Niedrig-T3-Syndrom

Niedrig-T3-Syndrom
Klassifikation nach ICD-10
E07 Sonstige näher bezeichnete Krankheiten der Schilddrüse
E07.8 Euthyroid-Sick-Syndrom
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Unter einem Euthyroid–Sick–Syndrom (ESS), (synonym: Non–thyroidal illness (NTI), Niedrig–T3–Syndrom, Low–T3–syndrome) versteht man Veränderungen im Schilddrüsenhormonstoffwechsel bei klinisch euthyreoten Patienten, die an schweren, nichtschilddrüsenbedingten Allgemeinerkrankungen leiden. Dazu gehören unter anderem Leberzirrhose, Herzinsuffizienz, Myokardinfarkt, ein Bypass im Rahmen einer koronaren Herzkrankheit, chronische Niereninsuffizienz, diabetische Ketoazidose, Hypothermie, Anorexia nervosa, Verbrennungen und Sepsis. Jedes Trauma, Operationen, spezielle Ernährungsgewohnheiten - wie beispielsweise Fehl- und Mangelernährung oder Fasten - können innerhalb von Stunden Veränderungen der homöostatisch geregelten Schilddrüsenfunktion bewirken und zu pathologischen Befunden führen, die als Non–thyroidal Illness (NTI) oder Euthyroid-Sick-Syndrom (ESS) bezeichnet werden. Die Störungen des Euthyroid-Sick-Syndrom umfassen Veränderungen im peripheren Transport und Stoffwechsel der Schilddrüsenhormone, in der Regulation der TSH-Sekretion und in manchen Fällen der Schilddrüsenfunktion selbst.[1]

Die Interpretation dieser pathologischen Werte beim Euthyroid-Sick-Syndrom ist erschwert durch verschiedene Arzneistoffe, die erstens die Biotransformation von peripherem T4 in T3 vermindern, z.B. iodhaltige Röntgenkontrastmittel, Propranolol und Amiodaron, und zweitens Medikamente wie Dopamin und Corticosteroide, die die hypophysäre Sekretion von TSH hemmen, resultierend in erniedrigten TSH–Spiegeln und daraus folgend abnehmender thyreoidaler T4–Sekretion.[2][3]

Neben einem Konzentrationsabfall von Thyroxin (T4) und Triiodthyronin (T3) im Serum kann infolge einer Dejodierung von T4 eine Erhöhung des stoffwechselinaktiven reversen T3 (rT3 = reverses Triiodthyronin) beobachtet werden. Die rT3-Erhöhung führt über eine negative Feedback-Schleife zur weiteren Verringerung der Freisetzung von Schilddrüsenhormonen, da an der Hypophyse die Ausschüttung von thyreoidea–stimulierendem Hormon (Thyreotropin, TSH) und im Hypothalamus diejenige von Thyreoliberin (Thyreotropin Releasing Hormon (TRH) supprimiert wird. Ursächlich werden proinflammatorische Zytokine, Glucocorticoide und Stoffwechselmetaboliten diskutiert.[4] Dieses Euthyroid-Sick-Syndrom könnte einen Schutzmechanismus darstellen, durch den autoaggressive immunologische und metabolische Reaktionen gebremst werden sollen.[5]

Einzelnachweise

  1. Leslie J. De Groot: Dangerous Dogmas in Medicine: The Nonthyroidal Illness Syndrome The Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism Vol. 84, No. 1 151-164
  2. McIver B, Gorman C: Euthyroid sick syndrome: an overview,Thyroid, 7; 1, Seiten 125-32, 1997 PMID 9086580
  3. Jan R. Stockigt:Guidelines for diagnosis and monitoring of thyroid disease: nonthyroidal illness Clinical Chemistry 42:1 188-192 (1996) (PDF)
  4. The role of cytokines and cortisol in the non-thyroidal illness syndrome following acute myocardial infarction European Journal of Endocrinology (2000) 142 236–242 (PDF)
  5. Tibaldi JM, Surks MI: Effects of nonthyroidal illness on thyroid function.Med Clin North Am. 1985 Sep;69(5):899-911PMID 3932793

Literatur

  • Beatrice R. Amann-Vesti: Klinische Pathophysiologie : 239 Tabellen. Thieme, Stuttgart/New York 2006, ISBN 978-3-13-449609-3

Weblinks

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