Menschewiki

Menschewiki
Die menschewistischen Sprecher Pawel Axelrod, Julius Martow und Alexander Martinow (v. l. n. r.) in Stockholm, 1917

Die Menschewiki (russisch Меньшевики, wörtlich übersetzt „Minderheitler“) waren eine Fraktion der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands (SDAPR). Sie setzten im Gegensatz zur Fraktion der Bolschewiki um Wladimir Iljitsch Uljanow (Lenin) auf einen Sozialismus, der sich in der repräsentativen Demokratie verwirklichen sollte.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Begriff entstand 1903 auf dem zweiten Parteitag der SDAPR in London, auf dem sich die Partei spaltete. Die Anhänger Lenins, die einen baldigen Umsturz in Russland forderten, stellten auf diesem Parteitag den Antrag, die SDAPR in eine straff geführte Kaderpartei von Berufsrevolutionären umzugestalten. Da alle anwesenden jüdischen Delegierten die Versammlung kurz vor der Abstimmung verließen, ergab sich eine knappe Mehrheit für die Lenin’schen Sozialisten, die sich von nun an (russisch bolschinstwo) Bolschewiki nannten. Die Minderheit (russisch menschinstwo), die die Partei auf eine demokratisch-parlamentarische Grundlage stellen wollte, nannte man Menschewiki. Ihre Sprecher waren Julius Martow, Pawel Axelrod und Alexander Martinow.

Nach der russischen Revolution 1905 übernahmen die Menschewiki die Führungsrolle innerhalb der russischen Sozialdemokraten. In der vierten Duma (1912–1917) hatten sie fünf Abgeordnete, die Bolschewiki sieben. Sie beteiligten sich aktiv an der Bildung von Gewerkschaften und Arbeiterräten.

Zum Zeitpunkt der geglückten Februarrevolution und dem Sturz des Zarenregimes im Jahre 1917 spielten die Menschewiki bereits keine entscheidende Rolle im russischen Revolutionsgeschehen mehr. Das Versinken in der Bedeutungslosigkeit gegenüber den erstarkenden Bolschewiki und den slawophilen Sozialrevolutionären zeigt sich besonders deutlich an den Wahlergebnissen zum 2. Allrussischen Sowjetkongress im Oktober 1917. Mit 71 von 611 Sitzen verfügten die Menschewiki über weniger als ein Viertel der den Bolschewiki zustehenden und über weit weniger als die Hälfte der den Sozialrevolutionären zustehenden Sitzen.[1] Zwei Monate später, zum Zusammentritt der russischen Nationalversammlung, verloren die Menschewiki noch stärker an Boden und errangen gerade einmal 18 von 703 Sitzen. Eine Hochburg der Menschewiki war die Demokratische Republik Georgien. Bei Parlamentswahlen errangen sie am 14. Februar 1919 dort 81,5 % der Stimmen und stellten von 1918 bis 1921 den Premier, Noe Schordania. Nach der Oktoberrevolution flohen viele Menschewisten außer Landes. Martow und Iremaschwili fanden in Deutschland Asyl, wo sie auch starben und Iremaschwili sein Buch Stalin oder die Tragödie Georgiens schrieb. 1923 wurde die menschewistische Fraktion offiziell verboten.

Siehe auch

Literatur

  • André Liebich: From the other shore: Russian social democracy after 1921. Cambridge, Mass., London 1997
  • Leopold H. Haimson, The Mensheviks: From the Revolution of 1917 to the Second World War
  • Leopold H. Haimson, The Making of Three Russian Revolutionaries: Voices from the Menshevik Past
  • Evelyn Holloway (Hg./Übersetzerin): Texte der Menschewiki zur russischen Revolution und zum Sowjetstaat 1903-1940. Sozialistische Revolution in einem unterentwickelten Land. Junius Verlag, Hamburg, 1981. ISBN 3-88506-111-2.

Einzelnachweise

  1. Grohmann, Martin: Die Russische Revolution und die Sowjetunion. Cornelsen. 2009. S. 67

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