Big-Five

Big-Five

Bei den Big Five bzw. dem Fünf-Faktoren-Modell (FFM) handelt es sich um ein Modell der Persönlichkeitspsychologie, das fünf Hauptdimensionen der Persönlichkeit postuliert. Die Entwicklung der Big Five begann bereits in den 1930er Jahren (durch Gordon Allport & Odbert) mit dem lexikalischen Ansatz. Diesem lag die Auffassung zugrunde, dass sich Persönlichkeitsmerkmale in der Sprache niederschlagen. Auf der Basis von Listen mit über 10.000 Adjektiven wurden durch Faktorenanalyse fünf sehr stabile, unabhängige und weitgehend kulturstabile Faktoren, die Big Five, gefunden.

Auf der Grundlage dieses Modells entwickelten Paul T. Costa und Robert R. McCrae mit dem NEO-Fünf-Faktoren-Inventar (NEO-FFI) einen heute international gebräuchlichen Persönlichkeitstest für Jugendliche und Erwachsene. Dabei handelt es sich um ein multidimensionales Persönlichkeitsinventar, welches fünf Faktoren umfasst und sich auf "normal gesunde" Individuen konzentriert. Das in ca. zehn Minuten zu bearbeitende Verfahren ist objektiv, reliabel und valide. Die Validierung des Verfahrens erfolgte über umfangreiche faktorenanalytische Studien. Das NEO-FFI wurde von Peter Borkenau und Fritz Ostendorf 1993 ins Deutsche übertragen.

Eine erweiterte Fassung des NEO-FFI ist der NEO-PI-R.

Inhaltsverzeichnis

Das NEO-Modell

"NEO" ist ein Akronym aus den Anfangsbuchstaben von drei im Modell enthaltenen Persönlichkeitsfaktoren. Es handelt sich dabei um:

Diese drei im Folgenden ausführlicher dargestellten NEO-Faktoren bilden zusammen mit Verträglichkeit (engl. agreeableness) und Gewissenhaftigkeit (engl. conscientiousness) die Big Five. Beliebte Merkhilfen sind die aus den englischen Anfangsbuchstaben geformten Akronyme OCEAN oder CANOE.

Das Modell basiert auf einem lexikalischen Ansatz, der annimmt, dass alle wesentlichen interindividuellen Unterschiede im Wörterbuch einer Sprache durch entsprechende Begriffe repräsentiert werden. In einer Vielzahl von Studien konnte belegt werden, dass sich die persönlichkeitsbeschreibenden Begriffe auf globaler Ebene auf fünf bipolare Dimensionen reduzieren lassen.

Ausgangspunkt für den NEO-FFI war der psycho-lexikalische Ansatz mit 17.953 Begriffen zur Beschreibung individueller Unterschiede (Webster's International Dictionary). Diese wurden durch Faktorenanalyse auf 35 Variablencluster reduziert, welche wiederum auf fünf Faktoren reduziert wurden: die sogenannten "Big Five".

Dimensionen des NEO-FFI

Neurotizismus

Dieses Konstrukt spiegelt individuelle Unterschiede in der emotionalen Stabilität von Personen wider. Hohe Neurotizismuswerte gehen dabei mit geringer emotionaler Stabilität einher. Der Kern der Dimension liegt in der Art und Weise, wie Emotionen, vor allem negative Emotionen, erlebt werden.

Hohe Werte: Personen mit hohen Neurotizismuswerten geben häufiger an, sie seien leicht aus dem seelischen Gleichgewicht zu bringen. Im Vergleich zu emotional stabilen Menschen berichten sie häufiger, negative Gefühlszustände zu erleben oder von diesen geradezu überwältigt zu werden. Sie berichten über viele Sorgen und geben häufig an, erschüttert, betroffen, beschämt, unsicher, verlegen, nervös, ängstlich oder traurig zu reagieren. Indessen wird Personen mit höheren Neurotizismuswerten auch eine höhere Empathie zugeschrieben.

Niedrige Werte: Personen mit niedrigen Neurotizismuswerten, also emotional stabile Menschen, beschreiben sich selbst als sehr ruhig, ausgeglichen, sorgenfrei, und sie geraten auch in Stresssituationen nicht zu leicht aus der Fassung. Der Prototyp eines emotional stabilen Menschen lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen.

Extraversion

Diese Dimension beschreibt Aktivität und zwischenmenschliches Verhalten.

Hohe Werte: Das Hauptcharakteristikum von Personen mit hohen Extraversions- bzw. niedrigen Introversionswerten ist, dass sie gesellig sind. Sie beschreiben sich als selbstsicher, aktiv, gesprächig, energisch, heiter und optimistisch. Extravertierte mögen die Gesellschaft von Menschen, sie fühlen sich in Gruppen und auf gesellschaftlichen Versammlungen besonders wohl, sie lieben Aufregungen.

Niedrige Werte: Personen mit niedrigen Extraversions- bzw. hohen Introversionswerten sind ausgeglichen, zurückhaltend, konzentriert, gerne allein und unabhängig. Introvertierte bekommen ihre Energie von innen heraus. Sie denken ausgiebig über Dinge nach bevor sie handeln und sind reich an Ideen. Arbeit in kleinen Gruppen wird gegenüber Arbeit in großen Gruppen bevorzugt. Allerdings leiden Introvertierte nur selten unter Soziophobie.

Offenheit für Erfahrungen

Mit dieser Eigenschaft wird das Interesse und das Ausmaß der Beschäftigung mit neuen Erfahrungen, Erlebnissen und Eindrücken zum Ausdruck gebracht.

Hohe Werte: Personen mit hohen Offenheitswerten geben häufig an, dass sie ein reges Phantasieleben haben, ihre eigenen Gefühle, positive wie negative, deutlich wahrnehmen und an vielen persönlichen und öffentlichen Vorgängen interessiert sind. Sie beschreiben sich als wissbegierig, intellektuell, phantasievoll, experimentierfreudig und künstlerisch interessiert. Sie sind eher bereit, bestehende Normen kritisch zu hinterfragen und auf neuartige soziale, ethische und politische Wertvorstellungen einzugehen. Sie sind unabhängig in Ihrem Urteil, verhalten sich häufig unkonventionell, erproben neue Handlungsweisen und bevorzugen Abwechslung.

Niedrige Werte: Personen mit niedrigen Offenheitswerten neigen demgegenüber eher zu konventionellem Verhalten und zu konservativen Einstellungen. Sie ziehen Bekanntes und Bewährtes dem Neuen vor, und sie nehmen ihre emotionalen Reaktionen eher gedämpft wahr.

Verträglichkeit

Ebenso wie Extraversion ist Verträglichkeit in erster Linie eine Dimension, die interpersonelles Verhalten beschreibt.

Hohe Werte: Ein zentrales Merkmal von Personen mit hohen Verträglichkeitswerten ist ihr Altruismus. Sie begegnen anderen mit Verständnis, Wohlwollen und Mitgefühl, sie sind bemüht, anderen zu helfen, und überzeugt, dass diese sich ebenso hilfsbereit verhalten werden. Sie neigen zu zwischenmenschlichem Vertrauen, zur Kooperativität, zur Nachgiebigkeit, und sie haben ein starkes Harmoniebedürfnis.

Niedrige Werte: Personen mit niedrigen Verträglichkeitswerten beschreiben sich im Gegensatz dazu als antagonistisch, egozentrisch und misstrauisch gegenüber den Absichten anderer Menschen. Sie verhalten sich eher kompetitiv (mit anderen in den „Wettstreit“ tretend) als kooperativ. Somit scheint die verträgliche Seite der Dimension eindeutig sozial erwünschter zu sein. Dennoch darf nicht vergessen werden, dass die Fähigkeit, für eigene Interessen zu kämpfen, in vielen Situationen hilfreich ist. So ist Verträglichkeit im Gerichtssaal nicht unbedingt eine Tugend, und in Wissenschaft und Forschung helfen Misstrauen und Skepsis, den Problemen auf den Grund zu gehen.

Gewissenhaftigkeit

Hohe Werte: Personen mit hohen Gewissenhaftigkeitswerten handeln organisiert, sorgfältig, planend, effektiv, verantwortlich, zuverlässig und überlegt.

Niedrige Werte: Personen mit niedrigen Gewissenhaftigkeitswerten handeln unsorgfältig, unachtsam und ungenau.

Auswertung des NEO-FFI

Jede Frage wird mittels einer fünfstufigen Skala beantwortet; -2 für starke Ablehnung und +2 für starke Zustimmung stellen auf dieser die Extremwerte dar.

Bei der Auswertung werden Punktsummen für jede der Dimensionen errechnet und mit den Normwerten im Handbuch verglichen. Bei der Berechnung der Summenwerte werden einige Fragen auf Grund der Formulierung entgegengesetzt gewertet. Ein positiver Wert geht dann negativ, ein negativer Wert positiv in den Skalen-Summenwert ein.

Entwicklungsaspekt

Korrelative Studien fanden heraus, dass die Positionen innerhalb der Dimensionen im Kindes- und Jugendalter stark schwanken. Erst nach dem dreißigsten Lebensjahr bleiben die Werte weitgehend konstant. Die Ursachen der Ausprägungen sind zum einen genetische Faktoren, zum anderen hängen sie von dem individuell wahrgenommen sozialen Umfeld ab.

Literatur

  • Allport, G. & Odbert, H. (1936): Trait-names: A psycho-lexical study. Psychological Monographs, Whole No. 211.
  • Amelang, M. & Bartussek, D. (2001): Differentielle Psychologie und Persönlichkeitsforschung. Stuttgart: Kohlhammer.
  • Asendorpf, J. (2007): Psychologie der Persönlichkeit. Berlin: Springer.
  • Borkenau, P. & Ostendorf, F. (1993): NEO-Fünf-Faktoren-Inventar (NEO-FFI) nach Costa und McCrae (S. 5-10, 27-28). Göttingen: Hogrefe.
  • De Raad, B. (1998): Five big, big five issues: Rationale, content, structure, status, and crosscultural assessment. European Psychologist, 3, 113-124.
  • Pervin, L., Cervone, D. & John, O.P. (2005): Persönlichkeitstheorien. 5. Auflage. Stuttgart: UTB.
  • Saum-Aldehoff, T. (2007): Big Five - Sich selbst und andere erkennen. Düsseldorf: Patmos.
  • Simon, W. (2006): Persönlichkeitsmodelle und Persönlichkeitstests. Heidesheim: Gabal.

Weblinks


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