Sigma-Faktor

Sigma-Faktor

Der Sigma-Faktor (σ-Faktor) ist ein bakterielles Protein, welches für die Initiation der Transkription notwendig ist.

In der Regel sind Sigma-Faktoren in der Zelle an die RNA-Polymerase gebunden. Eine vollständige bakterielle Polymerase mit gebundenem Sigma-Faktor wird oft auch als Holoenzym bezeichnet. Sie besteht aus sechs Untereinheiten (α2ββ’ωσ). Das Minimal- oder Coreenzym dagegen ist nicht an die σ-Untereinheit gebunden. In anderen Zusammenhängen ist die Bedeutung von Holoenzym allerdings oft eine andere.

Der Sigma-Faktor weist eine hohe Affinität zur Pribnow-Box und der -35-Sequenz des Promotors auf. Damit erhöht sie die Bindewahrscheinlichkeit des Polymerase-Holoenzyms an die Startstelle des offenen Leserahmens der DNA. Auch ohne Sigma-Faktor kann die RNA-Polymerase an die DNA binden, doch es kommt nicht zur Transkription. Wenn das Polymerase-Holoenzym den offenen Komplex bildet und die Transkription beginnt, wird der Sigma-Faktor abgespalten.

Abhängig von den Umweltbedingungen exprimieren Bakterien in der Regel mehrere verschiedene Sigma-Faktoren, die im Allgemeinen unterschiedliche Promoterspezifitäten aufweisen. Hierdurch wird die Transkription spezieller Gene zur Anpassung an die Umweltbedingungen vermittelt. Es sind zwei Klassen von Sigma-Faktoren bekannt. Eine Klasse mit vielen Vertretern weist Homologien zum Faktor Sigma-70 der Bakterienspezies Escherichia coli auf. Eine kleinere Familie – bei den meisten Bakterien mit nur einem einzigen Vertreter – ist homolog zum E. coli-Faktor Sigma-54. Diese unterscheidet sich sowohl strukturell als auch im Mechanismus der Transkriptionsinitiation stark von der Sigma-70-Familie. Sigma-Faktoren werden durch ihre Molekülmasse charakterisiert. Der Faktor σ70 zum Beispiel beschreibt den Sigma-Faktor mit einer Molekülmasse von 70 kDa.


Sigma-Faktoren aus E. coli:

Sigma-Faktor Gen Erkennungssequenz Expression
σ70 rpoD TTGACA unter normalen Bedingungen
σ32 rpoH CTTGAA bei Hitzestress
σ54 rpoN CTGGCAC bei Stickstoffmangel
σ28 rpoF TAAA Flagellenexpression
σ38 rpoS CCGGCG generelle Stressantwort
σ19 FecI AAGGAAAAT Eisentransport
σ24 rpoE GAACTT bei Zellhüllstress
  • Sigma 70 ist der Haushalts- (Housekeeping-) Sigma-Faktor von E.coli, der die Transkription jener Gene einleitet, deren Genprodukte unter gewöhnlichen Umweltbedingungen benötigt werden.
  • Sigma 32 ist der Hitzeschock-Sigma-Faktor in E.coli, der vom Gen rpoH codiert wird. Erhöht sich die Temperatur in der Zelle, wird der Faktor vermehrt synthetisiert. Durch die erhöhte Sigma-32-Konzentration in der Zelle, bindet das Protein mit hoher Wahrscheinlichkeit an das Polymerase-Coreenzym. Dadurch werden Hitzeschockproteine exprimiert, die der Zelle helfen, die erhöhten Temperaturen zu überleben. Zu ihnen gehören zum Beispiel Chaperone, Proteasen und DNA-Reparaturenzyme.
  • Sigma 54 wird durch das Gen rpoN codiert und bei Stickstoffmangel hergestellt. Das Sigma 54-Holoenzym aktiviert unter anderem die Expression der Glutaminsynthetase, die das Schlüsselenzym für die Stickstoff-Assimilierung darstellt.
  • Sigma 38 ist der Sigma-Faktor der generellen Stressantwort in E. coli. Bei Stressfaktoren wie Kohlenstoffmangel, Aminosäuremangel oder Übersäuerung wird die Sigma 38-Expression hochreguliert. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn eine Bakterienkultur in die stationäre Phase übergeht. Unter Sigma 38 werden Proteine exprimiert, die die Zelle vor schädigenden Umwelteinflüssen schützen.

Literatur

  • Gruber TM, Gross CA. (2003). Multiple sigma subunits and the partitioning of bacterial transcription space. Annu Rev Microbiol. 57, 441-66. PMID 14527287 (PDF)
  • Paget MS, Helmann JD. (2003). The sigma70 family of sigma factors. Genome Biol. 4, 203. PMID 12540296 doi:10.1186/gb-2003-4-1-203 (Volltextzugriff)
  • Burgess RR, Anthony L. (2001). How sigma docks to RNA polymerase and what sigma does. Curr Opin Microbiol. 4, 126-31. PMID 11282466
  • Helmann JD, Chamberlin MJ. (1988). Structure and function of bacterial sigma factors. Annu Rev Biochem. 57, 839-872. PMID 3052291
  • G. Fuchs, Allgemeine Mikrobiologie, Thieme Verlag, 8. Auflage

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