Zentrale Beweismittel- und Dokumentationsstelle

Zentrale Beweismittel- und Dokumentationsstelle

Die Zentrale Beweismittel- und Dokumentationsstelle der Landesjustizverwaltungen in Salzgitter nahm ihre Arbeit am 24. November 1961 auf. Sie hatte die Aufgabe, Hinweisen auf vollendete oder versuchte Tötungshandlungen (z.B. an der innerdeutschen Grenze), Unrechtsurteile aus politischen Gründen, Misshandlungen im Strafvollzug und Verschleppung oder politische Verfolgung in der DDR nachzugehen und Beweismittel darüber zu sammeln. Dieses sollte der Abschreckung potentieller Täter dienen und so zu einer Erleichterung der Lebensverhältnisse in der DDR führen. Langfristig sollten die Informationen im Fall einer deutschen Wiedervereinigung zur Eröffnung von Strafverfahren dienen.

Inhaltsverzeichnis

Vorgehensweise

Die Zentrale Erfassungsstelle stützte sich vor allem auf Zeugenaussagen von DDR-Bürgern, die in die Bundesrepublik geflüchtet waren. Vor allem in Sachen der Verfolgung von Flüchtlingen an der innerdeutschen Grenze wurden auch Aussagen Westdeutscher aufgenommen und Fotoaufnahmen von Tatorten angefertigt.

Position der DDR

In offiziellen Stellungnahmen der DDR wurde diese Stelle als Institution des Revanchismus und deren Tätigkeit als grobe Einmischung in die inneren Angelegenheiten der DDR bezeichnet.

Die Auflösung der Zentralen Erfassungsstelle war eine der vier Geraer Forderungen von Erich Honecker und der DDR-Führung.

Finanzierung

Zunächst erfolgte eine gemeinschaftliche Finanzierung durch alle Bundesländer. Mitte der 80er Jahre drohten einige SPD-regierte Bundesländer damit, ihren Anteil an der Finanzierung zu streichen. Das Bundesland Nordrhein-Westfalen unter dem damaligen Ministerpräsidenten Johannes Rau beschlossen die Streichung der Zuwendungen (in Höhe von ca. 56.000 DM) ab dem Jahr 1988, also kurz vor der Wiedervereinigung. Dies führte zu heftigen Diskussionen über die Deutsche Frage.

Begründet wurden die Streichungspläne mit Zweifeln am Sinn und an der Zeitgemäßheit der zentralen Erfassungsstelle. Repräsentanten der Union werteten dieses Vorgehen als fehlende menschliche Solidarität mit den Bewohnern der DDR und dem Einknicken vor den Geraer Forderungen von Erich Honecker und der DDR-Führung.

Verwendung der gesammelten Informationen

Bei Bewerbern aus Ostdeutschland für den öffentlichen Dienst erteilte die Zentralstelle Auskunft über die personenbezogenen Daten zur Feststellung einer eventuellen Straftat im Gebiet der ehemaligen DDR, die Art der Straftat und die Dauer einer Verurteilung.

Nach der Wiedervereinigung

Mit der Einheit Deutschlands war die Aufgabe der Behörde erfüllt, die Verfolgung von Straftaten übernahmen nunmehr die Strafverfolgungsbehörden vor Ort in den neuen Bundesländern. 1990 wurden Vorermittlungsakten zu insgesamt rund 40.000 Fällen an die dortigen Staatsanwaltschaften übergeben, wo sie die meist wesentlich ausführlicheren Akten der DDR-Behörden zu diesen Fällen ergänzten. Die Zentrale Erfassungsstelle der Landesjustizverwaltungen wurde daher 1992 geschlossen. Bis zur Schließung der Einrichtung wurden über 42.000 Gewaltakte in der DDR registriert. Die Akten der Behörde sind heute beim Oberlandesgericht Braunschweig eingelagert.

Damit die ehemalige zentrale Erfassungsstelle nicht in Vergessenheit gerät, wurde die Verwaltung der Stadt Salzgitter beauftragt, Anfang 2008 einen Vorschlag für ein „sichtbares Zeichen“ in Form eines Denkmals, eines Gedenksteins oder einer Gedenktafel zu erarbeiten. Dies hat der Verwaltungsausschuss der Stadt im November 2007 einstimmig beschlossen. Ein Teilstück der ehemaligen Berliner Mauer wird, versehen mit einer Bronzeplatte, am 9. November 2009 (Jahrestag des Mauerfalls) der Öffentlichkeit präsentiert.

Literatur

  • Sauer, Heiner / Plumeyer, Hans O: Der Salzgitter-Report - Die zentrale Erfassungsstelle berichtet über Verbrechen im SED-Staat, 1991, ISBN 3762804974

Weblinks


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