Minimalmusik

Minimalmusik

Minimal Music (auch musikalischer Minimalismus) ist ein Sammelbegriff für verschiedene Musikstile innerhalb der Neuen Musik, die sich ab den 1960er Jahren des 20. Jahrhunderts in den USA entwickelten. Der Name wird Anfang der 1970er Jahre von Michael Campillo geprägt in Anlehnung an den aus der Bildenden Kunst stammenden Begriff Minimal Art.

Inhaltsverzeichnis

Einflüsse und Stellung in der Neuen Musik

Die Minimal Music verarbeitet Einflüsse aus asiatischer (vor allem indischer und indonesischer) und afrikanischer Musik (besonders deren Polyrhythmik), (Free-)Jazz sowie aus bestimmten Formen des Rock (Psychedelic Rock). Sie ignoriert weitgehend die Konventionen des Komponierens, wie sie im westlichen (also im wesentlichen europäischen) Kulturkreis bis dahin galten, speziell die Konventionen der Avantgarde der 1950er und frühen 1960er Jahre, insbesondere die der damals dominanten Seriellen Musik. Daher wird sie häufig als Antithese zum Serialismus verstanden. Von Vertretern dieser Richtung wird sie oft vehement abgelehnt, obwohl sich zum Beispiel La Monte Young theoretisch auf Arnold Schönberg und Anton Webern bezieht. Oft wird sie auch als eine postmoderne Musik charakterisiert.

Auch viele der heutigen Produzenten von Minimal Techno sehen sich in der Tradition der Minimal Music.

Charakterisierung

Eine exakte Charakterisierung dieser Musikrichtung ist wegen der großen stilistischen Vielfalt ebenso schwierig wie eine zeitliche Abgrenzung gegen einen Post-Minimalismus (hier steht die Frage im Raum, inwieweit die Minimal Music in ihrer Entwicklung von ihren ursprünglichen Prinzipien abgerückt ist und ab Mitte der 1970er Jahre von Post-Minimalismus gesprochen werden kann oder muss). Es gibt aber eine Reihe von Merkmalen, die typische Werke dieses Stils aufweisen.

Minimal Music ist verglichen mit Kunstmusik von eher geringer harmonischer Komplexität. Sie bewegt sich meistens im Rahmen einer modalen Tonalität und verwendet Dissonanzen nur sehr sparsam. Das rhythmische Element (oft Polyrhythmik) ist in der Minimal Music stark hervorgehoben, sie ist stark repetitiv, das heißt: ein einfaches Grundmuster (Pattern) wird über längere Zeiträume ständig mit nur leichten, oft kaum wahrnehmbaren Variationen wiederholt, das Stück ergibt sich dann aus der einfachen Aneinanderreihung der Variationen. Wird ein Muster gleichzeitig mit geringfügig unterschiedlichen Geschwindigkeiten gespielt, kommt es zum so genannten Effekt der Phasen-Verschiebung (phase shifting, phasing).

Die Minimal Music hat für eine zeitgenössische Musik außerhalb der Popmusik (mit der es einige Wechselwirkungen gibt) eine beträchtliche Popularität errungen, wenn auch nicht unbedingt beim traditionellen Publikum Klassischer Musik.

Komponisten

Zu den Begründern der Minimal Music zählen Steve Reich, La Monte Young und Terry Riley. Unabhängig davon haben der Straßenmusiker Moondog (und weit später Charlemagne Palestine) zur Entwicklung der Musikform beigetragen. Über Tony Conrad ist John Cale mit dem Minimalismus vertraut geworden. Weitere wichtige Komponisten der amerikanischen Minimal Music sind Philip Glass, John Adams, Jon Gibson, Tom Johnson und Arnold Dreyblatt.

In Europa haben u. a. die Briten Michael Nyman und Christopher Fox (systems music, eine experimentelle, speziell britische Form der Minimal Music), der Franzose Yann Tiersen, der Belgier Wim Mertens, der Este Arvo Pärt, die Niederländer Louis Andriessen und Simeon ten Holt (seit 1979), die Deutschen Peter Michael Hamel, Hans Otte, Norbert Walter Peters, der Liechtensteiner Jogen Debel, die Italiener Ludovico Einaudi und Gianmartino Durighello sowie der in Ungarn geborene György Ligeti (im Spätwerk) Kompositionen vorgelegt, die man zu Minimal Music zählen kann oder die von dieser beeinflusst sind.

Als Vorläufer werden bisweilen Erik Satie, John Cage und Morton Feldman genannt. Darüber hinaus finden sich einzelne Merkmale der Minimal Music bereits in den Filmmusiken von Bernard Herrmann und/oder in der Carmina Burana von Carl Orff.

Exemplarische Werke

  • Terry Riley: In C, 1964
  • Terry Riley: Salome Dances For Peace, 1985-7
  • La Monte Young: The Well-Tuned Piano, 1964ff.
  • La Monte Young: The Four Dreams of China, 1962
  • Steve Reich: Piano Phase für zwei Pianos, 1967
  • Steve Reich: Drumming, 1971
  • Steve Reich: Music for 18 Musicians, 1976
  • Philip Glass: Einstein on the Beach (Musiktheater), 1976
  • Philip Glass: Akhnaten (Musiktheater), 1983
  • Frederic Rzewski: Coming together und Attica, 1972
  • John Adams: Shaker Loops und Phrygian gates, 1977 / 78
  • Louis Andriessen: Hoketus, 1975-77
  • Simeon ten Holt: Canto ostinato, 1979

Siehe auch:

Third Stream, Neue Einfachheit, Weltmusik, House, Minimal Techno

Weblinks


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