Nichtleistungskondiktion

Nichtleistungskondiktion

Das Bereicherungsrecht ist ein Teilgebiet des Zivilrechts. Es wird auch als Kondiktionsrecht oder Kondiktionenrecht bezeichnet. Das Bereicherungsrecht befasst sich mit der Rückabwicklung rechtsgrundloser Vermögensverschiebungen. Die condictio war im römischen Recht die Klage zur Herausgabe ungerechtfertigter Bereicherung. Das Bereicherungsrecht ist in Deutschland in den §§ 812 ff. BGB normiert, in der Schweiz in den Art. 62 ff. OR, in Österreich an verschiedenen Stellen des ABGB.

Inhaltsverzeichnis

Deutsches Recht

Während das Römische Recht zahlreiche Kondiktionen kannte, unternimmt das BGB den Versuch einer abstrakten Beschreibung der ungerechtfertigten Bereicherung. Zentralnorm des Bereicherungsrechts ist § 812 Abs. 1 BGB: "Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt."

Überblick

Das Bereicherungsrecht dient der Rückabwicklung rechtsgrundloser Vermögensverschiebungen. Im deutschen Recht hat es auf Grund des Trennungs- und des Abstraktionsprinzips eine herausragende Bedeutung. Obwohl es nur 10 Paragrafen umfasst, gilt es als das dogmatisch schwierigste Rechtsgebiet. Dabei regeln die §§ 812, 813, 816, 817 Satz 1, 822 Ansprüche, die §§ 814, 815, 817 Satz 2 Kondiktionssperren, und die §§ 818 bis 820 bestimmen die Höhe des Anspruchs. § 821 enthält die Bereicherungseinrede.

Trennungslehre versus Einheitslehre

Nach herrschender Lehre sowie der Rechtsprechung ist zwischen Leistungskondiktionen und Nichtleistungskondiktionen zu differenzieren. Das wird aus dem Wortlaut von § 812 Abs. 1 Satz 1 geschlossen, der zwischen dem Erlangten durch Leistung einerseits und dem Erlangten auf sonstige Weise unterscheidet ("oder"). Die heutige Unterscheidung von Leistungs- und Eingriffskondiktion wird in der Rechtswissenschaft seit etwa 70 Jahren vorgenommen. In römisch-rechtlicher Zeit und der davon geprägten Zeit des frühen BGB ging die Rechtswissenschaft fast ausschließlich von einem "einheitlichen Grund" aller condictiones aus und sah Leistungs- und Eingriffskondiktion als Spielarten eines einzigen bereicherungsrechtlichen Kondiktionsanspruchs (sogenannte Einheitslehre). Erst Walter Wilburg öffnete 1934 den Blick der Wissenschaft für die grundlegenden Unterschiede zwischen Leistungs- und Nichtleistungskondiktion und verzichtete in Abkehr von der Savignyschen Kondiktionenlehre auf den Ansatz, alle Bereicherungsfälle auf ein einheitliches Prinzip zurückführen zu wollen. Ernst von Caemmerer unterstützte 1954 Wilburgs Thesen und präzisierte dessen Ansatz, in der Nichtleistungskondiktion ein eigenständiges dogmatisches Institut zu sehen und bereitete so den Weg für die so genannte, heute herrschende, Trennungslehre.

Subsidiaritätsdogma

Das sog. Subsidiaritätsdogma beschreibt das Verhältnis der Leistungskondiktion zur Nichtleistungskondiktion wie folgt:

  1. Im Zweipersonenverhältnis kann ein Gegenstand nur entweder durch Leistung oder durch Nichtleistung erlangt werden, wie sich aus dem Wortlaut des § 812 Abs. 1 Satz 1 erste Alternative ergibt. Daher stehen Leistung und Nichtleistung im Verhältnis der Alternativität.
  2. Im Mehrpersonenverhältnis liegt die Sache komplizierter. Das verdeutlicht das folgende Beispiel:
Verkäufer V verkauft und übereignet an Käufer K eine Sache. K verkauft und übereignet diese Sache an einen Dritten D weiter. Ist der Kaufvertrag zwischen V und K nichtig, hat V gegen K einen Anspruch aus condictio indebiti. Die Sache selbst kann V von K aus tatsächlichen Gründen indes nicht herausverlangen. Gem. § 818 Abs. 2 muss K Wertersatz leisten, da er auf Grund der Übereignung des Gegenstandes an D die Sache selbst, genauer Besitz und Eigentum daran, nicht mehr an V zurückübertragen kann. Ist K insolvent, erhält V aufgrund der Entreicherung des K gar nichts (§ 818 Abs. 3). V könnte daher ein Interesse haben, sich an D zu halten. Das ist aber nicht möglich, denn an D ist Besitz und Eigentum von K, nicht von V geleistet worden. V hat also keinen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 erste Alternative. Er hat aber auch keinen Anspruch aus Nichtleistungskondiktion, denn die Nichtleistungskondiktion ist ausgeschlossen, wenn der Bereicherungsgegenstand dem D von einem Dritten geleistet worden ist.

Zu begründen ist dieses Ergebnis mit einem Umkehrschluss aus § 816 Abs. 1 Satz 2, der eine Direktkondiktion bei Unentgeltlichkeit zulässt, weshalb sich ergibt, dass die Direktkondiktion im Mehrpersonenverhältnis grundsätzlich gerade ausgeschlossen ist. Das Ergebnis ist auch aus Wertungsgründen zwingend, wie Claus-Wilhelm Canaris nachwies, denn es berücksichtigt (a) den Einwendungserhalt: Könnte V gegen D durchgreifen, verlöre D eventuelle Einwendungen aus dem Vertrag mit K. Das ist aber nicht billig, denn einen Vertrag hat er nur mit K, nicht mit V. V ist ihm unbekannt. Auf V hat er sich nicht eingelassen. (b) den Einwendungsschutz/ exceptio ex iure tertii: D muss sich wiederum keine Einwendungen aus dem Vertrag V-K entgegenhalten lassen. Das verstieße gegen den Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse. Wiederum gilt, dass V sich K ausgesucht hat, nicht D. D hat mit V keinen Vertrag und muss sich deswegen Einwendungen aus einem fremden Vertrag nicht entgegenhalten lassen. (c) die Insolvenzrisikoverteilung: Das Insolvenzrisiko des K muss V selbst tragen. Er kann es nicht auf D abwälzen. V hat sich K ausgesucht und damit auch das Risiko dessen Zahlungsunfähigkeit.

Aus der Gesetzessystematik sowie den genannten Wertungsgründen ergibt sich also, dass wenn der Dritte den Gegenstand von einem anderen geleistet bekam, die Nichtleistungskondiktion immer dann gesperrt ist, wenn der Bereicherungsgegenstand dem Anspruchsgegener von einem anderen geleistet wurde und damit in diesem Verhältnis eine Leistungskondiktion grundsätzlich denkbar wäre.

In Mehrpersonenverhältnissen ist das Subsidiaritätsdogma äußerst umstritten. Der Bundesgerichtshof (BGH) entscheidet in ständiger Rechtsprechung bei Mehrpersonenverhältnissen mit Hinweis darauf, dass das Bereicherungsrecht "im höchsten Maße Billigkeitsrecht sei" und sich "jede schematische Lösung" verbiete, nach den Umständen des Einzelfalls. Als führende Gegenansicht legt im Versuch, einen methodisch begründeten Ansatz zu entwickeln, das Lehrbuch von Karl Larenz und Claus-Wilhelm Canaris als Kerngegenstand den Begriff des Rechtsgrundes zugrunde und fragt danach, ob es sich bei der Vorschrift, die den Gegenstand des Anspruchs dem Bereicherungsschuldner zuordnet, um einen Behaltensgrund oder lediglich um eine Zuordnungsvorschrift handelt. In ersterem Falle soll dann der Nichtleistungskondiktionsanspruch wegen Vorliegen eines Rechtsgrundes ausgeschlossen sein, in letzterem Fall hingegen fehlt es am Rechtsgrund.

Entreicherung

Die Höhe des Anspruchs aus Kondiktion ist durch § 818 Abs. 3 auf die Bereicherung im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit beschränkt. Der Bereicherte hat nur das ohne Rechtsgrund Erlangte herauszugeben, was noch vorhanden ist oder was ihm ansonsten angefallene eigene Aufwendungen erspart hat. Die Entreicherung ist eine Einrede, sie muss vom Schuldner geltend gemacht werden. Gemäß § 819 ff. entfällt sie, wenn der Schuldner bösgläubig bezüglich seines Anspruchs auf das Erlangte ist und nach Erhebung der Klage.

Bereicherungsrechtliche Rückabwicklung von gegenseitigen Verträgen

Man kann heute drei verschiedene Ansätze zur Rückabwicklung synallagmatischer Verträge erkennen. 1) Strenge Zweikondiktionenlehre 2) Saldotheorie 3) Modifizierte Zwei-Kondiktionenlehre (Larenz/Canaris)

Nach der strengen Kondiktionenlehre stehen die Leistungskondiktionen nebeneinander. Das führt aber zu unbilligen Ergebnissen: Hat V dem K ein Auto rechtsgrundlos übereignet, das mittlerweile bei K ersatzlos unterging, kann K von V den Kaufpreis verlangen, V hingegen von K wegen § 818 Abs. 3 gar nichts. Sie wird heute nicht mehr vertreten.

Die Saldotheorie schränkt § 818 Abs. 3 ein: Danach stehen die Ansprüche nicht getrennt nebeneinander. Vielmehr setzt sich der nichtige Vertrag und die synallagmatisch verknüpften Pflichten im Bereicherungsrecht als sog. faktisches Synallagma fort. Die Ansprüche werden über die §§ 273, 274 verbunden. Hauptaussage der Saldotheorie ist, dass der Bereicherungsanspruch des K gegen V im obigen Bsp. gekürzt werden muss um die eigene Entreicherung des K. Die Entreicherung des K wird also zum Abzugsposten innerhalb des Anspruchs des K. Es bleibt also nur ein Saldo. Ist er positiv, hat K gegen V einen Anspruch. Das wäre etwa so, wenn das Auto objektiv weniger wert war als K als Preis zahlte. Andernfalls erhält K auch nichts. Das ist auch billig, da die Saldotheorie so besser an die Rechtsfolgen des Rücktritts gem. §§ 346 ff angepasst wurde. Die Saldotheorie findet keine Anwendung zu Lasten Minderjähriger (Wertung §§ 106 ff.) und zu Gunsten des arglistig Täuschenden.

Die modifizierte Zwei-Kondiktionenlehre schränkt § 818 Abs. 3 nach Wertungs- und Risikogesichtspunkten ein und ist damit strenger an §§ 346 ff. orientiert. Sie würde etwa dem arglistig täuschenden Verkäufer einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 erste Alternative geben, sofern der Untergang der Sache bei K auf einem Verschulden des K beruhte, ohne dass das arglistige Täuschen zum Untergang geführt hätte. Sie ist damit wesentlich flexibler und genauer als die Saldotheorie. Die Wirkungen dieser neueren Lehre sind nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz noch nicht abzusehen. Vgl zu Auswirkungen Mü-Ko Lieb, § 818 Rn. 1 ff.

Leistungskondiktion

Eine Leistungskondiktion liegt vor, wenn jemand "Etwas" durch eine Leistung erlangt hat, die ohne Rechtsgrund erfolgt ist. Unter dem Begriff Leistung verstehen die Rechtsprechung und die herrschende Meinung in der Literatur jede bewusste, zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens aus der Sicht des Leistungsempfängers. Die einzelnen Leistungskondiktionen des BGB (mit ihren lateinischen Namen) sind:

Nichtleistungskondiktionen

Bei den Nichtleistungskondiktionen ist vor allem die Eingriffskondiktion relevant, weiter existieren die Verwendungskondiktion und die Rückgriffskondiktion. Tlw. wird auf diese Kondiktionen verwiesen.

Eine Eingriffskondiktion liegt vor, wenn ein qualifizierter Eingriff in den Zuweisungsgehalt fremden Rechts gegeben ist. Dabei ist im Unterschied zum Deliktsrecht weder eine Handlung noch ein Verschulden notwendig. Klassische Beispiele sind Kühe, die fremdes Gras fressen, der Besitz am Diebesgut oder die Verwendung fremder urheberrechtlich geschützter Werke.

Eine Verwendungskondiktion liegt vor, wenn Verwendungen auf eine fremde Sache gemacht werden, ohne dass sich der Verwender darüber bewusst ist, dass er gerade den Eigentümer der Sache bereichert. So zum Beispiel im Falle des Hausmeisters, der den fremden Zaun versehentlich mit eigener Farbe streicht. Hier fehlt es für die Leistungskondiktion am Bewusstsein, fremdes Vermögen zu mehren.

Die einzelnen Nichtleistungskondiktionen des BGB sind:

  • § 812 Abs. 1 Satz 1 zweite Alternative: allgemeine Eingriffskondiktion, auch Verwendungskondiktion oder Rückgriffskondiktion, lex generalis zu §§ 816, 426 Abs. 1.
  • § 816 Abs. 1 Satz 1: entgeltliche Verfügung eines Nichtberechtigten
  • § 816 Abs. 1 Satz 2: unentgeltliche Verfügung eines Nichtberechtigten
  • § 816 Abs. 2: Annahme einer Leistung durch einen Nichtberechtigten, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist, bspw. §§ 407, 808, 793, 851, 893, 2367 BGB
  • § 822: unentgeltliche Verfügung eines Berechtigten an einen Dritten und in Folge dessen Entreicherung des Berechtigten (die Einordnung als Nichtleistungskondiktion ist str.)

Mehrpersonenverhältnisse

Besonders problematisch sind im Bereicherungsrecht die Mehrpersonenverhältnisse, weil beispielsweise im Fall der Banküberweisung mehrere Beziehungen der beteiligten Personen (Bank - Kunde; Bank - Überweisungsempfänger; Bankkunde - Überweisungsempfänger) zu betrachten sind und diese Beziehungen in verschiedener Weise (beispielsweise keine wirksame Anweisung vom Kunden an die Bank; Überweisung an den Nichtadressaten; kein Rechtsgrund für Überweisung zwischen Bankkunde und Empfänger) gestört sein können.

Viele Autoren schlagen zur Systematisierung im typischen Anweisungsfall folgende Prüfungsfolge vor:

  • Herausarbeiten der Leistungsbeziehungen
  • Prüfen aller Leistungsbeziehungen auf Mängel; Rückabwicklung immer im fehlerhaften Verhältnis
  • ggf. Korrektur auf Wertungsebene

Dieses "Schema" darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich in Rechtsprechung und Literatur eine umfangreiche Kasuistik herausgebildet hat, die die Rechtsanwendung insbesondere für Studenten ohne Zugriff auf die einschlägige Kommentarliteratur erschwert.

Lassen sich die meisten Mehrpersonenfälle noch durch den Leistungsbegriff und das Dogma des Vorrangs der Leistungskondiktion lösen, versagen sie in den Fällen, in denen Leistung und Eingriff zusammentreffen (Jungbullenfall) oder mehrere Leistungen vorliegen (§ 328 BGB). Dort wird die Lösung nur noch über Wertungen gefunden.

Als Wertungskriterien der dritten Ebene sind insbesondere relevant:

  • Minderjährigenschutz (str., zum Teil wird bereits das Vorliegen einer zurechenbaren Leistung verneint)
  • Geringerer Schutz des unentgeltlichen Erwerbers
  • Einwendungsverlust bzw. Einwendungskumulierung (str., insb. beim Doppelmangel als "Kondiktion der Kondiktion")
  • Liquiditätsrisikos (str., insb. bei der Forderungszession)
  • Wertungen der Gutglaubensvorschriften
  • Leistungsnähe (str., insb. beim echten Vertrag zugunsten Dritter)
  • Veranlassungsprinzip (str., insb. bei § 267)

Die Lehre von Larenz/Canaris (s.o.) erweist ihren besonderen Wert gerade bei Mehrpersonenverhältnissen, weil sie von einem tatsächlichen Anhaltspunkt im Gesetz ausgeht, anstatt, wie die herrschende Lehre dies tut, schlicht einen bestimmten Lehrsatz (die Subsidiarität der Nichtleistungskondiktion) aufzustellen.

Österreichisches Recht

Einteilung und Abgrenzung

Das österreichische Zivilrecht hat im Unterschied zum deutschen kein systematisches Bereicherungsrecht, es kennt nur einzelne Rückforderungsklagen. Der Grund dafür liegt in verschiedenen Modellen der Eigentumsübertragung: Während nach deutschem Recht ein gültiger Modus für die Übertragung des Eigentumsrechtes ausreicht (abstrakte Natur der Tradition), folgt das österreichische Privatrecht der Lehre von Titel und Modus (kausale Natur der Tradition). Wenn ein gültiger Titel fehlt oder sich nachträglich als ungültig herausstellt, so kommt überhaupt kein Rechtsübergang zustande. Allenfalls erfolgte Leistungen können in diesem Fall mit der Eigentumsklage (§ 366 ABGB) zurückgefordert werden, oder wenn dies unwirtschaftlich ist, mit einer entsprechenden Leistungskondiktion wegen Wegfalls des Rechtsgrundes (§ 877 ABGB).

Leistungskondiktionen greifen nur subsidiär, d. h. wenn keine spezielleren Rechtsvorschriften für das angestrebte Ziel existieren, wie etwa Anfechtungsgründe wegen Mängeln in der Wurzel, Regeln für Verzug und Gewährleistung sowie Schadenersatzansprüche. Die Kondiktionen werden daher manchmal auch als "Auffangtatbestände" bezeichnet.

Die Kondiktionsregeln des ABGB werden analog auf öffentlichrechtliche Sachverhalte angewandt.[1]

Das Österreichische ABGB unterteilt das Bereicherungsrecht in Leistungskondiktionen und Verwendungsansprüche. Das Bereicherungsrecht erfordert weder Schaden noch Verschulden; es muss bloß zu einer Entreicherung gekommen sein. Schadenersatz kann neben einem Kondiktionsanspruch verlangt werden (§ 921 ABGB). Auch einige andere Gesetze enthalten bereicherungsrechtliche Bestimmungen.

  • Leistungskondiktionen: Der Entreicherte hat das Vermögen des Bereicherten bewusst und zweckgerichtet vermehrt (er hat "geleistet"), indem er z. B. irrtümlich eine Nichtschuld gezahlt oder seine Vertragsleistung erfüllt hat und der Vertrag in der Folge wegen Willensmängeln (gem. § 877 ABGB) oder Leistungsstörungen (§ 1435 ABGB) aufgehoben wurde.
  • Verwendungsansprüche: Der Entreicherte hat ohne Leistung seinerseits eine Vermögensverschiebung (zugunsten des Bereicherten) erlitten.
  • Sondergesetzliche Ansprüche: Rückforderungstatbestände, Kondiktionen oder Verwendungsansprüche aufgrund von anderen Gesetzen als des ABGB.

Leistungskondiktionen

Condictio indebiti, §§ 1431ff ABGB

Die Tatbestandvoraussetzungen sind:

  • Leistung: Der Entreicherte hat "geleistet", also bewusst fremdes Vermögen vermehrt.
  • Nichtschuld: Die Leistung erfolgte rechtsgrundlos (kein Vertrag).
  • Irrtum

Condictio sine causa, § 877 ABGB

Der Vertrag wurde wegen eines Wurzelmangels, konkret wegen eines Willensmangels (Irrtum, List, Drohung) aufgehoben oder war wegen Gesetz- oder Sittenwidrigkeit nichtig.

§ 877 ist überaus praxisrelevant, da jeder wegen Irrtumsanfechtung aufgehobene Vertrag auf diese Art bereicherungsrechtlich rückabgewickelt wird.

Condictio ob turpem vel iniustam causam, § 1174 ABGB

Spezifiziert Ausnahmen von einer Rückforderung gemäß § 877 ABGB. Demnach kann nicht zurückgefordert werden, was zur Begehung einer unerlaubten Handlung gegeben wurde (z. B. Mordlohn, Prostitutionslohn, Geschenke an außereheliche Geliebte), ebenso wenig Verluste bei verbotenen Glücksspielen. Andere Leistungen, die in Erfüllung eines nichtigen Vertrags erbracht wurden, können normalerweise zurückgefordert werden, z. B. das bei einer Erpressung bezahlte Lösegeld oder auch das Schweigegeld bei Offenbarwerden eines Geheimnisses.

Condictio causa finita, § 1435 ABGB

Der Vertrag wurde wegen einer Leistungsstörung, wie z. B. Nachträgliche Unmöglichkeit, Verzug, Gewährleistung, oder aus anderen Gründen wie Eintritt einer auflösenden Bedingung rückgängig gemacht. In allen Fällen ist der ursprüngliche Rechtgrund zwar wirksam entstanden (keine Willensmängel wie bei § 877), jedoch nachher weggefallen.

Wie § 877 ist auch § 1435 sehr praxisrelevant, da jeder z. B. wegen Gewährleistung gewandelte Vertrag so rückabgewickelt wird.

Condictio causa data causa non secuta, § 1435 ABGB

Rückforderung wegen Nichteintritts des erwarteten Erfolgs. In Analogie zu § 1435 gewähren Lehre und Rechtsprechnung eine Kondiktion wegen Nichteintritts des erwarteten Erfolgs. Eine erkennbar zur Erreichung eines bestimmten Zweckes erbrachte und entgegengenommene Leistung kann zurückverlangt werden, wenn dieser Zweck nicht erreicht wird.[2]

Verwendungsansprüche

Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB

Der Bereicherte hat eine Sache des Entreicherten verwendet, ohne dass dieser sie geleistet hat.

Als Sache gelten (nach § 285) auch beschränkte dingliche Rechte, Forderungen oder Immaterialgüterrechte.

Eine Verwendung kann ein Gebrauch oder Verbrauch sein:

  • Verbrauch: typischerweise Verbrauch fremder Sachen (wie Kohle), aber z. B. auch Verkauf fremder Sachen, Einziehung fremder Forderungen
  • Gebrauch: typischerweise Gebrauch fremder Sachen, aber z. B. auch Verbotene Untervermietung

Verwendungsansprüche treffen oftmals auch mit Schadenersatzansprüchen und der Eigentumsklage (rei vindicatio) zusammen.

Verwendet z. B. A das Auto des B (ohne dessen Einverständnis) so ist A dadurch bereichert, dass er sich Benutzungsentgelt (z. B. die Kosten eines Mietwagens) erspart hat, B dadurch geschädigt, dass er z. B. Bahnkosten aufwenden musste. Hier zeigt sich, dass Bereicherungsanspruch und Schadenersatz ganz unterschiedliche Ziele verfolgen; das Bereicherungsrecht gleicht den Nutzen des Bereicherten aus, das Schadenersatzrecht den Schaden des Entreicherten (also Geschädigten). Das Auto selbst wird mit der Eigentumsklage (§ 366) gefordert.

Verbraucht z. B. A die Kohle des B, so kann A, bei vollständigem Verbrauch nur mit Verwendungsanspruch vorgehen. Hat A hingegen nur einen Teil verbraucht, kann der Rest mit der Eigentumsklage gefordert werden.

Verwendungsanspruch nach § 1042 ABGB

Wer für einen anderen einen Aufwand macht, den dieser nach dem Gesetz oder einem Vertrag selbst hätte machen müssen, hat das Recht, den Ersatz zu fordern. Dieser Anspruch ist also mit jenem nach § 1041 ABGB verwandt. Anwendungsbereich ist insbesondere in jenen Fällen gegeben, in denen ein Dritter freiwillig einem Unterhaltsberechtigten Unterhaltszahlungen leistet und dann vom eigentlich Unterhaltspflichtigen den Ersatz (nach § 1042 ABGB) fordert.

Sondergesetzliche Ansprüche

  • §§ 13a und b GehaltsG (Übergenuss)
  • § 9 EFZG (Rückforderung zu Unrecht geleisteter Erstattungsbeträge)
  • § 86 UrhG (Anspruch auf angemessenes Entgelt)
  • § 27 Abs 1 Z 1 iVm Abs 3 MRG (verbotene Ablösen)
  • §§ 44, 46 Abs 1 Z 6 KO (Bereicherungsansprüche im Konkurs)

Quellen

  1. Heinz Barta et al.: Zivilrecht - Grundriss und Einführung in das Rechtsdenken, Kap. V, Ungerechtfertigte Bereicherung.
  2. Rudolf Welser: Koziol-Welser Bürgerliches Recht. 12 Auflage. S. 275. 

Siehe auch

Weblinks

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