Horní Věstonice

Horní Věstonice
Horní Věstonice
Wappen von Horní Věstonice
Horní Věstonice (Tschechien)
Paris plan pointer b jms.svg
Basisdaten
Staat: Tschechien
Region: Jihomoravský kraj
Bezirk: Břeclav
Fläche: 781 ha
Geographische Lage: 48° 53′ N, 16° 37′ O48.87638888888916.620277777778210Koordinaten: 48° 52′ 35″ N, 16° 37′ 13″ O
Höhe: 210 m n.m.
Einwohner: 430 (1. Jan. 2011) [1]
Postleitzahl: 691 81
Verkehr
Straße: HustopečeMikulov
Struktur
Status: Gemeinde
Ortsteile: 1
Verwaltung
Bürgermeister: Vladislav Moravčík (Stand: 2008)
Adresse: Horní Věstonice 131
692 01 Horní Věstonice
Gemeindenummer: 584479
Website: www.mikulovskoregion.cz/hornivestonice

Horní Věstonice (deutsch Ober Wisternitz) ist eine Gemeinde im Jihomoravský kraj (Südmähren), Okres Břeclav (Bezirk Lundenburg) in Tschechien.

Inhaltsverzeichnis

Geografie

Horní Věstonice liegt westlich des Berges Děvín (Maidenberg, 549 m) und grenzt im Norden an Dolní Věstonice (Unter Wisternitz), im Süden an Perná (Bergen), im Osten an Pavlov (Pollau) und im Westen an Dolní Dunajovice (Unter Tannowitz), sowie im Nordwesten an Mušov (Muschau). Der Ort ist als Breitstraßendorf angelegt.

Geschichte

1312 erfolgte die erste urkundliche Erwähnung bei der Belehnung der Familie Liechtenstein mit der Maidenburg samt den beiden Wisternitz (Ober- und Unterwisternitz) durch König Johann. Anschließend gehörten die Orte zur Herrschaft Nikolsburg. Die ui-Mundart (mittelbairisch), mit speziellen Bairischen Kennwörtern weisen auf eine Besiedlung durch bayrische deutsche Stämme hin, wie sie vor allem im 12/13 Jahrhundert erfolgte.[2] Aus dem damaligen „Neu-Wisternitz“ wurde später „Obern-Wistanicz“, während sich für das ursprünglichen Wisternitz die Namensform „Nieder-Wisternitz“ durchsetzte. Das Dorf wird ebenso im Liechtensteinischen Urbar im Jahre 1414 genannt. Im 15. Jahrhundert bestand eine Pfarre. 1586 erhielt Ober-Wisternitz eine Bergrechtsordnung, deren Grundlage die bereits vorhandene alte Weinbauregelung bildet. In dieser Zeit siedelten sich einige Wiedertäufer im Ort an.[3] Diese wurden während des Dreißigjährigen Krieges im Jahre 1622 des Landes verwiesen. Die meisten Wiedertäufer zogen nach Siebenbürgen weiter.[4]

1663 plünderten die Türken im Türkenkrieg von 1663/1664 den Ort. Von 1671 bis 1680 tötete die Pest 250 Menschen im Dorf. In einem 1752 angelegten Bergbuch sind auch alle Weingarten-Besitzer vermerkt.[5] Während der Revolutionskriege kam es in den Jahren 1805 und 1809 zu Plünderungen durch französische Truppen. Der Grundherrschaft errichtete 1812 ein Schulhaus. 1855 starben 80 Menschen an der Cholera. Am Dreifaltigkeitstag 1882 brach während der Messe ein Brand aus, der das halbe Dorf einäscherte. 1886 wurde ein neues Schulhaus erbaut. Zur Finanzierung verkaufte die Gemeinde Die Klause, das Tal zwischen Maiden- und Kesselberg. Eine Freiwillige Feuerwehr wurde im Jahre 1885 gegründet. Acker-, Obst- und Weinbau bildeten den Haupterwerb der Bewohner. Ebenso gab es neben dem üblichen Kleingewerbe eine Knopfmacherei, drei Steinbrüche und eine Haarnetzerei.

Matriken werden seit 1579 geführt. Onlinesuche über das Landesarchiv Brünn. [6] Grundbuchaufzeichnungen werden seit 1779 geführt.

Einer der Nachfolgestaaten Österreich-Ungarns nach dem Ersten Weltkrieg, 1914–1918, war die Tschechoslowakei, die jene deutschsprachigen Gebiete Böhmens, Mährens und Schlesiens für sich beanspruchte, die seit Ende 1918 als Deutschösterreich galten. Der Vertrag von St. Germain [7] sprach die strittigen Territorien gegen den Willen der Bevölkerung der Tschechoslowakei zu. Damit fiel auch die südmährische Ortschaft Ober Wisternitz, dessen Bewohner 1910 ausschließlich Deutschsüdmährer waren, an den neuen Staat. Während der Zwischenkriegszeit führten die hohe Arbeitslosigkeit unter der deutschen Bevölkerung, Maßnahmen wie die Bodenreform, die Sprachenverordnung, die Neuansiedlungen sowie Neubesetzungen von Beamtenposten durch Personen tschechischer Nationalität, zu vermehrten Spannungen innerhalb der Volksgruppen.[8] Als die von den Deutschsprachigen geforderte Autonomie nicht verhandelt wurde, verschärften sich die Unstimmigkeiten. Da bewaffnete Konflikte drohten veranlassten die Westmächte die tschechische Regierung zur Abtretung der Randgebiete, die im Münchner Abkommen [9] geregelt wurde, an Deutschland. Somit wurde Ober Wisternitz mit 1.Oktober 1938 ein Teil des deutschen Reichsgaus Niederdonau. - In dieser Zeit wurde: 1921 das Kriegerdenkmal, 1925 die Wasserleitung, 1929 die Elektrifizierung und 1935 der Gemeindesaal mit Bühne geschaffen.[10][11]

Vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges kamen Flüchtlinge aus Siebenbürgen und dem Banat nach Ober-Wisternitz. Am 23. April 1945 besetzten sowjetische Soldaten Ober-Wisternitz. Zeitweise waren 8.000 russische Soldaten im Ort, dabei kam es zu vielen Übergriffen gegen die Zivilbevölkerung. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, den 55 Ober-Wisternitzer zum Opfer fielen, kam die Gemeinde am 8. Mai 1945 wieder zur Tschechoslowakei zurück. Noch vor der Umsetzung des Potsdamer Kommuniqués, das einen "geordneten und humanen Transfers" der "deutschen 'Bevölkerungsteile" aus der Tschechoslowakei sanktionierte, flüchteten viele der Ortsbewohner vor den einsetzenden Exzessen über die nahe Grenze nach Österreich. Am 12. Oktober 1945 wurde ein Teil der deutschen Bürger auf den Gutshof bei Groß-Meseritsch gebracht und die anderen Ober-Wisternitz über Nikolsburg nach Österreich wild vertrieben. Es kam zu Toten bei der deutschen Zivilbevölkerung.[12] Die restlichen deutschen Bürger von Ober-Wisternitz wurden zwischen dem 15. März und dem 17. September 1946 offiziell nach Deutschland zwangsausgesiedelt.[13] Laut Bericht von Francis E. Walter an das US-Repräsentantenhaus erfolgten diese Transporte zu keiner Zeit in „ordnungsgemäßer und humaner“ Weise.[14][15] Aufgrund des Beneš-Dekretes 108, wurde das gesamte Vermögen der deutschen Einwohner konfisziert und unter staatliche Verwaltung gestellt. Eine Restitution des konfiszierten Vermögen ist seitens der Tschechischen Republik nicht erfolgt.

Nach den ursprünglichen Überführungs-Zielen des Potsdamer Kommuniqués mussten alle Volksdeutschen aus Österreich nach Deutschland weiter transferiert werden. Trotzdem konnten 236 Personen aus Unter-Wisternitz in Österreich verbleiben. Je zwei Personen sind nach England und in die USA ausgewandert. Der Ort wurde neu besiedelt.[16][17][18]

Wappen und Siegel

Das Ortssiegel ist seit 1583 bekannt. Das Siegel zeigt ein Renaissanceschild, umgeben von einem Schriftband, mit einem Weinstock. Ein Originalabdruck liegt nicht vor, die Gesamtgestaltung dürfte ähnlich wie die Siegel von Klentnitz und Pollau gewesen sein. Das bekannteste Siegel stammt aus dem Jahre 1779 und zeigt einen Weinstock mit drei Trauben.[19]

Volkszählung Häuser Einwohner insgesamt Volkszugehörigkeit der Einwohner
Jahr Deutsche Tschechen andere
1793 114 630      
1836 129 725      
1869 151 755      
1880 155 782 782 0 0
1890 165 834 834 0 0
1900 168 782 781 0 1
1910 181 770 770 0 0
1921 184 734 703 18 13
1930 194 738 717 5 16
1939   709      
Quelle: 1793, 1836, 1850 aus: Südmähren von A–Z. Frodl, Blaschka
Sonstige: Historický místopis Moravy a Slezska v letech 1848–1960. sv.9. 1984

Sehenswürdigkeiten

  • Zum Dank für die glücklich überstandene Pest wurde 1680 eine kleine Kapelle zu Ehren der hl. Rosalia erbaut.
  • Die Ortskirche wurde 1769 von Maurermeister Rabl aus Znaim erbaut und der Plan dazu dürfte von Bartholomäus Zinner stammen. Sie ist der Pestheiligen Rosalia geweiht. Sie wurde 1853 renoviert.
  • Zwei Statuen, Rochus und Sebastian wurden aus der Kapelle in die neue Kirche übertragen.
  • Des Weiteren stehen im Ort das Marterl „Schwedenkreuz“ beim Teich, 5 Eisenkreuze, ein Marterl (1866), und das „Preußenkreuz“ beim Akazienwald.
  • Das Kriegerdankemal des Ortes wurde im Jahre 1921 errichtet.

Söhne und Töchter der Gemeinde

  • Franz Kopetzky (* 30. November 1842; † 28. Februar 1901 in Wien), Pädagoge, Fachschriftsteller
  • Heinz Fischer (* 4. März 1932), Heimatforscher

Sagen aus dem Ort

Unter den deutschen Ortsbewohnern gab es eine Vielzahl von Mythen:

  • Der Schwarze Hund[20]

Quellen

  • Wilhelm Szegeda: Heimatkundliches Lesebuch des Schulbezirks Nikolsburg, 1935, approbierter Lehrbehelf, Lehrerverein Pohrlitz Verlag, Ober-Wisternitz: s.92
  • Felix Bornemann: Kunst und Kunsthandwerk in Südmähren., Ober-Wisternitz: s.29; C. Maurer Verlag, Geislingen/Steige 1990, ISBN 3-927498-13-0
  • Bruno Kaukal: Die Wappen und Siegel der südmährischen Gemeinden., Ober Wisternitz, s.174f, Josef Knee,Wien 1992, ISBN 3-927498-19-X
  • Alfred Schickel, Gerald Frodl: Geschichte Südmährens Bd. 3, Ober-Wisternitz: s.230, 406, 409, 423, 515, 573, C. Maurer Verlag,Geislingen/Steige 2001, ISBN 3-927498-27-0
  • Walfried Blaschka, Gerald Frodl: Der Kreis Nikolsburg von A bis Z, Ober-Wisternitz, s.153f, Südmährischen Landschaftsrat, Geislingen/Steige 2006

Literatur

  • Franz Josef Schwoy: Topographie vom Markgrafthum Mähren. 1793, Oberwisternitz Seite 444
  • Anton Schwetter, Siegfried Kern: Der politische Bezirk Nikolsburg, Verlag Julius Nafe. 1884
  • Anton Schwetter, Siegfried Kern: Heimatkunde für den politischen Bezirk Nikolsburg. 1911
  • Josef Matzura: Führer durch Nikolsburg, Feldsberg, Eisgrub, Pollauer Berge. 1931
  • Johann Zabel: Kirchlicher Handweiser für Südmähren 1941, Generalvikariat Nikolsburg, Oberwisternitz Seite 35
  • Georg Dehio, Karl Ginhart: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler in der Ostmark. 1941, Oberwisternitz Seite 363
  • Ilse Tielsch-Felzmann: Südmährische Sagen. 1969, München, Verlag Heimatwerk
  • Wenzel Max: Thayaland, Volkslieder und Tänze aus Südmähren, 1984, Geislingen/Steige
  • Felix Bornemann: Kunst und Kunsthandwerk in Südmähren. 1990, Oberwisternitz Seite 29
  • Heinz Fischer: Oberwisternitz, ein Dorf im Laufe der Jahrhunderte. 1999

Weblinks

 Commons: Horní Věstonice – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Belege

  1. Český statistický úřad – Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2011 (XLS, 1,3 MB)
  2. Leopold Kleindienst:Die Siedlungsformen, bäuerliche Bau- und Sachkultur Südmährens, 1989, S. 9
  3. Astrid von Schlachta:Hutterische Konfession und Tradition (1578-1619), 2003,S.83
  4. Längin:Die Hutterer, 1968, S.237
  5. Schlechtwetter/Kern:Der politische Bezirk Nikolsburg, 1884
  6. Acta Publica Registrierungspflichtige Online-Recherche in den historischen Matriken des Mährischen Landesarchivs Brünn (cz,dt). Abgerufen am 27. März 2011.
  7. Felix Ermacora: Der unbewältigte Friede: St. Germain und die Folgen; 1919 -1989 , Amalthea Verlag, Wien, München, 1989, ISBN 3-85002-279-X
  8. Wolfgang Brügel: Tschechen und Deutsche 1918 – 1938, München 1967
  9. O. Kimminich: Die Beurteilung des Münchner Abkommens im Prager Vertrag und in der dazu veröffentlichten völkerrechtswissenschaftlichen Literatur, München 1988
  10. Walfried Blaschka, Gerald Frodl: Der Kreis Nikolsburg von A-Z, 2006
  11. Wilhelm Szegeda: Heimatkundliches Lesebuch des Schulbezirks Nikolsburg,, approbierter Lehrbehelf, Lehrerverein Pohrlitz Verlag, 1935, Ober Wisternitz S.92f
  12. Walfried Blaschka, Gerald Frodl: Der Kreis Nikolsburg von A-Z, Südmährischer Landschaftsrat, Geislingen an der Steige, 2006, S.216
  13. Archiv Mikulov: Odsun Nĕmců - transport odeslaný dne 20. kvĕtna, 1946
  14. Walter, Francis E. (1950): Expellees and Refugees of German ethnic Origin. Report of a Special Subcommittee of the Committee on the Judiciary, House of Representatives, HR 2nd Session, Report No. 1841, Washington, March 24, 1950.
  15. Ludislava Šuláková, übersetzt von Wilhelm Jun: Die Problematik des Abschubs der Deutschen in den Akten des Städtischen Volksausschusses (MNV) und des Bezirks-Volksausschusses (ONV) Nikolsburg: Südmährisches Jahrbuch 2001 S.45f, ISSN 0562-5262
  16. Cornelia Znoy:Die Vertreibung der Sudetendeutschen nach Österreich 1945/46, Diplomarbeit zur Erlangung des Magistergrades der Philosophie, Geisteswissenschaftliche Fakultät der Universität Wien, 1995
  17. Brunnhilde Scheuringer: 30 Jahre danach. Die Eingliederung der volksdeutschen Flüchtlinge und Vertriebenen in Österreich, Verlag: Braumüller, 1983, ISBN 3-7003-0507-9
  18. Alfred Schickel, Gerald Frodl: Geschichte Südmährens. Band 3. Die Geschichte der deutschen Südmährer von 1945 bis zur Gegenwart. Südmährischer Landschaftsrat, Geislingen an der Steige 2001, ISBN 3-927498-27-0, S. 230f (Oberwisternitz). 
  19. Bruno Kaukal: Die Wappen und Siegel der südmährischen Gemeinden, 1992, Ober Wisternitz, S.170
  20. Oberleitner/Makura:Südmährische Sagen, 1921, S.95

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