des Halbleiters. Daher muss das Substrat nach einem Implantationsschritt ausgeheilt werden. Dies geschieht durch einen Hochtemperaturprozess, bei dem die Fremdatome in das Gitter eingebaut und so elektrisch aktiviert werden und die Gitterstruktur wieder hergestellt wird. Der Ausheilprozess kann durch einen Ofenprozess oder Rapid Thermal Annealing realisiert werden.

Vor- und Nachteile

Die Ionenimplantation bietet gegenüber anderen Verfahren zahlreiche Vorteile, jedoch auch einige Nachteile, die im Folgenden kurz zusammengestellt sind.

Vorteile
  • Kurze Prozesszeiten
  • Hohe Homogenität und Reproduzierbarkeit
  • Möglichkeit der Implantation durch bereits abgeschiedene dünne Schichten
  • Es können sogenannte „vergrabene Schichten“ unterhalb der Oberfläche erzeugt werden (z. B. SIMOX-Technik).
  • Der Hauptprozess findet bei Raumtemperatur statt (relativ geringe thermische Belastung nur beim Ausheilen).
Nachteile
  • Erzeugung von Strahlenschäden im Kristallgitter.
  • Implantation ist auf oberflächennahe Schichten begrenzt.
  • Es können keine Profile mit scharfen Implantationsgrenzen erzeugt werden.
  • Es kann aufgrund zusätzlicher Effekte Abweichungen zwischen dem tatsächlichen und dem theoretischen Profil geben.

Einzelnachweise

  1. Vorlesungsskript der Universität Stuttgart

Literatur

  • J. F. Ziegler: Ion Implantation Science and Technology. Edgewater, USA 1996, ISBN 0127806202.
  • H. Ryssel, I. Ruge: Ion Implantation. J. Wiley & Sons, Chichester 1986 , ISBN 047110311X.
  • Ulrich Hilleringmann: Silizium-Halbleitertechnologie. Teubner, 2004, ISBN 3-519-30149-0.

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