Studiengebührenboykott

Studiengebührenboykott
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Der Studentenprotest ist ein Sammelbegriff für studentische Protestaktionen, oftmals in Form von Demonstrationen, Streiks im weiteren Sinne oder Gebührenboykotten, welche von Studenten durchgeführt werden. Die Gründe für Studentenproteste können vielfältig sein, häufig soll auf schlechte Studienbedingungen hingewiesen werden (Bildungsbenachteiligung/Bildungspolitik). Aktuell liegt in vielen Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland ein Hauptaugenmerk auf dem Protest gegen Studiengebühren.

Studentenproteste in Deutschland werden meist vom Studentenrat/AStA fakultätsübergreifend organisiert, die Unterstützung der Hochschulleitung hingegen ist nur manchmal gegeben. Oft dauern Protestaktionen über Tage oder Wochen hinweg an, um den Forderungen Nachdruck zu verleihen.

Demonstration in Erlangen im April 2005

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

1968

Die Proteste der sog. 68er waren ursprünglich und hauptsächlich wohl Studentenproteste. Weltweit sind Studenten politisch engagiert. In Mexiko kommt es zum Massaker von Tlatelolco an demonstrierenden Studenten. 1969 ruft Franco wegen Studentenprotesten den Ausnahmezustand aus. In China lässt Mao während der Kulturrevolution Schüler und Studenten als Rote Garden durch das Land ziehen, Honoratioren, Intellektuelle und Oppositionelle werden von ihnen gedemütigt und ermordet.

Nationale Proteste

Deutschland

nationalsozialistische Bücherverbrennung 1933

Vom 10. Mai bis 21. Juni 1933 organisierten nationalsozialistische Studentenverbände mit Duldung der Behörden, von der Polizei und Feuerwehr sogar begleitet in zahlreichen deutschen Städten Bücherverbrennungen (Bücherverbrennung 1933 in Deutschland). Sie verbrannten rund 20.000 Bücher als „undeutsch“ bezeichneter Autoren wie Karl Marx, Heinrich Heine, Kurt Tucholsky, Erich Kästner oder Sigmund Freud (siehe: Liste der verbrannten Bücher 1933). Diese Aktion erfolgte unter Berufung auf die Bücherverbrennung während des ersten Wartburgfestes von 1817. Diese „Proteste“ waren von der NSDAP erwünscht. Es waren größtenteils vom NSDAP-Regime organisierte Proteste und keine Studentenproteste im heutigen Sinne.

Proteste gegen den Nationalsozialismus

Doch es gab auch Proteste von Studenten gegen den Nationalsozialismus, vor allem von linken und konservativen Studenten. Im Juni 1934 kam es zu den - Göttinger Krawallen genannten - Auseinandersetzungen zwischen Göttinger Verbindungsstudenten und Mitgliedern des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes (NSDStB) die sich daran entzündeten, dass die Verbindungsstudenten trotz Verbots in der Öffentlichkeit Mützen und Bänder trugen. Im Mai 1935 störten Mitglieder des Corps Saxo-Borussia Heidelberg die Übertragung einer Hitler-Rede in einem Heidelberger Studentenlokal durch lautes Gegröle, erzählten sich in überlautem Ton Hitlerwitze und bliesen auf einer leeren Sektflasche Melodien, zu denen sie Spottlieder über die Nationalsozialisten sangen. Durch zahlreiche Beschwerden sah sich das Corps am nächsten Tage zu einer Entschuldigung beim Rektor der Universität veranlasst. Einige Tage später jedoch unterhielten sich Angehörige des gleichen Corps bei einem Spargelessen im Heidelberger Lokal „Hirschgasse“ lautstark darüber, ob „der Führer Spargel mit Messer, Gabel oder Pfoten“ und ganz allgemein commentgemäß äße; schließlich einigten sich die Corpsstudenten darauf, Hitler besitze „ein so großes Mundwerk, dass er den Spargel quer essen könnte“ (sog. Heidelberger Spargelessen). Umgehend nach den Geschehnissen wurde das Corps Saxo-Borussia verboten, die beteiligten Corpsstudenten von der Universität relegiert, der Senior Henning v. Quast wurde gar zeitweilig verhaftet.

„Ersatzgeld-Kampf“ 1976

Der sog „Ersatzgeld-Kampf“. Einige Bundesländer wollten Studiengebühren einführen (u.a. Baden-Württemberg), und zwar zunächst nur für naturwissenschaftliche Studiengänge: Die Naturwissenschaftler sollten die „Mehrkosten“ ihrer Studiengänge (durch Labormaterial etc.) selbst bezahlen. Durch Rückmeldeboykott (keiner meldet sich zurück) und Streiks wurden diese Pläne komplett verhindert.

„UniMut“-Streik 1988/89

Der sogenannte „UniMut“-Streik ausgehend von der Freien Universität Berlin mit bundesweiter Ausdehnung (zunächst vor allem Hessen, dann ganze Bundesrepublik). Erste größere Serie von Besetzungen von Instituten und Unigebäuden. Die FU Berlin wird für fast ein ganzes Semester von „Besetzungsräten“ verwaltet (bis 25. Februar 1989) und zur sog. „Befreiten Uni“. Zahlreiche Institute wurden mit neuen Bezeichnungen versehen.

Folgen waren die Einführung von studentisch verwalteten Projekttutorien bis 2002 und die Einführung eines Reformstudiengangs in der Humanmedizin.

In den 1990ern

1993 fand der erste Streik gegen die Einführung der bundesweiten Langzeitstudiengebühr statt. Er wurde in den meisten Universitäten nur als Warnstreik durchgeführt, d.h. 3 Tage Streik mit Teach-ins etc.

Die zunächst größten Studentenproteste in Deutschland nach der 68er-Bewegung gab es beim Studentenstreik 1997. Damals gab es ausgehend von der Justus-Liebig-Universität in Gießen an vielen Universitäten von Kiel bis Konstanz Hochschulstreiks unter dem Motto „Lucky Streik“ u. ä. Gründe für den Streik waren die geringe finanzielle Ausstattung der Hochschulen, überfüllte Veranstaltungen u. ä.

„Spar Wars“ 2003

2003 ist in Deutschland insbesondere das Motto Spar Wars oft verwendet worden, allerdings gibt es kein übergreifendes Leitmotiv, da wirksame Aktionen meist mit lokalem oder regionalem Charakter durchgeführt werden. Im Dezember 2003 wurden zeitgleich in Berlin, Leipzig und Frankfurt am Main Demonstrationen veranstaltet, die den Auftakt für eine Welle von Protestaktionen machten. Auch in Weimar, Bonn, München, Dresden, Göttingen und anderen Städten wurden daraufhin Streikaktionen gestartet. In ganz Niedersachsen, Hessen, Hamburg, Bremen und Berlin wurde im Wintersemester 2003/2004 gestreikt. Bei den Protesten ging es um die Verhinderung von deutschlandweit stattfindenden Kürzungen im Bildungs- und Sozialbereich und die Einführung von Studienkonten/Studiengebühren.

Nach anfänglichem Bezug auf die reinen Einsparungen und „Reformen“ wie BA/MA im Bildungsbereich fand schnell eine Ausweitung auf weitere soziale Proteste statt, wie z.B. die Einführung von Hartz IV. Zumindest in Berlin kann die geplante Einführung von Studienkonten/-gebühren zum Wintersemester 2004/2005 verhindert werden. Nach wochenlangen Interventionen von Studierenden auf PDS Versammlungen stimmten 3/4 aller Delegierten des Berliner PDS Parteitags gegen das Studienkontenmodell ihres Wissenschaftssenators, der daraufhin die Einführung für den Rest der Legislatur(bis Oktober 2006) aufgibt. Die Einsparsumme vorn insgesamt 75 Mio. Euro bis 2009 müssen die Berliner Universitäten ohne Abstriche erbringen. Bisher ist dies der einzig bekannte Erfolg von Studentenprotesten gegen die Einführung von Studiengebühren in Deutschland.

Protestaktionen 2005

Demo in Dresden

Im Mai 2005 kommt es wegen der geplanten Studiengebühren zu bundesweiten Protesten (Summer of Resistance) gegen die Kommodifizierung von Bildung. In Freiburg im Breisgau wird das Rektorat von Studenten 13 Tage lang besetzt gehalten. In Hamburg veranstalten Studenten verschiedene Protestaktionen, die Vollversammlung der Studenten der Universität Hamburg spricht sich mit 94% gegen Studiengebühren aus bei über 10.000 abgegebenen Stimmen. Daraufhin lässt der CDU-Senat die Proteste von der Polizei mehrmals gewaltsam auflösen.

Auch in Köln, Kiel, Oldenburg, Stuttgart, München, Freiburg und weiteren Städten kommt es zu Aktionen (Dokumentation auf Indymedia). Vom 2.-4. Mai streikten die Studierenden der Universität Stuttgart und beendeten den Streik am 4. Mai mit einer 4.000 Menschen starken Demonstration. Seitdem geht der Protest neben anderen Aktionen in Form einer Uni-WG in einem zentralen Universitätsgebäude weiter. Am 24. und 25. Mai besetzen Studenten die Rektorate der Universitäten in Hamburg, Bremen, Hildesheim, Göttingen, Braunschweig und Lüneburg. Im Juni werden die Aktionen bundesweit fortgesetzt, es kommt in verschiedenen Städten immer wieder zu Kundgebungen und Campus Camps. Studenten besetzen parallel zur landesweiten Demonstration gegen Studiengebühren in Essen am 23. Juni die Rektorate an den Campus Duisburg und Essen. Der Protest richtet sich gegen die geplante Einführung von Studiengebühren an der Universität Duisburg-Essen. Ende 2005 gab es in Stuttgart noch einmal heftige Proteste mit 2 Großdemos jeweils parallel zu den Lesungen des Studiengebührengesetzes im Landtag, mit Beteiligungen zwischen 5000 und 10.000 Menschen.

In der Folge werden teils Gebührenpläne verschoben oder neu diskutiert, zahlreiche Universitäten beklagen, dass ihnen die Entscheidung über Studiengebühren von der Politik zugeschoben werde, während die Finanzierungsmodelle noch unklar sein. Studentische Initiativen greifen aber auch in den Wahlkampf von Parteien ein, die für Studiengebühren werben. Bei der Bundestagswahl 2005 war laut Umfragen Bildung (neben Arbeitslosigkeit) eines der bestimmenden Themen.

2006

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Ende 2005 fordert der schleswig-holsteinische Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Dietrich Austermann (CDU) in einem Eckpunktepapier für ein neues Hochschulgesetz die Einführung von Studiengebühren, eine Präsidialverfassung anstelle der bisherigen Rektoratsverfassung und die Fusion der drei schleswig-holsteinischen Universitäten Lübeck, Flensburg und Kiel zu einer Landesuniversität. Für die Studenten in Schleswig-Holstein bedeutet die Präsidialverfassung den Verlust des Mitspracherechts, da das Konsistorium, welches zu einem Drittel aus Studenten besteht und von dem der Rektor gewählt wird, gestrichen wird. In Zukunft soll ein Hochschulrat, bestehend aus führenden Persönlichkeiten der Wirtschaft und Kultur, den Präsidenten wählen. Dieses Eckpunktepapier löste an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel eine Protestwelle aus. Nach einer Vollversammlung am 18. Januar 2006 besetzte eine kleine Gruppe von Studenten das Rektoratshochhaus der Universität und forderte eine klare Stellungnahme des Rektorats zu den von Austermann vorgestellten Plänen. Die Besetzung verlief friedlich und die Arbeit im Hochhaus wurde nicht blockiert. Die Prorektoren der CAU stellten sich am nächsten Abend den „Unischläfern“ und gaben zu verstehen, dass das Rektorat die „Studenten nicht als Kunden, sondern als Teil der Universität“ sieht und daher die Einführung von Studiengebühren, die Entdemokratisierung der Hochschule und die Fusion der drei schleswig-holsteinischen Universitäten zu einer Landesuniversität nicht gut heißt. Die „Unischläfer“ hatten ihr Ziel erreicht, führten die Besetzung jedoch für insgesamt elf Tage fort, um der Studentenschaft ein Forum zu bieten, indem sie über das Eckpunktepapier aufklären konnten. Der Besetzung folgten weitere Aktionen, welche das Ziel hatten, die 20.000 Studenten der CAU zu informieren und auf koordinierte Protestaktionen mit den anderen Hochschulen des Landes vorzubereiten.

Am 2. Februar 2006 fasst der Senat der Universität Bielefeld in öffentlicher Sitzung im Audimax den Beschluss, das Rektorat mit der Erarbeitung einer Gebührensatzung zu beauftragen, gegen die Stimmen der studentischen Senatoren. Daraufhin wird das Rektorat besetzt und u.a. der Rücktritt des Rektors gefordert. Am 15. Februar wird auch das Rektorat der Universität Paderborn für 12 Tage besetzt. In einer gemeinsamen Presseerklärung fordern die Besetzer von Bielefeld und Paderborn die Rücknahme des Beschlusses zu Studiengebühren an den jeweiligen Universitäten, sowie eine Demokratisierung der Hochschulen in NRW durch erweiterte Rechte der Mitbestimmung für Studenten. Die jeweiligen Rektoren lehnen alle Forderungen ab, in Paderborn wird den Besetzern mit juristischen Mitteln gedroht. Deutschlandweit solidarisieren sich mehrere Asten und Ortsverbände von Parteien sowie Gewerkschaftsgruppen und Studenten mit den Besetzungen und den damit verbundenen Forderungen. Überregionale Medien wie Süddeutsche Zeitung, Junge Welt, Die Zeit und Telepolis berichten zunehmend über die Proteste. Am 2. März kündigt der Rektor der Universität Bielefeld die Räumung an und fordert die BesetzerInnen auf, das Rektorat zu verlassen. Diese kündigen passiven Widerstand an. Am 4. März räumt der private Sicherheitsdienst schließlich das inzwischen verbarrikadierte Rektorat, in dem sich allerdings seit dem 2. März schon keine Besetzer mehr befanden. Der Rektor zeigt sich „erleichtert“ und kündigt Gespräche über die Forderungen an. Die Besetzer setzten ihren Protest in einem Protestcamp mit kulturellen Veranstaltungen fort. Vom 24.4 bis 28.4. fand eine studentische Urabstimmung über die Frage der Einführung von Studiengebühren statt. An dieser Abstimmung beteiligten sich rund 24 % der Studierenden, davon stimmten 94 % gegen die Einführung von Studiengebühren, 6 % stimmten dafür. Im Verlauf des Sommersemesters beriet die mehrheitlich mit Studierendenvertretern besetzte Senatskommission für Lehre intensiv über den Entwurf der Beitragssatzung, auch der Senat befasste sich mehrmals mit diesem Thema. Am 12. Juli kam es zur endgültigen Abstimmung im Senat, bei dem ein erheblich aufgestockter Wachschutz sowie mehrere Zivilbeamte die Veranstaltung zu sichern versuchten. Etwa zwanzig Aktivisten gelang es, über ein Fenster in den Rektoratsbereich einzudringen. Im Senatssaal kam es währenddessen zu einer umstrittenen Eilabstimmung, in der Studiengebühren beschlossen wurden. Wenige Tage später wurde bekannt, dass ein Generalschlüssel abhanden gekommen war, mit dem Unbekannte u.a. in das Büro eines Senators eindrangen, um dieses mit Kuhexkrementen zu beschmieren. Die Täter wurden bisher nicht gefasst.

Der Besuch des UN-Bildungsbeauftragten Vernor Muñoz im Februar, der die Chancengleichheit untersucht und in Deutschland kritisiert, gibt dem Anliegen der Studenten neuen Auftrieb: Munoz bezeichnet Bildung ausdrücklich als Menschenrecht und nicht als ökonomisches Gut. In Deutschland sei wie sonst kaum noch in entwickelten Ländern gute Bildung an soziale Herkunft geknüpft. Munoz kritisiert auch den Föderalismus in der Bildungspolitik.

Mitte Mai Proteste in Hessen und Nordrhein-Westfalen, wo die Universitäts-Senate nun individuell über Studiengebühren entscheiden sollen: Rektorate in Köln, Duisburg, Siegen, Paderborn (zum zweiten mal dieses Jahr) werden besetzt, eine Versammlung in Köln, wo auch die FDP-Zentrale besetzt wird, unter hohem Polizeiaufgebot geräumt. In Marburg kommt es zu einer Demonstration von 4000 Studenten, die im Anschluss die Stadtautobahn für eine Stunde besetzen, weitere Demonstrationen auch in Frankfurt, Bonn und Bochum.

Am 24. Mai wurde bei einer kurzzeitigen Gleisblokade im Zuge einer spontanen Demonstration in Gießen (Hessen) ein 21-jähriger Student von einem herannahenden Zug erfasst. Er wurde schwer am Bein verletzt. Es bestand jedoch zu keinem Zeitpunkt Lebensgefahr. Von verschiedenen Seiten wurden in Folge Vorwürfe gegen die Polizei, wie auch die Studenten bezüglich der Schuldfrage erhoben. Nach Aussage des Verletzten selber kann er den genauen Hergang nicht mehr 100%ig rekonstruieren. Die vorliegenden Pressemitteilungen (ASTA, Polizei) sind ebenfalls widersprüchlich.

Am 31. Mai werden in mehreren Landesparlamenten Studiengebührengesetze diskutiert oder verabschiedet. Es kommt u.a. zu Aktionen und Demonstrationen in Bonn, Siegen, Frankfurt, Giessen, Wuppertal und Hamburg. In Berlin besetzten Studenten kurzzeitig aus Protest die Hamburger Landesvertretung. In Hamburg demonstrieren ca. 800 Studenten und ziehen danach zum Hauptbahnhof, der daraufhin von Polizei abgeriegelt wird, einige Studenten besetzen kurz ein Gleis. Es kommt zu zahlreichen Ingewahrsamnahmen. In der Bürgerschaft versuchen Studenten, die Sitzung mit dem Gedicht „Es ist alles still“ von Heinrich Heine zu stören, es kommt zu Tumult, fünf Studenten wurden verhaftet, und nach Leibesvisitation abtransportiert. Einige Studenten kommen in ein für Hooligans bei der WM 2006 errichtetes Gefängnis.

Am 15. Juni gründete sich das “Berliner Bündnis für Freie Bildung - gegen Studiengebühren“. Hintergrund ist die zu erwartenden Studiengebühren-Diskussionen nach den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus im September. Im Bündnis engagieren sich derzeit über 50 Gruppen sowie zahlreiche Einzelpersonen.

Am 6. Juli kommt es nach einer friedlichen Demonstration mit einigen tausend Teilnehmern in Frankfurt zur Besetzung eines Autobahnzubringers, in deren Folge 231 Demonstranten festgenommen werden. [1]

2008

Kurz vor den Landtagswahlen in Niedersachsen und Hessen organisierte das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren zusammen mit den LandesAsten, Studenten, Schülern und den Gewerkschaften Demonstrationen gegen Studiengebühren. In Hannover nahmen am 25. Januar etwa 1500 Menschen teil. Die Demonstration verlief friedlich. Kurz vor dem Ende der Demonstrationroute verletzten mehrere Hundert Studenten und Schüler die Bannmeile des Niedersächsischen Landtags und hielten vor diesem über eine Stunde eine Kundgebung ab. Die Parlamentarier schlossen sich daraufhin im Landtag ein. In Frankfurt beteiligten sich am 26. Januar etwa 1000 Menschen. Die Polizei erklärte die Demonstration vorzeitig für beendet, als sich auch hier einige Demonstrationsteilnehmer nicht an die Demonstrationsroute halten wollten. Daraufhin löste sich die Demonstration in viele kleinere Gruppen auf und es kam zu Sachbeschädigungen. Die Polizei kesselte verschiedene Gruppen ein, setzte Schlagstöcke ein und nahm über 200 Teilnehmer vorübergehend fest.

Seit die Auswirkungen des sog. Bologna-Prozesses spürbar wurden, fanden an einigen Universitäten Studentenproteste gegen die Bologna-Reformen statt. So wurde etwa am 25. November 2008 an der Georg-August-Universität Göttingen die Bachelorstudienbedingungen protestiert und gefordert, die systematische Entmündigung der Studierenden solle beendet werden. Es müsse "Schluss mit der systematischen Zerstörung der Universitäten!" sein. [1]

Auch in Trier protestierten mehr als 600 Studenten am 13. November 2008 gegen die Bologna-Reformen. Dabei wurde die Einführung von modularisierten Studiengängen als "Genickbruch für das Hochschulsystem" bezeichnet und kritisiert, daß die "Devise heute Gleichmacherei, Massenabfertigung und Ausrichtung der Bildung auf die Interessen der Wirtschaft" lauten würde. [2] Ähliche Protest fanden auch an der FU Berlin statt. [3]

2009

Im Jahr 2009 findet ein bundesweiter "Bildungsstreik" statt. Anlässlich der Weltwirtschaftskrise und der nahen Bundestagswahl formiert sich deutschlandweit ein breites Bündnis aus Schülern, Studierenden und Auszubildenden. Es organisieren sich an vielen deutschen Universitäten vorbereitende Aktionsgruppen.[4] Eine der ersten öffentlichen Aktionen des Bündnisses war die Teilnahme an der Demonstration "Wir zahlen nicht für eure Krise" am 28. März 2009 in Berlin, die gegen den Umgang der Bundesregierung mit der Finanzkrise und für eine dauerhafte Umverteilung eintrat.[5] Im Rahmen eines überregionalen Koordinationstreffens an der TU Berlin befanden sich hunderte streikwillige Studierende in der Stadt, die zusammen mit Schülerinnen und Schülern einen "Bildungsblock" des Demonstrationszuges organisierten. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) unterstützt in einem Beschluss des Gewerkschaftstages vom 27. April 2009 den Aufruf zum Bildungsstreik.[6]

Frankreich

Landesweite Unruhen 2006

Protest gegen den CPE: Blockade des Pariser Universitätscampus Jussieu

In Frankreich kommt es im Februar und März 2006 zu landesübergreifenden Protesten gegen ein neues Sonderarbeitsrecht für Berufsanfänger (Contrat première embauche). In der Nacht von 10. auf 11. März wird die von Protestierenden besetzte Sorbonne von Einheiten der CRS mit Tränengas und Schlagstockeinsatz geräumt. Zuvor hatte sich der Pariser Bürgermeister besorgt über das „rigide Vorgehen“ der Polizei gezeigt. Einige Beobachter zogen auch Parallelen zu den Mai-Unruhen von 1968. In der Nacht zum 15. März kam es nach einem Marsch auf die Sorbonne zu erneuten gewaltsamen Ausschreitungen, bei denen mindestens neun Demonstranten festgenommen und mindestens neun Beamte verletzt wurden. In der Nacht zum 17. März weiten sich die Studentenproteste erneut aus. Nach einem zunächst friedlichen Demonstrationszuges von der Place d'Italie nach Sèvres - Babylone kam es zunächst zu Ausschreitungen zwischen Autonomen und der Polizei, wobei ein Zeitungsstand abgebrannt wurde. Später versammelten sich wieder Demonstranten vor der Sorbonne und forderten den Abzug der Polizei, die das Hauptgebäude und das umliegende Viertel weiter abgesperrt hielt. Bei Ausschreitungen an der Place de la Sorbonne wurden mehrere Geschäfte und Bars verwüstet und ein Buchladen angezündet, worauf die Polizei das ganze Viertel zwischen Sorbonne, Odéon und St. Michel räumte. Hierbei wurden etliche Randalierer festgenommen, die sich an den Verwüstungen beteiligt hatten oder später in kleinen Gruppen Autos und Fensterscheiben zerstörten. Nach Angaben der Polizei habe es sich dabei nicht um „Studenten“ gehandelt, sondern um „autonome Krawallmacher“. Es stellte dabei allerdings die Frage, ob militant Agierende nicht auch Studierende sein können; 92 Polizisten sowie 18 Demonstranten wurden verletzt, 187 Protestierende festgenommen.

Absperrungen am Place de la Sorbonne
Ausschreitungen Place de la Nation
Barrikaden in einem angrenzenden Viertel im Osten von Paris nach Auflösung der Demonstration

Am Samstag, dem 18. März, gingen in Frankreich zwischen 500.000 und 1,5 Millionen Menschen auf die Straße. Besonders hierbei war, dass erstmals sonst verfeindete Gewerkschaften miteinander demonstrierten. Alleine in Paris beteiligten sich zwischen 80.000 und 350.000 Menschen an einem Demonstrationszug von Denfert-Rochereau zur Place de la Nation. Auch an diesem Tag kam es wieder zu schweren Auseinandersetzungen mit der Polizei. Zunächst verlief die Pariser Veranstaltung friedlich, bis am Ende der Veranstaltung am Rande der Demonstration ein Auto angezündet wurde und die Fenster von zwei Geschäften zu Bruch gingen. Obwohl sich die Situation zunächst wieder beruhigte, beschloss die Polizei, die Demonstration gewaltsam aufzulösen, wobei auch Unbeteiligte verletzt wurden. Die aufgebrachte Menge wird vom Platz in Nebenstraßen getrieben, wo die Demonstranten brennende Barrikaden errichteten, weitere Autos anzündeten und zahlreiche Geschäfte zerstörten. Später verlagerte sich der Schwerpunkt wieder auf das Quartier Latin, wo die Polizei einen Sit-in von ca. 500 Studenten, die die Freigabe der Sorbonne forderten, gewaltsam auflöst. Später kam es auch hier wieder zu Krawallen, bei denen die Absperrungen um die Sorbonne teilweise niedergerissen wurden.

Die Polizei kam während diesen Tagen auch in die Kritik, da sie Neonazis zur Sorbonne ließen, wo diese Linke unter Anderem mit Baseballschlägern angriffen.

Österreich

Einer der ersten Studentenproteste Österreichs fand 1952 auf der Wiener Ringstraße statt, als Studenten dort einen Sitzstreik gegen die Studiengebühren abhielten.[7]

1965 gab es Demonstrationen gegen Professor Taras Borodajkewycz, da dieser sich stolz zu seiner nationalsozialistischen Vergangenheit bekannte und an der Universität wiederholt durch antisemitische Äußerungen auffiel. Bei einer dieser Demonstrationen wird der ehemalige NS-Widerstandskämpfer Ernst Kirchweger von einem Gegendemonstranten angegriffen und stirbt zwei Tage später an den Verletzungen. Es kommt zu weiteren Demonstrationen, an dessen größter rund 25.000 Personen teilnahmen.[7] Hausbesetzer benennen später das Ernst-Kirchweger-Haus nach ihm.

1967 gibt es nach dem Mord an Benno Ohnesorg große Solidaritätskundgebungen. Im selben Jahr kommt es auch zu Demonstrationen gegen die Einführung einer EDV-verarbeiteten Hochschulstatistik.[7]

1968 kommt es zum wohl bekanntesten Ereignis der 68er-Bewegung: Die „Uni-Ferkelei“ aktionistischer Künstler im Hörsaal 1 des Neuen Institutsgebäudes der Universität Wien.[7]

Unter der neuen Regierung Bruno Kreiskys werden 1969/1970 auf Druck der Studenten Studienkommissionen mit drittelparitätischem Mitspracherecht der Studenten eingesetzt. Erste Institutsvertretungen werden gebildet.[7] 1973 schafft dieselbe Regierung die Studiengebühren ab.

1975 tritt das neue Universitätsorganisationsgesetz in Kraft. Dieses schreibt erstmals Mitbestimmung der Studierenden bei universitären Entscheidungen fest.[7]

Von 1976 bis 1984 kommt es zu einer Reihe von Aktionsbewegungen, die unter studentischer Beteiligung oder aus studentischen Kreisen ausgehen. Es kommt zu einigen Besetzungen, darunter auch jene des alten Schlachthofes in St. Marx unter Beteiligung heute bekannter Sänger wie Wolfgang Ambros. Aus dieser Besetzung ging die Arena Wien hervor. Ebenfalls in dieser Zeit entstanden das WUK, das GAGA und das Amerlinghaus.[7]

1992 kommt es als Reaktion auf das FP-Anti-Ausländer-Volksbegehren zu einigen Gegendemonstrationen, 1993 wird ein Lichtermeer aus Kerzen am Wiener Heldenplatz entzündet.[7]

Ebenfalls 1993 wird ein neues Universitätsorganisationsgesetz beschlossen. Diesem folgt 1996 ein Sparpaket, das auch das Bildungssystem treffen soll. An einer Großdemonstration nehmen rund 40.000 Menschen teil.[7]

Im Jahr 2000 fanden zahlreiche Demonstrationen, auch aus studentischem Umfeld, gegen die neue Regierung Wolfgang Schüssels mit der FPÖ Jörg Haiders statt. Dieselbe Regierung führt 2001/2002 die Studiengebühren wieder ein, was erneut Demonstrationen hervorruft.[7]

Ungarn

In Ungarn beginnt der Ungarische Volksaufstand am 23. Oktober 1956 mit einer Demonstration von Studenten der TU Budapest.

Mittel

Mittel des Studentenprotests sind neben Demonstrationen der Streik an Universitäten manchmal auch die Besetzung von Räumen oder Gebäuden, aber auch Performances im öffentlichen Raum, um auf Studienbedingungen aufmerksam zu machen, und Formen der Kommunikationsguerilla.

Es wurden beispielsweise Fotokalender mit unbekleideten Sportstudentinnen und -studenten produziert (das letzte Hemd), oder gemeinsam geschwommen (Bildung geht baden). Obwohl gerade Aktionen wie der Kalender im Gegensatz zu auch stattfindenden Demonstrationen größeres Echo in manchen Medien (Spiegel Online) hervorriefen, blieben die eigentlichen Forderungen der Studenten unerfüllt (z.B. die Abschaffung von Studiengebühren jeder Form).

Einzelnachweise

  1. Vgl. exemplarisch http://www.goest.de/bolognaprozess.htm
  2. Vgl. den Bericht von 16vor
  3. Vgl. http://www.jungewelt.de/2008/11-13/028.php
  4. Internetseite zum bundesweiten Bildungsstreik 2009
  5. Berliner Tagespiegel zur "Krisendemo" am 28. März 2009
  6. Bildungsstreik 2009 - Beschluss des GEW-Gewerkschaftstags
  7. a b c d e f g h i j Christian Schreibmüller: Chronologie: Studentenrevolten in Österreich. Profil, Jg. 39, Nr. 40, 29. September 2008, Beilage „profil extra“, S. 7

Literatur

  • Neumann-Schönwetter, Marek u.A.: Anpassen und Untergehen. BdWi-Verlag, Marburg, 1999. Reihe „Hochschule“, Band 1. 234 Seiten.
  • Keller, Andreas: Hochschulreform und Hochschulrevolte. BdWi-Verlag, Marburg, 2000. Reihe „Hochschule“, Band 4. Zugleich Dissertation (Marburg). 562 Seiten.
  • Öffentlichkeitsausschuss der FSR-VV an der Ernst-Bloch-Uni Tübingen: USTA-MATerialien. Tübingen 1981. 548 Seiten.

Weblinks

Siehe auch


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