Gregor Schwartz-Bostunitsch

Gregor Schwartz-Bostunitsch
Gregor Schwartz-Bostunitsch (1937)

Gregor V. Schwartz-Bostunitsch, auch: Grigorij V. Svarc-Bostunic, Pseudonym: Doktor Gregor (* 1. Dezember 1883[1] in Kiew; † sein Tod ist vollständig ungeklärt) war ein deutsch-ukrainischer Autor, SS-Standartenführer und völkischer Esoteriker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Schwartz-Bostunitsch war gebürtiger Deutsch-Ukrainer, hatte aber Großeltern aus Serbien und Bayern. Väterlicherseits stammte er aus einer bekannten deutsch-baltischen Familie aus Riga. Zunächst studierte er Jura und betätigte sich als Journalist und Theaterkritiker. In den unterschiedlichsten Biographien gibt es immer wieder den Hinweis, dass er sich vor dem Ersten Weltkrieg in Deutschland aufgehalten habe. Seine genauen Aufenthaltsorte lassen sich nur schwer belegen. Im August 1914 hielt sich die Familie Schwartz-Bostunitsch in Bad Kissingen auf. Dort wurde sie vom Beginn des Weltkriegs überrascht, von den deutschen Behörden interniert und schließlich nach Russland abgeschoben.[2]

Schon im Russischen Kaiserreich tat Schwartz-Bostunitsch sich durch antisemitische aber auch okkultistische Schriften hervor. Während der Oktoberrevolution war er mit den Kommunisten in Konflikt geraten. So engagierte er sich auf Seiten der weißgardistischen Generäle Denikin und Wrangel im Russischen Bürgerkrieg. Er war dort unter anderem Agitator bei den Truppen, die den Kampf gegen die Bolschewiki führten. Nach deren Niederlage floh er zunächst auf den Balkan um schließlich nach Mitteldeutschland zu kommen.

Flucht nach Deutschland

Ansicht der Werbung für eine NSDAP-Versammlung mit Schwartz-Bostunitsch; wiederum mit Pseudonym ‚Dr. Gregor‘.

Dort knüpfte er verhältnismäßig schnell Kontakt zu den einschlägigen Kreisen. Verbindungen sowohl zu dem so genannten „Coburger Kreis“, als auch zu den frühen Nationalsozialisten (zu E. v. Scheubner-Richter, einen frühen Wegbegleiter Hitlers) sind belegt. In München tauchte er 1922 auf. Dort kam er auch in Kontakt mit Hitler, Rosenberg und der NSDAP. Es begann seine Vortragstätigkeit, mit der er offensichtlich auch seinen Lebensunterhalt bestritt. Er publizierte ferner eine Vielzahl von Büchern. Vorträge und Bücher kreisen immer wieder um die gleichen Themen: die „Jüdisch-Bolschewistische Weltverschwörung“, Okkultismus und Freimaurertum. In seinem am meisten verbreiteten Buch über die Freimaurerei beschreibt er auch Architekturdetails des Würzburger Doms, was Rückschlüsse auf seine nordbayerischen Ortskenntnisse erlaubt. Ein Wohnsitz in dieser Zeit war unter anderem Erfurt.

Zusammenarbeit mit Alfred Rosenberg

Die beiden Nationalsozialisten russischer und baltischer Abstammung arbeiteten jahrelang eng zusammen. Schwartz-Bostunitsch veröffentlichte immer wieder Aufsätze in der Monats- bzw. Vierteljahresschrift „Weltkampf“. Es handelte sich dabei um eine der frühesten Ideologieschmieden der NSDAP, die eben vom Chefideologen der Partei, Alfred Rosenberg, geleitet wurde.

Nach der „Machtergreifung“ Hitlers machte Schwartz-Bostunitsch eine steile Karriere bei der SS (zumindest zeitweise Mitarbeiter beim Ahnenerbe). Obwohl es Zweifel an seinem okkulten Charakter gab, gerade von Reinhard Heydrich, ließ man ihn dennoch gewähren. Auch Persönlichkeitsstörungen im Sinne von Verfolgungswahn werden erwähnt. Schließlich erhielt er 1944 den Dienstgrad eines SS-Standartenführers. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges versuchte er seine umfangreiche Bibliothek von Judaica, Occulta und Masonica vor Bombenangriffen nach Schlesien zu retten.[3]

Das unklare Lebensende

Letzter bekannter Akt in seinem Leben ist die Beförderung zum Standartenführer durch Heinrich Himmler. Dies fand am 9. November 1944 statt, dem für Nationalsozialisten so bedeutsamen Datum des Hitlerputsches in München. Noch ein paar Briefe belegen Schwartz-Bostunitschs Existenz Anfang 1945. Dann verlieren sich seine Spuren. Über seinen weiteren Verbleib ist nichts bekannt. Im Mai 1946 taucht sein Name ein letztes Mal auf einer Gefangenenliste von SS-Offizieren der amerikanischen Truppen auf. Diese Liste befindet sich erstaunlicherweise in Moskau. Dies ist die letzte Spur Gregor Schwartz-Bostunitschs.

Michael Hagemeister berichtet noch folgendes:

„Von Schlesien aus unternahm Schwartz-Bostunitsch nur noch wenige Reisen. Eine davon führte ihn im November 1944 nach Prag. Dort tagte — zum ersten und zum letzten Mal — die von Rosenberg kurz zuvor gegründete ‚Arbeitsgemeinschaft zur Erforschung der bolschewistischen Weltgefahr‘. Man plante, ein großes ‚Handbuch des Bolschewismus‘ zu erstellen. Ob auch Schwartz-Bostunitsch daran beteiligt war, ist nicht bekannt.“[4]

Werke

  • Iz vrazeskogo plena. Ocerki spassegosja. Istorija mytarstv russkogo zurnalista v Germanii, Petrograd 1915
  • (alias Dr. Gregor) Ein Meer von Blut, München 1926.
  • Die Freimaurerei, Weimar 1928.
  • Die Bolschewisierung der Welt, München 1929.
  • Doktor Steiner, ein Schwindler wie keiner ein Kapitel über Anthropologie und die geistige Verwirrungsarbeit der Falschen Propheten, München 1930.
  • Jüdischer Imperialismus − 3000 Jahre hebräischer Schleichwege zur Erlangung der Weltherrschaft, Landsberg am Lech 1935.
  • Jude und Weib Theorie und die Praxis des jüdischen Vampyrismus, der Ausbeutung u. Verseuchung der Wirtsvölker, Berlin 1939.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Zu Unsicherheiten wegen des Geburtsdatums vgl. Weiteres zur Biographie
  2. Schwartz-Bostunitsch berichtete über diese Ereignisse der Abschiebung in einer Antideutschen Propagandaschrift zu Kriegsbeginn: Svarc, G. V., Iz vrazeskogo plena. Ocerki spassegosja. Istorija mytarstv russkogo zurnalista v Germanii, Petrograd 1915. Der Aufenthalt ist durch die Bad Kissinger Kurverwaltung belegbar.
  3. Die besten biographischen Darstellungen zu Schwartz-Bostunitsch sind die beiden Aufsätze von Ganelin und Hagemeister in: Schlögel, Karl (Hrsg.), Russische Emigration in Deutschland 1918 bis 1941, Berlin 1995, Seite 201 ff.
  4. Dieses Zitat und die vorangegangen Überlegungen finden sich im Aufsatz des Slawisten Dr. Michael Hagemeister im Buch: Schlögel, Karl (Hrsg.), Russische Emigration in Deutschland 1918 bis 1941, Berlin 1995, Seite 209 ff.

Weblinks


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