Otto Ludwig Umfrid

Otto Ludwig Umfrid

Otto Ludwig Umfrid (* 2. Mai 1857 in Nürtingen; † 23. Mai 1920 in Winnenden) war ein deutscher evangelischer Theologe und Pazifist.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Umfrid, Sohn eines Rechtsanwalts, studierte zwischen 1875 und 1879 Theologie am Evangelischen Stift in Tübingen, wo er von 1882 bis 1884 Stiftsrepetent war. 1884 übernahm er ein Landpfarramt im Schwarzwald, bevor er 1890 Stadtpfarrer in Stuttgart wurde. 1894 trat Otto Umfrid in die Deutsche Friedensgesellschaft (DFG) ein. Auf Umfrids Initiative gründete sich 1899 der DFG-Landesverein Württemberg. 1900 wurde Umfrid stellvertretender Vorsitzender der DFG, er avancierte nun zum geistigen Wegweiser der DFG, deren Hauptgeschäftsstelle im selben Jahr nach Stuttgart kam. Besonders bemühte er sich um die Verständigung zwischen Deutschland und Frankreich sowie Deutschland und Russland. Dazu erhob er seine Stimme auf den Weltfriedenskongressen von 1904 und auf den deutschen Friedensversammlungen.

Umfrid war in der württembergischen Landeskirche als „Friedenshetzer“ verschrien. Wegen seiner völligen Erblindung musste er 1913 in den Ruhestand eintreten. Durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde die Vergabe des Friedensnobelpreises 1914 verhindert. Jedoch befand sich Otto Umfrid in der engeren Wahl der zahlreichen Nominierten, einer vom Nobelpreiskomitee zusammengestellten Short List mit insgesamt sechs Kandidaten.

Umfrids große Idee war die eines europäischen Staatenbundes. Dieser Gedanke ging zurück auf Warnungen des französischen Pazifisten Paul Henri Baron d’Estournelles de Constant vor den Risiken einer wirtschaftlichen wie politischen Überflügelung Europas durch Nordamerika und Asien. D’Estournelles de Constant sah einen Weg aus dieser Gefahr in der Konzentration der europäischen Kräfte. Dazu beeinflussten Umfrid seit seiner Studienzeit die pazifistische Ideen des schwäbischen Philosophen Karl Christian Planck. Planck forderte bereits 1852 zur Absicherung des Weltfriedens eine Weltregierung in Verbindung mit einer internationalen Staatengemeinschaft.

Umfrid hat diese Gedanken aufgegriffen und weitergedacht. Sie sind der Kern seines pazifistischen Strebens geworden. Nach seiner Meinung konnte allein ein europäischer Staatenbund den dauerhaften Frieden der alten Welt garantieren. In seiner 1913 erschienenen Schrift „Europa den Europäern“ publizierte er seine Idee, legte aber darauf wert, dass die Föderation der europäischen Staaten nur die Vorstufe einer „Symbiose der Menschheit“ sein kann. Sein großes Ziel war eine global-kooperative Staatenfamilie. Außerdem benannte Umfrid in „Europa den Europäern“ elementare Menschenrechte und versuchte sie auf die bilateralen Beziehungen zu übertragen.

Weiter wandte er sich gegen eine Verbreitung von diskriminierenden Rassentheorien, in denen er einen „krassen Rückfall in die Barbarei” sah. Umfrid selbst sah sich Angriffen seiner Kollegen ausgesetzt, von denen ihn einer wegen seiner „Gemeinschaft mit Juden und Judengenossen“ anspuckte. Später trieben die Nationalsozialisten Otto Umfrids Sohn, Hermann Umfrid, Pfarrer in dem fränkischen Dorf Niederstetten, in den Suizid. Er hatte sich bereits am Anfang der Naziherrschaft gegen die Pogrome der Schergen Hitlers gewandt.

Während des Ersten Weltkrieges deckte Umfrid deutsche Kriegspropaganda auf. Er wurde mit einem Schreibverbot belegt. 1917 legte er alle Ämter nieder und zog sich zurück.

Zwanzig Jahre lang schrieb Umfrid als Herausgeber des Familienblattes „Grüß Gott“ Sonntagspredigten.

Literatur

Primärliteratur

  • Karl Planck. Dessen Werke und Wirken. Zum Andenken an den Verewigten seinen Schülern und Freunden gewidmet.“ Fues, Tübingen 1881.
  • Friede auf Erden! Betrachtungen über den Völkerfrieden.“ Langguth, Esslingen am Neckar 1898.
  • Europa den Europäern. Politische Ketzereien.“ Langguth, Esslingen am Neckar 1913.

Sekundärliteratur

  • Grete Umfrid (Hrsg.): „Zum Gedächtnis von Otto Umfrid.“ Friede durch Recht, Stuttgart ca. 1917.
  • Christof Mauch / Tobias Brenner: „Für eine Welt ohne Krieg. Otto Umfrid und die Anfänge der Friedensbewegung.“ Ulmer, Schönaich 1987. ISBN 3-924191-25-5
  • Walter Bredendiek: Die Friedensappelle deutscher Theologen von 1907/08 und 1913. In: Walter Bredendiek: Irrwege und Warnlichter. Anmerkungen zur Kirchengeschichte der neueren Zeit. Hamburg 1966, Seite 40-60
  • Walter Bredendiek: Otto Umfrid - Ein vergessener Vorkämpfer für eine Welt ohne Krieg. Zu seinem fünfzigsten Todestag. In: Stimme der Gemeinde zum kirchlichen Leben, zur Politik, Wirtschaft und Kultur. XXII (1970), Seite 394-402

Weblinks


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