Asil Araber

Asil Araber
Vollblutaraber
Wichtige Daten
Ursprung: Arabische Halbinsel
Hauptzuchtgebiet: Orient, USA, Großbritannien, Ungarn, Polen, Deutschland, Russland
Verbreitung: weltweit
Stockmaß: 140 - 156 cm
Farben: Häufig Schimmel aber auch Füchse, Braune, Rappen
Haupteinsatzgebiet: Reitpferd, Distanzsport, Zucht, Show, Wanderreiten
Brandzeichen

Der Vollblutaraber − auch Arabisches Vollblut − ist die rein gezogene Form des Arabischen Pferdes, welches zur Gruppe der Vollblüter gehört. Shagya-Araber, Anglo-Araber, Arabische Halbblüter und Araber werden vom Reinzucht Arabischen Vollblüter unterschieden, da sie alle einen Anteil an Fremdblut aufweisen. Ein Vollblutaraber, der in seinen sämtlichen Abstammungslinien erwiesenermaßen auf Originalaraber aus der Wüstenzucht der Beduinen auf der Arabischen Halbinsel zurückgeht, wird als „asil“ bezeichnet. In deutschen Abstammungspapieren wird der Vollblutaraber durch ein ox hinter dem Namen gekennzeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Für Hintergrundinformationen zur Pferdebewertung und -zucht siehe: Exterieur, Interieur und Pferdezucht.

Exterieur

Kopf eines Vollblutarabers mit deutlich erkennbarem Hechtkopf

Der Vollblutaraber ist eine insgesamt edle Erscheinung. Besonderes „Markenzeichen“ ist sein kleiner Kopf mit breiter Stirn, großen, tiefliegenden Augen und großen, sich trichterförmig öffnenden Nüstern. Häufig verläuft das Nasenbein konkav (Hechtkopf). Weiterhin charakteristisch sind ein hoher Schweifansatz und ein - von der Seite gesehen - eher quadratisches Format, im Gegensatz zu den modernen, warmblütigen Reitpferderassen, die ein Rechteckformat aufweisen.

Skelett eines Arabischen Vollblutes mit 17 Rippen

Eine Besonderheit ist die Anzahl der Wirbel: Der Vollblutaraber besitzt (meistens) 17 Rippen, fünf Lendenwirbel und 15 Schweifwirbel, während andere Pferderassen 18 Rippen, sechs Lendenwirbel und 16-18 Schweifwirbel aufweisen. Das Stockmaß liegt zwischen 140 und 156 cm. Er gilt als die schönste und älteste aller Pferderassen.

Interieur

Vollblutaraber stehen im Ruf robust, sensibel, genügsam, menschenbezogen und lebhaft zu sein. Diese Eigenschaften machten sie weltweit zu einer der beliebtesten Freizeitpferderassen. Ihre eigentliche sportliche Domäne ist – ihrer einzigartigen Ausdauer, Härte und Schnelligkeit wegen – der Distanzsport, der von arabischen Pferden dominiert wird. Auch Araberrennen werden in vielen Ländern abgehalten. Insbesondere in der arabischen Welt gelten besonders edle Tiere als Statussymbol.

Zuchtgeschichte

Vollblutaraber werden seit dem 7. Jahrhundert auf der arabischen Halbinsel gezüchtet. Für die Theorie, dass dies in Reinzucht, d. h. ohne Fremdbluteinfluss erfolgte, spricht zumindest, dass der Koran Aussagen des Propheten Mohammed überliefert, wonach es eine religiöse Pflicht sei, die eigenen Pferde asil (arabisch für 'rein/sauber') zu züchten. Anlass dafür waren militärische Niederlagen, die der Prophet anfangs gegen seine Gegner erlitt. Diese waren besser beritten als seine eigene Kavallerie. Das Arabische Pferd gilt deshalb als die älteste Haustier-Zuchtrasse der Welt.

Der Ruf dieser Pferderasse drang im Laufe der Zeit, insbesondere über das jahrhundertelang von den Arabern beherrschte Spanien, bis nach Mitteleuropa. Im 19. Jahrhundert schickten deshalb europäische Fürstenhäuser kostspielige Expeditionen nach Syrien und in die angrenzenden Steppengebiete der Arabischen Halbinsel, um sich einige dieser arabischen Pferde zu sichern, mit denen sie die heimische Zucht verbessern (veredeln) wollten. Geleitet wurden diese Expeditionen meist von hervorragend qualifizierten Gestütsbeamten. Sie erwarben originale Araberpferde direkt von den Beduinen oder von einheimischen Zwischenhändlern und transportierten die gekauften Pferde über Land und See nach Europa. Die Hengste wurden dort in der eigenen Landespferdezucht als Veredler eingesetzt. Mit den wenigen Stuten, die die Beduinen bereit waren, ziehen zu lassen, wurden aber auch Reinzuchten aufgebaut, um von den teuren Importen aus Arabien unabhängiger zu werden. Als Beispiel dafür sei das Privatgestüt Weil des Königs Wilhelm I. von Württemberg genannt, das 1817 gegründet wurde und so bekannte Pferde wie Murana I, Tajar und Bairactar aus Arabien importierte. Nachkommen dieser Pferde finden sich noch heute im Haupt- und Landgestüt Marbach, dessen berühmte Araber auf die Weiler Zucht zurückgehen, und in allen Sportpferderassen der Welt. Zu erwähnen ist auch das etwas später gegründete britische Crabbet Park Arabian Stud, das ebenfalls weltweite Bedeutung erlangte, oder das k.u.k. Militärgestüt Radautz. Das Arabische Pferd wurde der Quell, aus dem das Europa des 19. Jahrhunderts schöpfte, um seine modernen, edlen Reitpferderassen zu entwickeln.

Spätestens seit Ende des Zweiten Weltkrieges hat ein Abkömmling des Arabischen Pferdes, das englische Vollblut, die Hauptrolle als Veredler der Reitpferderassen übernommen. Es stammt in der Vaterlinie von nur drei orientalischen Hengsten ab, von denen mindestens einer (Darley Arabian), ein asiler Wüstenaraber war. Dennoch werden auch heutzutage immer wieder arabische Hengste in der Warmblutzucht eingesetzt, um Härte, Gesundheit, Ausdauer, Umgänglichkeit und Schönheit in diesen Zuchten zu bewahren und zu fördern. Als Beispiele seien die arabischen Hengste Amurath 1881 und Priboj, beides Vollblutaraber, der Angloaraber Ramzes oder der Shagya-Araber Bajar genannt, die eigene Vaterlinien in der Warmblutzucht gründeten. Vermehrt wird in der deutschen Warmblutzucht auch der Umweg über den Trakehner gewählt, der mehr oder weniger eine anglo-arabische Rasse darstellt. In der französischen Sportpferdezucht nimmt diese Rolle der französische Angloaraber ein. Durch diese Maßnahmen erreicht man, dass der erwünschte arabische Blutanteil erhalten bleibt, ohne den Nachteil der zu geringen Größe in der F1-Generation in Kauf nehmen zu müssen.

Eingeschleppte Seuchen sowie die Einführung des Automobils und des Gewehrs rissen Anfang des 20. Jahrhunderts tiefe Wunden in die Population des arabischen Pferdes in seinem Ursprungszuchtgebiet. Der reine, asile Araber drohte in seiner Heimat auszusterben. Die größten Populationen arabischer Pferde finden sich deshalb heutezutage in den USA, Großbritannien, Ungarn, Polen und Deutschland. In den letzten Jahren haben die Herrscherfamilien auf der Arabischen Halbinsel dieses arabische Kulturgut wiederentdeckt. Mit aus der ganzen Welt importierten Pferden haben sie die Zucht im Land seiner Entstehung zu neuem Leben erweckt.

Einzig die Emire von Bahrain unterhalten seit Jahrhunderten ununterbrochen bis zum heutigen Tage ein Gestüt auf ihrer Insel. Dort bewahren sie so seltene Stutenstämme wie Al-Jellabieh und Al-Kray aus reiner Wüstenzucht, die kein importiertes Blut aus der westlichen Welt in sich führen. Sie werden deshalb als eine wertvolle Genreserve betrachtet. Diese Pferde ähneln angeblich am ehesten dem ursprünglichen, von den Beduinen gezüchteten Typ des Wüstenpferdes. Auch in Saudi-Arabien, Syrien und bei den Tahawi-Beduinen in Ägypten soll es vereinzelt noch reine (asile) Wüstenaraber geben, die frei sind von Fremdbluteinfluss oder dem Blut der Reimporte.

Darüber hinaus erhielt sich in Ägypten in einigen Privatgestüten der Könige und reicher Paschas und später in einem staatlichen Gestüt eine weitgehend reine Zucht edler arabischer Pferde. Sie gehen zum Teil auf besonders wertvolle Importe zurück, die ägyptische Mameluken-Herrscher des 19. Jahrhunderts von der Arabischen Halbinsel und aus Syrien einführten. Diese ägyptischen Pferde erlangten in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts weltweit ihrer Schönheit und Seltenheit wegen große Popularität und wurden zu horrenden Preisen gehandelt. Dieser Boom ist mittlerweile abgeebbt.

Nach ihrer Herkunft unterscheiden Züchter u. a. zwischen ägyptischen, russischen, polnischen oder auch spanischen Arabern. Je nach dem spezifischen Zuchtziel dieser Herkunftsländer differieren diese Pferde mehr oder weniger im Exterieur, so wie es auch in der ursprünglichen Wüstenzucht verschiedene Typen gab. Es ist aber wichtig festzuhalten, dass es sich bei diesen unterschiedlichen Typen nicht um unterschiedliche Rassen handelt. Zwischen diesen Zuchtgebieten besteht auch immer ein reger Austausch von Zuchttieren. Alle diese Pferde sind deshalb Vollblutaraber und weisen die oben beschriebenen Charakteristika auf. Und alle sollen möglichst lückenlos auf Wüstenaraber zurückgehen, so wie es die WAHO (siehe unten) in ihrer Definition des Vollblutarabers verlangt.

In Deutschland betreut der Verband der Züchter und Freunde des Arabischen Pferdes (VZAP) in Hannover die Zucht aller arabischen Rassen (Vollblutaraber, Shagya-Araber, Anglo-Araber, Arabisches Halbblut und Araber) und ist mit rund 3.000 Mitgliedern und 4.000 eingetragenen Zuchtpferden einer der weltweit größten Mitgliedsverbände der World Arabian Horse Organisation (WAHO). Die WAHO erkennt pro Land immer nur einen Zuchtverband an. Dies ist in Deutschland der VZAP. Der VZAP ist in Zuchtbezirke untergliedert, die sich in ihrer Zuständigkeit weitgehend an den Grenzen von Bundesländern orientieren und ihren Mitgliedern, neben züchterischen Veranstaltungen wie Fohlenmusterungen und Prämienschauen, Möglichkeiten der Weiterbildung, Geselligkeit und der Beschäftigung mit ihren Pferden bieten.

Verwendung

Der asile Wüstenaraber fand früher bei der Jagd, für Rennen und im Krieg Anwendung. Sie waren für die nomadisierenden Beduinen überlebenswichtig und stellten für sie einen hohen Wert dar.

Heute werden Arabische Vollblüter überwiegend als Freizeit- und Showpferde genutzt. Aufgrund ihrer Härte und Ausdauerleistung sind Arabische Vollblüter führend bei Distanzritten und kommen häufig in der Wanderreitszene zum Einsatz. Durch die rein auf Schnelligkeit gezüchteten Englischen Vollblüter wurde das Arabische Vollblut bei den Renndisziplinen über kürzere Strecken in den Hintergrund gedrängt. Ein direkter Vergleich mit dem Englischen Vollblut war nicht mehr möglich, weshalb spezielle Rennklassen für Arabische Vollblüter geschaffen wurden, die sich speziell in der arabischen Region wieder großer Beliebtheit erfreuen. Einen maßgeblichen Einsatz findet das Arabische Vollblut in der Zucht, wo es zum einen für den Fortbestand der eigenen Rasse, aber auch bei fast allen anderen Rassen als Veredler der Blutlinien immer wieder zum Einsatz kommt.

Siehe auch:

Liste der Pferderassen

Literatur

  • Flade, Johannes Erich: Das Araberpferd, Wittenberg 1990 (7.Aufl.), ISBN 3-7403-0163-5
  • Flade, Johannes Erich: Araber züchten, aufziehen, halten. Eine Züchterfibel, Georg Olms Verlag 1999, ISBN 3-487-08394-9
  • Forbis, Judith: Das klassische arabische Pferd, paul Parey 1980, ISBN 3-489-60932-8
  • Frey, Otto: Adel und Leistung - Vollblutaraber im Gestüt Weil-Marbach, Selbstverlag Dr. Otto Frey 2003
  • Hammer-Purgstall, Joseph von: Das Pferd bei den Arabern, Georg Olms Verlag 1981 (Nachdr. d. Ausg. Wien 1855-1856), ISBN 3-487-08225-X
  • Löffler, Eduard: Die österreichische Pferdeankaufsmission unter dem K.K. Obersten Ritter R. v. Brudermann in Syrien, Palästina und der Wüste: In den Jahren 1856 und 1857, Georg Olms Verlag 1978, ISBN 3-4870-8174-1
  • Raswan, Carl R.: Trinker der Lüfte, Georg Olms Verlag 1990, ISBN 3-487-08140-7
  • Saenger, Otto: Arabischer Adel, Georg Olms Verlag 2000, ISBN 3-487-08313-2

Weblinks


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