Kohortenkastell Zugmantel

Kohortenkastell Zugmantel
Kastell Zugmantel
ORL 8
Limesabschnitt Obergermanischer Limes
westliche Taunusstrecke
Datierung (Belegung) um 90
bis um 260
Typ a)-c) Numeruskastell
d) Kohortenkastell
Einheit a)-c) Numerus Treverorum
d) Cohors I Treverorum equitata
Größe a) 0,7 ha
b) 1,1 ha
c) 1,7 ha
d) 2,1 ha
Bauweise a)-b) Holz
c)-d) Stein
Erhaltungszustand deutliche Geländespuren,
rekonstruierter Wachtturm nördlich des Kastells
Ort Taunusstein-Orlen
Geographische Lage 50° 11′ 23″ N, 8° 12′ 13″ O50.1897222222228.2036111111111460Koordinaten: 50° 11′ 23″ N, 8° 12′ 13″ O
Höhe 460 m ü. NHN
Vorhergehend ORL 7 Kastell Kemel (westlich)
Anschließend ORL 9 Kastell Alteburg (östlich)

Das Kastell Zugmantel ist ein ehemaliges römisches Kohortenkastell am Obergermanischen Limes, der seit 2005 den Status des UNESCO-Weltkulturerbes besitzt. Die Überreste des Kastells und ein rekonstruierter Wachturm befinden sich etwa einen Kilometer nordöstlich der zum Rheingau-Taunus-Kreis gehörenden heutigen Ortschaft Taunusstein-Orlen unmittelbar an der Stelle, wo die Hühnerstraße – die heutige Bundesstraße 417 – den Limes zwischen Orlen und Ehrenbach kreuzt.

Inhaltsverzeichnis

Forschung und Geschichte

Bereits um die Mitte des 19. Jahrhunderts waren durch den historischen Verein für Nassau erste kleinere archäologische Ausgrabungen am Kastell Zugmantel vorgenommen worden. Systematische wissenschaftliche Untersuchungen erfolgten dann durch die Reichs-Limes-Kommission ab 1894 und schließlich im 20. Jahrhundert durch das Saalburgmuseum.

Die Hühnerstraße war schon zur Römerzeit ein wichtiger Verbindungsweg zwischen dem von Germanen dicht besiedelten Limburger Becken und dem Rheingau mit Aquae Mattiacorum, dem heutigen Wiesbaden als Hauptort der Civitas Mattiacorum und Mogontiacum, dem heutigen Mainz als Hauptstadt der römischen Provinz Germania Superior. Zur Sicherung dieses Bereichs war eine militärische Überwachung notwendig.

Bedingt durch diese strategisch bedeutsame Lage gehört das Kastell Zugmantel zu den ältesten römischen Wehrbauten im Taunus. Bereits in domitianischer Zeit, um das Jahr 90 unserer Zeitrechnung entstand hier das erste Numeruskastell von etwa 0,7 Hektar Größe in Holz-Erde-Bauweise. Unter Hadrian wurde es um das Jahr 120 auf ungefähr 1,1 Hektar erweitert. Besatzung war eine treverische Hilfstruppe (Numerus Treverorum). Diese wird anfangs eine Stärke von etwa 160 Mann gehabt haben, dürfte aber später verstärkt worden sein, wofür die wiederholten Kastellerweiterungen sprechen.

In antoninischer Zeit, um die Mitte des 2. Jahrhunderts, wurde das Holzkastell durch ein rund 1,7 Hektar großes Steinkastell abgelöst und unter Caracalla vergrößerte man den Numerus zur Cohors I Treverorum equitata („1. Teilberittene Kohorte der Treverer“) mit einer Stärke von knapp 500 Mann. Das Kastell wurde um 223 (oder etwas früher, da eine Inschrift Caracalla nennt) nochmals auf rund 2,1 Hektar Fläche erweitert.

In der Zeit der innen- und außenpolitischen sowie wirtschaftlichen Krise des Imperiums um die Mitte des 3. Jahrhunderts ist der Limes und damit auch das Kastell um das Jahr 260 herum aufgegeben worden. Im 18. Jahrhundert wurden die Reste des Lagers beim Ausbau der Hühnerstraße als Steinbruch genutzt. Ferner sind Teile des Vicus durch den Bau dieser Straße, einer Fabrik und eines Sportplatzes endgültig zerstört worden.

Befunde

Rekonstruierter Limes-Wachturm am Kastell Zugmantel

In seiner letzten Bauphase hatte das Kastell Zugmantel mit den Abmessungen 124,5 x 171 Meter eine Gesamtfläche von gut 2,1 Hektar. Damit war es das kleinste Kastell einer Cohors equitata am gesamten Limes. Die Wehrmauer war von einem einfachen Graben umgeben, die Kastellecken abgerundet und nicht mit Türmen bewehrt. Dafür waren alle vier Tore des Lagers mit Doppeltürmen ausgestattet. Von der Bebauung des Kastellinneren konnten die Principia (Stabsgebäude) in vollem Umfang nachgewiesen werden, die restlichen Bauten dürften aus Holz oder Fachwerk bestanden haben.

Mit der Porta Praetoria (Haupttor) war das Kastell in allen vier Bauphasen nicht nach Norden auf den Limes hin, sondern nach Osten ausgerichtet. Eine schräg vom Kastell abknickende Straße verband das Haupttor mit der südöstlich des Lagers entspringenden Quelle der Aar. Dort wurde das Kastellbad errichtet und die Straße zwischen Bad und Kastell entwickelte sich zu einem längsdreieckigen Platz, der den Kern des Vicus (Zivilsiedlung) bildete.

Der weitläufige Vicus erstreckte sich um den gesamten Kastellbereich. In ihm konnten zahlreiche Wohnhäuser, teilweise mit Fußbodenheizung, sowie insgesamt drei Sakralbauten, darunter ein Heiligtum des Soldatengottes Jupiter Dolichenus nachgewiesen werden. Auch das Gräberfeld wurde lokalisiert, es liegt südlich des heutigen Sportplatzes.

Auf dem gesamten Gelände des Kastells befindet sich heute ein ausgewachsener Fichtenwald, wodurch die Innenbebauung nicht mehr zu erkennen ist. Vom eigentlichen Kastell ist die Umwehrung noch als Erdwall oder Böschung zu sehen. Der Pfahlgraben des Limes ist gut erhalten und in unmittelbarer Nähe des rekonstruierten Wachturms (Wp. 3/15) wiederhergestellt. Zwischen Limes und Kastell findet man die Überreste zweier kleiner zum Vicus gehörender Amphitheater, die in früherer Zeit irrtümlich für Schanzen gehalten worden waren.

Denkmalschutz

Das Kastell Zugmantel und die anschließenden Limesbauwerke sind als Abschnitt des Obergermanisch-Raetischen Limes seit 2005 Teil des UNESCO-Welterbes. Außerdem sind sie Bodendenkmale nach dem Hessischen Denkmalschutzgesetz. Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind genehmigungspflichtig, Zufallsfunde an die Denkmalbehörden zu melden.

Siehe auch

Literatur

  • Dietwulf Baatz: Zugmantel. In: Die Römer in Hessen. Nikol, Hamburg 2002, ISBN 3-933203-58-9.
  • Dietwulf Baatz: Der Römische Limes. Archäologische Ausflüge zwischen Rhein und Donau. Gebr. Mann, Berlin 2000, ISBN 3-7861-2347-0.
  • Margot Klee: Der Limes zwischen Rhein und Main. Theiss, Stuttgart 1989, ISBN 3-8062-0276-1.
  • Fritz-Rudolf Herrmann: Kastell Zugmantel und der Limes bei Orlen. (Archäologische Denkmäler in Hessen, 33). Abteilung für Vor- und Frühgeschichte im Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Wiesbaden 1983, ISBN 3-8982-2033-8.

Grabungsbericht der Reichs-Limes-Kommission:

Weblinks


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