Manfred Freiherr von Killinger

Manfred Freiherr von Killinger
Manfred von Killinger 1940

Manfred Freiherr von Killinger (* 14. Juli 1886 auf Gut Lindigt bei Nossen; † 2. September 1944 in Bukarest, Suizid) war ein deutscher Marineoffizier, Freikorpsführer, Militärschriftsteller, Reichstagsabgeordneter, nationalsozialistischer Politiker und Diplomat.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der einer schwäbisch-fränkischen Adelsfamilie des Ritterkantons Kraichgau entstammende Killinger begann eine militärische Laufbahn in der Kaiserlich Deutschen Marine. Als Kommandant eines Torpedobootes war er Teilnehmer an der Skagerrakschlacht. Der Kapitänleutnant schloss sich nach dem Ersten Weltkrieg der Brigade Ehrhardt an und war als Kompaniechef der Ehrhardtschen Sturmkompanie an der Niederschlagung der linksgerichteten Münchner Räterepublik, am Sturm auf den St. Annaberg und am rechtsgerichteten Kapp-Putsch gegen die demokratisch gewählte deutsche Reichsregierung maßgeblich beteiligt. Später wurde er zum Führer des Germanenordens, der die terroristischen Pläne zur Ermordung des Reichsfinanzministers Matthias Erzberger entwarf. Im September 1921 wurde er wegen der Beteiligung an dem Mordkomplott verhaftet und im Mai 1922 wegen Beihilfe zum Mord angeklagt. Am 13. Juni 1922 wurde er trotz belastender Beweismittel freigesprochen.

Innerhalb der Organisation Consul und des Wiking-Bundes gehörte Killinger zu den Führungskräften.

Killinger, der seit dem Verbot des Wiking-Bundes im Jahre 1927 der NSDAP angehörte, war Reichstagsabgeordneter und Fraktionsvorsitzender der NSDAP im Sächsischen Landtag, dem er von 1929 bis 1934 angehörte. Zugleich fungierte er als Obergruppenführer der SA in Sachsen (Beitritt 1928).

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde Killinger am 10. März 1933 als Reichskommissar für Sachsen eingesetzt, der auch die Leitung des sächsischen Innenministeriums (und damit der Polizei) übernahm. Zu seinen ersten Amtshandlungen gehörten die Absetzung des Dresdner Oberbürgermeisters Wilhelm Külz und die Entlassung von Otto Dix, Professor an der Dresdner Kunstakademie, die deren Rektor, der Grafiker Richard Müller, unterstützte. Seine Führungsposition in Sachsen musste Killinger jedoch sehr rasch für den sächsischen NSDAP-Gauleiter Mutschmann räumen, der im April 1933 zum „Reichsstatthalter“ ernannt wurde. Am 6. Mai 1933 ernannte Mutschmann im Gegenzug seinen Vorgänger und Rivalen Killinger, den er (noch) nicht völlig verdrängen konnte, zum ihm unterstellten Ministerpräsidenten von Sachsen.

Der so genannte „Röhm-Putsch“, dessen propagandistische Unterstellung im Juni/Juli 1934 die Verhaftung und Ermordung fast des gesamten Führerkorps der SA auf Veranlassung von Hitler, Göring und Himmler legitimierte, zerstörte auch die sächsische SA-Machtbasis Killingers, der diese Mordaktion nur mit knapper Not überlebte. Reichsstatthalter Mutschmann nutzte die neue Situation, um Killinger faktisch umgehend zu entmachten und ihn am 28. Februar 1935 auch formell als sächsischen Regierungschef zu entlassen und sich selbst aufgrund des Reichsstatthaltergesetzes vom 30. Januar 1935 durch Hitler zum Nachfolger ernennen zu lassen.

Gewissermaßen "entschädigt" wurde Killinger 1935 durch die Ernennung zum Mitglied des neu geschaffenen Volksgerichtshofes. Zugleich eröffnete sich ihm eine neue politische Karriere im Auswärtigen Dienst: Zwischen 1936 und 1938 war er zunächst deutscher Generalkonsul in San Francisco. Vom 29. Juli 1940 bis 19. Januar 1941 wirkte Killinger sodann als deutscher Gesandter im 1939 geschaffenen Vasallenstaat der Slowakei, anschließend wurde er im Januar 1941 zum Gesandten in Rumänien ernannt, wo er bis Sommer 1944 das Bündnis zwischen Hitler und dem Diktator Marschall Ion Antonescu zu pflegen hatte. Schon bei seinem Dienstantritt 1941 geriet er zwischen die Fronten des Machtkampfes von Antonescu und der faschistischen Eisernen Garde. Von der Absetzung und Verhaftung Antonescus, die der rumänische König Michael I. im August 1944 vollzog, wurde der allmächtig scheinende deutsche Gesandte - eher "politischer Soldat" als versierter Diplomat - jedoch vollständig überrascht. Zehn Tage später - unterdessen befand sich Rumänien auf Seiten der Sowjetunion mit Deutschland im Kriegszustand - beendete der isolierte NS-Diplomat Killinger sein Leben durch Suizid. Killingers Nachfolger als Gesandter in Bukarest, wenn auch nur wenige Wochen, wurde Carl August Clodius.

Nach neuen Forschungserkenntnissen spielte bei Killingers Selbstmord auch eine Rolle, dass der Gestapo seine Verbindungen zu den Widerständlern des 20. Juli 1944 bekannt geworden waren.

Killinger bestätigte sich auch schriftstellerisch, allerdings auf literarisch wenig gehaltvolle und inhaltlich gewaltverherrlichende Weise. Einige seiner Bücher erreichten nach 1933 mehrere Auflagen.

Werke

Literatur

  • Andreas Wagner: Mutschmann gegen von Killinger. Konfliktlinien zwischen Gauleiter und SA-Führer während des Aufstiegs der NSDAP und der Machtergreifung im Freistaat Sachsen. Sax-Verlag, Beucha 2001, ISBN 3-934544-09-6.
  • Bert Wawrzinek: Manfred von Killinger (1886-1944). Ein politischer Soldat zwischen Freikorps und Auswärtigem Amt. Deutsche Verlagsgesellschaft, Preußisch Oldendorf 2004, ISBN 3-920722-72-8.
  • Hermann Weiß: Biographisches Lexikon zum Dritten Reich, Frankfurt a.M., 2002 S. 263f. ISBN 3-596-13086-7

Weblinks



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