Lichtenberger Stadion

Lichtenberger Stadion
Lichtenberger Stadion
Altes Lichtenberger Stadion1.jpg
Stadioneingang 1934
Daten
Ort DeutschlandDeutschland Berlin-Lichtenberg
Koordinaten 52° 31′ 47″ N, 13° 30′ 15,8″ O52.52971727388913.5043913125Koordinaten: 52° 31′ 47″ N, 13° 30′ 15,8″ O
Eröffnung Juli 1920
Abriss 1973 (Umwandlung in einen Zeltplatz); seit 1990 Zerfall
Oberfläche Rasen
Kosten 885.000 Mark
Architekt Rudolf Gleye
Kapazität ca. 20.000
Spielfläche 100 x 65
Veranstaltungen

Trainingsspiele für die Olympiade in Berlin

Das Lichtenberger Stadion (auch Stadion Lichtenberg) war eine Sportstätte im ehemaligen Ost-Berliner Bezirk Lichtenberg. Es wurde zwischen 1914 und 1920 in der damals noch eigenständigen Stadt Lichtenberg erbaut und 1973 in einen Zeltplatz umgewandelt. Seit circa 1990 wird das Gelände nicht mehr genutzt und wächst zu.

Inhaltsverzeichnis

Lage und Ausstattung

Plan des Lichtenberger Stadions (Juli 1920)
nicht genordet

Das Stadiongelände befand sich im Norden des heutigen Ortsteils Lichtenberg. Begrenzt wurde es nördlich durch Agrarflächen entlang der heutigen Landsberger Allee, die später bebaut wurden, im Osten durch den Park der Städtischen Irrenanstalt Herzberge (heute Standort des Evangelischen Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge) sowie im Westen durch die Industriebahnanschlüsse für die Betriebe an der Herzbergstraße. Das Stadion war von der südlich gelegenen Herzbergstraße aus über eine Zugangspromenade zu erreichen.[1] [2]

Neben dem eigentlichen Hauptstadion befanden sich auf der Anlage noch mindestens sieben Tennisplätze (weitere vier waren geplant; Realisierung unklar), ein Fußballfeld sowie mehrere Leichtathletik- und Turnübungsplätze. Das Stadion selbst beinhaltete eine ovale 400-Meter-Aschenlaufbahn, die den Fußballplatz sowie mehrere Leichtathletikanlagen umschloss, eine östlich gelegene Stehplatz- und eine westlich gelegene überdachte Sitzplatztribüne. Unter der Stehplatztribüne gab es Umkleide- und Toilettenräume, von denen mehrere Luftschächte auf die Tribüne hinausgingen. Auf der Sitzplatztribüne fanden 700 Zuschauer Platz.[3] Insgesamt hatte das Stadion ein Fassungsvermögen von 20.000 Zuschauern.

In unmittelbarer westlicher Nachbarschaft, getrennt durch die Gleise der bereits erwähnten Industriebahn, befand sich das ebenfalls in den 1920ern erbaute BVG-Stadion, welches auch heute noch existiert und die Heimspielstätte des SV Berliner VG 49 ist.[4]

Geschichte

Südlicher Eingang zum Stadion, fotografiert im Januar 2009: die Bäume sind noch die gleichen.
Tribünenrest der östlichen Stehplatzanlage

Aufgrund fehlender Sportstätten in der damals noch eigenständigen Stadt Lichtenberg beschlossen die städtischen Körperschaften am 19. Juni 1913 den Bau einer geeigneten Sportanlage. Anfang 1914 wurde vom Rittergutsbesitzer Hermann Franz Leo Roeder für 150.000 Goldmark ein rund 100.000 Quadratmeter großes Grundstück nördlich der Herzbergstraße erworben, auf dem im Herbst desselben Jahres die Erdarbeiten begannen. Jedoch unterbrach der Erste Weltkrieg die Bauarbeiten, sodass diese erst im Frühjahr 1919 wieder aufgenommen und wenig später abgeschlossen wurden. Die Einweihung der Sportstätte samt Trainingsplatz fand im Juli 1920 statt.[3]

Neben sportlichen Ereignissen wurden im Stadion in den folgenden Jahren auch immer wieder politische Veranstaltungen abgehalten. So fanden hier am 21. und 22. Mai 1923 Kundgebungen des Roten Frontkämpferbundes und des Roten Jungsturmes vor über 40.000 Zuhörern statt. Dabei sprach u. a. auch Ernst Thälmann zum Publikum.[5] Am 9. September desselben Jahres lockte eine Partie zwischen Vertretern des sowjetischen Arbeitersports und des deutschen Arbeiter-Turn- und Sportbundes (unter dem offiziellen Titel „Arbeiter Fussballwettkampf Moskau-Berlin“) ca. 25.000 Zuschauer ins Stadion.[6] Ab circa 1932 wurden alle Sportplätze dieser Anlage als Trainingsmöglichkeiten für die Teilnehmermannschaften der Olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin genutzt.

Bereits zwölf Tage nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa fand am 20. Mai 1945 im Lichtenberger Stadion vor 10.000 Zuschauern wieder ein Fußballspiel statt.[7] Die Mannschaften bestanden aus Soldaten der Roten Armee und vermutlich einer Mannschaft aus den gerade befreiten Zwangsarbeiterlagern, die es in diesem Industrieviertel reichlich gegeben hat. Ab 1946 nutzte die SG Lichtenberg-Nord (Vorgänger des heutigen SV Lichtenberg 47) das Stadion als Heimspielstätte bis zum Ausbau des angestammten Sportplatzes an der Normannenstraße zum Hans-Zoschke-Stadion. Auf Luftbildern vom Dezember 1943 und Dezember 1953 ist zu erkennen, dass das Stadion in den Jahren nach Ende des Krieges grundlegend umgestaltet wurde: Das eigentliche Stadion wurde weiter nach Norden gerückt, die 1943 noch vorhandene Sitztribüne und Bauten am westlichen Rand der Zugangspromenade waren verschwunden. Das Lichtenberger Stadion diente danach zu DDR-Zeiten der BSG Chemie Lichtenberg (heute TSV Lichtenberg) als Heimstadion, bis es 1973 zu einem Zeltlagerplatz umfunktioniert wurde, der noch bis circa 1989 in Benutzung war. Danach verfiel die Anlage.[8] [9]

Das Stadiongelände heute

Westliche Tribünen aus den 1960er-Jahren

Von dem ehemaligen Stadion ist heute (Stand: Januar 2009) nur noch wenig zu erkennen. Das Gelände ist inzwischen mit Bäumen fast zugewachsen. Erdwälle, die Stehtribüne und einige einzelne Häuserruinen oder Fundamentreste lassen die frühere sportliche Nutzung der Anlage erkennen. Möglicherweise befinden sich auf dem Gelände Munitionsreste, da Ende der 1990er bei Erdarbeiten im benachbarten BVG-Stadion über fünf Tonnen teilweise noch scharfer Munition sowie eine 250 Kilogramm schwere Fliegerbombe gefunden wurden. Neben dem BVG-Stadion waren auch die umliegenden Flächen, d. h. evtl. auch das alte Lichtenberger Stadion, betroffen.[10] [11]

Quellen

  1. Herzberge um 1920. Förderverein Landschaftspark Herzberge, abgerufen am 9. Januar 2009 (JPG).
  2. Luftbild 1928/Nr. 060 (bearbeitet). Förderverein Landschaftspark Herzberge, abgerufen am 9. Januar 2009 (JPG).
  3. a b Lichtenberger Tageblatt, Juli 1924
  4. BVG-Stadion. Die Fans Media GmbH, abgerufen am 9. Januar 2009.
  5. Günter Klein: Der rote Frontkämpferbund, 2005, S. 13
  6. Jürgen Fischer: Die Russenspiele – Einheitsfront der Arbeitersportler für Demokratie und internationale Solidarität, in: Wilhelm Hopf: Fussball Soziologie und Sozialgeschichte einer populären Sportart, Münster 1998, S. 150.
  7. Rüdiger Thomas: Getrennt vereint – Innerdeutsche Sportbeziehungen 1945–1956, in: Helmut Wagner, Heiner Timmermann: Europa und Deutschland - Deutschland und Europa: Liber Amicorum für Heiner Timmermann zum 65. Geburtstag, Berlin-Hamburg-Münster 2005, S. 258.
  8. Eine Chronik des TSV Lichtenberg. TSV Lichtenberg e. V., abgerufen am 19. Dezember 2008.
  9. BRACHGELÄNDE. Förderverein Landschaftspark Herzberge, abgerufen am 9. Januar 2009.
  10. Bombenfund auf dem Sportplatz. In: Berliner Zeitung. Berliner Verlag GmbH, 20. Januar 2000, abgerufen am 15. Januar 2009.
  11. Noch mehr Munition im Stadion gefunden. In: Berliner Zeitung. Berliner Verlag GmbH, 7. April 2000, abgerufen am 14. Januar 2009.

Literatur

  • Rudolf Gleye; städt. Deputation für Spiel-, Sport- und Turnwesen (Hrsg.): Das Lichtenberger Stadion. Denkschrift zur Einweihung im Juli 1920. Berlin 1920.

Weblinks


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