Opinel-Messer

Opinel-Messer

Ein Opinel-Messer, oder einfach Opinel, ist ein simples, preiswertes Klappmesser mit Holzgriff, das seit Ende des 19. Jahrhunderts vom gleichnamigen Unternehmen im französischen Savoyen hergestellt wird. Das einfache, für die Landarbeit entwickelte Messer wurde über die Jahre in Funktion und Form nur geringfügig verändert und weiterentwickelt. Es ist heute rund um den Erdball bekannt und in millionenfacher Stückzahl verbreitet. Insbesondere im Herkunftsland Frankreich gilt das Opinel als Klassiker der Alltagskultur.

Opinel-Messer in Größe 10 mit Klinge aus Kohlenstoffstahl und Buchenholzgriff
Ein rostfreies Opinel-Messer in Größe 7

Inhaltsverzeichnis

Herkunft

In der Werkstatt seines Vaters, des Werkzeugmachers im kleinen Dorf Albiez-Le-Vieux bei Saint-Jean-de-Maurienne, konstruierte der achtzehnjährige Joseph Opinel im Jahre 1890 ein einfaches und robustes Klappmesser. Um Form und Funktion an seine Vorstellungen anzupassen und das Messer kostengünstig in Serienfertigung herstellen zu können, entwickelte er zunächst eine Vorrichtung aus einer kleinen Kreissäge, mit deren Hilfe er einen Schlitz zur Aufnahme der zugeklappten Klinge in den hölzernen Griff sägen konnte. So gelang ihm der Entwurf eines sehr handlichen und zudem preiswerten und haltbaren Arbeitsmessers für die Hosentasche, das sich im von der Landarbeit geprägten Savoyen gut verkaufte. Bereits 1896 stellten drei angestellte Handwerker täglich 60 Exemplare her. Im Jahre 1901 war die elterliche Werkstatt zu klein für die Messerproduktion geworden, so dass Opinel im gleichen Ort eine größere Werkstatt baute, in der er fünfzehn Mitarbeiter beschäftigte. Hier gab es erstmals einen Dynamo für die Stromversorgung. 1909 registrierte Joseph Opinel sein Markenzeichen, die gekrönte Hand, zur Kennzeichnung seiner Produkte.

Vertrieben wurden die Messer zunächst über Hausierer, die damals über Land reisten und die Bevölkerung mit Kurzwaren belieferten – Josephs Onkel Victor-Amédée war selbst ein solcher. Bald schon erschloss Opinel aber weiter reichende Vertriebswege und begann den Export der Messer in die Nachbarländer Italien und die Schweiz. 1911 nahm er mit seinen Produkten an der internationalen Ausstellung in Turin teil und erhielt eine Goldmedaille für seine Arbeit.

Ab 1920 erfolgte die Produktion in einer neuen Manufaktur in Cognin bei Chambéry. Bis zum Beginn des 2. Weltkrieges wurden 20 Millionen Exemplare verkauft. Sitz und größter Produktionsstandort der Firma ist seit 1973 Chambéry. Die Firma ist bis heute im Opinel'schen Familienbesitz und wird von Denis Opinel, einem Urenkel Joseph Opinels, geleitet. In Saint-Jean-de-Maurienne betreibt man heute ein „Opinel-Museum“ (Le Musée de l'Opinel). Opinel beschäftigt heute an den beiden Produktionsstätten Cognin und Chambéry rund 100 Mitarbeiter. Mit Hilfe automatisierter Fertigungsprozesse werden jährlich vier bis fünf Millionen der Klappmesser für den weltweiten Vertrieb hergestellt.

Beschreibung

Werkstoffe

Die Klinge ist mittels gedrehtem Sicherungsring fixiert

Das ursprüngliche, bis heute produzierte Modell ist aus den für seinen Herkunftsort typischen Materialien hergestellt: Der Griff entsteht aus dem Holz der Buche, die Klinge wird aus Kohlenstoffstahl, wie er im 19. Jahrhundert vielerorts in Frankreich von lokalen Eisenhütten hergestellt wurde, geschmiedet. Dieser thermisch gehärtete Messerstahl hat einen Kohlenstoff-Anteil von 0,9 Prozent. Es ist c90 Stahl. Ein solcher Werkstoff ermöglicht der Klinge eine hohe Schärfe und Zähigkeit, führt aber auch zu höherem, wenn auch gleichmäßigem Verschleiß, der regelmäßiges Nachschärfen erforderlich macht. Da dieser Stahl weder Chrom noch Carbide enthält, zeigt die Klinge nach Kontakt mit Säuren Anlauffarben. Sie sollte nach Gebrauch abgetrocknet und im Idealfall mit etwas säurefreiem Öl behandelt werden, um Rost zu vermeiden.

In den letzten Jahren brachte Opinel zahlreiche Variationen des Basismodells auf den Markt. Dabei wurden auch edle Holzarten wie Eiche, Walnuss, Olive, Rosenholz und gebeizte Hainbuche verwendet, ebenso andere Materialien wie etwa Horn vom afrikanischen Rind. Rostfreie Klingen sind ebenfalls erhältlich. Sie sind beim ziehenden Schnitt auf unterem Niveau schnitthaltiger als die Kohlenstoffstahlklingen, erreichen jedoch nicht deren Schärfe. Auch lassen sie sich aufgrund der enthaltenen Carbide schwerer schleifen. Ein „Luxus-Opinel“ ist die Variante mit Bubinga-Holzgriff und rostfreier Klinge.

Aufbau

Das gleiche Messer mit gelöstem Sicherungsring – die Klinge kann eingeklappt werden

Der Aufbau des Opinel-Messers ist sehr einfach, denn es besteht aus lediglich vier beziehungsweise fünf Bauteilen: Eine Klinge, ein hölzerner Griff, ein Drehzapfen zum Klappen der Klinge, eine Blechmanschette am vorderen Ende sowie darüber (außer im Falle der kleinsten Modelle bis Größe n°5) ein drehbarer Sicherungsring („Virobloc“). Mit diesem kann man die Klinge im offenen Zustand arretieren, um Verletzungen der Hand durch unabsichtliches Zuklappen des Messers zu verhindern. Der patentierte, im Jahre 1955 eingeführte Sicherungsring ist ringförmig ausgebuchtet und wird so vom Drehzapfen als Manschette um den Griff geführt. Er ist nicht absolut zylindrisch geformt, sondern klingenseitig leicht abgeschrägt, um eine Lockerung der Klingenarretierung im Gebrauch zuverlässig auszuschließen. In den letzten Jahren entwickelte man diesen Mechanismus weiter, so dass er nun auch die Klinge im geschlossenen Zustand gegen unbeabsichtigtes Öffnen blockieren kann.

Design

Die elegante Klingenform ist an ein traditionelles, als yatagán bekanntes Design angelehnt. Das Griffende erinnert an die Form eines Fischschwanzes, ein Element der besonderen Eignung als Anglermesser, da sich gefangene Fische mit der Griffkante schnell und waidgerecht durch einen Schlag töten lassen. Auch lässt sich die Klinge durch Klopfen mit der klingenseitig hervorstehenden Kantenspitze auf einen festen Gegenstand leicht aus dem Griff ausklappen.

Eine geöffnete Opinel-Hippe

Es gibt inzwischen eine Vielzahl verschiedener Modelle. Einige davon haben eher Sammlerwert als praktischen Nutzen, so gibt es mit dem „Géant Opinel“ eine überdimensionierte Version mit einer 22 Zentimeter langen Klinge, die im ausgeklappten Zustand eine Messerlänge von über 50 Zentimeter ergibt. Schmalere und längere Modelle eignen sich zum Filetieren von Fisch. Es gibt Werkzeuge wie eine Hippe für den Gartenbau oder eine Klappsäge. Auch Küchenmesser und Besteck ohne Klappmechanismus werden unter der Marke Opinel vertrieben. Angelehnt an das klassische Modell ist in der Größe n°7 auch ein Messer für Kinder ab fünf Jahren (Mon prèmier Opinel – Mein erstes Opinel) erhältlich, dessen Spitze abgerundet ist.

Das in den USA auch als „French Knife“ bekannte Standardmodell ist im Museum of Modern Art in New York City ausgestellt. Im Jahre 1985 wurde es im Rahmen einer Ausstellung über Produktdesign im Victoria and Albert Museum in London präsentiert.

Logo

Opinel-Logo

Das Symbol der main couronnée („die gekrönte Hand“) war bereits auf den ersten Opinel-Messern eingestanzt. Später wurden die Worte OPINEL und FRANCE hinzugefügt, ebenso wie INOX („rostfrei“) bei Klingen aus rostfreiem Stahl.

Das Hand-Symbol wurde dem Stadtwappen von Saint-Jean-de-Maurienne entnommen. Die heilige Thekla soll im 6. Jahrhundert drei Finger der Hand von Johannes dem Täufer aus Alexandria als Reliquie in den Ort gebracht haben. Die Krone symbolisiert das Herzogtum Savoyen.

Größen

Das klassische Opinel wird in elf Größen, nummeriert von 2 bis 13, vertrieben:

n°2: Klinge 3,5 cm   n°6: Klinge 7 cm     n°10: Klinge 10 cm
n°3: Klinge 4 cm     n°7: Klinge 8 cm     n°12: Klinge 12 cm
n°4: Klinge 5 cm     n°8: Klinge 8,5 cm   n°13: Klinge 22 cm
n°5: Klinge 6 cm     n°9: Klinge 9 cm
Extremer Größenunterschied: Modell n°2 und „Géant Opinel“

Die Größen n°1 und n°11 wurden nur bis 1939 hergestellt. Das kleine Messer n°1 mit seiner knapp zwei Zentimeter langen Klinge wurde an einer Uhrkette getragen und sollte beispielsweise als Pfeifen- oder Nagelreiniger dienen – diese Anwendungen setzten sich nicht durch. In den 90er Jahren bildete es das Motiv für eine Schmuckstück-Serie von Jacques Bellon. Originale dieses Miniaturmessers sind heute jedoch so gut wie nicht mehr vorhanden – selbst der Hersteller besitzt nur noch zwei Exemplare. Die Herstellung des Messers mit der Größe n°11 endete, da Klappmesser mit einer mehr als zehn Zentimeter langen Klinge damals nicht sehr gebräuchlich waren, weshalb man die nahe liegenden Größen 10 und 12 als ausreichend betrachtete.

Das Messer n°8 ist das wohl populärste Opinel, mit einer für die meisten Anwendungen handlichen Größe. Es kann als Schnitz- oder Allzweckmesser benutzt werden, jedoch ist es für grobe Aktivitäten ungeeignet. Aber auch die größeren Modelle sind gut für die Küche oder für das Campen geeignet.

Das Riesenmodell „Géant“ ist mit der Größenangabe n°13 beschriftet. Im Gegensatz zu den kleineren Modellen wurde es jedoch nie für praktische Anwendungen entwickelt und fällt durch den enormen Größenunterschied zu seinen Geschwistern aus der klassischen Nummerierung heraus.

Alltagskultur

Ein Opinel mit der charakteristischen Patina

Das Opinel-Messer ist seit langer Zeit ein Gegenstand der französischen Alltagskultur, mit dem Stellenwert einer modernen Ikone. Die Bezeichnung Opinel wurde als Eponym in den allgemeinen Sprachgebrauch übernommen und wird beispielsweise in deutsch-französischen Wörterbüchern mit „das Klappmesser“ übersetzt.

Opinel-Skulptur in St Jean de Maurienne

Das Design des einfach konstruierten Opinel, das inzwischen seit über einem Jahrhundert im Wesentlichen unverändert verkauft wird, gilt als klassisch. Opinels sind handlich, leicht und im Falle des Verlustes preiswert zu ersetzen. Gut gepflegte Messer können eine lange Lebensdauer erreichen, wobei Stahlklinge und Holzgriff im Alter meist eine Patina erhalten.

Einer der Vorteile der simplen Konstruktion und Herstellung ist der geringe Preis des Opinels. Andere „klassische“ Messer wie das Laguiole oder das Nontron sind deutlich teurer. So bietet sich der Erwerb mehrerer Exemplare, vielleicht in unterschiedlichen Größen, Farben oder Materialien etwa für Sammler an. Der niedrige Preis ermöglicht auch den Vertrieb in Geschenkboxen mit mehreren Messern oder als Werbegeschenk mit Firmenaufdruck. Einige Besitzer nutzen die Messer sogar als „Rohmaterial“ für eigene Kreationen, indem sie etwa den Griff durch Schnitzen oder Pyrographie (Einbrennen von Symbolen und Schrift) umgestalten.

Während die Messer in Italien und in der Schweiz schon seit 1914 erhältlich sind und seitdem auch dort weite Verbreitung fanden, wurden sie erst ein halbes Jahrhundert später in größerem Stil nach Österreich und Deutschland exportiert, weshalb sie hierzulande weniger bekannt sind, sich jedoch in letzten Jahren vor allem unter Outdoor-Freunden einen Namen gemacht haben.

Im Gegensatz dazu dürfen in Großbritannien die Messer zwar vertrieben werden, das Mitführen in der Öffentlichkeit von „lock knives“ (Messern mit verriegelbarer Klinge), feststehenden Messern oder Klappmessern mit einer Klingenlänge von mehr als drei Zoll (76 mm) ist aber grundsätzlich untersagt, es sei denn ein „guter Grund“ („legal reason“) erklärt das Mitführen des Messers[1]. Davon betroffen sind alle Opinels ab n°6 und größer.

Literatur

  • Jean-Noël Mouret: Messer. Pabel-Moewig, Rastatt 2001. ISBN 3-8118-1706-X

Quellen

  1. 1988 Criminal Justice Act, Section 139, Offence of having article with blade or point in public place

Weblinks



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