PRAKLA-SEISMOS

PRAKLA-SEISMOS
Prakla-Seismos GmbH
Unternehmensform GmbH
Gründung 1963
Unternehmenssitz Hannover, Deutschland
Mitarbeiter 1.849 (1985)
Umsatz 408,7 Millionen DM (1985)
Branche Prospektion
Website

www.prakla-seismos.de

PRAKLA-SEISMOS war eine weltweit tätige Prospektionsfirma und entstand aus der Fusion zweier Unternehmen. Die SEISMOS GmbH wurde am 4. April 1921 durch Dr. Ludger Mintrop in Dortmund gegründet und von fünf deutschen Montankonzernen getragen. Die Gesellschaft für praktische Lagerstättenforschung GmbH, später PRAKLA, wurde am 23. März 1937 in Berlin gegründet und übernahm im Jahr 1963 die SEISMOS GmbH. Die Vereinigung beider Gesellschaften vollzog sich 1963 in Hannover.[1]

Inhaltsverzeichnis

Historie

Gründung der SEISMOS GmbH

Der Firmengründer, Dr. Ludger Mintrop, entwickelte bereits vor und während des Ersten Weltkriegs den ersten feldtauglichen Seismographen. Damit war man in der Lage, markante Gesteinsgrenzen in der Tiefe mit großer Genauigkeit zu erfassen. Dieses Verfahren war ursprünglich für den Bergbau vorgesehen, erlangte aber mit dem Aufstreben der Ölindustrie in diesem Bereich große Bedeutung. Die Trefferquote bei Tiefbohrungen war nach dem Ersten Weltkrieg - insbesondere in den USA, dem damals wichtigsten Ölland - ins Bodenlose abgesunken, was Panik auslöste. Die USA hatten die Ölversorgung der Alliierten während des Krieges fast alleine alimentiert, jetzt waren ihre Tanks ziemlich leer, und die unzähligen Bohrungen, die man niederbrachte, waren, mit einer Ausnahme nicht erfolgreich. Verständlich, dass man sogar nach Methoden griff, die den Experten ziemlich suspekt erschien und häufig genug als Wünschelrutengängerei verspottet wurde.

Refraktionsschuss in den USA

Der Markscheider und Geophysiker Ludger Mintrop meldete am 7. Dezember 1919 sein Patent Verfahren zur Ermittlung des Aufbaues von Gebirgsschichte an. Die Gründung der SEISMOS dann am 4. April 1921 durch Mintrop und die Montankonzerne Deutsch Lux, Phoenix, Hoesch, Thyssen und Rheinstahl. Ziel des Unternehmens war es Gebirgsschichten und nutzbare Lagerstätten zu erforschen.

Erste Arbeiten in Deutschland, Österreich, Polen, Holland und Schweden galten der Erfassung und Abgrenzung von Kohlelagerstätten sowie von Erzkörpern und Quarzitlagern. Um lesbare Signale zu erhalten, hatte man künstliche Erdbeben mit enormen Sprengstoffmengen zu erzeugen. Mintrop entwickelte ein völlig neues Verfahren, welches unter der Bezeichnung Refraktionsseismik bekannt werden sollte. Mittels dieses Verfahrens konnte man die Salzstöcke der niedersächsischen Erdölregionen erkunden und über diesen Umweg auf Erdöl stoßen.

Durchbruch und Krise der SEISMOS

Registrierzelt mit Funkempfänger, optischer Registriereinrichtung, Seismograph, Schalldose (v.l.)

Im Jahr 1923 gelang der Durchbruch: AGUILA, eine Tochter von SHELL holte einen Messtrupp nach Mexiko, um die Golden-Lane-Ölfelder weiter in Neuland vorzutreiben. Noch im gleichen Jahr wurde die SEISMOS in den USA für das Unternehmen MARLAND Oil Co., das heute unter dem Namen CONOCO firmiert eingesetzt. Weitere Einsätze erfolgte dann für die GULF OIL und bald auch für ROXANA, eine Tochter von SHELL. Am 19. November 1924 wurde der erste Salzstock in Texas, unweit Houston, durch einen Messtrupp von SEISMOS für die GULF Oil gefunden. Nachdem man die Salzstockflanken abgebohrt hatte, stieß man auf ein ergiebiges Ölfeld.

Der Fund erzeugte ein großes Medienecho, was das Suchverfahren schnell bekannt machte. Von einem deutschen Patent war die Rede und von Wissenschaftlern, die aus Deutschland angereist waren und es verstanden, mit einem Zaubermittel umzugehen.[2] Im Anschluss wurden SEISMOS-Messtrupps auch in Ägypten, Irak und dem Iran eingesetzt.

Voll motorisierter SEISMOS-Trupp 1926 in Louisiana

Das Monopol der SEISMOS begann nach zirka fünf Jahren zu bröckeln, da Mintrops Verfahren und Instrumentarium, gleichwohl patentgeschützt, kopiert wurden. Mit dem Beginn der Weltwirtschaftskrise waren die Aktivitäten von SEISMOS in Amerika beendet. Deutschland und Europa brachten ebenfalls keine Aufträge. Das innereuropäische Ergebnis hatte bis dahin auch nie mehr als fünf Prozent zum Umsatz beigesteuert. Aufgrund der schlechten Wirtschaftslage mussten viele Mitarbeiter das Unternehmen verlassen.[3]

Reichsaufnahme, Zweiter Weltkrieg – Gründung der PRAKLA GmbH

Die Situation änderte sich kurz danach entscheidend zu Gunsten des Unternehmens. Im Rahmen der sogenannten Reichsaufnahme sollte ab 1934 das Reichsgebiet geophysikalisch vermessen werden: magnetisch, gravimetrisch und seismisch. Man entdeckte verschiedene Salzstöcke in Nordwestdeutschland, die zu neuen Öl- und Gaslagerstätten führten. Die Auftragslage der Seismos war damit wieder gesichert und es gelang, in rascher Folge eine Reihe neuer Felder, wie beispielsweise Heide in Holstein, Reitbrook bei Hamburg. Broistedt und Gifhorn aufzufinden.[4]

Während der Reichsaufnahme kam es am 23. März 1937 zur Gründung der PRAKLA GmbH, die unter starkem staatlichem Einfluss stand. Zum Leiter wurde Dr. Bernhard Brockamp ernannt. Ein ehemaliger SEISMOS Mitarbeiter, Dr. Friedrich Trappe, übernahm die Aufgabe, die neue Gesellschaft mit dem Verfahren der Reflexionsseismik vertraut zu machen, das in den USA zu dominieren begann und die Refraktions-Methode überflügelt hatte. Während des Krieges waren viele Explorations-Trupps in den besetzten Gebieten, insbesondere in Russland, voll im Einsatz.

Nachkriegszeit

Dr.-Ing. Waldemar Zettel, Ehrenmitglied der Deutschen Geophysikalischen Gesellschaft

Die Niederlage des deutschen Reiches ließ nur wenig von beiden Gesellschaften übrig. Dem Ingenieur Dr. Waldemar Zettel gelang es, die Splitter der PRAKLA aus Berlin und den von den Sowjets besetzten Gebieten nach Niedersachsen zu holen und in Hannover neu zu formieren.[5] Beide Gesellschaften erlebten den allgemeinen Aufschwung mit und dehnten ihre Anwendungsfelder wieder weltweit aus. Bereits vor dem Krieg hatte die SEISMOS zwei deutsche Geophysik-Betriebe übernommen, die ERDA AG und die renommierte EXPLORATION mit ihrem amerikanischen Ableger, der NAMEX, während die PRAKLA die ELBOF übernahm. Für beide Gesellschaften bedeutete dies eine Ausdehnung ihrer Aktivitäten in Bereiche, die sie bislang vernachlässigt hatten, wie magnetische, gravimetrische und elektrische Verfahren.

Fusion

Die Übernahme und quasi Verstaatlichung der SEISMOS durch die PRAKLA im Jahr 1963 war ein Politikum, insofern als der damalige politische Trend in Richtung Privatisierung lief. Ludger Mintrop hatte die SEISMOS bereits 1933 verlassen, auch die übrigen Gesellschafter hatten ihre Anteile an Thyssen verkauft. Damit wurde die Thyssen-Gruppe alleiniger Eigentümer von SEISMOS. Der Kaufpreis den PRAKLA für SEISMOS zahlte soll ausgesprochen gering gewesen sein. Ungeachtet dessen war durch die Fusion eine potente Gruppierung entstanden. Das neue Unternehmen wurde international erfolgreich.

Aufstieg und Niedergang der Gesellschaft

Im Zuge der rasanten Entwicklung war die Gesellschaft bestrebt alle geophysikalischen Verfahren weltweit anzuwenden, zu Lande, unter Tage, auf dem Wasser und in der Luft. Im Laufe ihrer Entwicklung hat die Gesellschaft in nicht weniger als 18 europäischen und 29 außereuropäischen Ländern gearbeitet. Gesucht wurde neben Erdöl und Erdgas nach Erzen – auch Uran – sowie nach Grund– und Thermalwasser. Außerdem erkundete man den Verlauf von Kohleflözen und erfasste und überwachte die Auslaugung von Kavernen in Salzstöcken für die Öl– und Gasspeicherung. Dies alles geschah durch den Einsatz von Angewandter Seismik sowie gravimetrischer und magnetischer Messungen. Zur Bewältigung dieser Aufgaben wurden Geräte, Systeme und Programme benötigt, die der Markt nicht oder nicht in der von der Firma gewünschten Art und Qualität zur Verfügung stellen konnte. PRAKLA-SEISMOS baute und entwickelte aus diesem Grund vieles selbst: beispielsweise Vibratoren, fahrbare Bohrgeräte allen Kalibers, Geräte zur exakten Schiffspositionierung, Seemesskabel, Luft- und Wasserpulser. Die Entwicklung von eingebetteten Systemen und Software erfolgte ebenfalls in Eigenregie. PRAKLA-SEISMOS verkaufte diese Geräte, Systeme und Programme auch an Dritte.

Messschiff SV MINTROP im Hochseeeinsatz

In dieser Zeit wurden große Investitionen getätigt. So wurde ein zentraler Firmensitz in Hannover–Lahe aufgebaut und die zuvor verteilte Belegschaft zusammengefasst. Das Unternehmen verfügte über ein eigenständiges Datenzentrum mit Großrechnern. Sehr früh führte man in allen Sparten digitale Technik und die neuartige Vibro-Seismik ein. Drei hochseegängige Messschiffe wurden gebaut und ausgerüstet. Außerdem vier Flachwasser–Messschiffe für Messungen im Küstenbereich.[6]

In Uetze bei Celle entstand im Jahr 1972 die PRAKLA-SEISMOS Geomechanik GmbH. Hier wurden alle Vibratoren und fahrbaren Bohrgeräte für die Stammgesellschaft entwickelt, gebaut und verkauft. Ein ausgedehntes Brunnenbohrprogramm in Ghana, Gambia, Guinea-Bissau, Marokko, Senegal und dem Tschad beschäftigte Teile der Geomechanik über viele Jahre. In Ghana allein wurden über 3.000 Brunnen gebohrt und eingerichtet. Auch die oberirdischen Anlagen wurden erstellt.

1985 wurde die GmbH in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und ein Börsengang geplant. Das Stammpersonal erreicht im Jahr 1985 mit 1.849 einen Spitzenwert, der dann aber kontinuierlich absank. Für 1988 wies der Geschäftsbericht nur noch 1.417 Mitarbeiter aus und bereits Mitte 1986 geriet das Unternehmen erneut in die Krise. Der Ölpreisverfall hatte die Ölkonzerne veranlasst die Explorationskosten drastisch einzuschränken. Verträge wurde nicht erneuert, neue nicht mehr abgeschlossen. Die Pläne für einen Börsengang, die zuvor auch vom für das Staatsunternehmen zuständigen Finanzminister, Gerhard Stoltenberg, befürwortet worden waren, wurden beiseite gelegt.

Nach weiteren schlechten Ergebnissen wurde das Unternehmen am 18. April 1991 wieder in eine GmbH umgewandelt und kurz darauf an die Schlumberger Limited verkauft und zerschlagen. Der Name SEISMOS wurde sofort aufgegeben. Die PRAKLA existierte als GECO-PRAKLA noch für einige Zeit weiter.

Quellen

  1. Geschichte der PRAKLA–SEISMOS. prakla-seismos.de. Abgerufen am 16. Mai 2008.
  2. Mitteilungen 1/2006. Deutsche Geophysikalische Gesellschaft e. V.. Abgerufen am 20. Juli 2008.
  3. Prof. Dipl.-Berging. Dr. rer. nat. habil. Hans Runge. Institut für Erdöl- und Erdgastechnik der TU Clausthal. Abgerufen am 29. Mai 2008.
  4. Erdölförderung: Stand und Aussichten. Zeit Online. Abgerufen am 29. Mai 2008.
  5. Nachruf auf Dr.-Ing. Waldemar Zettel, Ehrenmitglied der Deutschen Geophysikalischen Gesellschaft. dgg-online. Abgerufen am 29. Mai 2008.
  6. Marine Exploration. Wolfgang Diehl. Abgerufen am 29. Mai 2008.

Weblinks


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