Ogrodzieniec (Kisielice)

Ogrodzieniec (Kisielice)
Ogrodzieniec
Ogrodzieniec führt kein Wappen
Ogrodzieniec (Polen)
DEC
Ogrodzieniec
Ogrodzieniec
Basisdaten
Staat: Polen
Woiwodschaft: Ermland-Masuren
Landkreis: Iława
Gmina: Kisielice
Geographische Lage: 53° 36′ N, 19° 19′ O53.619.3166666666677Koordinaten: 53° 36′ 0″ N, 19° 19′ 0″ O
Einwohner: 350
Telefonvorwahl: (+48) 55
Kfz-Kennzeichen: NIL
Wirtschaft und Verkehr
Straße: GrudziądzOstróda
Nächster int. Flughafen: Flughafen Danzig

Ogrodzieniec [ɔgrɔˈdʑɛɲɛts] (deutsch Neudeck) ist eine Ortschaft von 300 Einwohnern, die zur Gemeinde Kisielice in der polnischen Woiwodschaft Ermland-Masuren gehört. Der Ort liegt im Kreis Iława und liegt nahe der Landstraße von Iława nach Kisielice. Bekannt wurde es als ländliche Residenz des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg, der hier am 2. August 1934 starb.

Geschichte

Neudeck, der Ortsname bis 1945, wurde, obwohl er deutsch klingt, wahrscheinlich vom pruzzischen Nejdekai abgeleitet.

Das Dorf wurde um 1320 von einem adligen Lokator namens Albrecht gegründet, der das Stiftungsprivileg vom Kapitel von Pomesanien erhielt. Im Kriege zwischen dem Polenkönig Kasimir IV. und dem Deutschen Orden wurde das Dorf 1444 vollständig zerstört und hatte 1543 nur noch zwei Bauern.

Der Stifter der Hindenburgschen Güter in Westpreußen war Oberst Otto Friedrich von Hindenburg († 10. Januar 1765), der aus einem Adelsgeschlecht in Hinterpommern stammte, das sich später in der Neumark verbreitete. Für seine Verdienste in den Schlesischen Kriegen erhielt er von Friedrich dem Großen zwei Güter in Westpreußen, Neudeck und Limbsee (heute Limża). Otto Friedrich blieb kinderlos und wurde von seinen Schwestern Sophie und Barbara beerbt. Nach dem Tode Barbaras im Jahre 1778 gingen die Güter an ihren Enkel Otto Gottfried von Beneckendorff, den Urgroßvater des späteren Reichspräsidenten, über – jedoch unter der Bedingung, dass der Erbe auch den Namen und das Wappen derer von Hindenburg übernehme. Dies wurde am 2. Januar 1789 von König Friedrich Wilhelm II. bewilligt und die Mitglieder der Familie trugen seitdem den Doppelnamen von Beneckendorff und von Hindenburg. Otto Gottfried errichtete um diese Zeit das Alte Herrenhaus von Neudeck, einen zweistöckigen Bau mit sechs Mansarden im oberen Stock.

Nach dem Tode Otto Gottfrieds 1827 erbte sein Sohn Otto Ludwig das Gut. Dieser wandelte Neudeck in ein Majorat um, das er an den ältesten seiner vier Söhne, Albert, vererbte. Die übrigen drei Brüder, unter ihnen der jüngste, Robert, der Vater Pauls von Hindenburg, schlugen eine Offizierskarriere im preußischen Heer ein. Albert heiratete 1830 eine reiche Erbin aus der Eylauer Gegend, Lina von Polenz auf Langenau (heute Lągowo). Nach dem Tode der beiden ging Langenau an ihren Sohn Günther und Neudeck an dessen Schwester Lina. Diese heiratete Paul von Hindenburgs Bruder Otto Ludwig († 1908). Nach dem Tode ihres Mannes war Lina alleinige Inhaberin von Neudeck.

Das letzte Domizil des Reichspräsidenten Hindenburgs

Anlässlich des 80. Geburtstages von Reichspräsident Paul von Hindenburg im Jahre 1927 organisierte einer der Nachbarn von Neudeck, der ehemalige kaiserliche Kammerherr Elard von Oldenburg-Januschau, der in Vereinen der Kriegsveteranen tätig war, eine Spendenaktion (den Hindenburgpfennig), um das Gut Neudeck zu kaufen und dem Reichspräsidenten als Geschenk des deutschen Volkes zu übergeben. Die Aktion war erfolgreich und Paul von Hindenburg durfte die Herrschaft im Jahre 1928 übernehmen. In den nächsten zwei Jahren ließ er das Herrenhaus vergrößern und erweitern: Es bekam nun drei Stockwerke und ein Dachgeschoss mit Mansarden. Hier hielt sich Hindenburg auf, wenn seine persönliche Anwesenheit in Berlin nicht notwendig war, hier fanden auch viele wichtige Besprechungen statt, die das Schicksal des Deutschen Reiches entscheidend beeinflussten.

Bei der Machtergreifung Hitlers wurde auch das an Neudeck angrenzende Nachbargut Langenau, eine Domäne des preußischen Staates, 1933 dem Reichspräsidenten geschenkt. Der damalige Pächter von Langenau, Paul Gerhard Goertz, wurde von der NSDAP gezwungen, seinen bis 1948 laufenden Pachtvertrag sowie das lebende Inventar (ohne Entschädigung und ohne Wissen des Reichspräsidenten) aufzugeben. Diese Schenkung war wohl der Dank Hitlers an Hindenburg für dessen Duldung dieser Machtergreifung. Nach dem Tode Hindenburgs erbte sein Sohn Oskar von Hindenburg († 1960) Neudeck.

Im Jahre 1945 wurde das Haus von sowjetischen Soldaten geplündert und angezündet. Die Ruine wurde um 1950 völlig abgetragen.

Literatur

  • Ernst Heinrich Kneschke, Neues allgemeines deutsches Adels-Lexicon, Band I., Leipzig 1846, Nachdruck, ISBN 3-487-04549-4
  • Hans Graf von Lehndorff, Ostpreußisches Tagebuch, München 1972 (Taschenausgabe 2003), ISBN 3-423-30094-9
  • Wolfgang Weßling, „Hindenburg, Neudeck und die deutsche Wirtschaft. Tatsachen und Zusammenhänge einer 'Affäre'“. In: Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 64. Band, Heft 1 (1977), S.41-73.

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