Neuer Europäischer Fahrzyklus

Neuer Europäischer Fahrzyklus

Ein Fahrzyklus legt fest, unter welchen Bedingungen und mit welchen Geschwindigkeitsabläufen ein Fahrzeug bei der Ermittlung von CO2-Emission und Energieverbrauch betrieben wird.

Dabei sind Randbedingungen wie Starttemperatur, Schaltpunkte (nur Fahrzeuge mit Handschaltgetriebe), Fahrzeugvorbereitung (Konditionierung), Zuladung, Beginn der Abgasmessung und weiteres vorgegeben. Fahrzyklen sollen eine möglichst realitätsnahe Belastung produzieren, wobei es sich dabei um ein Durchschnittsprofil handelt. Der Fahrzyklus wird üblicherweise auf einem Motoren- oder Rollenprüfstand abgefahren. Dies ermöglicht es, reproduzierbare und vergleichbare Ergebnisse zu erhalten. Aus Sicht der Hersteller bietet ein solcher Fahrzyklus Entwicklungssicherheit.

Der Fahrzyklus ist auch relevant für die Durchführung von Diagnosen. Ein Fahrzyklus ist ein wesentlicher Bestandteil einer Abgasvorschrift.

Inhaltsverzeichnis

Fahrzyklen in Europa

Energieverbrauch gemäß RL 93/116/EWG

Fahrzyklus nach NEFZ

Die Ermittlung des Kraftstoffverbrauchs von Kraftfahrzeugen in der Europäischen Union erfolgt seit dem 1. Januar 1996 im NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus), oder englisch: NEDC (New European Driving Cycle) bzw. MVEG (Motor Vehicle Emissions Group).

Für die Ermittlung des Verbrauchs eines Fahrzeugs müssen zunächst die Fahrwiderstände (Roll- und Luftwiderstand) des Fahrzeugs auf der Straße exakt ermittelt werden. Dann werden die gemessenen Fahrwiderstände auf einen Rollenprüfstand übertragen und dann ein genormter Fahrzyklus abgefahren. Dabei werden auch die Abgasemissionen gemessen. Anschließend wird aus der Abgasemission der Kraftstoffverbrauch berechnet. Bei Elektroautos wird stattdessen die verbrauchte Energie der Batterie gemessen. Der Fahrzyklus und die Vorgehensweise bei der Messung ist in der Richtlinie des Rates 70/220/EWG vom 20. März 1970 beschrieben[1].

Eine rechtlich verbindliche Messung kann nur durch zertifizierte EG-Prüflaboratorien durchgeführt werden. Die Zertifizierung erfolgt in der Bundesrepublik Deutschland durch das Kraftfahrt-Bundesamt.

Der genormte Fahrzyklus dauert insgesamt 1180 Sekunden (knapp 20 Minuten). Er besteht aus einem 780 Sekunden dauernden City-Zyklus (städtische Bedingungen) und einem 400 Sekunden dauernden Überland-Zyklus (außerstädtischen Bedingungen). Die Umgebungstemperatur beträgt während der Messung 20 °C bis 30 °C. Kaltstartbedingung, Beschleunigungen und Verzögerungen werden erfasst (Vergleiche Quellenangabe) und entsprechend interpoliert.

Dieses Testverfahren soll gegenüber der früher üblichen Ermittlung des Energieverbrauches gemäß der alten DIN-Norm realitätsnäher sein weil die Kaltstartphase mehr Berücksichtigung findet.

DIN-Verbrauch Drittelmix

Früher war in Deutschland die Angabe des sogenannten „DIN-Verbrauchs“ üblich. Dieser bestand zu je einem Drittel aus einem aus verschiedenen Fahrphasen zusammengesetztem Fahrzyklus:

  • 1/3 simulierter Stadtverkehr bis 50 km/h
  • 1/3 konstant 90 km/h Landstraße im höchsten verfügbaren Gang
  • 1/3 konstant 120 km/h Autobahn im höchsten verfügbaren Gang.

Der Fahrzyklus begann mit warmgefahrenem Motor ohne Berücksichtigung der Kaltstartphase. Diese Methode entsprach zwar nur selten dem tatsächlichen Fahrprofil (bei der RL93/116/EWG wird ähnliches in geringerem Ausmaß bemängelt), hatte aber einen entscheidenden Vorteil: Auch der Laie konnte selbst hinreichend genau den Verbrauch seines Fahrzeugs bei 90 und 120 km/h feststellen und somit erkennen, ob nachteilig verbrauchsbeeinflussende Faktoren vorlagen.

Eine Gegenüberstellung der Flottenverbräuche des VDIK nach DIN und RL93/116/EWG zeigt im Gesamtdurchschnitt etwa 0,5 l/100 Mehrverbrauch für die europäische Norm [2].

Realitätsbezug und Kritik

Die genormten Fahrzyklen stellen Durchschnittsprofile dar, um die Fahrzeuge untereinander vergleichen zu können. Sie stimmen oft nicht mit dem Nutzungsprofil des Kunden überein, insbesondere dann, wenn viel Kurzstrecken- und Stadtverkehr vorkommt oder auf Autobahnen sehr hohe Geschwindigkeiten gefahren werden.

Durch die Zunahme der elektrischen Antriebe und Apparate zur Erhöhung des Komforts, der Sicherheit und der Unterhaltung sind die amtlichen Verbrauchsangaben manchmal nur schwer im realen Betrieb erreichbar. Die Verbrauchsermittlung geht außerdem von einer energiesparenden Fahrweise aus. Zusatzverbraucher, wie insbesondere die Klimaanlage, werden nicht berücksichtigt. Da die Kaltstartphase im Prüfzyklus überproportional vertreten ist, profitieren vor allem Hybridfahrzeuge, wohingegen großvolumige Motoren im Normzyklus benachteiligt sind.

Bei Fahrzeugen mit Schaltgetriebe ist im Prüfzyklus die genaue Wahl der Gänge vorgeschrieben, weil nicht davon ausgegangen wird, dass der Durchschnittsfahrer immer den verbrauchsgünstigsten Gang wählt. Vor allem handgeschaltete Fahrzeuge mit großvolumigen Motoren oder mit kurzer Gesamtübersetzung werden so oft mit unnötig hohen Drehzahlen geprüft, wodurch der Verbrauch künstlich in die Höhe getrieben wird. Bei Fahrzeugen mit Automatikgetriebe oder automatisierten Schaltgetrieben gibt es keine Vorgaben an die Wahl des Ganges, die Getriebesteuerung kann immer den verbrauchsgünstigsten Gang wählen. Bei Fahrzeugen mit Handschaltgetriebe und einer Anzeige, die Empfehlungen zur Gangwahl gibt, erfolgt die Gangwahl entsprechend der Empfehlung.

Da zudem nur bis Geschwindigkeiten von 120 km/h geprüft wird, schneiden aerodynamisch ungünstige Fahrzeuge, deren Kraftstoffverbrauch mit wachsender Geschwindigkeit stark ansteigt, besser ab als im realen Betrieb bei Autobahnfahrten zu erwarten.

Laut einem Test des ADAC sind die Norm-angaben um bis zu 25% zu optimistisch. Außerdem optimieren Fahrzeughersteller ihre Produkte auf die Norm-Verbrauchsangaben hin und damit zu Lasten des realen Verbrauchs. [3]

Fahrzyklen international

  • Der US-Fahrzyklus FTP 75 (Federal Test Procedure) vom Jahr 1975 verfügt nicht über klar abgegrenzte Fahrzustände, sondern bildet eine reale Fahrt ab.
  • In Japan wird der sogenannte 10-15 Mode verwendet, wie in Europa ein synthetischer Zyklus, jedoch mit abweichendem Verlauf.

Literatur

  • Hans-Hermann Braess, Ulrich Seiffert: Vieweg Handbuch Kraftfahrzeugtechnik. 2. Auflage, Friedrich Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig/Wiesbaden, 2001, ISBN 3-528-13114-4

Quellen

  1. Richtlinie des Rates vom 20. März 1970: Zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Maßnahmen gegen die Verunreinigung der Luft durch Emissionen von Kraftfahrzeugen Online-Version aufgerufen am 06.02.2007; 22:13.
  2. Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller e.V. (VDIK): Entwicklung des Kraftstoffverbrauchs der importierten Pkw und Kombi Online-Version aufgerufen am 06.02.2007; 14:50.
  3. Focus 27.11.07 Kraftstoffverbrauch Im Katalog hui, in der Praxis pfui

Weblinks


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