ADGB

ADGB

Der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund (ADGB) wurde auf dem ersten Nachkriegskongress der Freien Gewerkschaften im Juni/Juli 1919 in Nürnberg als neuer Dachverband und organisatorischer Nachfolger der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands gegründet. Er war ein Zusammenschluss von 52 deutschen Gewerkschaften und durch Kooperationsverträge mit dem Allgemeinen freien Angestelltenbund (AfA-Bund) und dem Allgemeinen Deutschen Beamtenbund (ADB) verbunden. Seinen Namen mit dem Zusatz „Allgemeiner“ erhielt er, da im März 1919 die christlichen und liberalen Gewerkschaften mit der Gründung eines eigenen Dachverbandes den Namen Deutscher Gewerkschaftsbund bereits besetzt hatten.

Als einflussreiche Massenorganisation rief er unter dem Vorsitz von Carl Legien 1920 zu einem Generalstreik, der den rechtsgerichteten Kapp-Putsch nach wenigen Tagen zusammenbrechen ließ.

Die Freien Gewerkschaften waren als Richtungsgewerkschaften nicht politisch neutral, sondern verstanden sich als ökonomischer Arm der sozialistischen Arbeiterbewegung. Neben den Freien gab es die Christlichen Gewerkschaften und die arbeitgebernahen Hirsch-Dunkerschen Gewerkvereine, die jedoch beide nie die Mitgliederzahlen der Freien Gewerkschaften erreichen konnten. Die Gewerkschaften des ADGB erreichten 1920 einen Höchststand von über 8 Millionen Mitgliedern. Durch die hohe Arbeitslosigkeit ging diese Zahl deutlich zurück - Ende 1932 wird die Mitgliederzahl auf noch 3,5 Millionen geschätzt.

Trotz der Spaltung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) während des Ersten Weltkriegs bestand weiter eine enge Bindung der Freien Gewerkschaften an die größte Arbeiterpartei. Einmütig kämpften SPD und ADGB für die Einführung der Arbeitslosenversicherung und den gesetzlich geregelten Achtstundentag, der durch die Arbeitszeitverordnung von 1923 massiv durchlöchert worden war. Gemeinsam gründete man Ende 1931 die Eiserne Front gegen die erstarkende NSDAP. Die ADGB-Gewerkschaften waren zunächst auch für Angehörige anderer Arbeiterparteien bis hin zur KPD offen. Das änderte sich erst mit dem auf Drängen der Sowjetunion 1929 zustande gekommenen Beschluss der KPD, grundsätzlich mit konkurrierenden Listen bei Betriebsratswahlen anzutreten. Die Revolutionäre Gewerkschafts-Opposition (RGO) entwickelte sich so zu einer kommunisten Sondergewerkschaft, was zum Ausschluss zahlreicher Kommunisten aus dem ADGB führte. Im März 1932 hatte die RGO rund 200.000 Mitglieder.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten versuchte die Gewerkschaftsführung, die eigenen Organisationen durch einen Kurs der Anbiederung an die NSDAP zu retten und bot im April 1933 sogar an sich „in den Dienst des neuen Staates zu stellen“. Gleichzeitig distanzierte sich der Vorsitzende Theodor Leipart von der SPD und erklärte den ADGB für parteipolitisch neutral. Höhepunkt dieser Politik war der Aufruf des Bundesvorstandes zur Teilnahme am „Feiertag der nationalen Arbeit“, zu dem die NS-Führung den 1. Mai umdeuten wollte.

All dies verhinderte nicht die Zerschlagung der Freien Gewerkschaften am 2. Mai 1933. Die Gewerkschaftshäuser wurden handstreichartig von der SA und der NSBO besetzt, die Gewerkschaftsvermögen beschlagnahmt und zahlreiche Gewerkschafter misshandelt. In Duisburg wurden an diesem Tag vier Gewerkschaftssekretäre bestialisch ermordet.

Gemeinwirtschaftliche Unternehmen

Der ADGB verfügte über eine Reihe von gemeinwirtschaftlichen Unternehmen.

So wurde 1924 die Bank der Deutschen Arbeit gegründet.

Am 29. Juli 1928 wurde in Bernau (Land Brandenburg) der Grundstein für die Bundesschule des ADGB gelegt. Der im Bauhaus-Stil errichtete Komplex wird seit Januar 2008 von der Handwerkskammer Berlin als Seminar- und Lehrgangshotel genutzt[1].


Einzelnachweise

  1. Märkische Oderzeitung. Brandenburger Blätter, 25. April 2008, Seite 3


Volltext-Angebote im Internet


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • ADGB — ADGB,   Abkürzung für Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund …   Universal-Lexikon

  • ADGB — abbr. Air Defence of Great Britain …   Dictionary of abbreviations

  • Trade Unions —    Labor in the Weimar era was represented by three distinct and often mutually hostile Spitzenverbande: the General German Trade Union Federation (Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund, ADGB); the German Trade Union Federation* (Deutsche… …   Historical dictionary of Weimar Republik

  • Bundesschule des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes — Die ehemalige Bundesschule des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) ist ein Komplex von Lehr und Verwaltungsgebäuden, der zwischen 1928 und 1930 im Norden von Bernau bei Berlin durch den Architekten Hannes Meyer errichtet wurde und… …   Deutsch Wikipedia

  • Fritz Naphtali — Peretz Naphtali Fritz Naphtali, in Israel: Perez bzw. Peretz Naphtali (* 29. März 1888 in Berlin; † 30. April 1961 in Tel Aviv, Israel) war ein deutscher Kaufmann, dann Wirtschaftsjournalist, Sozialdemokrat und Gewerkschafter. Er vertrat in der …   Deutsch Wikipedia

  • Teorema de Pitágoras — El Teorema de Pitágoras establece que en un triángulo rectángulo, el área del cuadrado de la hipotenusa (el lado de mayor longitud del triángulo rectángulo) es igual a la suma de las áreas del cuadrado de los catetos (los dos lados menores del… …   Wikipedia Español

  • AfA-Bund — Der Allgemeine freie Angestelltenbund (AfA Bund) war ein 1920 gegründeter Zusammenschluss von verschiedenen sozialistisch orientierten Gewerkschaften technischer und verwaltender Angestelltenberufe. Aber auch künstlerische Berufe waren hier… …   Deutsch Wikipedia

  • Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund — Der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund (ADGB) wurde auf dem ersten Nachkriegskongress der Freien Gewerkschaften am 5. Juli 1919[1] in Nürnberg als neuer Dachverband und organisatorischer Nachfolger der Generalkommission der Gewerkschaften… …   Deutsch Wikipedia

  • Allgemeiner freier Angestelltenbund — Der Allgemeine freie Angestelltenbund (AfA Bund) war ein 1920 gegründeter Zusammenschluss von verschiedenen sozialistisch orientierten Gewerkschaften technischer und verwaltender Angestelltenberufe. Aber auch künstlerische Berufe waren hier… …   Deutsch Wikipedia

  • Fürstenabfindung — Wahlpropaganda für das Volksbegehren 1926 Der Streit um die Fürstenenteignung in der Weimarer Republik ging um die Frage, was mit dem Vermögen der deutschen Fürstenhäuser geschehen sollte, die im Zuge der Novemberrevolution politisch entmachtet… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”