Sprengkandidat

Sprengkandidat

Als Sprengkandidatur wird im politischen System der Schweiz eine Kandidatur bezeichnet, welche entgegen den konkordanzdemokratischen Absprachen zwischen den Parteien erfolgt. Das kann beispielsweise geschehen, indem eine Partei versucht, einen Sitz zu erringen, der ihr laut der stillschweigenden Übereinkunft zur Sitzverteilung (sogenannte „Zauberformel“) nicht zusteht, aber auch, indem andere Parteien zum offiziellen Kandidaten ein Gegenkandidaten aus derselben Partei aufstellen.

Gelegentlich wird Sprengkandidatur auch als Synonym zur wilden Kandidatur verwendet, welche allgemein für Kandidaturen verwendet werden, welche ohne Unterstützung der eigenen Partei erfolgen.

Sprengkandidaturen sind bei Majorzwahlen möglich, wo Einzelpersonen kandidieren. Bei Proporzwahlen sind hingegen nur Kandidaturen auf Parteilisten möglich.

Auf nationaler Ebene

Bei den Wahlen zum Bundesrat stellt eine Sprengkandidatur ein politisches Manöver dar, bei dem andere Parteien zur Verhinderung der Wahl eines Politikers einen Kollegen aus dem gleichen Lager an seiner Stelle wählen. Auf diese Weise bleibt der Anspruch einer Partei auf Partizipation in der konkordanzdemokratischen Regierung unangetastet.

Beispiele dafür gab es mehrere in der Geschichte der schweizerischen Bundesratswahlen. So wurde 1983 der Sprengkandidat Otto Stich anstelle der offiziellen SP-Kandidatin Lilian Uchtenhagen gewählt. Zehn Jahre später wurde wiederum die Wahl der offiziellen Kandidatin der SP, Christiane Brunner, durch den Neuenburger Nationalrat und Staatsrat Francis Matthey „gesprengt“, der aber seine Wahl ablehnte, worauf Ruth Dreifuss gewählt wurde.

Zuletzt kam eine solche Sprengkandidatur bei den Bundesratswahlen 2007 zum Einsatz, nachdem auf Vorschlag linker Parteien statt des Amtsinhabers Christoph Blocher die Bündner Regierungsrätin Eveline Widmer-Schlumpf im zweiten Wahldurchgang mit knapper Mehrheit gewählt wurde.

Auf kantonaler Ebene

Die Kantonsregierungen werden vom Volk gewählt, und zwar in den meisten Kantonen im Majorzverfahren. Deshalb kommt es vor, dass Politiker, die von ihrer eigenen Partei nicht nominiert werden, „auf eigene Faust“ antreten. Da bei diesen Wahlen eher Persönlichkeiten als Parteien im Vordergrund stehen, haben solche Kandidaturen auch reelle Chancen.


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