Hamburger Deckel

Hamburger Deckel

Bei den Hamburger Deckeln (auch: A 7-Deckel) handelt es sich genau genommen um drei einzelne Tunnelbauwerke mit einer Gesamtlänge von 3.500 Metern, die im Zuge der A 7-Erweiterung in Hamburg für einen optimalen Lärmschutz der Autobahnanwohner sorgen und zugleich neue Möglichkeiten für die Stadtentwicklung eröffnen sollen.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Karte des Hamburger Deckels

Anlass für den Bau der Deckel ist die Erweiterung der A 7 in Hamburg auf sechs bzw. acht Spuren. Aufgrund der hohen Verkehrsbelastung wird der A 7-Ausbau seit Jahren beim Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) im Bundesverkehrswegeplan als „Vordringlicher Bedarf“ geführt.[1] Täglich passieren bis zu 152.000 Fahrzeuge diese Strecke. Der theoretische Grenzwert für die zur Verfügung stehenden Fahrspuren wird um bis zu 51 Prozent überschritten. Gleichzeitig liegt die Unfallquote hier knapp 50 Prozent über dem Bundesdurchschnitt.[2]

Durch den Ausbau und die weiter steigenden Fahrzeugzahlen ist ein verbesserter Lärmschutz der Anwohner nötig.[3] Es gibt Bereiche, in denen die Einhaltung der Lärmgrenzwerte nicht mehr mit hohen Schallschutzwänden erreicht werden kann. Hier ist eine vollständige Überdeckelung erforderlich, die nach dem Verursacherprinzip von der Bundesrepublik Deutschland bezahlt werden muss. Die Kosten des Bundes liegen bei ca. 420 Mio. Euro.[4]

Unter diesen Umständen entschied sich der damalige schwarz-grüne Senat der Hansestadt, der die Planungen aufgrund der gesamtstädtischen Bedeutung übernommen hatte[5], im Jahr 2009 dazu, die Autobahnerweiterung als Gelegenheit für eine umfangreiche Stadtreparatur zu nutzen. Der Entwurf des Bundes sah lediglich einen Deckel in Stellingen und Bahrenfeld/Othmarschen vor. Der Senat ergänzte diese Planung um einen Deckel in Schnelsen sowie eine Verlängerung des Bahrenfelder Deckels, für die die Stadt die Kosten tragen wird.[6] Der Bund hat seine Bereitschaft erklärt, die ersparten Aufwendungen für die sehr teuren Lärmschutzwände für die Finanzierung der hamburgischen Deckel aufzuwenden, sodass Hamburg nur die Mehrkosten zu tragen hat. Zusätzlich steht die gesamte Deckeloberfläche für eine „intensive Dachbegrünung“ als Ausgleichsmaßnahmenfläche zur Verfügung. Durch die Begrünung der Deckel werden zugleich die bisher durch die Autobahn zerschnittenen Stadtteile wieder zusammengeführt und 25 Hektar neue Grün- und Freizeitflächen angeboten. Außerdem entsteht somit ein durchgehender Grünzug vom Volkspark bis zur Elbe. Eine Bebauung der Deckel mit Wohn- oder Gewerbeimmobilien findet nicht statt.[7]

Schon in der Vergangenheit kämpften mehrere Bürgerinitiativen für eine Überdeckelung der Autobahn aus Lärmschutzgründen.[8] Das Projekt wurde jedoch zunächst aus Kostengründen immer wieder abgelehnt. Mit der jetzigen Planung übernimmt der Bund den Großteil der Kosten. Der Anteil der Stadt liegt bei 167 Mio. Euro. Durch die Entwicklung von umliegenden, bisher stark verlärmten Flächen für den Bau von über 2.000 Wohnungen wird mit Erlösen in Höhe von rund 127 Mio. Euro gerechnet, die zur Entlastung des Haushalts dienen.[9] Dies betrifft rund 35 Hektar in Altona und 8,5 Hektar in Eimsbüttel.[10]

Planung

Stellingen

Der vom Bund getragene Deckel in Stellingen soll 893 Meter lang werden und von der Kieler Straße im Süden bis zur Güterumgehungsbahn im Norden führen. Der Baubeginn ist für 2012 geplant und soll nach vier Jahren abgeschlossen sein.[3] In einem freiraumplanerischen Realisierungswettbewerb zur Gestaltung der Deckeloberflächen setzte sich das Büro „Weidinger Landschaftsarchitekten“[11] aus Berlin gegen die Konkurrenz durch. Der Vorschlag sieht eine vielfältig nutzbare Parkanlage und Kleingärten vor.

Schnelsen

Der kürzeste der drei Deckel soll 560 Meter lang werden und von der Heidlohstraße im Süden bis zur Anschlussstelle Hamburg-Schnelsen im Norden verlaufen.[3] Sieger des Realisierungswettbewerbs ist das Berliner Büro „POLA Landschaftsarchitekten“.[12] Geplant ist eine weitläufige Wiese, ein Stadtplatz mit Café und Kleingärten. Der Deckel soll zeitversetzt zum Stellinger Deckel errichtet werden. Die Kosten für den Schnelsener Deckel trägt Hamburg.

Bahrenfeld/Othmarschen

Dieser Deckel wird mit einer Länge von 2.030 Metern das längste der drei Bauwerke.[3] Die Kosten teilen sich Bund und Stadt. Durch einen freiraumplanerischen Wettbewerb soll der zukünftige Grünzug vom Volkspark zur Elbe gestaltet werden. Ein großzügiger Kleingartenpark soll dann Raum für den Umzug von Kleingärten schaffen, deren Flächen in den nun lärmberuhigten benachbarten Stadtteilen für etwa 1.700 neue Wohnungen genutzt werden sollen. Zwischen dem Deckel, der bis zur S-Bahn-Brücke Othmarschen reicht, und dem Elbtunnel verbleiben ungefähr 500 Meter, die nicht überdacht werden sollen. Hier sollen stattdessen Lärmschutzwände installiert werden.[13]

Bau

Die Deckel sollen in offener Bauweise errichtet werden. Dabei werden zunächst die Wände errichtet und anschließend eine 1,40m dicke Beton-Abdeckung darüber gesetzt. Diese soll bis zu 4,5 Tonnen an Gewicht pro Quadratmeter tragen können. Damit ist die Bebauung mit Wohnhäusern ausgeschlossen, leichtere Bauten wie die geplanten Schrebergärten sind jedoch möglich.

Kritik

Kritik an dem Projekt kommt hauptsächlich aus den Reihen der Kleingärtner, die ihre von der Stadt gepachteten Parzellen nicht gegen einen Platz auf einem der neuen Deckel tauschen möchten.[14] Die Flächen der jetzigen Kleingärten sind im Besitz der Stadt und sollen in Wohngebiete umgewandelt werden, um dem in Hamburg herrschenden Wohnungsmangel Abhilfe zu schaffen. Durch den Bau der Deckel kann die Stadt den betroffenen Kleingärtnern ortsnah neue Parzellen auf den entstehenden Deckelflächen anbieten. Ein Umzugsmanagement für eine reibungslose Verlagerung ist von der Bürgerschaft in Aussicht gestellt worden und soll zusammen mit den betroffenen Kleingärtnern erarbeitet werden.[7] Kritisiert werden aber auch die Behinderungen, die beim Bau zu erwarten sind.[13]

Einzelnachweise

  1. Neubau und Erweiterung von Bundesautobahnen - Stand: 1. Januar 2010. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Abgerufen am 28. März 2011.
  2. Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt: Freiraum und Ruhe. Ausbau und Überdeckelung der A 7, S. 12–13.
  3. a b c d A 7: AS HH-Othmarschen - Landesgrenzen Hamburg/Schleswig-Holstein. Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH. Abgerufen am 28. März 2011.
  4. Das Idyll auf dem Deckel. Über der A7 entstehen Wiesen, Wanderwege und Cafés. In: Hamburger Morgenpost, 10. Juli 2010. Abgerufen am 28. März 2011.
  5. Drucksache 19/2471, S. 8. Parlamentsdatenbank der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg. Abgerufen am 28. März 2011.
  6. Drucksache 19/2471, S. 3. Parlamentsdatenbank der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg. Abgerufen am 28. März 2011.
  7. a b Drucksache 19/2471, S. 6. Parlamentsdatenbank der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg. Abgerufen am 28. März 2011.
  8. Bürgerinitiative "Ohne Dach ist Krach". Bürgerinitiative Bahrenfeld Othmarschen für eine Überdeckelung der BAB 7. Abgerufen am 28. März 2011.
  9. Drucksache 19/2471, S. 5. Parlamentsdatenbank der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg. Abgerufen am 28. März 2011.
  10. Drucksache 19/2471, S. 12 ff.. Parlamentsdatenbank der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg. Abgerufen am 28. März 2011.
  11. Gestaltung der Autobahndeckel BAB7 2010. Weidinger Landschaftsarchitekten. Abgerufen am 28. März 2011.
  12. Autobahndeckel Hamburg. POLA Landschaftsarchitekten. Abgerufen am 28. März 2011.
  13. a b http://www.elbtunnelbremse.de/elbtunnel-deckel.htm
  14. Drucksache 19/2471, S. 7. Parlamentsdatenbank der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg. Abgerufen am 28. März 2011.

Weblinks

Offizielle Homepage des Projekts


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