Gamma-Protocadherin-Gencluster

Gamma-Protocadherin-Gencluster

Das Gencluster der gamma-Protocadherine liegt beim Menschen auf Chromosom 5q in einer Region, die als Prädisposition von Schizophrenie identifiziert wurde. Durch unterschiedliche Promotoraktivität upstream eines jeden variablen Exons und alternatives Spleißen an die drei C-terminalen, invarianten Exons können 22 unterschiedliche Isoformen gebildet werden. In Zellaggregations-Assays konnte gezeigt werden, dass die jeweiligen Isoformen spezifische, homophile Interaktionen eingehen. Durch die Bildung von Tetrameren aus den 22 Isoformen erhöhte sich sogar die Anzahl der möglichen Interaktionsflächen von 22 auf 22 hoch 4 bzw. 234.256. Die starke Expression der gamma-Protocadherine an den Synapsen des Zentralnervensystems lassen eine wichtige Funktion bei der Ausbildung der synaptischen Spezifität vermuten. Bis heute gibt es allerdings keinen in vivo Nachweis, für eine Beteiligung der gamma-Protocadherine bei der Ausbildung spezifischer Zell-Zell-Kontakte.

Inhaltsverzeichnis

Familie der Protocadherine

Die Familie der Protocadherine besteht aus drei nebeneinander liegenden tandem-arrayed-Genclustern, welche für Transmembran-Proteine codieren, die mit einer N-terminalen Cadherin-ähnlichen Domäne ausgestattet sind[1][2]. Aufgrund der Lokalisation an den Synapsen des zentralen Nervensystems wurde zunächst auf eine Beteiligung bei der Ausbildung der Synapsen bzw. der Ausbildung der synaptischen Spezifität geschlossen. Die drei Gencluster alpha, beta, gamma liegen bei der Maus auf Chromosom 18 und beim Menschen in einer Region auf Chromosom 5q, die als genetische Prädisposition für Schizophrenie identifiziert wurde[3]. Die genomische Organisation dieser Gene scheint zunächst unüblich und erinnert an die Anordnung der Immunglobulin- und T-Zell-Rezeptoren[4].

Intrazelluläre Signalwege der gamma-Protocadherine

Zur Untersuchung der intrazellulären Signalweiterleitung der gamma-Protocadherine durch die konstante C-terminale Domäne erzeugten Hambsch et al. eine gefloxte Mauslinie bei der das konstante C1-Exon durch Cre-Rekombination rekombiniert wurde[5]. Die Rekombination und das Splicing der variablen Regionen an das C2-Exon resultiert dabei in einem Frameshift der C-terminalen konstanten Domäne. Die bei homozygoten Tieren neonatal-letal verlaufende Mutation zeigt in Western-Blot-Analysen von neonatalen Gehirnlysaten keine gamma-Protocadherin-Protein-Expression, während bei heterozygoten Tieren im Gegensatz zu der erwarteten 50%igen Signalintensität eine 25%ige Signalintensität beobachtet wird. Dies ist ein erster Hinweis darauf, dass die C-terminale Domäne auch in der Regulation des jeweils anderen Allels involviert sein könnte[6]. Spaltungs-Experimente mit Matrix-Metallo-Proteasen und der gamma-Secretase, folgenden Western-Blot-Analysen und ein Luciferase-Promotor-Assay konnten den Mechanismus bestätigen.

Expression der gamma-Protocadherine

Durch die Expression des gamma-Protocadherin-A3-EGFP-Fusionsproteins in kultivierten primären hippocampalen Neuronen konnte nach Gegenfärbung mit dem synaptischen Marker Synaptophysin eine Kolokalisation beobachtet werden. Auch Northern Blot-Analysen der Total-RNA aus verschiedenen Geweben der adulten Maus zeigten die höchste Expression (bei ca. 4,8 kb) im zentralen Nervensystem[7]. Ein geringeres Expressionsniveau konnte aber auch in der Lunge und nach längerer Exposition auch im Herz und in der Niere beobachtet werden.

Im Gegensatz zu anderen Isoformen der gamma-Protocadherine, die vor allem während der Embryogenese exprimiert werden, zeigt die gamma-Protocadherin-Isoform C5 eine verstärkte postnatale Expression im Gehirn, die mit dem Höhepunkt der Synaptogenese zusammenfällt[8]. Außerdem konnte eine starke Expression im Olfaktorischen Bulbus, Corpus Striatum, Gyrus Dentatus, der CA1 Region des Hippocampus, den Schichten I und II des Cerebralen Cortex und der Molekularschicht des Cerebellum gezeigt werden. Außerdem wurde eine starke Expression der Isoform in den Glomeruli des olfaktorischen Bulbus nachgewiesen werden.

Funktionsanalyse der gamma-Protocadherine in vitro

Mit Hilfe eines Zellaggregations-Assays konnten Schreiner et al. (2010) erstmals eine homophile Interaktion zwischen zwei identischen gamma-Protocadherin-Isoformen nachweisen, die transgen in Cadherin-freien K562-Leukämie Zellen exprimiert wurden[9]. Gleichzeitig konnte gezeigt werden, dass diese Interaktion im Gegensatz zu den N-Cadherinen Kalzium unabhängig stattfindet. Durch die Klonierung von chimären gamma-Protocadherinen wurde außerdem die Abhängigkeit der homophilen Interaktion von den Ektodomänen 2 und 3 nahegelegt, was einen weiteren Unterschied zu den N-Cadherinen darstellt, deren homophile Interaktion über die Ektodomäne 1 vermittelt wird. Neben einer quantitativen Analyse der Zell-Aggregation wurde die hochspezifische, homophile Interaktion auch durch qualitative Konfokalmikroskopische Analysen nach Mischung von rot und grün gelabelten Isoform-exprimierenden Zellen verdeutlicht.

Neben dieser trans-Interaktion, die hochspezifisch vermittelt wird, konnte die Gruppe um Schreiner durch Immunopräzipitaionen und Gel-Permeations-Chromatographie auch eine intrazelluläre, hoch-promiskuitive bzw. unspezifische Bildung von Tetrameren aus den unterschiedlichsten Isoformen nachweisen. In einem nächsten Schritt konnte zudem nachgewiesen werden, dass die promiskuitive Tetramer-Bildung an der Zellmembran mit einer hochspezifischen trans-Interaktion zwischen Zellen einhergeht, welche die gleiche Formation von Tetrameren in ihrer Membran tragen. Die Ausbildung der Interaktion zwischen diesen Zellen nimmt zudem graduell mit der Ungleichheit der formierten Tetramere ab. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es durch die differentielle Expression der 22 Isoformen 224 (234.256) verschiedene Möglichkeiten der Tetramer-Bildung gibt. Bei identischer Zusammensetzung dieser Tetramere wird wiederum eine hochspezifische Zell-Zell-Erkennung vermittelt. Durch den Nachweis der intrazellulären cis-Multimerbildung der gamma-Protocadherin-Isoformen mit denen der alpha-Protocadherine multipliziert sich außerdem die Zahl der möglichen spezifischen Zell-Zell-Interaktionen[10].

Einzelnachweise

  1. Chess A Monoallelic expression of protocadherin genes, Nature Genetics, Volume 37, Number 2 (2005)
  2. Yagi T, Clustered protocadherin family Develop. Growth Differ. 50 (2008), S131–S140
  3. 4. Lewis CM Genome Scan Meta-Analysis of Schizophrenia and Bipolar Disorder, Part II: Schizophrenia, Am. J. Hum. Genet. 73:34–48
  4. Chess A Monoallelic expression of protocadherin genes, Nature Genetics, Volume 37, Number 2 (2005)
  5. Hambsch B, Grinevich V, Seeburg PH, and Schwarz MK γ -Protocadherins, Presenilin-mediated Release of C-terminal Fragment Promotes Locus Expression, The Journal of Biological Chemistry, Vol. 280, No. 16, 15888-15897 (2005)
  6. Hambsch B, Grinevich V, Seeburg PH, and Schwarz MK γ -Protocadherins, Presenilin-mediated Release of C-terminal Fragment Promotes Locus Expression, The Journal of Biological Chemistry, Vol. 280, No. 16, 15888-15897 (2005)
  7. Frank M, Ebert M, Shan W, Phillips GR, Arndt K, Colman DR and Kemlera R, Differential expression of individual gamma-protocadherins during mouse brain development, Mol. Cell. Neurosci. 29 (2005) 603 – 616
  8. Li Y, Serwanski DR, Miralles CP, Fiondella CG, Loturco JJ, Rubio ME, and De Blas AL Synaptic and Nonsynaptic Localization of Protocadherin-gammaC5 in the Rat Brain The Journal of Comparative Neurology, 518:3439–3463 (2010)
  9. Schreiner D and Weiner JA, Combinatorial homophilic interaction between gamma-protocadherin multimers greatly expands the molecular diversity of cell adhesion. Proc Natl Acad Scie USA, 2010, 107: 14893-14898
  10. Bonn S, Seeburg PH, Schwarz MK. Combinatorial expression of alpha- and gamma-protocadherins alters their presenilin-dependent processing. Mol Cell Biol. 2007 Jun;27(11):4121-32. Epub 2007 Apr 2.

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