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Die Kartäuser (lat. Ordo Cartusiensis, kurz OCart) sind ein katholischer Halb-Eremiten-Orden, der auf den Heiligen Bruno von Köln zurückgeht. Ihr Wahlspruch ist: Stat crux dum volvitur orbis (Das Kreuz steht fest, während die Welt sich dreht).
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Gründung
1084 zog sich der Heilige Bruno, der Begründer des Kartäuserordens, mit sechs Gefährten nach La Chartreuse, eine einsame Gebirgsgegend bei Grenoble in Frankreich, zurück. Das Land wurde ihnen vom Heiligen Hugo, dem damaligen Bischof von Grenoble, aufgrund einer Vision zur Verfügung gestellt. Er hatte im Traum gesehen, wie sich in La Chartreuse sieben Sterne niederließen. Bruno und seine Gefährten bauten sich kleine Eremitagen sowie die für ein Kloster notwendigen Gemeinschaftsräume und eine Kirche. Alle Räume wurden durch einen Kreuzgang verbunden. Bald schlossen sich ihnen weitere Männer an, die Gemeinschaft wuchs und La Grande Chartreuse, die Große Kartause, das Mutterkloster des Kartäuserordens, entstand und gab dem Orden seinen Namen. Bruno selbst schrieb keine Ordensregel. Die Lebensweise der ersten Einsiedler sollte einfach von allen zukünftigen übernommen werden. Erst nachdem sich auch in anderen Ländern Männer der Lebensweise des Heiligen Bruno anschlossen, mussten die Lebensgewohnheiten der Kartäuser schriftlich niedergelegt werden. So verfasste 1127 der Heilige Guigo de Chastel, der von 1109 bis 1136 als fünfter Prior die Große Kartause leitete, die Consuetudines Cartusiae, die Lebensgewohnheiten der Kartäuser. 1133 wurde die Regel von Papst Innozenz II. approbiert. 1170 wurde die Gemeinschaft von Papst Alexander III. als Orden anerkannt. Weitere Veränderungen wurden in den Jahren 1259 (statuta antiqua), 1367 (statuta nova), 1509 (tertia compilatio statutorum) und 1581 (nova collectia statutorum ordinis cartusiensis) vorgenommen.
1145 schlossen sich erstmals Frauen zusammen, die die Lebensweise der Kartäuser übernahmen, und gründeten damit den weiblichen Zweig des Ordens. Im 18. Jahrhundert bestanden fünf Kartäuserinnenklöster.
Trotz der strengen Lebenspraxis breitete sich der Orden nach einigen anfänglichen Schwierigkeiten ab etwa 1200 rasch aus. So gab es 1137 vier Kartausen, 1151 waren es 14 und 1258 schließlich 56 Ordenshäuser, im 14. Jahrhundert 175 und im 15. Jahrhundert 220. Seine Blütezeit hatte der Orden im Spätmittelalter zur Zeit der Mystik (Gründungswelle um 1480). Einen besonderen Einfluss auf die Entwicklung des Ordens hatte die Bewegung der Devotio moderna, in deren Zuge das Phänomen der Stadtkartausen aufkam. Kartausen wurden bis zu jener Zeit in abgelegenen Gegenden gegründet, nun aber kam es zu Neugründungen in Städten, beispielsweise in London und Köln. Stadtkartausen wurden zu Zentren des Humanismus. Der Kartäuserorden konnte sich allerdings nicht vom Gang der Kirchengeschichte fernhalten, so war der Orden zwischen 1378 und 1415 während des Großen abendländischen Schismas in einen römischen und einen avignonesischen Zweig geteilt. Nach dem Ende des Schismas traten auch die beiden konkurrierenden Generaloberen zurück, und Johannes von Grazienburg trat an die Spitze des Ordens. 1508 bestimmte der Papst, dass immer der Prior der Chartreuse die Kartäuser leiten sollte.
Reformation
Die Reformation führte im 16. Jahrhundert zu einem starken Rückgang des Ordens in den protestantischen Gebieten. Seither stagnierte die Zahl der Kartäusermönche und -nonnen bzw. fiel kontinuierlich. In England wurden die Kartäuser unter König Heinrich VIII. verfolgt, da sie sich weigerten, ihn als Oberhaupt der Kirche Englands anzuerkennen. Insbesondere gegen die Mönche der Londoner Kartause ging der König brutal vor. Im Zuge der Aufklärung wurde der Nutzen der kontemplativen Kartäuser in Frage gestellt und viele Kartausen aufgehoben, beispielsweise 1782 unter Kaiser Joseph II. Durch Aufklärung, Josephinismus, Französische Revolution und den Reichsdeputationshauptschluss sank die Zahl der Kartausen noch einmal stark ab (während sie um 1700 noch 168 betragen hatte).
Neuzeit
In Deutschland wurden mit der Säkularisation alle Kartausen aufgehoben. 1869 wurde in Unterrath bei Düsseldorf die Kartause Maria Hain als neue Kartause auf deutschem Boden gegründet. In der Großen Kartause wurden zur Zeit des Nationalsozialismus Widerstandskämpfer versteckt.
Heute ist der Kartäuserorden der einzige Orden, der sich das hochmittelalterliche Ideal eines strikt kontemplativen Lebens bis in die Gegenwart erhalten hat. Andere kontemplative Orden wie Benediktiner und Zisterzienser haben sich im Laufe ihrer Geschichte der Welt geöffnet und Aufgaben vor allem in den Bereichen Seelsorge und Lehre übernommen.
Zurzeit zählen die Kartäuser 18 Mönchs- und vier Nonnenklöster, in denen sich 335 Brüder (darunter 170 Priestermönche) und 48 Nonnen befinden (Stand vom 24. Dezember 2004 laut Annuario Pontificio 2006). In den letzten 50 Jahren hat der Orden etwa 50% an Mitgliedern verloren. Niederlassungen bestehen in Europa, Amerika und Asien. Im deutschsprachigen Raum gibt es ein Männerkloster der Kartäuser, die Kartause Marienau, in Bad Wurzach, Baden-Württemberg. Sie wird seit 1964 von Mönchen bewohnt. Gegründet wurde sie als Ersatz der 1869 errichteten Kartause Maria Hain bei Düsseldorf, da sich die Kartäuser wegen der sich ausdehnenden Großstadt von dort zurückziehen mussten.
Mönche
„Unser Bemühen und unsere Berufung bestehen vornehmlich darin, im Schweigen und in der Einsamkeit Gott zu finden.“ (Statuten 12,1). Die Suche nach Gott in Schweigen und Einsamkeit ist allen Kartäusern gemein. Je nach Eignung und persönlicher Mentalität lebt der einzelne Kartäuser seine Berufung. Die Kartäuser unterscheiden daher drei Arten von Mönchen:
- Priestermönche (lat. Patres), auch Chormönche oder wegen der um den Großen Kreuzgang angeordneten Zellen, die sie bewohnen auch Kreuzgang- bzw. Zellenmönche genannt,
- Brüdermönche (lat. Fratres conversi), auch Laienbrüder oder Konversen genannt, und
- Donaten.
Patres
Die Patres leben in um den Großen Kreuzgang herum gebauten kleinen Häuschen mit Garten. Die Häuschen bestehen aus vier Räumen: Beim Betreten der Zelle gelangt der Pater zunächst in einen Vorraum, der das Häuschen mit dem Kreuzgang verbindet. Dieser Raum heißt Ave Maria, ein Raum mit einem Marienaltar, in dem der Pater beim Betreten und Verlassen des Häuschens ein Ave Maria betet. Der Hauptraum ist das Cubiculum mit einem Arbeitstisch, einem Tisch zum Essen, einem kleinen Oratorium, einem Kleiderschrank, einem Bett und einem Ofen. Geheizt werden die Häuschen über einen Holzofen, für den der Pater das Holz selber hackt. Die Patres schlafen auf einem Strohbett. Die Nasszellen der Kartäuser haben traditionell nur kaltes Wasser. Auch ein Handwerksraum gehört zum Häuschen, in dem der Pater das Holz für seinen Ofen hackt und seiner Handarbeit nachgeht. Die Häuschen sind traditionell zweigeschossig, werden aber bei modernen Gründungen auch eingeschossig gebaut.
Tagesablauf
Der Tagesablauf eines Paters beginnt um 23:30 Uhr. Nach etwa vierstündigem Schlaf steht er das erste Mal auf und beginnt mit den anderen Mönchen in der Kirche das Offizium, das bei den Kartäusern noch aus acht Gebetszeiten (Matutin, Laudes, Prim, Terz, Sext, Non, Vesper und Komplet) besteht, nach dem Psalmwort: „Siebenmal am Tag singe ich dein Lob und nachts stehe ich auf, um dich zu preisen.“ (vgl. Psalm 119,62.164). Ist das Nachtoffizium, das aus Matutin und Laudes besteht und von allen gemeinsam in der Kirche gebetet wird, beendet (die Dauer beträgt je nach Tagen zwei bis drei Stunden), legt sich der Pater zu einem zweiten, etwa vierstündigen Schlaf ins Bett. Um 06:30 Uhr steht er zum zweiten Mal auf. Dann steht ein weiterer Teil des Offiziums sowie Betrachtungszeit an. Um 07:00 Uhr versammeln sich alle Patres in der Kirche zur 15-minütigen Anbetung und zur anschließenden Konventmesse. Danach feiern die Patres, jeder für sich, in kleinen Kapellen Stillmessen, ggf. mit einem Novizen als Ministrant. Im weiteren Verlauf des Tages wechseln sich Gebet (insgesamt etwa acht Stunden), Studium und Handarbeit ab. Nachtruhe ist spätestens um 19:30 Uhr. Die Patres essen außer am Sonntag, an dem das Mittagessen gemeinsam im Refektorium stattfindet, allein. Frühstück gibt es für die Patres traditionell nicht, nur Mittag- und Abendessen. Im Winterhalbjahr, von Kreuzerhöhung bis Karsamstag, gibt es nur Mittags eine warme Mahlzeit und abends etwas Brot und ein Getränk. Eine gemeinsame Rekreation gibt es nur sonntags. Wöchentlich findet ein gemeinsamer etwa vierstündiger Spaziergang (spatiamentum) der Patres statt.
Ausbildung
Die Ausbildung zum Pater dauert mindestens sieben Jahre. Wer als Pater in den Orden eintreten will, muss mindestens 20 Jahre alt sein und einen Schulabschluss haben, der zum Hochschulstudium berechtigt, im deutschsprachigen Raum also Abitur bzw. Matura. Daneben muss er Kenntnisse in Latein haben und singen können. Beides kann er sich aber auch noch nach seinem Eintritt in den Orden aneignen. Neben diesen äußerlichen Voraussetzungen halten die Kartäuser vor allem die innere Einstellung eines Kandidaten für wichtig. Wer in den Orden eintreten möchte, muss sich mit dessen Spiritualität identifizieren können. Ein Interessent verbringt zunächst eine Probezeit (Postulat) von drei bis zwölf Monaten in der Kartause. In dieser Zeit soll er die Gewohnheiten der Mönche kennen lernen und prüfen, ob er für deren Lebensweise geeignet ist. Umgekehrt prüft auch der Orden in dieser Zeit, ob der Kandidat für das Kartäuserleben geeignet ist. Ist das Postulat beendet und entscheidet sich der Kandidat zu bleiben, so wird von den Patres abgestimmt, traditionell mit schwarzen und weißen Bohnen, ob der Kandidat bleiben darf. Stimmen die Patres für den Kandidaten, so folgt seine Aufnahme ins Noviziat und seine Einkleidung, d. h. Bekleidung mit dem Mönchsgewand, bestehend aus einer naturfarbenen Tunika und einem Skapulier mit Kapuze in gleicher Farbe. Für die Dauer des Noviziats trägt der Novize außerhalb seiner Zelle außerdem einen schwarzen Mantel über seinem Habit. Das Noviziat dauert zwei Jahre, wobei der Novize ab dem zweiten Noviziatsjahr mit dem ordensinternen Studium der Theologie beginnt. Nach Beendigung des Noviziats muss sich der Kandidat wieder entscheiden, ob er den Weg im Orden weiter gehen will und die Patres stimmen erneut über sein Bleiben ab. Bleibt der Mönch im Orden, so legt er nun für drei Jahre die Ordensgelübde ab (Profess) und bindet sich damit für drei Jahre an den Orden. Er wird ein Jungprofesse. Diese Gelübde werden dann für weitere zwei Jahre erneuert. Wenn sich danach Orden und Mönch für einander entscheiden, legt der Mönch die feierliche Profess ab und bindet sich damit lebenslang an den Orden. Traditionell werden bei den Kartäusern alle Chormönche zu Priestern geweiht. „Der Zellenmönch wird nach dem Vorbild Christi Priester und Opfer zugleich, Gott zum lieblichen Wohlgeruch, und durch die Gemeinschaft mit dem Opfer des Herrn erhält er Anteil an den unergründlichen Reichtümern seines Herzens.“ (Statuten 3,8) Wenn nach der Entscheidung des Priors die Zeit gekommen ist, dass der Mönch die Weihen empfängt, wird diesem zuerst die Diakonenweihe und frühestens sechs Monate danach die Priesterweihe gespendet.
Brüdermönche
Neben den Patres leben in den Kartausen auch Brüdermönche. „Die Brüder haben eine eigene Form des einsamen Lebens. Sie sorgen durch ihre Arbeit für die Bedürfnisse des Hauses, die ihnen in besonderer Weise anvertraut sind. Dank der Hilfe der Brüder können sich die Zellenmönche freier dem Schweigen der Zelle hingeben“ (Statuten 11,5). Während die Patres sich vornehmlich dem Gebet widmen, ist bei den Brüdern die Handarbeit stärker betont. Patres und Brüder ergänzen sich in ihren Lebensweisen gegenseitig. Die Patres könnten nicht ohne die Brüder auskommen, die sie versorgen, und die Brüder könnten nicht ohne die Patres auskommen, die ihnen die Sakramente spenden und sie seelsorgerisch betreuen.
Die Brüdermönche leben getrennt von den Patres in einem eigenen Gebäude. Traditionell haben die Brüder kein eigenes Haus, sondern nur ein Zimmer, das dem Cubiculum der Patres entspricht. Tagsüber verlassen die Brüder ihre Zelle, um in ihren Werkstätten (Oboedienzen) oder sonstigen Tätigkeitsbereichen (Pforte, Klosterverwaltung, Sakristei) zu arbeiten. Damit die Brüder ihre Aufgaben erfüllen können, gelten für sie weniger strenge Regeln. So ist das tägliche Offizium nicht so umfangreich wie das der Patres. Auch gelten für sie weniger strenge Fastenregeln. So gibt es für die Brüder auch Frühstück. Außerdem sind die Klausurvorschriften für sie weniger streng. Vornehmlich die Brüder erledigen alles Nötige in den umliegenden Städten.
Hauptsächlich sorgen die Brüder durch ihre handwerklichen Tätigkeiten für den Unterhalt der Kartausen. Berühmt sind die Kartäuser für ihre Tier- und Pflanzenzucht; am bekanntesten sind die Kartäuserkatzen (Chartreuse bleu), sowie die Kartäuserpferde und Kartäuserrosen. Die Kartäusernelken sind ebenfalls nach dem Orden benannt. Haupteinnahmequelle des Ordens ist der bekannte Kartäuserlikör Chartreuse, der in einer eigenen Fabrik in Voiron (nahe der Großen Kartause) aus einer Mischung von 130 Kräutern hergestellt und von dort in alle Welt verkauft wird.
Wer als Bruder in eine Kartause eintreten möchte, muss mindestens 20 Jahre alt sein und eine abgeschlossene Berufsausbildung, vorzugsweise eine handwerkliche, haben. Der Ausbildungsweg ist ähnlich dem der Patres. Nach dem Postulat, das drei bis zwölf Monate dauert, erfolgt die Einkleidung und die Aufnahme ins Noviziat, das zwei Jahre dauert. Danach legt der Bruder seine erste Profess für drei Jahre und daran anschließend eine weitere Profess auf zwei Jahre ab. Entschließt er sich nach dieser Zeit zu bleiben, bindet er sich in der ewigen Profess für immer an den Orden.
Donaten
Die Donaten haben den gleichen Aufgabenbereich wie die Brüder. Sie unterscheiden sich von ihnen dadurch, dass sie sich nicht mit Gelübden an den Orden binden, sondern mit ihm einen Donationsvertrag abschließen. Donaten haben den gleichen Ausbildungsweg wie die Brüder. Nach dem ersten Noviziatsjahr, kann sich ein Brudernovize entschließen, Donate zu werden. Statt der zeitlichen Professen auf zunächst drei und dann noch einmal zwei Jahre, legt der Donate eine zeitliche Donation auf drei und dann zwei Jahre ab. Daran schließt sich die ewige Donation an, wenn der Donate im Orden bleiben möchte.
Im Kloster selbst leben die Donaten in persönlicher Armut, jedoch können sie außerhalb des Klosters eigenen Besitz haben und frei über diesen verfügen. In der Gestaltung ihres Tagesablaufes sind sie freier als die Brüder und können auch sonst Erleichterungen gewährt bekommen.
Nonnen
Seit 1145 gibt es auch Kartäuserinnen. Zunächst unterschied sich ihre Lebensform noch von der der Mönche. Hinsichtlich Einsamkeit und Fasten war das Leben der Schwestern nicht so streng wie das der Mönche. So lebten die Nonnen nicht in eigenen Häuschen, sondern in abgetrennten Zimmern. Das Essen nahmen sie täglich gemeinsam ein und eine gemeinsame Rekreation gab es nicht nur einmal in der Woche, sondern täglich. Nun kam bei den Kartäusernonnen der Wunsch auf, das Kartäuserideal authentischer zu leben. So kam es in den 1970er Jahren zur Gründung zweier Frauenkonvente, die ein den Mönchen weitgehend angepasstes Leben führen wollten. 1971 wurde die Kartause Beauregard (bei Voiron nahe der Große Kartause) von Schwestern bezogen. 1977 kamen Kartäuserinnen in die Kartause Vedana (Italien), die bisher von Kartäusermönchen bewohnt wurde, von ihnen aber wegen Nachwuchsmangel aufgegeben werden musste. 1978 siedelte die in der Zwischenzeit gewachsene Gemeinschaft von Beauregard in die neu gebaute Kartause Reillanne in der Haute-Provence über. Heute zählt der Orden insgesamt fünf Frauenkonvente, davon je zwei in Frankreich und Italien sowie einen in Spanien. In Südkorea, wo 2004 eine Kartause von Mönchen bezogen wurde, ist auch ein Frauenkonvent in Planung.
Auch bei den Nonnen gibt es drei Arten von Klostermitgliedern: Chornonnen, Konversschwestern und Donatinnen. Die Aufgabenverteilung ist prinzipiell die gleiche wie bei den Mönchen. Auf Wunsch wird den Schwestern bei der feierlichen Profess die Jungfrauenweihe gespendet. Bei der Ablegung der feierlichen Profess erhalten die Nonnen vom Bischof die Stola und dürfen in der Messe und der Matutin das Evangelium verkünden. Das ist eine Besonderheit im Eigenrecht der Kartäuser. Die Chornonnen verrichten in ihren Zellen als Handarbeit vornehmlich Näharbeiten oder Paramentenstickerei. Geleitet werden die Nonnenklöster von einer Priorin. Das Ordensgewand ist wie das der Mönche naturfarben. Darüber tragen die Professen einen schwarzen Schleier. In den Kartausen der Schwestern wohnen außerdem in einem eigenen Gebäudetrakt etwas abseits von den Nonnen noch drei Kartäusermönche, zwei Patres und ein Bruder. Die Patres, die im Frauenkonvent die Stellung eines Vikars und eines Koadjutors einnehmen, sind für die Seelsorge und Sakramentenspendung im Kloster zuständig. Der Bruder hilft den Konversschwestern bei den anfallenden Arbeiten.
Beim Bau der Kartause Reillanne wurde die in der letzten Zeit im Orden laut gewordene Überlegung, auch den Brüdern bzw. Konversschwestern Häuschen mit Garten zu bauen, die der Förderung der Einsamkeit zuträglicher sind als einfache Zimmer, umgesetzt. Die Erfahrungen mit dieser Neuerung sind gut, und so könnte sie bald zum ordensweiten Standard werden.
Organisation
Oberstes Organ des Kartäuserordens ist das Generalkapitel, das alle zwei Jahre in der Großen Kartause abgehalten wird und aus den Prioren der einzelnen Häuser besteht. Dies ist gewissermaßen die Legislative des Ordens. Von ihr wird ein Gremium, das sog. Definitorium, gewählt, das aus acht Mönchen besteht und gewissermaßen die Exekutive darstellt. Während des Generalkapitels sollen alle wichtigen Angelegenheiten des Ordens geregelt werden. In der Zeit zwischen zwei Generalkapiteln wird der Orden vom Prior der Großen Kartause, dem Reverendus Pater, geleitet, der, obwohl er dem ganzen Orden vorsteht, nur von den Mönchen der Großen Kartause gewählt wird. Als Oberer eines Einsiedlerordens unterliegt er besonders strengen Klausurregeln und verlässt während seiner Amtszeit die Große Kartause nie. So ist es für ihn unmöglich, beispielsweise zum Heiligen Stuhl nach Rom zu reisen und den Orden dort zu vertreten. Dies übernimmt stattdessen ein dazu besonders beauftragter Pater.
Die einzelnen Kartausen werden von einem Prior geleitet, der von den Mönchen des jeweiligen Hauses auf zwei Jahre gewählt wird. Der Stellvertreter des Priors ist der Vikar. Ein Prokurator ist für die Finanzen zuständig. Der Novizenmeister (Magister) ist für die Ausbildung der Paternovizen zuständig. Die Ausbildung der Brüder- und Donatennovizen übernimmt normalerweise der Vikar.
Zur Erhaltung der klösterlichen Disziplin wird jede Kartause alle zwei Jahre von zwei Prioren anderer Kartausen visitiert.
Der bekannte Spruch Papst Innozenz' XI. Cartusia numquam reformata, quia numquam deformata (Die Kartause wurde nie reformiert, da sie nie deformiert wurde) weist auf die Treue der Kartäuser zu ihren Ursprüngen hin. Jedoch hat auch der Kartäuserorden im Laufe der Zeit Veränderungen in seinen Regeln erfahren. So musste beispielsweise 1917 die bis dahin vorgeschriebene Beichte beim Prior in Angleichung an das Kirchenrecht abgeschafft werden. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurden zu Beginn der 1970er Jahre die „Erneuerten Statuten des Kartäuserordens“ abgefasst. Diese wurden zuletzt 1983, wiederum in Angleichung an das Kirchenrecht, und nochmals 1987 geändert.
Spiritualität
Grundlage der Spiritualität der Kartäuser ist ein Leben in der Erwartung der Wiederkunft Christi (Parusie). Zurückgezogen in der Einsamkeit sorgen sie sich, nur Christus zu gefallen und ein Leben nach dem Evangelium in der Nachfolge Christi zu führen. Ihre Spiritualität lässt sich in dem Satz zusammenfassen: „Zum Lob der Herrlichkeit Gottes hat Christus, das Wort des Vaters, durch den Heiligen Geist von Anfang an Menschen auserwählt, um sie in die Einsamkeit zu führen und in inniger Liebe mit sich zu vereinigen.“ (Statuten 1,1). Einen besonderen Stellenwert in der Spiritualität der Kartäuser nimmt das Jesusgebet ein.
Charakteristisch für die Kartäuser ist ihr Schweigen, ihre Einsamkeit und ihr Gebet. Die Einsamkeit der Kartäuser bedeutet Trennung von der Welt, die sich insbesondere dadurch auszeichnet, dass sie auf jedes Apostolat verzichten. Sie haben keinen direkten Zugang zu Massenmedien. Nur der Prior liest täglich die Zeitung und informiert die Mönche über wichtige Ereignisse. Besucher sind nicht zugelassen, außer Angehörigen der Kommunitätsmitglieder, die jährlich für zwei Tage in die Kartause zu Besuch kommen dürfen, sowie Interessenten. Das Leben der Kartäuser ist hauptsächlich dem Gebet gewidmet. Entsprechend ihrer Lebensweise haben sie eine eigene Liturgie, die ihrer Lebensart angepasst ist. Es entspricht der zurückgezogenen Daseinsweise des Ordens, dass die Kartäuser im Gegensatz zu anderen Orden nur einen Bischof (nämlich den Gründer Bruno) und sehr wenige Heilige hervorgebracht haben. Drei Heilige und fünfzehn Selige, die 1535–1540 während der Reformation in England umkamen, werden als Märtyrer verehrt.
Die Kartäuser sind Vegetarier. Strikte Fastenzeiten bestimmen ihr Leben, so wird beispielsweise jeden Freitag bei Wasser und Brot gefastet. Frühstück gibt es traditionell bei den Kartäusern nicht, bei den Kartäuserinnen ist es jedoch üblich, morgens nach der Messe eine Kleinigkeit, normalerweise etwas Brot und ein Getränk, zu sich zu nehmen. Die erste Mahlzeit des Tages ist das Mittagessen. Im Sommerhalbjahr, von Ostern bis Kreuzerhöhung, gibt es außerdem ein warmes Abendessen. Im Winterhalbjahr hingegen begnügen sich die Kartäuser abends mit etwas Brot und einem Getränk.
Alle Kartausen sind – bis auf wenige, historisch bedingte Ausnahmen – Maria, der Mater Singularis Cartusensium, der einzigartigen Mutter der Kartäuser, geweiht. Sie ist die oberste Patronin des Ordens, und sie nimmt einen besonderen Platz in der Spiritualität der Kartäuser ein. Ihr zur Ehren wird täglich eine Votivmesse gefeiert, neben dem kanonischen Stundengebet auch das Marienbrevier gebetet und dreimal täglich der Engel des Herrn rezitiert. Zweiter Ordenspatron ist der Hl. Johannes der Täufer.
Durch ihre Lebensart wollen die Kartäuser der Welt ein Zeugnis geben; ihren konsequent gelebten Glauben betrachten sie als die beste Predigt, die es gibt. Sie sehen ihr Leben auch als stellvertretenden Gottesdienst für diejenigen an, die nicht beten wollen oder können und möchten stellvertretend Buße für all jene leisten, die sich ihrer Sünden nicht bewusst sind.
Kartäuser im Film
Im Jahr 2005 hat Philip Gröning den bisher einzigen Dokumentarfilm Die große Stille (frz.: Le grand silence) fertig gestellt, der in der Großen Kartause bei Grenoble gedreht wurde und starke Beachtung fand. Er erhielt 2005 den bayerischen Filmpreis (Bester Dokumentarfilm) und wurde mit dem europäischen Filmpreis 2006 ausgezeichnet.
Rund um einen Kartäusermönch dreht sich auch der Film Broken Silence.
Bestehende und ehemalige Kartausen
Eine internationale Liste der bestehenden Kartausen bietet der Artikel Kartause, eine Liste der bestehenden und aufgelösten Kartausen findet man in der Liste der Kartäuserklöster.
Literatur
Zur Ordensgeschichte
- Bernard Andenmatten: Les chartreux en Suisse. (= Helvetia Sacra; Band III/4). Schwabe, Basel 2006, ISBN 3-7965-2228-9 (Gesamtdarstellung über die Schweizer Kartausen)
- Karl S. Frank: Geschichte des christlichen Mönchtums. Primus-Verlag, Darmstadt 1996 ISBN 3-89678-500-1
- David Knowles: Geschichte des christlichen Mönchtums. Benediktiner, Zisterzienser, Kartäuser. Kindler, München 1969
- Mönche der Kartause Marienau (Hrsg.): Kartause Marienau. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg 2004 ISBN 3-89870-184-0
- Hellmut Zschoch: Die Christenheit im Hoch- und Spätmittelalter. Von der Kirchenreform des 11. Jahrhunderts zu den Reformbestrebungen des 15. Jahrhunderts. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2004 ISBN 3-8252-2520-8
Über den Heiligen Bruno
- Gerardo Posada: Der heilige Bruno, Vater der Kartäuser. Ein Sohn der Stadt Köln. Wienand, Köln 1987 ISBN 3-87909-157-9
Zur Ordensspiritualität
- Martin Beer: Dionysius' des Kartäusers Lehre vom desiderium naturale des Menschen nach der Gottesschau. Hueber, München 1963
- Willibald Bösen: Auf einsamer Straße zu Gott. Das Geheimnis der Kartäuser. Herder, Freiburg i.Br. 1987 ISBN 3-451-20997-7
- Norbert Brox u.a. (Hrsg.): Frühe Kartäuserbriefe. 3. Auflage. Herder, Freiburg i.Br. 2002 ISBN 3-451-22220-5
- Gabriel DiLorenzi (Hrsg.): Gott schauen. Echter, Würzburg 1996 ISBN 3-429-01758-0
- Augustin Guillerand: Im Angesicht Gottes. Gebetserfahrungen eines Kartäusermönchs. Echter, Würzburg 1989 ISBN 3-429-01231-7
- Rudi Holzberger: Kartäuser. Die Alternativen von Marienau. In: GEO 3/1987, S. 36-54
- Robin B. Lockhart: Botschaft des Schweigens. Das verborgene Leben der Kartäuser. Echter, Würzburg 1992 ISBN 3-429-01087-X
- S. Eva Singletary (Hrsg.): Wo die Wüste erblüht. Aus dem Erfahrungsschatz eines Einsiedlermönches. Verlag Neue Stadt, München 2004. ISBN 3-879-96632-X
- Wolfgan Riehle (Hrsg.): Das Buch von der mystischen Kontemplation, genannt: Die Wolke des Nichtwissen. Worin die Seele sich mit Gott vereint. 7. Auflage. Herder, Freiburg i.Br. 2004. ISBN 3-894-11292-1
- Robert Serrou, Kartäuser. Vom Leben in der Wüste Echter, Würzburg 2002 ISBN 3-429-01944-3
- Nancy Klein Maguire, "In der Stille vieler kleiner Stunden", Arkana HC 2007, ISBN 3442337763
Siehe auch
Weblinks
- Seite des Kartäuserordens
- Umfangreiche private Webseite mit Informationen und Bildern (englisch)
- Bildergalerie verschiedener Kartausen in aller Welt
- Webseite des Dokumentarfilmes "Die Grosse Stille" über das Leben im Mutterkloster „La Grande Chartreuse“
- Literaturliste zum Kartäuserorden
- Webseite über die Kartausen Italiens (italienisch)
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