Olbers-Paradoxon

Olbers-Paradoxon

Das Olberssche Paradoxon geht auf den deutschen Astronomen Heinrich Wilhelm Olbers zurück, der dieses Problem im Jahre 1826 formulierte, nachdem es bereits von anderen Wissenschaftlern erkannt worden war. Es geht von der Frage aus, warum der Nachthimmel dunkel ist, obwohl man doch erwarten könnte, in jeder Richtung einen Stern zu sehen, wenn das Weltall unendlich und im Mittel nach dem Kopernikanischen Prinzip gleichförmig wäre. Der Nachthimmel müsste also strahlend hell sein.

Inhaltsverzeichnis

Annahme

In Analogie zum Olbersschen Paradoxon gibt es in einem Wald keine lichten Bereiche: in jeder Blickrichtung steht ein Baum.

Unterstellt man, dass das Universum eine unendlich große Zahl an gleichmäßig verteilten räumlich ausgedehnten Sternen hat, dann gilt:

  1. Die Gesamthelligkeit eines Sternes ist unabhängig von der Entfernung eines Beobachters (d. h., das Licht zerstreut sich zwar, erlischt allerdings nicht).
  2. Ist das Universum unendlich groß, ist auf jeder möglichen Sichtlinie irgendwann ein Licht ausstrahlender Himmelskörper, sofern er nicht punktförmig ist.
  3. Daraus folgt: Jeder Punkt am Himmel sollte dieselbe Helligkeit wie die Oberfläche eines Sternes besitzen.

Das widerspricht aber deutlich den Beobachtungen. Die Voraussetzungen, die zu dieser Zeit weitgehend akzeptiert wurden, konnten also nicht stimmen.
Kepler, der bereits ähnliche Überlegungen hatte, sah dies als ein Argument für ein endliches Universum oder zumindest eine endliche Zahl von Sternen.

Veranschaulichung des Olbersschen Paradoxons

Um das Paradoxon besser zu veranschaulichen, kann man sich die Erde in der Mitte einer Ebene vorstellen. Wäre das Universum in etwa überall gleich aufgebaut und unbegrenzt groß, so sähe der Beobachter innerhalb des Abstands r (vergleichbar mit einer Horizontlinie) alle Sterne innerhalb dieses Radius. Dabei nimmt die scheinbare Größe des Himmelskörpers proportional zur Entfernung vom Betrachter ab. Erhöht man diese Sichtlinie um x (r + x), so nimmt die Zahl der Sterne darin quadratisch, also um zu, wobei allerdings die sich darin befindlichen Sterne um die Wurzel von x kleiner wirken. Vergleicht man die „Gesamthelligkeit“ der beiden Radien, stellt man fest, dass beide einander entsprechen. Dies bedeutet, dass unabhängig davon, wie weit ein Beobachter auch blicken mag, die kollektive Anzahl an sichtbaren Sternen am Horizont direkt proportional zum Abstand zunehmen würde. Geht man nun auch davon aus, dass das Universum unbegrenzt groß ist und das Licht unbegrenzt Zeit hätte, uns zu erreichen, so würde dies bedeuten, dass es auf der Erde niemals dunkel werden könnte.

Heutige Erklärungen des dunklen Nachthimmels

Die heute verbreitete Vorstellung zur Erklärung des dunklen Nachthimmels ist, dass das endliche Alter des Universums und Wirkungen der allgemeinen Relativitätstheorie auf unsere Ansicht des Urknalls in der Tat ein räumlich begrenztes Universum voraussetzen. Die wahre Ursache für den dunklen Sternenhimmel habe aber mit der Rotverschiebung zu tun (d. h. einem Kosmos, der Lichtenergie „verschluckt“, ohne sich dabei zu erwärmen und sie zum Beispiel in Masse umzuwandeln).

Akzeptierte Erklärungen

Drei Effekte könnten das Olberssche Paradoxon erklären: das endliche Alter des Universums, die Expansion des Weltalls mit Rotverschiebung und die begrenzte Lebensdauer von Sternen.

Das endliche Alter des Universums

Das Licht ist noch nicht da.

Diese Deutung basiert auf der Tatsache, dass Licht eine begrenzte Geschwindigkeit hat und das Standardmodell der Kosmologie ein vor etwa 13,7 Milliarden Jahren in einem Urknall entstandenes endliches Universum postuliert. Je weiter entfernt eine Lichtquelle, desto älter ist das Bild, welches wir von ihr empfangen. Solange also nicht exakt geklärt ist, wann der Urknall stattgefunden hat, könnten noch weitere bisher unbekannte Lichtquellen hinzukommen. Wenn man in einem Gedankenexperiment sich vorstellt, man könne beliebig lange den Himmel betrachten, könnte man dann sogar Licht von einem Zeitpunkt vor dem Urknall sehen, falls es auch da schon so etwas wie Licht gab. Ironischerweise wurde eine ähnliche Erklärung vom Dichter Edgar Allan Poe formuliert. Seine These besagte, dass die Nacht nur schwarz sei, weil das Licht von weiter entfernten Regionen so weit entfernt sei, dass es uns noch nicht erreicht habe. [1] Das würde allerdings bedeuten, dass sich das Paradoxon in ferner Zukunft auflöst und der Nachthimmel dann tatsächlich hell erleuchtet wäre.

Die Rotverschiebung

Das Licht ist nicht mehr sichtbar.

Unter der Annahme eines durch den Urknall entstandenen (d. h. endlichen) Universums stellt sich die Frage, weshalb man vom Urknall kein sichtbares Licht erhält. Der Grund dafür ist, dass die Strahlung vom Urknall als Ergebnis der kosmischen Ausdehnung in den Mikrowellenbereich rotverschoben wurde und nun nicht mehr im sichtbaren Spektrum, sondern als kosmische Hintergrundstrahlung existiert. Licht von weit entfernten Sternen wird weiterhin durch die mit dem Abstand zunehmende Rotverschiebung ins unsichtbare verschoben. Außerdem beschränkt die Ausdehnung des Universums die Größe des beobachtbaren Universums, was bedeuten würde, dass das Licht jenseits uns noch nicht erreicht habe, was den optischen Effekt eines begrenzt großen Universums ergeben würde. [2]

Begrenzte Lebensdauer von Sternen

Es gibt nicht genug Licht.

Die Lebensdauer eines Sterns beträgt durchschnittlich etwa 10 Milliarden Jahre, abhängig von seiner Masse. In unregelmäßigen Abständen entstehen und erlöschen Sterne. Somit würde zu jeder Zeit nur eine begrenzte Menge an Sternen leuchten. Dies könnte bedeuten, dass nie genügend Sterne aktiv wären, um das Universum scheinbar komplett mit Licht zu füllen.

Mythen und alternative Erklärungen

Nach einer von Wissenschaftlern heute nicht mehr benutzten Erklärung wird Sternenlicht von dunklen Sternen, von Staub- oder Gaswolken absorbiert oder blockiert, sodass die Strahlungsweite von Licht räumlich begrenzt wäre. Allerdings würden sich diese im Laufe der Zeit aufheizen, sofern die Energie nicht in feste Stoffe umgewandelt würde, und dann ebenfalls mit der Strahlungstemperatur der Umgebung strahlen.

Das Olberssche Paradoxon würde nämlich sonst dem zweiten Gesetz der Thermodynamik widersprechen: Gemäß dem zweiten Gesetz der Thermodynamik kann kein Material heißer als seine Umgebung sein, ohne Strahlung an diese abzugeben. Es gibt kein Material, welches sowohl gleichmäßig im All verteilt sein könnte und mehr Strahlung absorbiert als es emittiert, ohne sich dabei zu erwärmen. Gemäß dem Energieerhaltungssatz kann Energie nicht verloren gehen. Daher würde sich die Materie aufheizen und die Energie bald wieder abstrahlen (wahrscheinlich in verschiedenen Wellenlängen). Dies würde bald in intensiver Strahlung resultieren, so stark wie die Sterne selber, was aber der Beobachtung widerspricht. Falls es allerdings ein Partikel geben würde, welches elektromagnetische Energie direkt in dieselbe Materie umwandeln würde, wäre diese Theorie durchaus plausibel. Das ist jedoch sehr unwahrscheinlich.

Eine andere Lösung, die nicht auf der Urknalltheorie basiert, wurde 1974 von Benoît Mandelbrot vorgeschlagen. Er behauptete, dass, wenn die Sterne im Universum fraktal verteilt wären, es nicht notwendig sein würde, das Problem mit der Urknalltheorie in Verbindung zu bringen. Dies ist eher eine theoretische Konsequenz als eine ernsthafte Lösung des Paradoxons, da die Vorstellung eines fraktalen Universums bereits weitgehend widerlegt wurde. Die Idee eines hierarchischen Kosmos (den man also einen fraktalen Kosmos nennen würde) ist nicht Mandelbrots Erfindung, sondern wurde tatsächlich bereits 1908 von Carl Charlier vorgeschlagen.

Literatur

  • Heinz-Dieter Ebbinghaus und Gerhard Vollmer (Hrsg.): Warum wird es nachts dunkel? Das Olberssche Paradoxon als wissenschaftstheoretische Fallstudie. Denken Unterwegs, Stuttgart 1992

Siehe auch

Weblinks

Referenzen

  1. Books: Edgar Allan Poe: Eureka-A Prose Poem
  2. siehe „Das endliche Alter des Universums“ – Erklärung

Weitere Quellen:


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