Burkhart Veigel

Burkhart Veigel

Burkhart Veigel (* 24. März 1938 in Eisfeld) war in den 1960er-Jahren einer der erfolgreichsten Fluchthelfer durch die Berliner Mauer.

Inhaltsverzeichnis

Ausbildung

Das Abitur machte Veigel 1959 am humanistischen Eberhard-Ludwigs-Gymnasium in Stuttgart. Dem Grundwehrdienst bei den Gebirgsjägern in Mittenwald folgte das Studium der Medizin in Tübingen, Berlin, Hamburg und wieder Berlin. Dort legte er das Staatsexamen 1967 ab. 1962 wurde er in die Studienstiftung des Deutschen Volkes aufgenommen. Seine Promotion erfolgte 1969 in München. Nach der Medizinalassistenten-Zeit absolvierte er eine Facharztweiterbildung in Unfallchirurgie in Hannover und Tübingen, danach in Orthopädie in Tübingen.

Beruf

1976 ließ er sich als Orthopäde, Sportmediziner und Manualtherapeut in Stuttgart-Sillenbuch nieder; 2006 übergab er die Praxis an seinen Sohn. Ab 1980 arbeitete er im Berufsverband der Orthopäden mit, ab 1985 als Landesvorsitzender. Ab 1986 entwickelte er Software, zunächst für alle Fachrichtungen, später nur noch für Orthopädie und HNO-Krankheiten.

Fluchthilfe

Ab Oktober 1961 betätigte er sich als Fluchthelfer, bis 7. Januar 1962 als „Läufer“ der Girrmann-Gruppe (mit Ausländer-Pässen), ab Januar 1962 agierte er selbständig in einer Gruppe: Er grub zusammen mit Harry Seidel Tunnel (dabei wurde am 27. März 1962 der Fluchthelfer Heinz Jercha erschossen). Die von ihm entwickelte „Doppelgänger-Tour“ am Grenzübergang Heinrich-Heine-Straße wurde von den DDR-Grenzbeamten nie durchschaut. Zum Repertoire gehörte auch der Umbau verschiedener Autos zu Fluchtfahrzeugen (am bekanntesten wurde ein Cadillac, bei dem das Versteck für den Flüchtling im Armaturenbrett untergebracht war; zusammen mit Hasso Herschel). Burkhart Veigel verhalf mit seiner Gruppe etwa 650 Menschen zur Flucht in den Westen.

Die Justizministerin der DDR, Hilde Benjamin, wollte Harry Seidel nach seiner Verhaftung im November 1962 zum Tode verurteilen lassen, konnte sich aber intern nicht durchsetzen. Harry Seidel erhielt „lebenslänglich“; dafür sollten aber nach dem Willen der „Roten Hilde“ die gefährlichsten Fluchthelfer zum Tod verurteilt werden: Detlef Girrmann, Dieter Thieme, Bodo Köhler und Burkhart Veigel. Um seiner habhaft zu werden, wurden gegen Burkhart Veigel zwei Entführungsversuche gestartet, die fehlschlugen. Darauf verließ Burkhart Veigel auf Bitten seiner Ehefrau West-Berlin und zog 1969 nach Hannover. Ab 1970 betätigte er sich nicht mehr als Fluchthelfer.

Privates

Burkhart Veigel war von 1966 bis 2003 verheiratet. Er hat drei Kinder. Ab 1976 spielte er Geige und Bratsche im Orchesterverein Stuttgart, den er 1990 bis 2008 auch leitete.

Erinnerung

2007 zog Burkhart Veigel wieder nach Berlin, um über seine Zeit als Fluchthelfer, aber auch über die Nachkriegs-DDR bis 1975, zu forschen und zu schreiben. Ein erstes Ergebnis ist sein Buch über Uwe Johnson „Ich wollte keine Frage ausgelassen haben“, eine Transkription von Tonbändern, die Uwe Johnson während seiner Interviews mit Fluchthelfern aufgenommen hatte (die beiden Protagonisten des Buches, Detlef Girrmann und Dieter Thieme, waren an der Flucht der Verlobten von Uwe Johnson, Elisabeth Schmidt, im Februar 1962 beteiligt). Das Buch von Burkhart Veigel über die Fluchthilfe in Berlin erschien 2011.

Literatur

  • Marion Detjen: Ein Loch in der Mauer. Die Geschichte der Fluchthilfe im geteilten Deutschland 1961–1989. Siedler Verlag, München 2005, ISBN 3-88680-834-3. 
  • Uwe Johnson (Herausgeber: Burkhart Veigel), Ich wollte keine Frage ausgelassen haben, Berlin 2010, ISBN 3518421514
  • Burkhart Veigel: Wege durch die Mauer - Fluchthilfe und Stasi zwischen Ost und West", Berlin 2011, ISBN 9783943112092

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Hasso Herschel — (* März 1935 in Dresden) ist ein ehemaliger Fluchthelfer an der deutsch deutschen Grenze, der insgesamt etwa 1000 Menschen bei der Flucht aus der DDR geholfen hat. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1.1 Fluchthilfe 1.2 Rezeption …   Deutsch Wikipedia

  • Girrmann-Gruppe — Die Girrmann Gruppe, auch bekannt als Unternehmen Reisebüro, war eine studentische Fluchthilfegruppe um Detlef Girrmann, Dieter Thieme und Bodo Köhler, die im Studentenwerk der Freien Universität Berlin (FU) nach dem Mauerbau entstand. Sie war… …   Deutsch Wikipedia

  • Detlef Girrmann — (* 1929 in Magdeburg; † 8. April 2011 in Erfurt) war ein Fluchthelfer und Mitbegründer der größten Fluchthilfeorganisation in der DDR, der sogenannten Girrmann Gruppe. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Literatur 3 …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”