- Nobelpreis für Frieden
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Der Friedensnobelpreis ist eine Auszeichnung für besondere Verdienste in der Friedensarbeit. Er wurde von dem schwedischen Erfinder und Industriellen Alfred Nobel gestiftet. Diese Auszeichnung wird seit 1901 jedes Jahr am Todestag Alfred Nobels, dem 10. Dezember, in Oslo verliehen.
Inhaltsverzeichnis
Grundlage
Der Friedensnobelpreis geht zurück auf das Testament des 1896 verstorbenen Alfred Nobel, in dem er über die Verwendung seines Vermögens in Höhe von etwa 31 Millionen schwedischen Kronen verfügte. Das Geld wurde in einer Stiftung angelegt, die von einem Rat von sechs Direktoren geleitet wird und nach der Prüfung des Testaments 1898 eingesetzt wurde. Die Nobelpreise werden nach dem Testament aus den Zinsen des Fonds gebildet. In fünf gleich großen Teilen werden sie an die verschiedenen Disziplinen vergeben. Neben dem Friedensnobelpreis sind dies die Bereiche Medizin und Physiologie, Physik, Chemie und Literatur. Der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ist nicht im Testament verankert und wird erst seit 1969 als Gedenkpreis der schwedischen Reichsbank zusätzlich vergeben.
Zur Vergabe des Friedensnobelpreises heißt es im Testament:
- Ein Teil demjenigen oder derjenigen, der oder die am meisten oder besten für die Verbrüderung der Völker gewirkt hat und für die Abschaffung oder Verminderung der stehenden Heere sowie für die Bildung und Austragung von Friedenskongressen.
Durch diese Festlegung wurde der Friedensnobelpreis zur weltweit ersten Auszeichnung für die Arbeit in der Friedensbewegung.
Anders als bei allen anderen Nobelpreisen, die in Stockholm vergeben werden, erfolgt die Verleihung im Rathaus von Oslo, der norwegischen Hauptstadt. Der Preisträger des Friedensnobelpreises wird von einem fünfköpfigen Komitee, dem Norwegischen Nobelkomitee, ausgewählt. Die Mitglieder des Komitees werden von dem norwegischen Parlament, dem Storting, ernannt.
Die Ursache für die Verleihung in Oslo liegt darin, dass zu Nobels Lebzeiten Schweden und Norwegen vereinigt waren und außenpolitische Fragen nur durch das schwedische Parlament entschieden wurden. Nobel selbst hat nie erklärt, warum er den Preis nicht wie alle anderen in Schweden vergeben lassen wollte. Man geht allerdings davon aus, dass er der Meinung war, das norwegische Parlament, das nur für die Innenpolitik verantwortlich war, wäre Manipulationen durch die Regierung weniger stark ausgeliefert. Hinzu kommt, dass Alfred Nobel den norwegischen Autor Bjørnstjerne Bjørnson sehr schätzte und er sich deshalb für Norwegen als Ort für die Verleihung des Preises entschied.
Alfred Nobel hielt außerdem in seinem Willen fest:
- es ist mein ausdrücklicher Wunsch, dass bei der Vergabe des Preises keine Rücksicht genommen werden soll auf die Nationalität der Kandidaten und dass der Würdigste den Preis erhält, unabhängig davon, ob er Skandinavier ist oder nicht.
Das Nobelpreiskomitee
Das Komitee zur Vergabe des Friedensnobelpreises besteht aus fünf Personen, die vom norwegischen Parlament ausgewählt und ernannt werden. Diese Auswahl gilt für einen Zeitraum von sechs Jahren, wobei die Mitglieder auch wiedergewählt werden können. Die politische Zusammensetzung des Parlaments spiegelt sich dabei naturgemäß auch in der Zusammensetzung des Komitees wider. Das Komitee selbst wählt aus seinen Reihen den Vorsitzenden und dessen Stellvertreter. Der Direktor des Nobel-Institutes stellt den Sekretär des Komitees dar. Obwohl es sich dabei nicht um eine Vorgabe handelt, waren bislang alle Vertreter dieses Ausschusses Norweger.
Das Komitee ist in seiner Entscheidung vollkommen unabhängig von äußeren Einflüssen. Die Sitzungen müssen nicht protokolliert und Entscheidungen nicht gerechtfertigt werden, auch dann nicht, wenn es zu gegensätzlichen Meinungen kommt. Entsprechend nimmt das Komitee auch in den nach der Vergabe folgenden Diskussionen nie Stellung zur Entscheidung.
Bis 1936 konnten auch Mitglieder des Parlamentes zu Vertretern des Komitees gewählt werden. Dies änderte sich nach der Vergabe des Friedensnobelpreises an den deutschen Widerstandskämpfer Carl von Ossietzky. Diese Vergabe wurde von Deutschland und besonders von Adolf Hitler scharf verurteilt und als Akt aggressiver Außenpolitik Norwegens gegenüber dem Deutschen Reich gewertet. Seitdem gab es keine Abgeordneten in diesem Ausschuss. 1977 wurde die Regel insofern noch einmal verschärft, dass keine Mitglieder aus regierungsnahen Ausschüssen zugelassen werden, gleichzeitig mit der Namensänderung von „Nobel-Komitee des norwegischen Parlamentes“ in „Norwegisches Nobel-Komitee“.
Die aktuelle Besetzung besteht seit 2003. Zuletzt wurden die Mitglieder 2005 bestätigt. Sie amtieren voraussichtlich bis 2008. Die folgenden Personen bilden die aktuelle Kommission:
- Ole Danbolt Mjøs (* 1939) ist Mediziner und Professor an der Universität von Tromsø. Dort war er von 1989 bis 1995 Präsident der Universität. Er gehört der Christlichen Volkspartei Norwegens an und bekleidete in der Funktion mehrere politische Ämter. Er ist seit 2003 Mitglied der Kommission und leitet diese seit demselben Jahr.
- Berge Ragnar Furre (* 1937) ist Historiker und Professor für Theologie an der Universität von Oslo. Er war außerdem parlamentarischer Leiter der Sozialistischen Linkspartei Norwegens von 1975 bis 1976 und Parteiführer von 1976 bis 1983. Er war Mitglied des norwegischen Stortings von 1973 bis 1977. Er ist Mitglied der Kommission seit 2003 und wurde in demselben Jahr zum stellvertretenden Leiter gewählt.
- Sissel Marie Rønbeck (* 1950) ist stellvertretende Direktorin im Institut für das kulturelle Erbe Norwegens (Riksantikvaren). Sie war Leiterin der Sozialdemokratischen Jugend von 1975 bis 1977 und Mitglied des Storting von 1977 bis 1993. Als Ministerin im Regierungskabinett war sie tätig von 1979 bis 1981, von 1986 bis 1989 und von 1996 bis 1997. Sie ist Mitglied der Kommission seit 2003.
- Inger-Marie Ytterhorn (* 1941) ist Seniorberaterin der rechten Norwegischen Fortschrittspartei und war Mitglied des Storting von 1989 bis 1993. Sie ist seit 2000 Mitglied im Nobelpreiskomitee.
- Kaci Kullmann Five (* 1951) ist selbstständige Beraterin für Öffentlichkeitsarbeit und Public Affairs. Sie war Leiterin der Jungen Konservativen von 1977 bis 1979. Mitglied des Storting war sie von 1981 bis 1997. Als Ministerin für Handel, Schifffahrt und Europäische Zusammenarbeit wirkte sie von 1989 bis 1990. Von 1991 bis 1994 war sie Leiterin der Konservativen Partei Norwegens. Seit 2003 ist sie Mitglied im Nobelpreiskomitee.
Als Direktor des Nobel-Institutes und damit Sekretär der Kommission wirkt Professor Geir Lundestad (* 1945).
Nominierung und Vergabe
Vorschläge für den Friedensnobelpreis können neben den Mitgliedern der Kommission und früheren Preisträgern alle Mitglieder einer Regierung oder des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag sowie Professoren der Fachrichtungen Sozialwissenschaft, Geschichte, Philosophie, Recht und Theologie und die Leiter von Friedensforschungsinstituten und ähnlichen Organisationen einreichen.
Der Friedensnobelpreis kann auch an Personen oder Organisationen vergeben werden, die an einem noch laufenden Friedensprozess beteiligt sind, nicht nur für die abschließende Lösung eines Konflikts. Daher können einige Friedensnobelpreise im heutigen Licht als fraglich erachtet werden. Dies gilt besonders für die Friedensnobelpreise der Jahre 1973, als Henry Kissinger (USA) und Le Duc Tho (Vietnam; verzichtete auf den Preis) für das Friedensabkommen von 1973 in Vietnam ausgezeichnet wurden, und 1994, als neben Schimon Peres und Jitzchak Rabin auch Jassir Arafat für seine Bemühungen zur Lösung des Nahostkonfliktes ausgezeichnet wurde. Eine Aberkennung ist jedoch nicht möglich.
Die Nominierungen müssen bis spätestens zum 1. Februar des betreffenden Jahres erfolgen. Es gilt das Datum des Poststempels. Spätere Nominierungen werden für das laufende Jahr nicht angenommen und gehen in die Entscheidung zum nächsten Jahr ein. [1] Dabei bekam die Kommission in einigen Jahren deutlich mehr als 140 Vorschläge für Personen, aus denen sie maximal drei Personen auswählen darf. Im Auftrag des Sekretärs des Komitees werden sowohl permanente als auch spezielle Beobachter mit dem Bericht über die Kandidaten beauftragt. Diese Berichte sollen in die Entscheidung durch die Kommissionsmitglieder erleichtern und unterstützen, sie dürfen jedoch keine Bewertungen oder Empfehlungen der Nominierten beinhalten.
Für die Benennung der Preisträger gibt es kein festes Datum, meistens handelt es sich jedoch um einen Freitag um die Mitte des Monats Oktober. Die Bekanntmachung findet offiziell im Gebäude des Nobel-Institutes statt. Die Vergabe erfolgt erst am 10. Dezember des Jahres, dem Todestag von Alfred Nobel. Anders als bei den anderen Nobelpreisen werden der Preis und die dazugehörige Medaille und Urkunde vom Kommissionsleiter vergeben und nicht vom König, dieser ist jedoch ebenso wie verschiedene Mitglieder der norwegischen Regierung bei der Zeremonie eingeladen und anwesend. Nach der Verleihung des Preises erfolgt im Regelfall die „Nobel Lecture“, eine Vorlesung oder Ansprache der Preisträger. Diese wird veröffentlicht in der jährlich erscheinenden Buchserie „Les Prix Nobel“, außerdem auf den Webseiten des Nobel e-museum und des norwegischen Nobel-Institutes. Am gleichen Abend findet außerdem ein Bankett in kleinerer Runde statt.
Entwicklung
Der Friedensnobelpreis wurde erstmalig 1901 an zwei Personen vergeben. Dies waren der Gründer des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, Henry Dunant, und der Gründer der französischen Friedensgesellschaft Société d'arbitrage entre les Nations, Frédéric Passy. 1905 erhielt ihn als erste Frau die Österreicherin Bertha von Suttner (Roman Die Waffen nieder!, Gründerin der Deutschen Friedensgesellschaft). Seitdem erfolgte die Vergabe bis 2008 an 95 Personen und 21 Organisationen. Von allen Nobelpreisen wurde in dieser Disziplin allerdings am häufigsten auf eine Vergabe verzichtet, und in den 108 Jahren wurde der Preis nur 87mal ausgegeben. Dabei liegt der Frauenanteil mit 12 Frauen bis zum Jahr 2008 höher als in allen anderen Disziplinen. Der Nobelpreis für Literatur ging bisher immerhin 11 Mal an eine Frau.
Seit 1960 wird der Friedensnobelpreis auch für den Einsatz für die Menschenrechte, seit 2004 auch für die Arbeit für die Umwelt und eine nachhaltige Entwicklung vergeben.
Eine wichtige Entwicklung betrifft die Erstellung der Dossiers für die Kommissionsmitglieder. Diese wurden in den Anfangstagen allein vom Sekretär des Komitees, Christian Lous Lange, geschrieben und weitergegeben. Mit der Gründung des norwegischen Nobel-Institutes 1904 bekam der Sekretär Unterstützung durch permanente Berater. Dies waren bis in die 1980er Jahre hinein drei Personen, die Experten für internationales Recht, Geschichte und Weltwirtschaft waren. Mittlerweile gibt es vier dauerhafte Berater, außerdem können zu speziellen Kandidaten weitere Berater zugezogen werden.
Obwohl die Vergabe des Preises durch ein norwegisches Komitee bereits von Beginn an kritisiert wurde, kann bei einer Analyse der bisherigen Preisträger keine überdurchschnittliche Bevorzugung von Norwegern oder Skandinaviern gefunden werden. Bislang ging der Preis an neun Skandinavier, davon waren fünf Schweden, zwei Norweger sowie je ein Däne und Finne.
Kontroversen
Die Vergabe des Friedensnobelpreises ist besonders stark geprägt von Widersprüchen und ist entsprechend umstritten. Die ausgewählten Personen und Organisationen wirken häufig stark polarisierend, und es kommt bei nahezu jeder Vergabe zu Anfeindungen über die Entscheidung. Eine Rücknahme des Preises ist jedoch nicht möglich und die Entscheidung des Gremiums entsprechend nicht formal anfechtbar.
Auch wurden viele Personen nicht mit dem Friedensnobelpreis gewürdigt, die ihn in der öffentlichen Wahrnehmung verdient hätten. Ein besonders prominentes Beispiel ist dabei Mahatma Gandhi, der für die friedliche Unabhängigkeitsbestrebung Indiens eintrat. 1948 sollte, wie ein Sprecher des Komitees Anfang des 21. Jahrhunderts aus dem Archiv bekannt gab, Gandhi tatsächlich den Friedensnobelpreis erhalten, wurde jedoch noch im Januar ermordet. Da eine postume Vergabe bis 1972 nur möglich war, wenn der Kandidat am Stichtag der Nominierungsphase Ende Januar noch lebte, entschied man sich, stattdessen gar keinen Preis zu vergeben. Inzwischen muss der Kandidat bei Bekanntwerden der Auszeichnung noch leben.
Preisträger
Literatur
- Bernhard Kupfer: Lexikon der Nobelpreisträger, Patmos Verlag, Düsseldorf 2001, ISBN 3-491-72451-1
- Brockhaus Nobelpreise – Chronik herausragender Leistungen, Brockhaus, Mannheim 2004, ISBN 3-7653-0492-1
- Peter Badge: Nobelpreisträger im Portrait, Ars Vivendi 2004, ISBN 3-89716-519-8
- Heinrich Zankl: Nobelpreise: Brisante Affairen, umstrittene Entscheidungen, Wiley-VCH 2005, ISBN 3-527-31182-3
- John Bankston: Alfred Nobel: And the Story of the Nobel Prize (Great Achievement Awards), Mitchell Lane Publishers 2003, ISBN 1584151684
- Agneta Wallin Levinovitz, Nils Ringertz (Hrsg.): The Nobel Prize: The First 100 Years, World Scientific Publishing Company 2001, ISBN 9810246641
- Charlotte Kerner: Madame Curie und ihre Schwestern, Beltz 2001, ISBN 3-407-78868-1
- Charlotte Kerner: Nicht nur Madame Curie …, Beltz 2001, ISBN 3-407-78839-8
- Sharon Bertsch McGrayne: Nobel Prize Women in Science: Their Lives, Struggles, and Momentous Discoveries, National Academies Press 2001, ISBN 0309072700
- Geseko von Lüpke: Die Alternative, Riemann 2003, ISBN 3-570-50031-4 – Buch zum Alternativen Nobelpreis
- Matthias Hannemann: Die guten Propagandisten. Der Iran, die Augen der Welt und der Friedensnobelpreis, in: Liberal – Vierteljahreshefte für Politik und Kultur, Nr. 46 (März 2004), S. 66–69. – Essay zur Funktion und Medieninszenierung des Preises am Beispiel der Verleihung an Shirin Ebadi
- Angelika U. Reutter & Anne Rüffer: Frauen mit Idealen. Zehn Leben für den Frieden, rüffer & rub, Zürich 2001, ISBN 978-3-907625-02-6
Weblinks
- Der Friedensnobelpreis (Offizielle Seite) (englisch)
- Der Friedensnobelpreis im Nobel e-museum
- Liste der Friedensnobelpreisträger
- Informationen des Deutschen Historischen Museums zum Friedensnobelpreis
Einzelnachweise
- ↑ Nomination and Selection Process. Abgerufen am November 13.
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