- Eberhard Gmelin
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Eberhard Gmelin (* 1. Mai 1751 in Tübingen; † 3. März 1809 in Heilbronn) war Stadtarzt in Heilbronn und einer der frühesten Vertreter der Heilmethode des Animalischen Magnetismus.
Inhaltsverzeichnis
Familie
Die Vorfahren Gmelins waren berühmte Gelehrte. Er wurde als zweiter von drei Söhnen des Johann Georg Gmelin (1709–1755), Sibirienforschers und Professors in Tübingen, und der Maria Barbara Fromann (* 1709) geboren. Gmelin heiratete am 3. September 1772 in Heilbronn Sophie Henriette Hartmann (* 5. September 1749 in Marbach am Neckar; † 2. November 1823 in Heilbronn), die Tochter des Ferdinand Paul Hartmann (um 1705–1761, eines Nachfahren Wendel Hiplers und späteren Bürgermeisters in Marbach), und der Johanne Margarethe Schweikher (* um 1716). Die Ehe blieb kinderlos.
Leben
Ausbildung
Gmelin besuchte als Kind die Lateinschule und danach die Universität Tübingen. Er studierte Botanik, Chemie und die Lehrsätze des Herman Boerhaave bei seinem Onkel, Professor Philipp Friedrich Gmelin, weiterhin Chirurgie, Physiologie, Pathologie und Gerichtsmedizin bei Professor Georg Friedrich Sigwart, allgemeine Pathologie und allgemeine Therapie bei Professor Ferdinand Christoph Oetinger, dem Bruder des Prälaten Friedrich Christoph Oetinger, sowie Materia medica bei Professor Christian Friedrich Jäger. Seine erste Dissertation hatte eine neue Behandlungsmethode der Windpocken zum Gegenstand, seine zweite Dissertation gerichtsmedizinische Versuche an ertrunkenen Tieren. Nach Erwerb des akademischen Grads eines Doktors der Medizin 1769 besuchte er weitere Vorlesungen und praktischen Unterricht an der Universität Leiden und 1770 an der Universität Wien. 1771 praktizierte Gmelin zunächst in Feldkirch bei Vorarlberg und im März 1772 in Urach. Noch im Sommer desselben Jahres wurde Gmelin Stadt- und Amtsarzt in Freudenstadt, wo er den gesamten Bereich der Ämter Freudenstadt, Dornstetten, Kloster Alpirsbach und Kloster Reichenbach betreute. Er heiratete am 27. August 1772 Sophie Henriette Hartmann. Das raue Klima des Schwarzwaldes setzte Gmelin gesundheitlich zu, wie er 1778 in seiner Bewerbung auf eine Arztstelle in Heilbronn schrieb.
Physikus in Heilbronn
Am 15. Juni 1778 bewarb sich Gmelin um den Posten eines Physikus in Heilbronn, obgleich dort keine entsprechende Stelle frei war. Aufgrund seiner Qualitäten, für die der württembergische Rat Dr. Johann Georg Hopfengärtner bürgte, wurde ihm am 20. Juni 1778 eine provisorische Arztstelle in Heilbronn in Aussicht gestellt. Nach dem unerwarteten Tod des dritten Physikus der Stadt, Dr. Johann Heinrich Sailer, am 9. Juli 1778 konnte Gmelin nach seinem Eintreffen in Heilbronn am 10. Oktober 1778 als Physikus ordinarius verpflichtet werden. Trotz der neuen Tätigkeit schrieb er sich 1779 nochmals an der Universität Tübingen ein. Im Jahr 1781/82 kämpfte er in Heilbronn erfolgreich gegen eine Grippeepidemie an, wofür er eine Gehaltserhöhung um 150 Gulden empfing. Die Universität Tübingen wollte ihn zum Professor berufen, doch Gmelin erklärte, nichts an seinem Tätigkeitsfeld ändern zu wollen. 1785 rückte er in die Stelle als zweiter Stadtphysikus auf. 1791 erwarb Gmelin ein Haus in der Heilbronner Sülmerstraße, im folgenden Jahr wurde er erster Stadtphysikus.
Vertreter des Heilmagnetismus
Gmelin unternahm im September 1787 erstmals Versuche mit dem tierischen Magnetismus, einer heute wissenschaftlich widerrufenen Heilmethode mittels Berührungen unter Hypnose. Gmelin berichtete in Briefen vom Juli und September 1787 von beachtlichen Heilerfolgen mit dieser Methode, unter anderem bei der Behandlung von Lisette Kornacher (1773–1858), Tochter des Heilbronner Bürgermeisters Georg Christoph Kornacher und Enkelin des damaligen Rosenwirts Johann Georg Uhl, der selbst von einer gewissen Madame Tschiffeli, der Witwe des Landvogts Johann Rudolf Tschiffeli der Landvogtei Aarberg des Kantons Bern, nach dieser Methode geheilt worden war und seine Enkelin Gmelin anvertraute. Tschiffeli behandelte im Spätherbst 1788 durch Heilmagnetismus auch Gmelins Arztkollegen Dr. Friedrich August Weber (1753–1806) und heilte diesen von einer dreijährigen chronischen Augenentzündung. Im Mai 1789 begab sich Gmelin nach Karlsruhe, um seine Erfahrungen mit denen des Geheimen Hofrats Johann Lorenz Böckmann (1746–1802) abzugleichen, anschließend besuchte er die magnetopathische Heilanstalt des Straßburger Arztes Armand Marie Jacques de Chastenet, Marquis de Puységur, von dem Madame Tschiffeli ihr Wissen erworben hatte.
Gmelins aktive Beschäftigung mit Heilmagnetismus dauerte nur rund drei Jahre von 1787 bis 1790 an. Zwar unterstützte er entsprechende Behandlungen auch später noch, doch führte er sie nur noch in den wenigsten Fälle auch selbst durch. Bis 1797 veröffentlichte er zehn Bücher und unzählige Zeitungsaufsätze zu der von ihm zunächst „animalisches Elementarfeuer“, später „animalisierte Elektrizität“ genannten Heilungsmethode. In der Schrift Materialien für die Anthropologie von 1793 beschrieb er auch die gutartig verlaufende Krankengeschichte der Lisette Kornacher. Gmelins Werke gehören zu den frühesten Schriften über Heilmagnetismus, sie stellten vor 1800 überhaupt die umfangreichste deutschsprachige Literatur eines einzelnen Autors zum Thema dar. In seinen 1791 bis 1793 entstandenen Werken widmet er sich insbesondere auch der Erforschung der Seele unter dem Einfluss des Heilmagnetismus und der Hypnose. Im Jahr 1793 kam Friedrich Schiller nach Heilbronn, um dort auch Gmelin zu treffen und sich über heilmagnetische Behandlungen zu informieren. Gmelin empfahl dem Dichter einige mit der Methode vertraute Offiziere auf der Feste Asperg, konnte Schiller aber letztlich nicht überzeugen.
Späte Jahre und Tod
1795 wurde im Waisen- und Zuchthaus von Heilbronn ein Militärspital errichtet, und die eintreffenden Kranken brachten im Zuge der Napoleonischen Kriege verschiedenste Seuchen mit sich, so dass sich Gmelin deren Bekämpfung widmen musste. 1797 behandelte er den jungen Justinus Kerner. In seinem Testament von 1805 berichtete der Arzt darüber, wie er seit 1797 fortschreitenden körperlichen Verfall an sich bemerkt habe. In den Jahren 1797 und 1798 unternahm er daher im Sommer jeweils längere Kurreisen.
Im Dezember 1800 wurde auf Gmelins Vermittlung der Neffe seiner Frau, der Gräflich Erbachische Hofrat und Leibarzt Dr. Christian Johann Klett, der seit 1796 mit Gmelins ehemaliger Patientin Lisette Kornacher verheiratet war, ebenfalls nach Heilbronn berufen, wo er 1801 eine Stellung als dritter Stadtarzt erhielt.
Beim Übergang der Reichsstadt Heilbronn an Württemberg im Jahr 1802 wurde Gmelin württembergischer Oberamtsphysikus und arbeitete zwar rege bei der Ausarbeitung der neuen württembergischen Medizinalordnung mit, doch fanden seine Ideen dort nur wenig Eingang. Im Frühsommer 1803 trieb er noch die Einführung der Kuhpockenschutzimpfung voran, bevor er im September 1803 von seinem Amt zurücktrat. Im Juli 1805 wurde Klett sein Nachfolger.
Im Frühjahr 1805 erlitt Gmelin einen Anfall von Apoplexie, von dem er sich körperlich nicht mehr erholte. Er verstarb am 3. März 1809 im Alter von 57 Jahren.
Johann Heinrich Dannecker fertigte den Grabstein des Dr. Gmelin an, der heute im städtischen Museum Heilbronn in der Eichgasse steht und die Göttin der Gesundheit Hygieia zeigt, die sowohl einen Äskulapstab als auch einen Ölzweig trägt.
Literatur
- Gerhard Bauer: Eberhard Gmelin (1751–1809). Sein Leben und sein Werk. Ein Beitrag zum Quellenstudium des thierischen Manetismus im deutschsprachigen Raum. Stadtarchiv Heilbronn; Heilbronn 1994, ISBN 3-928990-44-6 (Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Heilbronn. Band 4)
- Reinhard Breymayer: Zwischen Prinzessin Antonia von Württemberg und Kleists Käthchen von Heilbronn. Neues zum Magnet- und Spannungsfeld des Prälaten Friedrich Christoph Oetinger. Heck, Dußlingen 2010, ISBN 978-3-924249-51-9. [Zur Ausstrahlung des Magnetismus-Sympathisanten Oetinger über den Heilbronner Arzt und Magnetiseur Eberhard Gmelin und den Arzt Gotthilf Heinrich Schubert in Dresden auf Heinrich von Kleists Umfeld.]
- Karl Hermann: Dr. Eberhard Gmelin, Schillers Heilbronner Arzt. In: Historischer Verein Heilbronn, 22. Veröffentlichung, Heilbronn 1957
- August Hirsch: Gmelin, Eberhard. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 9, Duncker & Humblot, Leipzig 1879, S. 266 f.
Weblinks
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