Oberer Mundatwald

Oberer Mundatwald
Oberer und Unterer Mundatwald im Bereich des unteren Kartenrandes

Als Oberer bzw. Unterer Mundatwald werden zwei pfälzisch-elsässische Waldgebiete bezeichnet, die an der deutsch-französischen Grenze in der unmittelbaren Umgebung der französischen Kleinstadt Wissembourg (deutsch Weißenburg) liegen; die größeren Anteile befinden sich in Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Oberer Mundatwald

Der Obere Mundatwald erstreckt sich nördlich und westlich von Wissembourg, misst etwa 40 km² und ist geographisch Teil des Pfälzerwaldes. Seine höchste Erhebung ist mit 561 m die zentral beim Weiler Reisdorf gelegene Hohe Derst, außerdem liegt dort die Ruine der Burg Guttenberg. Der Obere Mundatwald gehört zum grenzüberschreitenden Biosphärenreservat Pfälzerwald-Vosges du Nord.

Unterer Mundatwald

Der Untere Mundatwald liegt östlich von Wissembourg in der südpfälzischen Rheinebene, besitzt eine Fläche von knapp 20 km² und ist geographisch Teil des Bienwalds. Seine höchste Erhebung ist ein 141 m hoher Hügel im Südwesten links der Lauter (Wieslauter).

Geschichte

Von den Anfängen bis zur Französischen Revolution

Um das Jahr 760 schenkte Pippin, der Vater Karls des Großen, dem Kloster Weißenburg ein damals etwa 320 km² großes Gebiet. Unter dem Namen Mundat war es 200 Jahre später Teil der von Otto II. bestätigten Kloster-Immunität. Zu diesem Gebiet, durch das heute die deutsch-französische Grenze verläuft, zählten zahlreiche Orte in der näheren Umgebung von Weißenburg mit ihren Feld- und Waldgemarkungen. Die Waldgebiete und die meisten Ortschaften blieben im Eigentum des Klosters, bis durch die Französische Revolution die kirchlichen Besitztümer säkularisiert wurden.

Von Napoleon bis zum Zweiten Weltkrieg

Als nach der Ära Napoleons 1815 im Frieden von Paris die Grenze zwischen Frankreich und der nun bayerischen Pfalz festgelegt wurde, fiel das gesamte Gebiet nördlich der Wieslauter an das Königreich Bayern, das damit Eigentümer von Teilen der Stadt Weißenburg, Teilen des Unteren Mundatwaldes sowie des gesamten Oberen Mundatwaldes wurde. Nach dem Deutsch-Französischen Krieg wurden 1871 die Teile der Stadt Weißenburg wieder vereinigt, der Obere Mundatwald verblieb aber weiterhin – bis 1945 – bei Bayern.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

1946 wurde der Obere Mundatwald von der französischen Besatzungsbehörde annektiert, um die Wasserversorgung für Wissembourg sicherzustellen. Rechtlich abgesichert wurde dies durch Art. 1 Nr. 4 der Verordnung Nr. 212 über Grenzberichtigungen vom 23. April 1949, in der General Koenig, Chef des Französischen Oberkommandos in Deutschland, verschiedene vorläufige Änderungen der deutschen Westgrenze anordnete. Damit unterstand dieses Gebiet der alleinigen französischen Verwaltung. Aufgrund dieser besatzungsrechtlichen Vorschrift bestand zwar weiterhin die territoriale Souveränität Deutschlands über das Gebiet des Mundatswaldes, die Ausübung der deutschen Hoheitsgewalt war dort jedoch ausgeschlossen (sogenannte Verwaltungszession).

Verhandlungen über den Status des Gebietes hatten erst 1962 Erfolg, als das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Regelung verschiedener Grenzfragen vereinbart wurde. Da allerdings der Deutsche Bundestag anders als die Französische Nationalversammlung dieses Abkommen, in dem der Obere Mundatwald Frankreich zugeschlagen wurde, nicht ratifizierte, erlangte es keine Rechtsgültigkeit.

Auch in den Folgejahren wurde erneut um den Status des Gebietes verhandelt. Eine Einigung wurde 1984 erzielt, als die beiden Regierungen in einem Notentausch vereinbarten, dass die Gebietshoheit auf die Bundesrepublik übertragen werde. Im Gegenzug sollte Frankreich das Eigentum an großen Teilen des Oberen Mundatwaldes erhalten. Davon nicht berührt waren lediglich Privateigentümer aus der Zeit vor 1949 und die Ruine Guttenberg.

1986 wurde die Verordnung Nr. 212 aufgehoben[1], nachdem auch die britische und die US-amerikanische Regierung der Aufhebung zugestimmt hatten. Seitdem ist der Obere Mundatwald wieder uneingeschränkt deutsches Hoheitsgebiet. Mit der Übertragung der Grundstücksrechte an Frankreich nach den deutschen Vorschriften wurde das Verfahren 1990 abgeschlossen. Mittlerweile hat die Justiz bestätigt, dass auch französische Jagdpächter im Oberen Mundatwald sich an die deutschen Richtlinien zu halten haben[2][3].

Literatur

  • Karl Bertzel: Das völkerrechtliche Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich: zugleich ein Beitrag zu den Entschädigungsansprüchen elsaß-lothringer früherer Wehrmachtsangehöriger und zu den derzeitigen französischen territorialen Forderungen gegen Deutschland im Mundatwald. Kuratorium zur Erhaltung des Mundatwaldes, Zweibrücken 1979
  • Heidi Dünisch: Der Mundatwald – zur Bereinigung letzter Kriegsfolgenprobleme zwischen Deutschland und Frankreich. Lang, Frankfurt am Main 1989, ISBN 3631419007
  • Das Deutsche Reich und die Bundesrepublik Deutschland im Streit um den Mundatwald? In: Archiv des Völkerrechts. Mohr, Tübingen, ISSN 0003-892X (1989), 27 (1989) 1

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Art. 14 des 1. Gesetzes zur Bereinigung des Verwaltungsverfahrensrechts vom 18. Februar 1986 (Bundesgesetzblatt I, Seiten 265, 268)
  2. Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße, Urteil vom 27. August 2007, Aktenzeichen 4 K 596/07.NW
  3. Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 13. August 2008, Aktenzeichen 8 A 11351/07.OVG

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