Tabaksteuer (Deutschland)

Tabaksteuer (Deutschland)
Deutsches Tabaksteuerzeichen (Banderole, ca. 2001–2004)

Die Tabaksteuer wird in Deutschland auf Tabakwaren aller Art erhoben (seit 1906; seit 1993 nicht mehr auf Schnupf- und Kautabak; erhoben via Steuerzeichen) - aber nicht nur. Sie ist eine indirekte Steuer, eine Verbrauchsteuer, die nach Art. 106 Abs. 2 GG dem Bund als Bundessteuer zusteht, und eine Mischform aus Mengensteuer und Wertsteuer. Rechtsgrundlage ist das Tabaksteuergesetz.

In den letzten Jahren wurde die Tabaksteuer deutlich angehoben. Beispielsweise wurde in den Jahren 2002 und 2003 die Steuer jeweils um 1 Cent pro Zigarette erhöht, um das erste Anti-Terror-Paket zu finanzieren.[1] Mit Einnahmen von rund 14,3 Mrd. Euro im Jahr 2009 (1970 waren es 6,5 Mrd. Euro) ist die Tabaksteuer nach der Energiesteuer (früher: Mineralölsteuer) die ertragreichste besondere Verbrauchsteuer. Mit ca. 13,3 Mrd. Euro stellt die Fertigzigarette den Hauptanteil. Die von der Zollverwaltung eingenommene Tabaksteuer fließt ausschließlich dem Bundeshaushalt zu. Im Jahr 2006 flossen noch 4,2 Milliarden Euro aus der Tabaksteuer an die Krankenkassen, was mittlerweile vermindert wurde.

Wenn man sich im Februar 2009 eine Schachtel Zigaretten für 4,50 Euro kauft, so werden 3,74 Euro als Steuern abgeführt. Dies entspricht einem Anteil von 83,1 % des Kaufpreises. Da Teile der Steuern pro Zigarette berechnet werden, ist dieser Steueranteil pro Schachtel variabel.

1906 wurden etwa 1 Mrd. Zigaretten versteuert, etwa 1/10 der Menge von 2006.

Inhaltsverzeichnis

Gesundheitspolitik

Die Tabaksteuer ist Gegenstand einer zwiespältigen Betrachtung. Während das Gesundheitsministerium die Tabaksteuer als so genannte Lenkungssteuer sieht, die eine Senkung des Tabakkonsums bewirken soll, hat das Finanzministerium ein Interesse an möglichst hohen Steuereinnahmen zur Deckung des Staatshaushalts. Aus diesem Grund konnte die Gesundheitsministerin 2003 ihren Plan einer drastischen Tabaksteuererhöhung zum 1. Januar 2004 von 1 Euro pro Packung Zigaretten nicht verwirklichen, stattdessen setzte der Finanzminister eine schrittweise Steuererhöhung durch [2]. Die derzeitige Politik ist nach eigener Darstellung aber hauptsächlich an der gesundheitspolitischen Lenkungswirkung orientiert.

In der Bundesrepublik Deutschland scheint die Erhöhung der Tabaksteuer zusammen mit der verstärkten Information der Raucher und als Nebeneffekt der zunehmenden Rauchverbote an Arbeitsplätzen erfolgreich zu sein. Der Tabakkonsum ging stark zurück und viele Raucher hörten mit dem Rauchen auf.

Entwicklung des Tabaksteueraufkommens in Deutschland

Die Vermutung einer erfolgreichen Lenkungswirkung der Tabaksteuererhöhung ist aber auch umstritten: Kritiker argumentieren, dass der nach den letzten Steuererhöhungen verzeichnete geringfügige Rückgang des Steueraufkommens (im Jahr 2003 ein Rückgang um 400 Millionen Euro oder 15,8 % gegenüber 2002) womöglich nicht einen reduzierten Tabakkonsum anzeige, sondern lediglich eine verstärkte Verlagerung des Erwerbs der Tabakwaren in die an Deutschland angrenzenden Nachbarstaaten mit ihren zum Teil erheblich niedrigeren Preisen, insbesondere in Polen und Tschechien, in Form des persönlichen 'Eigenimports' im Rahmen der zollrechtlich erlaubten Mengen sowie in den enorm lukrativen Zigarettenschmuggel. Mit diesem Problem kämpfen auch Dänemark, Norwegen und Schweden, da dort die Tabaksteuer noch deutlich höher ist.

Andererseits ist im Zuge der letzten Tabaksteuererhöhungen die Raucherquote bei 12- bis 17-Jährigen von 28 Prozent im Jahr 2000 auf 18 Prozent im Jahr 2006 gefallen.[3] Befürworter sehen darin eine deutliche Auswirkung der Preisgestaltung auf diese relativ finanzschwache Bevölkerungsgruppe.

Viele Raucher fertigen sich ihre Zigaretten durch Drehen aus losem Tabak und Zigarettenpapier bzw. mit einem Stopfgerät und Filterhülsen selbst an. Bis zum 31. März 2006 gab es des Weiteren in Deutschland „Tabak-Sticks“, die zusammen mit getrennt zu kaufenden Papierhülsen eine alternative Möglichkeit für Raucher boten, sich Zigaretten selbst anzufertigen. Diese Tabak-Sticks fielen als „Rauchtabak als Feinschnitt“ deklariert unter die geringere Besteuerung. Am 10. November 2005 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg jedoch, dass diese Einordnung unzulässig ist, da es sich nicht um Tabak-Feinschnitt handele und entsprechend der höhere Steuersatz für Zigaretten anzuwenden sei. Nach einer Übergangsfrist wurde am 31. März 2006 der höhere Steuersatz angewendet, woraufhin die Herstellung von Tabak-Sticks vollständig aufgegeben wurde.

Die Steuererhöhungen hatten zur Folge, dass gleichzeitig mit dem stark rückläufigen Absatz von Zigaretten eine deutliche Zunahme des Absatzes von Zigarren (+16,7 %), Pfeifentabak (+1,6 %) und von Feinschnitttabak für selbstgedrehte und selbstgestopfte Zigaretten (+30,4 %) beobachtet wurde. Alle diese Tabakprodukte sind geringer besteuert als Zigaretten, wie die folgende Tabelle zeigt.

Tabaksteuersätze 2003:
Produkt spezifischer Anteil

(Cent je Stück/Euro je kg)

Wertanteil

(Prozent des Kleinverkaufspreises)

Zigaretten 6,17 Cent/Stück 24,23 %
Zigarren/Zigarillos 1,3 Cent/Stück ca. 1 %
Rauchtabak als Feinschnitt 21,40 Euro/kg 18,32 %
Rauchtabak als Pfeifentabak 10,70 Euro/kg 13,5 %
Tabaksteuersätze 2005:
Produkt spezifischer Anteil

(Cent je Stück/Euro je kg)

Wertanteil

(Prozent des Kleinverkaufspreises)

Zigaretten 8,27 Cent/Stück 25,29 %
Zigarren/Zigarillos 1,4 Cent/Stück ca. 1.5 %
Rauchtabak als Feinschnitt 34,06 Euro/kg 19,04 %
Rauchtabak als Pfeifentabak 15,66 Euro/kg 13,46 %

Hinzu kommen 19 % Mehrwertsteuer.

Tabakabsatz in Deutschland

Jugendschutz durch Lenkungsabgaben

Die Erhebung einer Tabaksteuer führt zu einem Rückgang der Nachfrage nach Zigaretten. So führt eine Erhöhung der Zigarettenpreise um jeweils 1 Prozent zu einem Rückgang von jeweils 0,5 Prozent. Besonders bei Jugendlichen, denen noch nicht so viel Geld zur Verfügung steht, wirkt eine Erhöhung der Steuer abschreckend. So führten die Anhebungen der Steuer zwischen 2001 und 2008 zu einem Rückgang des Rauchverhaltens der 12-17 Jährigen um 13 Prozent (auf einen Anteil von 15 Prozent der Jugendlichen). Kinder und Jugendliche beginnen immer früher mit dem Rauchen - das Einstiegsalter liegt bundesweit bei 13,7 Jahren. Um den Tabakkonzernen den Anreiz zur Gewinnung kindlicher und jugendlicher Raucher zu nehmen, gibt es von Professor Michael Adams den Vorschlag, eine Lenkungsabgabe (Steuer) ausschließlich auf die Zigaretten zu erheben, die von Kindern und Jugendlichen geraucht werden. Kritik: Fraglich ist jedoch, ob eine solche Abgrenzung überhaupt möglich ist. Der Steuertarif solle dabei so bemessen werden, dass das Rauchen von Zigaretten durch Kinder und Jugendliche auch bei Berücksichtigung der wirtschaftlichen Vorteile des Entstehens lebenslanger Raucherkarrieren bei den Zigarettenanbietern zu Verlusten führt.

Vergleich von Steuereinnahmen und gesellschaftlichen Kosten

Es wird kontrovers diskutiert, wie viel von der eingenommenen Tabaksteuer nach Abzug der finanziellen Verluste, die der Staat durch die vom Rauchen verursachten Schäden erleidet, noch übrig bleibt.

Hauptartikel: ökonomische Aspekte des Tabakrauchens

Steuerschlupflöcher und deren Nutzung durch die Tabakindustrie

Beispiele für aktuelle und ehemalige Schlupflöcher sind Einsteckhüllen, Zigaretten mit Tabakblatt statt Papier als Hülle, überlange Zigaretten (18 cm) zum Selbst-Zuschneiden, Zigarettenstopfer, Zigarettendrehmaschinen zum Selbst-Drehen, Forcierung des Verkaufs von Drehtabak sowie Kleinpackungen, die auch nach Steuererhöhung noch für Normalbürger bezahlbar bleiben.

Verbote

Für den Handel unter anderem verboten oder eingeschränkt sind:

  • der Stückverkauf (§ 25 TabStG);
  • das Über- oder Unterschreiten des Kleinverkaufspreises (Preisbindung; ausgenommen ist die unentgeltliche Abgabe als Proben oder zu Werbezwecken, §§ 26 bis § 28 TabStG; der Kleinverkaufspreis wird vom Hersteller festgelegt, § 3 TabStG);
  • gewerbsmäßiges Ausspielen von Tabakwaren (§ 29 TabStG);
  • Kopplungsverkauf (es dürfen keine andere Waren beigelegt werden, § 24 und § 26 TabStG) [4].

Siehe auch

Tabaksteuer (Schweiz)

Weblinks

 Commons: Tabaksteuerzeichen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. Ulrike Fokken, Carsten Germis: Kampf gegen Terror: Höhere Steuern für mehr Sicherheit Der Tagesspiegel, 19. September 2001
  2. http://www.netdoktor.de/News/Tabaksteuer-Erhoehung-in-Et-1098412.html Stufenplan zur Tabaksteuererhöhung 2003/2004
  3. www.ad-hoc.de Raucherquote bei Jugendlichen
  4. www.zoll.de

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