Palais des Reichspräsidenten

Palais des Reichspräsidenten

Der Reichspräsidentenpalais (oder auch Palais des Reichspräsidenten) war von 1919 bis 1934 als Residenz des Reichspräsidenten Amtssitz des deutschen Staatsoberhauptes.

Palais des Reichspräsidenten, um 1920

Der Palais befand sich in dem Gebäude Wilhelmstraße Nr. 73 und beherbergte zum einen das Büro des Reichspräsidenten, das alle mit der Funktion des Reichspräsidenten als staatliche Institution zusammenhängenden Angelegenheiten regelte, die Privatwohnungen des Präsidenten und einiger seiner Mitarbeiter sowie diverse Repräsentativ- und Empfangsräume.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte des Gebäudes

Das Gebäude des späteren Reichspräsidentenpalais wurde zwischen 1730 und 1733 auf Veranlassung von König Friedrich Wilhelm I. von Preußen errichtet. Finanziert und organisiert wurde der Bau durch den Fürsten von Masow, dem der König während einer Sitzung in seinem sogenannten Tabakskollegium den Bau eines vornehmen Palastes in der Wilhelmstraße befahl, die zu dieser Zeit angelegt wurde („Kerl hat Geld, Kerl soll bauen“).

Über den Architekten des im repräsentativen Louis-Quinze-Stil gehaltenen Baus besteht Unklarheit. Neben mehreren Franzosen wird unter anderem auch ein Preuße namens Wisent genannt. Außerdem sollen einigen Quellen zufolge der Graf von Schwerin und ein Fürst von Schulenburg in irgendeiner Weise in den Bau des Gebäudes verwickelt gewesen sein.

1843 ging das Gebäude in den Besitz des preußischen Hofes über. Während der Kaiserzeit beherbergte der Palais als kaiserliches Hausministerium die private Vermögensverwaltung des Hauses Hohenzollern. Zu den wichtigen Hausministern, die im Palais residierten, zählten unter anderem Alexander Graf von Schleinitz (1862 bis 1885), Wilhelm von Wedell-Piesdorf (1888-1913) und August zu Eulenburg (1914-1918).

1919 erwarb der Deutsche Staat den Palast vom abgedankten deutschen Kaiser Wilhelm II., der zu dieser Zeit dringend auf Devisen für den Ankauf des niederländischen Schlosses Doorn angewiesen war. Als Vermittler der – lange Zeit streng geheim gehaltenen – Transaktion fungierte der Bankier Eduard von der Heydt.

Nachdem von 1919 bis 1934 die Reichspräsidenten Friedrich Ebert und Paul von Hindenburg in dem Gebäude residiert hatten diente es von 1934 bis 1939 nur noch als Sitz der Präsidialkanzlei des Führers, der Nachfolgeorganisation des Büros des Reichspräsidenten. Adolf Hitler, seit August 1934 deutsches Staatsoberhaupt und de facto Reichspräsident ohne diesen Titel offiziell zu führen, residierte stattdessen in der so genannten "Führerwohnunng" in der alten Reichskanzlei sowie in seinen Privatwohnungen in München und Berchtesgaden. Seit 1939 wurden die ehemaligen Privatgemächer des Reichspräsidenten vom nationalsozialistischen Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop bewohnt.

Im Krieg weitgehend zerstört wurde das Gebäude des Reichspräsidentenpalais nach dem Zweiten Weltkrieg im Auftrag des Regierung der Deutschen Demokratischen Republik abgerissen. Von 1962 bis 1989 befand sich das Gelände im Sperrstreifen um die Berliner Mauer.

Bauliche Struktur und Organisation der Anlage

Das Gebäude des eigentlichen Palais bestand aus drei Flügeln. Hinzu kamen einige Nebengebäude wie eine Garage für den Fuhrpark des Präsidenten, ein Hinterhaus sowie verschiedene kleine Gartenhäuser, Gewächshäuser und ein Hühnerstall.

Auf dem Vorplatz an der Frontseite des Palais befand sich ein mit Kies bedeckter sogenannter „Ehrenhof“ auf dem der Reichspräsident ausländische Botschafter und Staatsoberhäupter sowie andere hochstehende Gäste empfing. In späteren Jahren war es üblich, dass eine zwanzigköpfige Ehrenformation der Reichswehr auf dem Hof Stellung bezog wann immer der Reichspräsident sein Amtsgebäude betrat oder verließ. Auf dem Ehrenhof befand sich ein mit allegorischen Figuren verzierter Springbrunnen hinter dem eine breite mit Glas überdachte Freitreppe zum Eingangsportal des Palais führte.

Neben dem Büro des Reichspräsidenten im linken Flügel des Gebäudes („Kanzlei“) und den repräsentativen Räumlichkeiten für offizielle Anlässe (Empfänge, Bankette, Tanzabende usw.) im Zentralteil umfasste die Residenz diverse private Unterkünfte. Während der Präsident und der Chef des Büros des Reichspräsidenten als die ranghöchsten Hausbewohner jeweils eigene weitläufige Apartments – der Bürochef hatte im rechten Flügel („Meissnerflügel“) sechsundzwanzig Zimmer zu seiner Verfügung – zu ihrer Verfügung hatten mussten andere Hausbewohner mit kleineren Wohnungen Vorlieb nehmen. So lebte der Hausmeister des Gebäudes (in den meisten Jahren ein Mann namens Horst Tappe) in einer Wohnung im Dachgeschoss, während der Chauffeur des Staatsoberhauptes (Heinrich Demant) in den Räumen über den zur Garage für den Fuhrpark umgebauten ehemaligen kaiserlichen Stallungen lebte.

Das Gebäude wurde von einem großen Park umsäumt der neben Spazierwegen, Rasenflächen und Blumenbeeten auch einige hinter Hecken verborgene Gemüsebeete umfasste.

Bewohner des Palais

Die „Bewohner“ des Reichspräsidentenpalais lassen sich in zwei Gruppen einteilen. Einmal jene die den Palais im engeren Sinne „bewohnten“, d.h. die im Palais nicht nur ihrer Arbeit nachgingen, sondern auch privat dort lebten. Und zum zweiten solche Personen, die tagsüber ins Palais kamen um dort bestimmte Aufgaben wahrzunehmen, jedoch nicht privat dort lebten.

Unter den Bewohnern der ersten Gruppe sind zunächst die jeweiligen Inhaber des Amtes des Reichspräsidenten zu nennen. Neben der Reichspräsidenten Ebert und von Hindenburg war der Chef des Büros des Staatsoberhauptes, Staatssekretär Otto Meissner, von 1920 bis 1939 ständig im Palais zu Hause. Hinzu kamen die Familien dieser drei Männer. Während der Präsidentschaft Eberts lebten seine Ehefrau und seine zwei Söhne im Palais, Hindenburg brachte dagegen seinen Sohn Oskar und seine Schwiegertocher Margarete und die drei Kinder des Paares, von denen das jüngste im Palais geboren wurde, mit. Meissners Haushalt bestand wiederum aus dessen Ehefrau und beiden Kindern, darunter der Sohn Hans-Otto Meissner. Weitere Personen die nicht nur im Parlais arbeiteten, sondern auch eigene Wohnungen dort hatten waren der Hausinspekteur (Chef des hauswirtschaftplichen Personals) Wilhelm Tappe, Hindenburgs Leibdiener Oskar Putz (genannt „Karl“, um Verwechselungen mit dem gleichnamigen Sohn des Staatsoberhauptes zu vermeiden) sowie der Präsidentenchauffeur Otto Demant[1] und der Chauffeur des Präsidentenbüros Kurt Nehls.[2]

Nur während der Arbeitszeiten des Palais war der Stab des Präsidenten und die Mitarbeiter des Haushaltes in den Räumlichkeiten anzutreffen. Der Stab des Reichspräsidenten bestand in der Regel aus fünfzehn mittleren und höheren Beamten, zehn weiblichen Schreibkräften und acht Amtsdienern. Die Haushaltsmannschaft bestand aus Köchinnen, Putzfrauen, Zimmermädchen, Gärtnern, einem Schreiner, der Reparaturarbeiten erledigte und dem Wachpersonal.

Unter den Angehörigen des Stabes des Reichspräsidenten, dessen wichtigste Mitarbeiter Ebert und Hindenburg in gleicher Weise zur Seite standen, sind hervorzuheben: Der Ministerialrat Heinrich Doehle, der die Angelegenheiten der inneren Politik bearbeitete, und der Legationsrat Oswald Baron von Hoyningen-Huene, der dem Reichspräsidenten als Vertreter des Auswärtigen Amtes zugeordnet war, sowie Oberregierungsrat Wilhelm Geilenberg[3], der die Kassengeschäfte führte. Hinzu kamen ein bis zwei Offiziere, die als Verbindungsoffizier zum Reichswehrministerium funigerten. Unter Hindenburg übernahm sein Sohn Oskar von Hindenburg den Posten des ersten militärischen Adjutanten des Reichspräsidenten und Wedige von der Schulenburg den des zweiten Adjutanten.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hans-Otto Meissner gibt Demant in seinen Lebenserinnerungen irrtümlicherweise den Vornamen Heinrich; die Berliner Adressbücher der Jahre 1911 bis 1943 kennen jedoch nur einen Otto Demant mit Beruf Chaffeur bzw. Kraftwagenfahrer; dass es sich bei ihm um den Präsidentenchauffeur handeln muss, ergibt sich aus dem Umstand, dass sein Wohnsitz ab 1928 in der Wilhelmstraße 73 (dem Reichspräsidentenpalais) angegeben wird. Demant arbeitete Meissner zufolge von 1911 bis 1918 als Chauffeur für Kaiser Wilhelm II. (die Adressbücher bestätigen dies, indem sie ab 1911 einen Otto Demant mit Beruf Kraftwagenfahrer aufführen vorher jedoch nicht); von 1919 bis 1934 arbeitete Demant dann als Chauffeur für die Reichspräsidenten Ebert und Hindenburg, danach bis 1945 als Chauffeur für den Leiter der „Präsidialkanzlei des Führers“, d.h. Otto Meissner; bis 1939 verzeichnen die Berliner Adressbücher Demant noch als wohnhaft in der Wilhelmstraße 73, danach von 1940 bis 1943, wie Otto Meissner, als wohnhaft im Schloss Bellevue, dem Gästehaus des Reiches im April 1945 brachte Demant Meissner Junior zufolge den Vater auf Schleichwegen aus Berlin hinaus und nach Schleswig ins Hauptquartier von Hitlers Nachfolger als Reichspräsident, Großadmiral Dönitz (vgl. Hans-Otto Meissner: Junge Jahre im Reichspräsidentenpalais, S. 61).
  2. Nehls wird, ohne Nennung eines Vornamens, bei Hans-Otto Meissner als zweiter Chauffeur des Büros aufgeführt. Den Vornamen enthüllt das Berliner Adressbuch für das Jahr 1932, S. 2313, in dem Nehls auch als in der Wilhelmstraße 73 wohnhaft identifiziert wird. In den Adressbüchern 1931 bis 1939 wird er als wohnhaft in der Wilhelmsstraße 73, danach von 1940 bis 1943 als wohnhaft im Schloss Belleveue, dem Gästehaus des Reiches, geführt.
  3. Geilenberg wechselte auf Empfehlung Meissners aus dem Reichsamt für die Verwaltung der Reichseisenbahnen in das Büro des Reichspräsidenten, dem er von 1920 bis 1945 als Leiter der Registratur angehörte.

52.51397813.3815037Koordinaten: 52° 30′ 50″ N, 13° 22′ 53″ O


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