- Nesselsdorf (Automobil)
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Die Nesselsdorfer Wagenbau-Fabriks-Gesellschaft (1850 - 1923) war ein Stellmacherbetrieb in Nesselsdorf im mährischen Teil Österreich-Ungarns. Dort wurden anfangs Kutschen, später auch Eisenbahnwaggons und Automobile hergestellt.
Geschichte
Gegründet wurde der Betrieb im Jahre 1850 von Ignaz Schustala, tschechisch Ignác Šustala (1822 - 1891) und zwei Freunden als Kutschenfabrik Ignaz Schustala & Co.. Zunächst wurden Wagen und Kutschen produziert, z.B. der nach der nächsten Kreisstadt Neutitschein benannte „Neutitscheinka“. Bereits ab 1856 gab es Verkaufsstellen der Firma in Lemberg, Ratibor, Breslau, Wien, Prag, Berlin, Czernowitz und Kiew. Seit 1882 wurden auch Eisenbahnwagen hergestellt. Inzwischen hatte Ignác Šustalas Sohn Adolf die Werksleitung übernommen. 1890 kam der Eisenbahningenieur Hugo Fischer Edler von Röslerstamm als Leiter des Waggonbaus in die Firma und der Betrieb wurde in eine Aktiengesellschaft namens „Nesselsdorfer Wagenbau-Fabriks-Gesellschaft“ umgewandelt (Gründungskapital: 2 Mio. Kronen). 1891 starb Ignác Šustala und vier Jahre später schied auch Adolf Šustala aus dem Unternehmen aus und verkaufte, ebenso wie seine Brüder Ignác und Jozef, seinen Aktienbesitz.
Als 1897/1898 das erste Automobil der Marke auf den Markt kam, war keiner der Gründerfamilie mehr an der Firma beteiligt. Dieses Fahrzeug, der „Nesselsdorf Prezident“, entstand nach dem Vorbild der ersten Benz-Motorwagen und hatte eine Karosserie, die an die Nesselsdorfer Kalesche „Mylord“ angelehnt war. Es war, abgesehen vom Wagen des Siegfried Marcus - ein Prototyp aus dem Jahr 1888 (oder später) - das erste Automobil Österreich-Ungarns. An seiner Konstruktion war - neben den Ingenieuren Rumpler und Sage und dem Obermeister Leopold Svitak - auch Hans Ledwinka beteiligt. Auf der „Collectivausstellung österreichischer Automobilbauer“ - im Rahmen der Kaiser-Franz-Joseph-Jubiläumsausstellung von 1898 - wurde der Präsident zusammen mit dem Egger-Lohner Elektromobil, dem 6 HP Lohnerwagen und eben dem Marcus-Wagen, den man damals bereits als historisches Fahrzeug ansah, einer breiten Öffentlichkeit präsentiert. Nach Ende der Ausstellung blieb das Fahrzeug in Wien und diente dem ÖAC als Fahrschulfahrzeug. Seit 1919 steht es im Technischen Museum in Prag.
1898 folgte der erste Lastwagen. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg gab es 5.300 Arbeiter und 350 Angestellte in der Nesselsdorfer Firma. Die veränderte politische Situation in der 1918 entstandenen Tschechoslowakei erschwerte das Eisenbahngeschäft der Nesselsdorfer Wagenbau AG, die sich nun „Kopřivnická vozovka as“ nannte. Das Unternehmen schloss sich 1923 mit dem Konkurrenten Ringhoffer AG in Prag-Smíchov unter Hans Ringhoffer zusammen. Die neue Gesellschaft hieß „Ringhoffer-Tatra AG“ nach der slowakischen Hohen Tatra,. Hans Ledwinka war nach mehreren Zwischenspielen bei anderen Automobilfabriken in Nesselsdorf als Chefkonstrukteur tätig und entwarf den ersten Wagen der, im Unterschied zur Prager Zentralverwaltung, nun „Tatra-Werke“ genannten Fabrik.
PKW-Modelle
Typ Bauzeitraum Präsident 1897 Präsident II 1899 Typ A Vierer 1900 Typ A Vierer II 1900 Typ Rennwagen 1900 Typ Elektromobil 1900 Typ A Modell 1901 1900 - 1901 Typ Neuer Vierer 1901 - 1902 Typ Zweier 1901 - 1902 Typ B 1902 - 1904 Typ C 1902 - 1905 Typ D 1902 - 1905 Typ E 1904 - 1906 Typ F 1906 Typ J 30 1906 Typ L 1906 - 1911 Typ S 4 16/20 PS 1906 - 1911 Typ J 40 1907 - 1908, 1910 - 1911 Typ S 4 20/30 PS 1910 - 1916 Typ S 6 40/50 PS 1910 - 1914 Typ T 1914 - 1925 Typ U 1914 - 1925 Quelle
Schmarbeck, Wolfgang: Tatra - Die Geschichte der Tatra-Automobile, Verlag des Internationalen Auto- und Motorrad-Museums Deutschland, Bad Oeynhausen (1977)
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