Vanilleschote

Vanilleschote
Vanilleschoten

Die Vanille ([ʋaˈnɪljə]/[ʋaˈnɪlə] bzw. schweizerisch [ˈʋanɪl]) ist ein Gewürz, das aus den fermentierten Kapseln verschiedener Arten der Gattung Vanilla gewonnen wird. Der Name stammt über das französische vanille vom spanischen vainilla („kleine Hülse oder Schote“, zu lat. Vanilla planifolia). Vanille in Stangenform wird auch als Königin der Gewürze bezeichnet und ist nach Safran das zweitteuerste Gewürz.

Inhaltsverzeichnis

Arten und Verbreitung

Frische, nicht gebräunte Vanille-"Kapseln".

Die Gattung Vanilla umfasst etwa 110 Arten, von denen 15 aromatische Kapseln liefern,[1] die gemeinhin als Vanilleschoten bezeichnet werden. Die wichtigste Art für die Erzeugung von Vanilleschoten ist die Gewürzvanille (Vanilla planifolia). Die Gewürzvanille stammt ursprünglich aus Mexiko und Mittelamerika, wird heute aber überwiegend auf Madagaskar, Réunion (früher Île Bourbon genannt) und anderen Inseln des Indischen Ozeans angebaut. Gewürzvanille wird im Handel unter den Bezeichnungen Bourbon-Vanille und mexikanische Vanille angeboten.

Neben der Gewürzvanille sind nur noch die Tahiti-Vanille (Vanilla tahitensis) und die Guadeloupe-Vanille (Vanilla pompona) von kommerzieller Bedeutung. Die Tahiti-Vanille wird im südpazifischen Raum angebaut. Sie ist eine nahe Verwandte der Gewürzvanille,[1] unterscheidet sich von ihr jedoch im Aroma. Die Tahiti-Vanille enthält weniger Vanillin, jedoch höhere Gehalte an anderen aromatischen Substanzen, die den Schoten ein blumiges Aroma verleihen. Die Guadeloupe-Vanille stammt aus Mittel- und Südamerika und wird heute auf den Westindischen Inseln angebaut. Sie besitzt ähnliche aromatische Eigenschaften wie die Tahiti-Vanille, weshalb diese beiden Sorten vorrangig in der Parfümherstellung verwendet werden.

Wirkungen

Der Vanille werden verschiedene medizinische Wirkungen zugeschrieben. Sie soll beruhigend auf die Nerven wirken und Abgeschlagenheit bekämpfen; der spanische Arzt Francisco Hernandez de Toledo berichtete im 16. Jahrhundert, die Indianer verwendeten sie gezielt als Stärkung für ihre Gehirne. Auch allgemein kräftigende Wirkungen werden der Vanille nachgesagt. Insbesondere soll sie auch aphrodisisch wirken. In der Tat ist ihr Hauptwirkstoff Vanillin chemisch verwandt mit den menschlichen Pheromonen.

Unbestritten ist allerdings lediglich, dass die Vanille ein begehrtes Gewürz ist.

Geschichtliches

Als cacixanatl (aztekisch, etwa: „tiefgründige Blume“) wurde Vanille in Mexiko schon lange vor der Ankunft der Europäer geschätzt. In einer Chronik des Aztekenherrschers Itzcóatl wird berichtet, dass die von ihm unterworfenen Totonaken einen Teil ihres Tributs in Vanille abliefern mussten. Sie wurde häufig in Verbindung mit Kakao genossen, dessen bitterscharfen Geschmack sie abrundet. Von Moctezuma II. wird gesagt, er habe täglich etwa fünfzig Tassen eines Kakao-Vanille-Cocktails verzehrt. Der erste Europäer, der sie probiert hat, dürfte sein „Gast“ Hernán Cortés gewesen sein.

Danach dauerte es noch Jahrzehnte, bis die Verwendung von Vanille in Spanien und dann im übrigen Europa üblich wurde. Sie blieb eine Leckerei für die Reichen, und Spanien hütete sein Monopol: Es war bei Todesstrafe verboten, die Pflanze aus der spanischen Kolonie Mexiko auszuführen.

Erst nach Mexikos Unabhängigkeit (1810) gelangten Stecklinge in die botanischen Gärten von Antwerpen und Paris. 1819 begannen die Niederländer damit, die Pflanze in ihren Kolonien auf Java zu kultivieren. 1822 brachten die Franzosen sie nach La Réunion (damals: Île Bourbon – daher die Bezeichnung Bourbon-Vanille). Die Bestäubung der Blüte muss in den neuen Anbauländern künstlich erfolgen (siehe dazu den Artikel Gewürzvanille).

Natürliche Vanille blieb auch noch kostbar, nachdem 1874 die synthetische Herstellung von Vanillin gelang.

Seit Anfang des 20. Jahrhunderts verschob sich der Schwerpunkt der Produktion von Bourbon-Vanille von Réunion in den Nordosten Madagaskars. Madagaskar und Indonesien sind heute die Hauptanbauländer.

Anbau, Verarbeitung, Verkauf

Plantagenanbau von Vanillepflanzen

Vanillepflanzen werden in Plantagen angebaut. Die bis zu 30 cm langen Vanille-Schoten – botanisch korrekt sind es Kapselfrüchte und keine Schoten – werden kurz vor der Reife, wenn sie gelbgrün sind, geerntet. Die frischen Früchte haben noch nicht das typische Aroma und den Geschmack des fertigen Produkts. Zur Gewinnung der Vanille als hocharomatisches Gewürz müssen die Früchte erst der sogenannten Schwarzbräunung, einem zeit- und arbeitsintensiven Verfahren, unterzogen werden. Zunächst werden die Kapselfrüchte heißwasser- oder wasserdampfbehandelt. Anschließend folgt eine Fermentation in luftdichten Behältern, solange bis eine Auskristallisierung feiner Glukosenadeln zu beobachten ist. Dieser Vorgang kann bis zu vier Wochen beanspruchen. Durch die Trocknungs- und Fermentierungsprozesse wandeln sich Vorstufen des Vanillins in Vanillin, den Hauptaromastoff der Vanille, um. Gleichzeitig schrumpfen die Fruchtkapseln zu den bekannten schwarz-braun glänzenden Vanillestangen, dem eigentlichen Gewürz. Für den Transport werden die Vanillestangen gebündelt, in geschwefeltes Papier eingeschlagen und in Zinnbehälter gelegt.

Vanilleschoten bei der Fermentierung

Der aufwendige Bearbeitungsprozess ist, neben der künstlichen Bestäubung, der Grund für den hohen Preis der Gewürzvanille. Als Vanilleschoten kommen nur die in den Handel, die ohne jegliche Qualitätsverluste sind. Gespaltene oder abgebrochene Schoten werden industriell entweder zu Vanillezucker verarbeitet oder nach dem Mazerieren in Alkohol zu Flüssigextrakten verarbeitet.

Der Weltmarktpreis für Vanille ist starken Schwankungen unterworfen. So zahlte man laut zeit.de für ein Kilo madagassischer Vanille im Jahr 2000 durchschnittlich 140 US-Dollar, während der Preis im Jahr 2005 auf 40 US-Dollar gefallen war. Allerdings hat dieser Kilo-Preis nur entfernt etwas mit dem Endkundenpreis zu tun, bei dem nicht nach Gewicht, sondern meistens pro Schote abgerechnet wird.

Die Verwendung in der Küche

Verwendung von Vanilleschoten

Die die Samenkörner umgebende ölige Flüssigkeit innerhalb der Schote enthält einen großen Anteil des Aromas und des Geschmacks. Dies ist der Grund, warum man für eine besonders intensive Aromatisierung der Speisen die Schote der Länge nach aufschneiden und die Samen nebst dem anhaftenden Öl, das Vanillemark, herauskratzen sollte. Als Hauptaromaträger gilt jedoch die Schote (Kapselhülle) selbst. Die darin enthaltenen Aromastoffe können durch Aufkochen in Milch, Sahne oder anderen Flüssigkeiten gewonnen und so z. B. für die Zubereitung einer Vanillesauce nutzbar gemacht werden. Die abgewaschene und getrocknete Schote kann mehrfach verwendet werden. Zum Aromatisieren von Zucker genügt es, diesen zusammen mit einer Schote für einige Wochen in einem luftdicht verschlossenen Glas aufzubewahren. Das Glas sollte zur Durchmischung von Zeit zu Zeit geschüttelt werden.

Speisen, die mit Vanille gewürzt werden

Vanille wird traditionell für die Aromatisierung von Kakao und Schokolade verwendet. Diese Verwendungsweise war bereits den Azteken und Inkas bekannt. Ihre Verwendung wurde in Europa sehr schnell erweitert. Schon Elisabeth I. liebte mit Vanille gewürzte Süßspeisen. Es wurden seitdem Nachspeisen entwickelt wie Puddings und Creme (z. B. Crème Brûlée, Vanillecreme und Bayerische Creme) sowie verschiedenstes Backwerk, Fruchtdesserts und seit dem 19. Jahrhundert Eiscreme. Vanille hat aufgrund dieses Einsatzgebietes eine große Bedeutung für die Lebensmittelindustrie. Größter Abnehmer ist weiterhin Coca-Cola, nachdem die Ersetzung der echten Vanille in der Cola durch synthetisches Vanillin 1985 am Widerstand der Verbraucher scheiterte.

Die moderne Küche des ausgehenden 20. Jahrhunderts hat die Verwendung noch erweitert. Vanille harmoniert mit ihrer extremen Milde auch mit weißem Fleisch oder Fisch und verleiht beispielsweise Hummer- und Lachs-Gerichten eine subtile und delikate Note. Französische Spitzenköche wie beispielsweise Alain Passard würzen Tomatensalat mit Himbeeressig und Olivenöl, in dem eine halbe aufgeschnittene Vanilleschote längere Zeit mazerierte.

Herkunft und Qualitätsmerkmale von Vanillestangen

Je nach Herkunftsland und Produzent gibt es erhebliche Qualitätsunterschiede unabhängig davon, welche Vanille-Art angebaut wird. Die in Afrika (Madagaskar, La Réunion, Mauritius und den Komoren) angebaute Bourbon-Vanille ist aufgrund ihres intensiven und harmonischen Aromas die beliebteste Sorte der Europäer. Dagegen bevorzugen Amerikaner die mexikanische Vanille, die süßlicher, dezenter und weicher ist. Vanille aus Tahiti (Vanilla tahitensis) und aus den Westindischen Inseln (Vanilla pompona) fallen durch ihren starken blütenartigen Duft auf und enthalten dafür weniger Vanillin. Sie werden häufig in der Kosmetikindustrie verwendet. Indonesische Vanille schließlich findet wegen ihres holzig-rauchigen Aromas hauptsächlich in der Parfüm- und Spirituosenindustrie Verwendung.

Unabhängig von der Sorte sollte eine Vanillestange von elastischer, lederartiger Beschaffenheit sein, keinesfalls hart und vertrocknet. Das Ausschwitzen von Vanillinkristallen ist ein Qualitätsmerkmal; es wird gelegentlich imitiert, indem synthetische Vanillinkristalle auf die Schote aufgesprüht werden. Solche synthetischen Kristalle sind an ihrer völlig gleichmäßigen Verteilung auf der ganzen Schote zu erkennen, während natürliche Kristalle ungleichmäßig verteilt sind.

Produkte aus Vanille

Vanilleextrakt

Vanilleextrakt, auch als Vanille-Essenz bezeichnet, ist ein scharf schmeckender flüssiger Auszug von Vanille mit etwa 35 % Ethanol und manchmal etwas Zuckersirup. Reiner Vanilleextrakt, wenn als solcher gekennzeichnet, muss immer aus echten Vanilleschoten extrahiert werden. Er enthält die Aromastoffe der Vanille in hochkonzentrierter Form und ist praktisch unbegrenzt haltbar.

Vanilleextrakt wird vor allem in der industriellen Lebensmittelherstellung verwendet. Die Hersteller von Vanilleextrakt verwenden dabei Vanilleschoten unterschiedlicher Herkunftsorte und Qualität, um gleich bleibende Qualität zu erzielen und um spezifischen Anforderungen zu entsprechen. So enthält Vanilleeis neben Bourbonvanille auch andere, strengere Vanillesorten als Geschmacksträger.

Vanillepulver

Unter der Bezeichnung Vanillepulver versteht man die gemahlenen Samenkörner der Vanille. Vanillepulver kann alternativ zu Vanilleschoten im Hausgebrauch verwendet werden. Allerdings enthält es oft durch den technischen Gewinnungsprozess wenig bis gar kein Vanillearoma mehr und dient dann lediglich dazu, die bekannten "schwarzen Punkte" in Produkten mit "echter Vanille" zu erzeugen.

Gemahlene Vanille, bei der auch die Kapselhülsen mitgemahlen werden, ist dagegen oft sehr viel aromatischer als das Vanillepulver aus den Samen.

Ersatzstoffe

Vanillin, zu 0,8–2,9 % in den Vanillestangen enthalten, kann heute auch kostengünstig biotechnologisch hergestellt werden. Insbesondere zwei Substanzen werden in verschiedenen Syntheseverfahren als Ausgangsstoff (Edukt) eingesetzt: das im Nelkenöl enthaltenen Eugenol und die bei Holzaufschlussverfahren (für die Cellulose- und Papiergewinnung) in großen Mengen anfallende Ligninsulfonsäure. Bei beiden handelt es sich wie auch beim Vanillin um aromatische Verbindungen. Da die Naturvanille jedoch neben dem Vanillin noch mindestens 50 weitere Aromastoffe und mehr als 130 chemische Verbindungen enthält, die zusammen erst das Gesamtaroma ausmachen, ist reines Vanillin kein kompletter Ersatz für Vanille. Dennoch ist biotechnologisch hergestelltes Vanillin heute ein wirtschaftlich bedeutender Aromastoff. Die weltweite Verwendung von biotechnologisch hergestelltem Vanillin überschreitet die von natürlicher Vanille um etwa das 300fache.

Wissenswertes

In manchen Gegenden Österreichs wurde Knoblauch früher auch als „Vanille des armen Mannes“ bezeichnet, da die echte Vanille aufgrund ihres Preises nur den obersten Schichten zugänglich war. Der damals entstandene, sogenannte Vanillerostbraten, der sich zu einem auch heute weit verbreiteten Standardgericht der Wiener Rindfleischküche entwickelte, wird daher, entgegen seinem Namen, nicht mit Vanille, sondern mit Knoblauch zubereitet. Siehe auch: Liste der Küchenkräuter und Gewürze

Von den Herstellern der mit Vanillin oder auch echter Vanille aromatisierten Produkte wird suggeriert, dass Vanille gelb sei. Die gelbliche Farbe der Produkte beruht jedoch allein auf künstlich zugesetzter Lebensmittelfarbe. Klassische Vanillespeisen sind nur deshalb oft gelb, weil sie viel Hühnerei enthalten, nicht wegen der Vanille selbst.

Literatur

  • Annemarie Wildeisen: Vanille, Gewürz der Göttin, AT Verlag, Aarau 2001, ISBN 3-85502-751-X.
  • Tim Ecott: Vanilla – Travels in Search of the Luscious Substance. Penguin Books, London 2004, ISBN 0-8021-1775-9.
  • Katja Chmelik: Vanille – Die schwarze Königin. Geschichte 3/2007, ISSN 1617-9412, S. 56–57.
  • Elisabeth Vaupel: Gewürze - Acht kulturhistorische Kostbarkeiten, Deutsches Museum, München 2002, ISBN 3-924183-85-6

Weblinks

Quellen

  1. a b Besse et al.: RAPD genetic diversity in cultivated vanilla: Vanilla planifolia, and relationships with V. tahitensis and V. pompona. In: Plant Science, 167(2), Elsevier 2004, S. 379–385


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