Mundbogen

Mundbogen
Afrikanischer Mundbogenspieler im Bundesstaat Cross River in Nigeria um 1910

Der Mundbogen ist ein einfaches Saiteninstrument, das zu den Musikbögen gehört. Er besteht aus einer oder selten bis zu drei Saiten, die an einem biegsamen Saitenträger, meist einem gebogenen Holzstab gespannt sind. Die übergeordnete Kategorie ist Stabzither.

Zur weltweiten Verbreitung des Mundbogens siehe den Artikel Musikbogen.

Bauform und Spielweise

Nach der Art ihrer Schallverstärkung werden Musikbögen – einfache Musikinstrumente, bei denen eine Saite an einem gebogenen Stab befestigt ist – in zwei Gruppen eingeteilt: solche mit seitlich angebrachtem Resonanzkörper, häufig einer Kalebasse, und Mundbögen, bei denen die Saite an eine bestimmte Stelle an oder in den Mund gehalten wird, wobei der Mundraum den Schall verstärkt und modifiziert. Am anderen Ende wird die Saite mit den Fingern gezupft, mit einem Stock angeschlagen oder entlanggestrichen. Durch Verformung von Mund und Wangen können aus den über dem Grundton der Saite liegenden Obertönen einzelne Teiltöne herausgefiltert und verstärkt werden, was Tonhöhe und Klang verändert. Wird die Saite oder der Bogen mit der Hand angespannt, ergibt sich ein höherer Ton.

Eine ungefähr 15.000 Jahre alte Höhlenzeichnung in Frankreich zeigt einen Mundbogen spielenden Tänzer. Mundbögen gab es im Alten Griechenland, sie waren die Vorläufer der indischen Saiteninstrumente und sie begleiteten die Schamanen bei ihren Sitzungen in Japan. Am weitesten verbreitet waren und sind Mundbögen in Afrika südlich der Sahara. Dort sind sie in der bantusprachigen Bevölkerung bekannt, ihr Schwerpunkt liegt bei den Khoisan-Sprechern im südlichen Afrika. Mundbögen (Musikbögen) unterscheiden sich prinzipiell nicht von Jagdbögen, dasselbe Instrument kann in beiden Funktionen eingesetzt werden.

Bei vielen afrikanischen Mundbögen teilt eine etwas außerhalb der Mitte angebrachte Stimmschlinge die Saite in zwei Teile, sodass zwei Töne spielbar werden, die sich in der Regel in der Höhe um etwa einen Ganzton unterscheiden. Die unterschiedlichen Spielweisen hängen mit der Mundposition zusammen:

Der auch als Jagdbogen verwendete Mundbogen ohonji (auch onkhonji) der ǃKung im Süden von Angola wird an einem Ende in den Mund gesteckt. Der etwa einen Meter lange Stab drückt von innen gegen die rechte Wange und wird mit seinem freien Ende nach links unten gehalten, wobei die linke Hand den Stab etwa in seiner Mitte umfasst. Der Spieler schlägt mit einem Stöckchen in der rechten Hand gegen die Saite. Der Ton ist sehr tief. Durch Veränderung des Mundraums kann noch der fünfte bis sechste Partialton verstärkt werden.

Ein anderer, sagaya genannter Mundbogen dieser Region wird etwa in der Mitte des Bogens mit dem Mund berührt. Die Oberlippe drückt fest gegen den Stab, die Unterlippe bewegt sich beim Spielen, als ob der Musiker sprechen würde. Die ǃKung ergänzen den Saitenton häufig durch zusätzliche, mit dem Mund hervorgebrachte Geräuschlaute.[1]

Bei dem nur von den Frauen der Tumbuka in Malawi gespielten Mundbogen mtyangala verläuft die ungeteilte Saite über einen fast geraden Stab aus einem Pflanzenrohr.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gerhard Kubik: Das Khoisan-Erbe im Süden von Angola. In: Erich Stockmann (Hrsg.): Musikkulturen in Afrika. Verlag Neue Musik, Berlin (DDR) 1987, S. 100–110

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Musikbogen — Der Musikbogen (englisch musical bow) ist ein einfaches Saiteninstrument, bei dem eine oder mehrere Saiten zwischen den Enden eines biegsamen und gebogenen Saitenträgers gespannt sind. Die Saitenspannung wird durch die Biegekraft des meist dünnen …   Deutsch Wikipedia

  • Mtyangala — Der mtyangala ist ein Mundbogen, der bei den Tumbuka im Norden von Malawi und bei den Volksgruppen an dem zu Tansania gehörenden Ostufer des Malawisees gespielt wird. Der einsaitige, mit dem Mund verstärkte Musikbogen wird ausschließlich von… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste von Musikinstrumenten — Diese Liste enthält Musikinstrumente, also Gegenstände, die entweder eigens hergestellt wurden, um mit den Tönen, die sie erzeugen, Musik zu machen, oder die in einer Nebenfunktion regelmäßig zum Musikmachen verwendet werden. Teile von… …   Deutsch Wikipedia

  • Gitarre — engl.: guitar, ital.: chitarra, griech.: κιθάρα, (Kithara), abgeleitet von dem persischen: Setar „Dreisaiter“), franz.: guitare …   Deutsch Wikipedia

  • Lathozi Mpahleni — Madosini (* in Mqekezweni nahe Umtata), bürgerlich Lathozi Mpahleni, ist eine bekannte traditionelle Musikerin der Xhosa Musik und Erzählerin im Mpondoland, Südafrika. In ihrer Jugend lernte sie das Herstellen und Spielen von Instrumenten durch… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Musikinstrumente — Siehe auch: Portal:Musik, Instrumentenkunde, Liste der mechanischen Musikinstrumente, Hornbostel Sachs Systematik, Liste traditioneller chinesischer Musikinstrumente, Liste der Musikinstrumentenkürzel A Adiaphon Aelodicon Aeoline Aeolsharfe… …   Deutsch Wikipedia

  • Madosini — spielt auf ihrem umrubhe Mundbogen Madosini (* 1939 in Mqekezweni nahe Umtata); bürgerlich Lathozi Mpahleni) ist eine traditionelle Musikerin der Xhosa Musik und Erzählerin im Mpondoland in Südafrika. In ihrer Jugend lernte Madosini das… …   Deutsch Wikipedia

  • Buffy St. Marie — Buffy Sainte Marie (* 20. Februar 1941) ist eine kanadische Musikerin, Komponistin, darstellende Künstlerin, Lehrerin und Sozialaktivistin indianischer Abstammung. Biographie Ihr Geburtsort ist das Cree Reservat im Tal des Qu’Appelle Flusses in… …   Deutsch Wikipedia

  • Nukumanu-Inseln — Vorlage:Infobox Insel/Wartung/Höhe fehlt Nukumanu NASA Aufnahme von Nukumanu Gewässer Pazifischer Ozean …   Deutsch Wikipedia

  • Stimmungssysteme im subsaharischen Afrika — Als Tonsysteme in Afrika südlich der Sahara sind hier vereinfachend nur die Tonsysteme derjenigen traditionellen Musik Schwarzafrikas gemeint, die sich zunächst ohne Einfluss der modalen, arabisch geprägten Musik Nordafrikas und der teilweise… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”