No-Arbitrage-Modell

No-Arbitrage-Modell

Unter der Arbitragefreiheit wird das Fehlen jeder Möglichkeit zur (ökonomischen) Arbitrage verstanden. Dieser Begriff wurde insbesondere für die Finanzmärkte geprägt. Durch den internationalen, elektronischen Handel an diesen Märkten und die schnelle, weltweite Verbreitung von neuen Informationen passen die Marktteilnehmer die Preise ihrer Produkte so schnell an, dass Arbitragemöglichkeiten in der Regel nur für sehr kurze Zeiträume bestehen. Meist sind jedoch die Transaktionskosten höher als die durch Arbitrage erzielbaren Gewinne.

Inhaltsverzeichnis

Bedeutung

Die Arbitragefreiheit ist eine der Grundannahmen der modernen Finanzmathematik: In gleichgewichtigen Modellen werden die Preise als endogene Variablen bestimmt, d.h. die Preise werden in Abhängigkeit von den Angebots- und Nachfragemengen so lange angepasst, bis sich der Markt im Gleichgewicht befindet. Dieser Anpassungsprozess hat keinerlei Auswirkungen auf die Preise anderer Güter. In den 1980er Jahren wurden die Unzulänglichkeiten dieser Modelle deutlich, als die auf ihnen basierenden Zinsstrukturkurven für festverzinsliche Derivate nicht den tatsächlichen Kurven entsprachen und damit für den Handel unbrauchbar wurden, da sie nicht dem Gesetz des Einheitspreises (engl. law of one price) entsprachen.

Arbitragefreie (auch engl. no-arbitrage oder arbitrage-free) Modelle hingegen bestimmen die Preise exogen, d.h. die Marktpreise fließen in das Modell direkt ein, und die aus ihnen entwickelten Zinsstrukturkurven entsprechen der Realität. Die ersten zinsstrukturkonformen Bewertungen wurden durch die Arbeit von Thomas Ho und Sang-Bin Lee und später David Heath, Robert Jarrow und Andrew Morton möglich. Alle heute in der Praxis zur Bewertung von Derivaten eingesetzten Modelle sind arbitragefrei.

Formale Darstellung

Formal kann die no-arbitrage Bedingung so beschrieben werden:
Es gibt kein Portfolio mit dem Wert Null zum Zeitpunkt t=0, das an T>t einen sicher nichtnegativen Wert und mit positiver Wahrscheinlichkeit einen positiven Wert hat.

Definitionen

Folgende Tabelle zeigt die unterschiedlichen No Arbitrage-Definitionen, die von links nach rechts gelesen in ihren Anforderungen stärker werden. No free lunch bedeutet, dass es keine Position geben kann, in der es heute einen sicheren Konsum gibt,ohne jegliche Gegenleistung heute oder morgen. No free lottery, dass es keine Position geben kann, in der man eine Chance auf einen Gewinn hat, ohne dass man dafür Geld einsetzt.

No Arbitrage-Definitionen
Typ 1: No free lottery Typ 2: No free lunch Gesetz des einen Preises (Law of one price)
Ein Portfolio mit sicherem Gewinn ohne Nettokapitaleinsatz ist nicht möglich. Ein Portfolio mit einem sicheren Nettozufluss in t=0 ohne zukünftige Zahlungsverpflichtung ist nicht möglich. Zwei Instrumente mit zukünftigen identischen Cash Flows müssen heute den gleichen Preis haben.

Siehe auch

Literatur

  • Thomas Ho und Sang-Bin Lee: Term structure movements and pricing interest rate contingent claims Journal of Finance, 41 (5), 1011–1029 (1986)
  • David Heath, Robert Jarrow und Andrew Morton: Bond pricing and the term structure of interest rates Econometrica, 60 (1), 77–105 (1992)
  • Föllmer / Schied: Stochastic Finance, de Gruyter Studies in Mathematics 27, 2nd ed.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Arbitrage Pricing Model — Die Arbitragepreistheorie oder englisch Arbitrage Pricing Theory (APT) beschreibt eine Methode für die Bestimmung der Eigenkapitalkosten und die erwartete Rendite von Wertpapieren. Sie wurde maßgeblich von Stephen Ross entwickelt. Ross verwendete …   Deutsch Wikipedia

  • Arbitrage Pricing Theory — Die Arbitragepreistheorie oder englisch Arbitrage Pricing Theory (APT) beschreibt eine Methode für die Bestimmung der Eigenkapitalkosten und die erwartete Rendite von Wertpapieren. Sie wurde maßgeblich von Stephen Ross entwickelt. Ross verwendete …   Deutsch Wikipedia

  • Modell der vollkommenen Konkurrenz — Vollkommene Konkurrenz Der vollkommene Markt ist ein theoretisches Modell eines homogenen Marktes der Volkswirtschaftslehre. Zur Untersuchung und zum Verständnis komplexer Zusammenhänge (beispielsweise der Preisbildung) wird oft mit diesem… …   Deutsch Wikipedia

  • Arbitrage Pricing Theory (APT) — 1. Begriff: Kapitalmarkttheoretisches Modell zur Erklärung von Wertpapierrenditen und zur Ableitung von Handlungsalternativen; theoretische Alternative zum ⇡ Capital Asset Pricing Model (CAPM). 2. Grundlagen: Ausgangspunkt ist die Annahme, dass… …   Lexikon der Economics

  • CRR-Modell — Ein Perioden Modell mit Parametern a=0.5, b=1 und den Wahrscheinlichkeiten p und 1 p Das Cox Ross Rubinstein Modell (oft auch: Binomialmodell) ist ein diskretes Modell für die Modellierung von Wertpapier und Aktienkursentwicklungen. Hierbei… …   Deutsch Wikipedia

  • CRR Modell — Ein Perioden Modell mit Parametern a=0.5, b=1 und den Wahrscheinlichkeiten p und 1 p Das Cox Ross Rubinstein Modell (oft auch: Binomialmodell) ist ein diskretes Modell für die Modellierung von Wertpapier und Aktienkursentwicklungen. Hierbei… …   Deutsch Wikipedia

  • Cox-Ross-Rubinstein-Modell — Ein Perioden Modell mit Parametern a=0,5, b=1 und den Wahrscheinlichkeiten p und 1 p Das Cox Ross Rubinstein Modell (oft auch: Binomialmodell) ist ein diskretes Modell für die Modellierung von Wertpapier und Aktienkursentwicklungen. Hierbei… …   Deutsch Wikipedia

  • No-Arbitrage — Unter der Arbitragefreiheit wird das Fehlen jeder Möglichkeit zur (ökonomischen) Arbitrage verstanden. Dieser Begriff wurde insbesondere für die Finanzmärkte geprägt. Durch den internationalen, elektronischen Handel an diesen Märkten und die… …   Deutsch Wikipedia

  • Korn-Kreer-Lenssen-Modell — Das Korn Kreer Lenssen Modell (KKL Modell) ist ein diskretes Trinomial Modell, das 1998 von Ralf Korn, Markus Kreer und Mark Lenssen zur Modellierung von illiquideren Aktien oder Wertpapierkursen eingeführt wurde. Es verallgemeinert das binomiale …   Deutsch Wikipedia

  • Harris-Todaro-Modell — Das Harris Todaro Modell ist ein Modell aus dem Bereich der Volkswirtschaftslehre, welches im Jahre 1970 von John R. Harris und Michael P. Todaro in dem Artikel: Migration, Unemployment and Development: A Two Sector Analysis veröffentlicht wurde …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”