- Evangelisches Stift Tübingen
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Evangelisches Stift Tübingen Typ evangelisches Konvikt Anschrift Klosterberg 2
72070 TübingenLandeskirche Evangelische Landeskirche in Württemberg Universität Eberhard Karls Universität Tübingen Gründungsjahr 1536 Bewohner (ges.) 146 Ephorus Volker Henning Drecoll Studieninspektor Juliane Baur Stiftsmusikdirektor Hans-Peter Braun Webadresse www.evstift.de Das Tübinger Stift ist ein Studienhaus der evangelischen Landeskirche in Württemberg. Es wurde 1536 von Herzog Ulrich in Tübingen gegründet, um nach der Reformation die theologische Ausbildung begabter Landeskinder zu evangelischen Pfarrern sicherzustellen. Darüber hinaus sollte das Stift auf dem Boden des lutherischen Glaubens in Verbindung mit der Universität eine geistliche und geistige Elite heranziehen. Traditionell wird sehr großer Wert auf eine gründliche philosophische, sprachliche und kirchenmusikalische Ausbildung gelegt. Aus dem Stift sind viele bedeutende Theologen, Philosophen, Schriftsteller und andere Gelehrte hervorgegangen, die großen Einfluss auf die Entwicklung der deutschen und europäischen Geistesgeschichte hatten.
Inhaltsverzeichnis
Leitung
„Die Leitung des Evangelischen Stifts liegt in den Händen des Kuratoriums, des Stiftsrates und des Ephorus.“ (Stiftsordnung C.I.1)
- Dem Kuratorium obliegt die maßgebliche Entscheidungskompetenz. Es trifft grundsätzliche Entscheidungen, die sich auf das Stipendium, die Studien- oder die Hausordnung beziehen. Das Kuratorium verabschiedet den Haushaltsplan und ist an Stellenbesetzungen beteiligt. Es tagt in der Regel zweimal in einem Semester. Ihm gehören außer den vier Vertretern des Stiftsrats (Ephorus, Seniorrepetent und zwei Studierendenvertreter) zwei Vertreter des Oberkirchenrats, ein Vertreter der Landessynode und ein Vertreter der Evangelisch-theologischen Fakultät an. An seinen Sitzungen nehmen außerdem die übrigen Mitglieder des Stiftsrats sowie die gewählten Kuratoriums-Stellvertreter der beiden Stiftsältesten teil.
- Der Stiftsrat befasst sich mit den Tagesgeschäften. Er konstituiert sich aus dem Ephorus, dem Studieninspektor, dem Stiftsmusikdirektor (Stimmrecht nur in Musikangelegenheiten), dem Seniorrepetenten, dem Konseniorrepetenten und den beiden Stiftsältesten.
- Das Amt des Ephorus des Evangelischen Stiftes hat von 1987 bis 2005 der Theologe Eberhard Jüngel versehen. Seit 2005 wird das Amt von Volker Henning Drecoll bekleidet. Die Stelle des Studieninspektors hat Pfrin. Dr. Juliane Baur inne (Vorgänger bis zum Sommersemester 2007 war Albrecht Haizmann). Stiftsmusikdirektor ist Hans-Peter Braun.
Studentische Mitverwaltung
Die Stiftsältesten werden von der Vollversammlung aller Stiftsstudierenden (Forum) für jeweils ein Semester gewählt. Sie sind dem wöchentlich tagenden Forum auf ein imperatives Mandat verpflichtet. Die Stiftsältesten werden auch „X(a)“ und „Y(a)“ genannt. "X(a)" und "Y(a)" sind sowohl im Stiftsrat als auch im Kuratorium des Evangelischen Stifts stimmberechtigt. Sie vertreten in diesen paritätisch besetzten Gremien die Belange der Stiftsstudierenden. Das Forum wählt außerdem die Stiftsvertretung. Dieser gehören neben den Stiftsältesten weitere sieben studentische Vertreter an. Die Stiftsvertretung führt die laufenden Geschäfte der Studierenden und bereitet Beschlüsse der Gremien des Hauses vor bzw. nach. Die verschiedenen "Ressorts" der Stiftsvertretung organisieren etwa die Zimmerverteilung an die Stipendiaten und weitere Belange der internen Selbstverwaltung.
Liste bedeutender Stiftsstudierender
16. Jahrhundert
- David Chyträus (1530–1600), Theologe, Historiker und Schulorganisator
- Philipp Nicodemus Frischlin (1547–1590), Schriftsteller, Humanist
- Michael Mästlin (1550–1631), Astronom, Mathematiker
- David Runge (1564–1604), Theologe
- Hans Ulrich von Eggenberg (1568-1634), Staatsmann
- Johannes Kepler (1571–1630), Astronom
- Lucas Osiander der Jüngere (1571–1638), Theologe und Universitätskanzler
- Georg Conrad Maickler (1574–1647), Pfarrer und Dichter
17. Jahrhundert
- Rupertus Meldenius (1582–1651), Theologe und Pädagoge
- Johann Valentin Andreae (1586–1654), Theologe
- Wilhelm Schickhardt (1592–1635), Theologe, Astronom, Universalgelehrter
- Andreas Adam Hochstetter (1668–1717), Theologe
- Philipp Joseph Jenisch (1671–1736), Theologe, Architekt und Baumeister
18. Jahrhundert
- Johann Albrecht Bengel (1687–1752), Theologe
- Georg Bernhard Bilfinger (1693–1750), Philosoph, Baumeister, Mathematiker und Theologe
- Philipp Friedrich Hiller (1699–1769), Theologe und Kirchenlieddichter
- Friedrich Christoph Oetinger (1702–1782), Theologe
- Johann Kies (1713–1781), Theologe, Mathematiker und Astronom
- Nathanael Köstlin (1744–1826), Theologe und Ehrenprälat; Privatlehrer Hölderlins
- Jakob Friedrich von Abel (1751–1829), Philosoph
- Ludwig Timotheus Spittler (1752–1810), Historiker und Politiker
- Philipp Ludwig Hermann Röder (1755–1833), Theologe und Schriftsteller
- Christian Adam Dann (1758–1837), Theologe und Tierschützer
- Karl Friedrich Reinhard (1761–1837), französischer Diplomat
- Karl Philipp Conz (1762–1827), Schriftsteller
- Johann Gottlieb Friedrich von Bohnenberger (1765–1831), Mathematiker, Physiker, Geodät
- Friedrich Gottlieb Süskind (1767–1829), Theologe
- Friedrich Hölderlin (1770–1843), Dichter
- Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831), Philosoph
- Karl August von Zoller (1773–1858), Pädagoge
- Friedrich Schelling (1775–1854), Philosoph
- Philipp Joseph Rehfues (1779–1843), Schriftsteller
19. Jahrhundert
- Willibald Feuerlein (1781–1850), Jurist und Politiker
- Christian Ferdinand Friedrich Hochstetter (1787–1860), Theologe und Botaniker
- Gustav Schwab (1792–1850), Theologe, Schriftsteller
- Ferdinand Christian Baur (1792–1860), Theologe
- Friedrich Glück (1793–1840), Pfarrer, Dichter und Komponist
- August Pauly (1796–1845), Philologe
- Wilhelm Hauff (1802–1827), Schriftsteller
- Johannes Mährlen (1803–1871), Ökonom und Historiker
- Christian Heinrich von Nagel (1803–1882), Mathematiker
- Wilhelm Waiblinger (1804–1830), Dichter, Schriftsteller
- Eduard Mörike (1804–1875), Pfarrer und Dichter
- Theodor Eisenlohr (1805–1869), Pädagoge, Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung
- Johann Christoph Blumhardt (1805–1880), Pfarrer, Theologe und Seelsorger
- Sixt Karl Kapff (1805–1879), Theologe
- Wilhelm Hoffmann (1806–1873), Theologe
- Friedrich Theodor Vischer (1807–1887), Schriftsteller, Literaturwissenschaftler, Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung
- Wilhelm Zimmermann (1807–1878), Pfarrer, Historiker, Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung
- David Friedrich Strauß (1808–1874), Theologe, Schriftsteller
- Jakob Friedrich Reiff (1810–1879), Philosoph
- Hermann Kurz (1813–1873), Schriftsteller
- Eduard Zeller (1814–1908), Theologe, Philosoph
- Hermann Gundert (1814–1893), Theologe, Missionar und Sprachwissenschaftler
- Christoph Hoffmann (1815–1885), Theologe, Politiker, Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung
- Gustav von Rümelin (1815–1889),Pädagoge, Politiker, Statistiker, Kanzler der Universität Tübingen
- Karl von Gerok (1815–1890), Theologe, Lyriker
- Georg Herwegh (1817–1875), Dichter des Vormärz, Revolutionär
- Albert Schwegler (1819–1857), Theologe, Philosoph und Historiker
- Karl Christian Planck (1819–1880), Naturphilosoph
- Wilhelm Siegmund Teuffel (1820–1878) Philologe
- Wilhelm Heyd (1823–1906), Bibliothekar und Historiker
- Karl August Auberlen (1824–1864), Theologe
- Heinrich Lang (1826–1876), Theologe
- Julius Köstlin Theologe, Pionier der historischen Lutherforschung
- Adolf Bacmeister (1827–1873), Germanist und Schriftsteller
- Ernst Trumpp (1828–1885), Sprachwissenschaftler
- Rudolf von Schmid (1828–1907), Theologe
- David Friedrich Weinland (1829–1915), Zoologe und Schriftsteller
- Christian Heinrich Dillmann (1829–1899), Pädagoge und Schulreformer
- Ferdinand von Hochstetter (1829–1884), Geologe
- Albert Schäffle (1831–1903), Volkswirt, Soziologe, Politiker
- Theodor Christlieb (1833–1889), Theologe
- Julius Euting (1835–1913), Bibliotheksdirektor, Orientalist
- Christoph Blumhardt (1842–1919), Theologe, Begründer des Christlichen Sozialismus
- Friedrich Dürr (1843–1926), Pädagoge und Historiker
- Karl Albert Wilhelm Bacmeister (1845–1920), Oberkirchenrat, Militärpfarrer und Dekan
- Heinrich Adolf Köstlin, Theologe, Mitbegründer des Deutschen Evangelischen Kirchengesangvereins
- Eberhard Nestle (1851–1913), Theologe, Orientalist
- Hans Vaihinger (1852–1933), Philosoph
- Otto Ludwig Umfrid (1857–1920), Theologe, Begründer der Deutschen Friedensgesellschaft
- Johannes von Hieber (1862–1951), Politiker, Staatspräsident in Württemberg
- Wilhelm Paret (1864–1938), Pfarrer und Fotograf
- Robert Gradmann (1865–1950), Pfarrer, Botaniker, Landeskundler
- Karl Holl (1866–1926), Kirchenhistoriker und Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften
- Immanuel Herrmann (1870–1945), Theologe, Ingenieur und Politiker
- Peter Goessler (1872–1956), Prähistoriker
- Karl Heim (1874–1958), Theologe
- Walter F. Otto (1874–1958), Altphilologe
- Wilhelm Gundert (1880–1971), Theologe und Ostasienwissenschaftler
20. Jahrhundert
- Edwin Hoernle (1883–1952), Politiker
- Theodor Haering (1884–1964), Philosoph
- Erich Schairer (1887–1956), Journalist und Publizist
- Wilhelm Rudolph (1891–1987), Orientalist, Theologe
- Julius von Jan (1897–1964), Pfarrer und Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime
- Rudi Paret (1901–1983), Philologe und Islamwissenschaftler
- Siegmund G. Warburg (1902-1982), Bankier, einer der wenigen jüdischen Stiftler
- Albrecht Goes (1908–2000), Theologe und Schriftsteller
- Friedrich Lang (1913–2004), Pfarrer und Theologe sowie 1956 bis 1970 Ephorus des Tübinger Stiftes
- Hans Conzelmann (1915–1989), Theologe und Neutestamentler
- Kurt Joachim Lauk (* 1946), Politiker und Europaabgeordneter
- Bernhard Leube (* 1954), Theologe
- Konrad Klek (* 1960), Theologe, Kirchenmusiker und Universitätsmusikdirektor
- Heike Schmoll (* 1962), Theologin und Journalistin
- Oswald Bayer (* 1939), Theologe
Liste bedeutender Stiftsrepetenten
- Richard Gölz (1887–1975), Pfarrer im Widerstand zum NS-Regime, KZ-Gefangener, orthodoxer Theologe und Kirchenmusiker
- Paul Schempp, (1900–1959), Theologe und Widerstandskämpfer in der NS-Zeit
- Jörg Zink (* 1922), Fernsehpfarrer und Sachbuchautor
- Klaus Scholder (1930–1985), Theologe und Historiker
- Jörg Baur (* 1930), Theologe
- Albrecht Grözinger (* 1949), Praktischer Theologe
- Richard Mössinger (* 1951), Pfarrer
Zitate
- „Wer im Land etwas werden will, muß im Stift gewesen sein. Wer außerhalb des Landes etwas werden will, muß aus dem Stift geflogen sein. Tertium non datur.“ – Wilhelm II. (Württemberg)
- „Man hat nur das Wort Tübinger Stift auszusprechen, um zu begreifen, was die deutsche Philosophie im Grunde ist, – eine hinterlistige Theologie …“ – Friedrich Nietzsche, in: Der Antichrist, Kapitel 10
Literatur
- Martin Biastoch: Tübinger Studenten im Kaiserreich. Eine sozialgeschichtliche Untersuchung, 284 S., Ln., Sigmaringen 1996 (=Contubernium - Tübinger Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte, Bd. 44). ISBN 978-3515080224
- Martin Leube: Das Tübinger Stift 1770–1950. Geschichte des Tübinger Stifts. Steinkopf, Stuttgart 1954.
- Joachim Hahn/Hans Mayer: Das Evangelische Stift in Tübingen. Geschichte und Gegenwart – zwischen Weltgeist und Frömmigkeit. Theiss, Stuttgart, 1985 ISBN 3-8062-0372-5.
- Friedrich Hertel (Hrsg.): In Wahrheit und Freiheit. 450 Jahre Evangelisches Stift in Tübingen. Calwer, Stuttgart 1986, ISBN 3-7668-0785-4. (Quellen und Forschungen zur württembergischen Kirchengeschichte. Band 8.)
- Siegfried Hermle, Rainer Lächele, Albrecht Nuding (Hrsg.): Theologiestudium im Nationalsozialismus. Erinnerungen, Darstellungen, Dokumente und Reflexionen zum Tübinger Stift 1930 bis 1950. QuellStuttgart 1988, ISBN 3-7918-1407-9.
- Martin Brecht: Die Entwicklung der Alten Bibliothek des Tübinger Stifts in ihrem theologie- und geistesgeschichtlichen Zusammenhang. Eine Untersuchung zur württembergischen Theologie. Dissertation. Tübingen 1961. (gekürzte Fassung in: Blätter für württembergische Kirchengeschichte. 63, 1963, S. 3–103.)
- Reinhard Breymayer: Freimaurer vor den Toren des Tübinger Stifts: Masonischer Einfluss auf Hölderlin? In: Tubingensia: Impulse zur Stadt- und Universitätsgeschichte. Festschrift für Wilfried Setzler zum 65. Geburtstag. Hrsg. von Sönke Lorenz und Volker Karl Schäfer in Verbindung mit dem Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften der Universität Tübingen. Thorbecke, Ostfildern 2008, ISBN 978-3-7995-5510-4, S. 355–395. (Tübinger Bausteine zur Landesgeschichte. 10.)
- Volker [Karl] Schäfer: Das Stammbuch des Tübinger Stiftlers August Faber mit seinem Hölderlin-Eintrag von 1789. In: Tubingensia […] S. 397–426.
- Wolfgang Schöllkopf: Schwäbischer Olymp und württembergische Pfarrerschmiede. 450 Jahre Evangelisches Stift Tübingen 1536–1986. Tübingen 1986.
Weblinks
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