Ostarrichi

Ostarrichi
Die Ostarrîchi-Urkunde

Ostarrîchi, zeitgenössisch anfangs auch Marchia orientalis, später Marcha Austriae oder Osterland, als Mark Österreich oder Markgrafschaft Österreich, ab dem 19. Jahrhundert vereinzelt auch als Ostmark bezeichnet, war eine Verwaltungseinheit im Herzogtum Bayern von 976 bis zur Unabhängigkeit 1156 als Herzogtum Österreich.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

In einer in Bruchsal ausgefertigten Urkunde von 996 ist eine Schenkung Kaiser Ottos III. an Gottschalk von Hagenau, den Bischof von Freising, festgehalten, nämlich eines Gebietes „in der gewöhnlich Ostarrichi genannten Region” („regione vulgari vocabulo Ostarrichi”), womit die Region um Neuhofen an der Ybbs gemeint war („in loco Niuuanhova dicto“).

Die Markgrafschaft Ostarrîchi umfasste bald auch weitere Gebiete oberhalb und unterhalb der Enns. 1156 wurde die Mark Österreich vom Herzogtum Baiern abgetrennt und selbst zum Herzogtum erhoben und somit reichsunmittelbar, und mit dem Privilegium minus ausgestattet.

Zum Namen

Die älteste bekannte schriftliche Nennung des Namens stammt aus einer in Bruchsal ausgefertigten Urkunde Kaiser Ottos III. vom 1. November 996 für das Bistum Freising. Die Urkunde wird heute im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München aufbewahrt.

Ostarrîchi ist die früheste bekannte Form des Wortes, aus dem der spätere Name für Österreich entstanden ist. Ursprünglich bezeichnete es im 10. Jahrhundert eine Region im Herrschaftsgebiet der babenbergischen Markgrafen im Herzogtum Baiern im Südosten des ostfränkischen Reiches. Es gilt als volkssprachliche Übersetzung für die in lateinischen Texten verwendete Marchia orientalis („Mark im Osten“). „-rîchi”, ahd. rîhhi ist hier nicht mit Reich im heutigen Sinne zu übersetzen, sondern für einen direkt dem Herrscher gehörenden Landstrich. Die Kernregionen im ursprünglichen bairischen Siedlungsgebiet westlich der Enns wurden im Gegensatz dazu stets mit dem Wort Gau (ahd. gewi, bairisch Gai) bezeichnet (z. B. Huosigau, Isengau, Künziggau, Attergau, Mattiggau, Traungau, Chiemgau, Sundergau, Pongau, etc.).

In der auf Latein verfassten Ostarrichi-Urkunde werden vier nicht lateinische Wörter erwähnt (Ostarrichi, Niuuanhova, hoba, zidalweidun), von denen die anderen drei eindeutig altbairisch bzw. althochdeutsch sind. Dies spricht dafür, dass auch der Name Ostarrichi altbairischen Ursprungs ist.

Die exakte Etymologie des Wortes Ostarrichi, mit dem diese östliche Grenzregion (Awarenmark) bezeichnet wurde, ist nach wie vor unklar. Naheliegend ist die Deutung als „Land im Osten“, später glaubte man eine Verbindung zur hypothetischen germanischen Göttin Ostara zu erkennen. Dies ist aber höchst umstritten und entsprang eher gewissen neuheidnischen Tendenzen mancher Forscher in der Zeit des Dritten Reichs. Um eine neue Diskussion über die Deutung des Namens Ostarrichi zu initiieren, wurde vom Salzburger Slawistikprofessor Otto Kronsteiner auch ein möglicher slawischer Ursprung vorgeschlagen. Demnach würde das Wort in etwa „Spitzberg“ bedeuten. Tatsächlich befindet sich auf dem Gebiet des damaligen Ostarrichi keine bemerkenswerte Gebirgsformation, die für das ganze Gebiet hätte namengebend sein können. Damit erscheint ein slawischer Ursprung des Wortes Ostarrichi als äußerst unwahrscheinlich. Teilweise wird auch ein möglicher keltoromanischer Ursprung genannt.

Die Schreibweise mit Zirkumflex (^) über dem i ist eine moderne Ergänzung der Sprachwissenschaftler, um den Akzent und die Länge des Lautes zu markieren und wurde so nicht in der Originalurkunde geschrieben.

Alternativ hierzu war bis ins Hochmittelalter umgangssprachlich auch die Übersetzung von Marchia orientalis Osterland oder Osterlant („östliches Land“ oder „Land im Osten“) in Gebrauch.[1] Die Namensgebung wandelte sich allmählich zu „Austria“, im Privilegium minus wird sie Marchia Austrie „Österreichische Mark“ genannt.

Zum Datum 996

Österreich feierte im Jahr 1996 die erste urkundliche Erwähnung des Namens Ostarrîchi mit dem Slogan: „Tausend Jahre Österreich“. Im Jahr 1976 war das tausendjährige Jubiläum der Einsetzung Leopolds I. zum Markgrafen von Österreich gefeiert worden.

Siehe auch

Literatur

  • Textausgabe der Ostarrîchi-Urkunde in Monumenta Germaniae Historica, Diplomata: Die Urkunden Otto des II. und Otto des III. (Ottonis II. et Ottonis III. Diplomata). Herausgegeben von Theodor Sickel. Hannover 1893, S. 647 (Digitalisat).
  • Die Ostarrichi-Urkunde. Faksimile im Originalformat der Urkunde aus dem Besitz des Bayerischen Hauptstaatsarchivs, München, Kaiserselekt 859. Einleitung, Transkription und Übersetzung von Adam Wandruszka. Akademische Druck- und Verlagsanstalt, Graz 1995, ISBN 3-201-01163-0
  • Ernst Bruckmüller und Peter Urban (Hrsg.): ostarrîchi österreich 996–1996. Menschen, Mythen, Meilensteine.. Berger, Horn 1996, ISBN 3-85460-155-7 (Katalog der Österreichischen Länderausstellung Neuhofen an der Ybbs/St. Pölten). 
  • Manfred Scheuch: Österreich – Provinz, Weltreich, Republik. Ein historischer Atlas. Verlag Das Beste, ISBN 3-87070-588-4, S. 26f Österreich unter den Babenbergern.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. E. Zöllner: Der Österreichbegriff. Wien 1988 12f; zitiert nach H.D. Pohl: Ostarrîchi 996 - 1996 Tausend Jahre Name Österreich. Abgerufen am 17. Mai 2008., erschienen in: Österreichische Namenforschung. Jg. 24/1996


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