- Ouroboros
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Der Ouroboros oder Uroboros (griechisch Οὐροβόρος „Selbstverzehrer“, wörtlich „Schwanzverzehrer“ = vom griechischen "Ourá: Schwanz" und "Bóros: fressend/verzehrend") ist ein bereits in der Ikonographie des Alten Ägyptens belegtes Bildsymbol[1] einer Schlange, die sich in den eigenen Schwanz beißt und so mit ihrem Körper einen geschlossenen Kreis bildet.
In Platons Dialog Timaios wird der Ouroboros als vollkommenes Wesen beschrieben, vollkommen deshalb, weil es als in sich geschlossen, ohne Bezug zu oder Bedarf nach einem Außen oder einem Anderen vorgestellt wurde. Er braucht keine Wahrnehmung, da außerhalb seiner nichts existiert, keine Ernährung, da seine Nahrung die eigenen Ausscheidungen sind, und er bedarf keiner Fortbewegungsorgane, da außerhalb seiner kein Ort ist, zu dem er sich begeben könnte. Er kreist in und um sich selbst und bildet dabei den Kreis als vollkommenste aller Formen.[2]
Der Ouroboros erscheint mehrfach in den Zauberpapyri des hellenistischen Ägypten.[3] Er ist ein Symbol der kosmischen Einheit, die sich in der Formel ἕν τὸ πᾶν (Hen to pan „Eins ist alles“) ausdrückt, und insbesondere der Entsprechung von Mikro- und Makrokosmos. So erscheint die Formel in der Chrysopoeia der Kleopatra, einem antiken alchemistischen Text, wo sie von der Form des Ouroboros umschlossen wird.
Der Ouroboros taucht aber nicht nur in der antiken Mythologie und Philosophie auf: Auch die weltumspannende Midgardschlange der nordischen Mythologie beißt dem Gylfaginning, einem Teil der Snorra-Edda zufolge, sich in den eigenen Schwanz und formt so einen Weltkreis,[4] und im „Yoga Kundalini“ Upanishad wird von der Kundalini-Schlange ebenfalls gesagt, dass sie ihren Schwanz in das Maul nehme.[5]
In der alchemistischen Symbolik ist der Ouroboros das Bildsymbol eines in sich geschlossenen und wiederholt ablaufenden Wandlungsprozesses der Materie, der im Erhitzen, Verdampfen, Abkühlen und Kondensieren einer Flüssigkeit zur Verfeinerung von Substanzen dienen soll. Dabei wird die zum Zirkel geschlossene Schlange oft durch zwei Wesen ersetzt, die Maul und Schwanzende verbinden, wobei das obere als Zeichen der Flüchtigkeit (Volatilität) wie ein geflügelter Drache wiedergegeben ist.
Die analytische Psychologie verwendet es als Metapher für die frühkindliche Entwicklungsphase, in der noch keine bewusste Differenzierung von Innen- und Außenwelt stattfindet und auch noch keine Geschlechtsidentität angenommen wird. Erst das entstehende Ich-Bewusstsein durchbricht die ouroborische Phase und differenziert die Welt in matriarchal und patriarchal.
Literatur
- Norbert Bischof: Das Kraftfeld der Mythen. Signale aus der Zeit, in wir die Welt erschaffen haben. München / Zürich 1998, ISBN 3-492-22655-8. (Insbes. Zweiter Teil: Das Chos, 6. Kapitel: Der kosmogonische Inzest, S. 191-224.)
- H. B. de Groot: The Ouroboros and the romantic poets: a renaissance emblem in Blake, Coleridge and Shelley. In: English studies. A journal of English language and literature 50 (1969), S. 553-564
- Bernhard Dietrich Haage: Ouroboros - und kein Ende. In: Licht der Natur. Medizin in Fachliteratur und Dichtung: Festschrift für Gundolf Keil zum 60. Geburtstag, hrsg. von Josef Domes u. a. Göppingen 1994 (= Göppinger Arbeiten zur Germanistik, 585), S. 149-169
- Lutz Käppel: Uroboros. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 12, Metzler, Stuttgart 1996–2003, ISBN 3-476-01470-3, Sp. 1053.
- Karl Preisendanz: Aus der Geschichte des Uroboros. In: F. Herrmann et al. (Hrsg.): Brauch und Sinnbild. Festschrift E. Fehrle. 1940, S. 194-209
Weblinks
Commons: Ouroboros – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienEinzelnachweise
- ↑ A. Piankoff: The Shrines of Tut-Ankh-Amon. 1955, Taf. 48
- ↑ Platon Timaios 33
- ↑ Karl Preisendanz (Hrsg.): Papyri Graecae magicae. Die griechischen Zauberpapyri. Stuttgart 1973f. Siehe dort 7, col. 17 und 1,145f; 12,203f; 12,274f; 36,184
- ↑ Gylfaginning 34
- ↑ Yoga Kundalini Upanishad 1.82-84 engl. Übersetzung
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