Trugschluss des Spielers

Trugschluss des Spielers

Der Spielerfehlschluss ist ein logischer Fehlschluss, der eine der folgenden falschen Vorstellungen beinhaltet:

  • Ein zufälliges Ereignis wird wahrscheinlicher, weil es längere Zeit nicht eingetreten ist.
  • Ein Zufallsereignis wird unwahrscheinlicher, weil es längere Zeit nicht eingetreten ist.
  • Ein Zufallsereignis wird wahrscheinlicher, weil es eben schon einmal eingetreten ist.
  • Ein Zufallsereignis wird unwahrscheinlicher, weil es eben schon einmal eingetreten ist.

Diese Denkfehler sind im Alltag auch bei der Beurteilung von solchen Wahrscheinlichkeiten verbreitet, die bereits sorgfältig analysiert sind. Viele Menschen verspielen ihretwegen Geld. Obwohl der Spielerfehlschluss bei jeder Form von Glücksspiel auftreten kann, ist er an einem einfachen Münzwurf gut zu verdeutlichen. Die Widerlegung lautet in einem Satz: „Die Münze hat kein Gedächtnis.“

Inhaltsverzeichnis

Beispiel: Münzwurf

Der Spielerfehlschluss kann illustriert werden, indem man das wiederholte Werfen einer Münze betrachtet. Bei einer fehlerfreien Münze sind die Chancen für „Kopf“ oder „Zahl“ exakt 0,5 (die Hälfte). Die Chance für zweimal Kopf hintereinander ist 0,5×0,5=0,25 (ein Viertel). Die Wahrscheinlichkeit für dreimal Kopf hintereinander ist 0.5×0,5×0,5= 0,125 (ein Achtel) usw.

Nehmen wir an, wir hätten soeben viermal hintereinander Kopf geworfen. Ein Spieler könnte sich sagen: „Wenn der nächste Münzwurf wieder Kopf ergibt, wäre das schon fünfmal Kopf hintereinander. Die Wahrscheinlichkeit für eine solche Reihe ist 0.55 = 0.03125.“ Also denkt man, dass die Chance, dass die Münze das nächste Mal Kopf zeigt, 1:32 beträgt.

Hier liegt der Fehler. Wenn die Münze fehlerfrei ist, muss die Wahrscheinlichkeit für „Zahl“ immer 0,5 betragen, nie mehr oder weniger, und die Wahrscheinlichkeit für „Kopf“ muss immer 0,5 sein, nie mehr oder weniger. Die Wahrscheinlichkeit 1:32 (0,03125) für eine Serie von 5 Köpfen gilt nur, bevor man das erste Mal geworfen hat. Die gleiche Wahrscheinlichkeit 1:32 gilt auch für viermal „Kopf“, gefolgt von einmal „Zahl“ – und jede andere mögliche Kombination. Nach jedem Wurf ist sein Ergebnis bekannt und zählt nicht mehr mit. Jede der beiden Möglichkeiten „Kopf“ oder „Zahl“ hat die gleiche Wahrscheinlichkeit, egal wie oft die Münze bereits geworfen wurde und was dabei herauskam. Der Fehler beruht auf der Annahme, dass frühere Würfe bewirken könnten, dass die Münze eher auf „Kopf“ als auf „Zahl“ fällt; d. h. dass eine vergangene Glückssträhne irgendwie die Wettchancen der Zukunft beeinflussen könnte.

Manchmal argumentieren Spieler so: „Ich habe gerade viermal verloren. Die Münze ist fair, also wird auf lange Sicht alles ausgeglichen. Wenn ich einfach weiterspiele, werde ich mein Geld zurückgewinnen.“ Es ist allerdings irrational, die „lange Sicht“ an dem Punkt zu beginnen, an dem der Spieler zu spielen begann. Genauso gut könnte er auf lange Sicht erwarten, wieder an seiner gegenwärtigen Position (vier Verluste) zu landen.

Mathematisch gesehen, beträgt die Wahrscheinlichkeit 1, dass sich Gewinne und Verluste irgendwann aufheben und dass ein Spieler sein Startguthaben wieder erreicht. Allerdings beträgt der Erwartungswert der dafür notwendigen Spiele unendlich, und auch jener für das einzusetzende Kapital! Ein ähnliches Argument zeigt, dass die populäre Verdopplungsstrategie (beginne mit 1€; wenn du verlierst, setze 2€; dann 4€ usw., bis du gewinnst) nicht funktioniert (vgl. Martingalespiel, Sankt-Petersburg-Paradoxon). Solche Situationen werden in der mathematischen Theorie der Random walks (wörtlich: Zufallswanderungen) erforscht. Die Verdopplungs- und ähnliche Strategien tauschen entweder viele kleine Gewinne gegen einige große Verluste, oder umgekehrt. Mit Arbeitskapital in unbegrenzter Höhe wären sie erfolgreich. In der Praxis ist es aber vernünftiger, nur einen festen Betrag zu setzen, weil der Verlust pro Tag oder Stunde dann leichter abzuschätzen ist.

Zu beachten ist, dass sich der Spielerfehlschluss von dem folgenden Gedankengang (der zum entgegengesetzten Schluss führt) unterscheidet: „Die Münze fällt öfter auf Kopf als auf Zahl, also ist sie nicht fehlerfrei; ich werde darauf wetten, dass der nächste Wurf wieder Kopf ergibt.“ Das ist nicht unlogisch, wenngleich der erste Schritt – Anscheinsvermutung aufgrund einer begrenzten Zahl von Beobachtungen – eine heikle Angelegenheit ist, die wiederum besonderen Fehlerquellen ausgesetzt ist.

Ein unter Mathematikern erzählter Witz demonstriert den Fehlschluss: Ein Mathematiker nimmt auf jedem Flug eine Bombe mit ins Handgepäck. „Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Bombe im Flugzeug ist, ist sehr klein“, sagt er, „und mit Sicherheit ist die Wahrscheinlichkeit für zwei Bomben fast Null!“

Der Spielerfehlschluss wird manchmal als Denkfehler angesehen, der von einem psychologischen, heuristischen Prozess namens Repräsentativitätsheuristik erzeugt wird.

Weblinks

Weitere Beispiele

  • Wenn eine ideale Münze 20mal geworfen wurde und jedes Mal „Kopf“ zeigt: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit für „Kopf“ beim nächsten Wurf? (Antwort: 0,5)
  • Ein Ehepaar hat bereits zwei Töchter zur Welt gebracht. Wie hoch ist die Chance, dass das nächste Kind ein Sohn wird? (Antwort: 0,5 – jedenfalls ungefähr)
  • Wird man eher beim Lotto gewinnen, wenn man die Zahlen ständig wechselt, oder wenn man immer die gleichen Zahlen tippt? (Antwort: das spielt keine Rolle. Es ist aber sinnvoll, keine Muster zu tippen, da sonst der Gewinn recht wahrscheinlich geteilt wird)

Keine Beispiele

Es gibt viele Szenarien, in denen der Spielerfehlschluss nur auf den ersten Blick vorliegt.

  • Wenn die Wahrscheinlichkeiten aufeinanderfolgender Zufallsereignisse nicht unabhängig sind, kann die Chance für zukünftige Ereignisse von vergangenen Ereignissen verändert werden. Ein Beispiel hierfür sind Spielkarten, die ohne Zurücklegen aus einem Stapel gezogen werden. Wurde mit der ersten Karte ein Bube gezogen, ist die Wahrscheinlichkeit dafür, mit der zweiten noch einen zu ziehen, kleiner, als wenn die erste Karte ein Ass war.
  • Wenn die Wahrscheinlichkeit der möglichen Ereignisse nicht gleich hoch ist, etwa bei einem gezinkten Würfel, kann ein in der Vergangenheit häufiges Ereignis auch weiterhin gehäuft auftreten: die Verfälschung des Würfels favorisiert es. Diese Variante – an die Fairness des Würfels und an die Ehre der Mitspieler zu glauben, obwohl beides fehlt – wurde als Nerd's Gullibility Fallacy (etwa „Leichtgläubigkeit des Fachidioten“) tituliert. Sie ist auch ein Beispiel für Humes Prinzip: Zwanzigmal „Zahl“ hintereinander sprechen eher dafür, dass die Münze gezinkt wurde, als für eine faire Münze, deren nächster Wurf 50:50 „Kopf“ oder „Zahl“ ergeben wird.
  • Die Wahrscheinlichkeiten bei Sportveranstaltungen und Rennen sind ungleich, d. h. einige Teilnehmer werden eher gewinnen als andere. Vermutlich wird der Gewinner einer Veranstaltung auch mehr Chancen haben, die nächste zu gewinnen, als der Verlierer.
  • Die Wahrscheinlichkeiten von zukünftigen Ereignissen können von externen Faktoren beeinflusst werden, z. B. könnten Regeländerungen im Sport die Erfolgschancen einer bestimmten Mannschaft beeinträchtigen.
  • Viele Rätsel spiegeln dem Leser vor, sie seien ein Beispiel für den Spielerfehlschluss; beispielsweise das Ziegenproblem (Monty-Hall-Problem).

Siehe auch


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