- Parameter der Musik
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Parameter (grch. παράμετρος aus pará = gegen, neben, bei und metron = Maß; im Sinne von: an etwas messen, vergleichen) ist ein aus den Naturwissenschaften entlehnter Begriff und bezeichnet in der Musik elementare Aspekte wie Tondauer, Tonhöhe und Tonstärke. Bereits der ukrainisch-amerikanische Musiktheoretiker Joseph Schillinger (1895–1943) propagierte algorithmische Kompositionstechniken und gebrauchte das Wort „Parameter“. Nachdem der deutsche Physiker Werner Meyer-Eppler (1913–1960) den Begriff 1953 als musiktheoretischen Terminus zur Diskussion stellte, setzte er sich sehr schnell durch – zeitgleich mit seriellen Kompositionstechniken, in denen nicht nur Tonhöhen und Intervalle, sondern auch die Länge der Töne und ihre Lautstärke in Reihen vorgeordnet wurden. Das Wort „Parameter“ spielt eine zentrale Rolle in Komposition und Analyse insbesondere Serieller und Elektronischer Musik.
„Der Ausdruck selbst entstammt der Mathematik; er musste sich wie mancher naturwissenschaftlicher Terminus, den die neuere Musiktheorie adaptierte, einen Bedeutungswandel gefallen lassen. Jetzt, in der Musik, nennt man Parameter alle Dimensionen des musikalischen Verlaufs, die sich isoliert verändern lassen. […] Nachdem man sich einmal entschlossen hatte, alles dem Begriff Parameter zu unterstellen, was irgend sich in Reihen anordnen, also serialisieren ließe, ging man dazu über, weitere Parameter zu bilden. […] Was den Parameter definiert: Er gibt einen Bereich an, der sich kompositionstechnisch verwalten, also vorbehaltlos jedem noch so abstrakten Regelungsschema anpassen lässt.“
Inhaltsverzeichnis
Parameter des Einzeltons
Drei physikalisch messbare Kenngrößen lassen sich an musikalischem Material feststellen und getrennt voneinander beschreiben. Die drei Parameter des einzelnen Tons (und ihre entsprechenden akustischen Größen) sind:
- die Tonhöhe (beziehungsweise die Grundfrequenz) f
- die Tondauer (beziehungsweise das Zeitintervall) Δt
- die Lautstärke (beziehungsweise die Amplitude) y0
Manchmal wird auch
- die Klangfarbe (beziehungsweise das akustische Spektrum)
zu den Parametern gezählt. „Klangfarbe“ lässt sich aber nur im übertragenen Sinne als Parameter bezeichnen, denn sie besteht nicht aus einer Variable mit diskretem Wert, sondern ist ein zeitlich veränderlicher Verlauf von Frequenzspektrum und Amplitude bzw. Hüllkurve (mit den Phasen: Einschwingvorgang, stationäre Phase und Ausschwingvorgang). Es handelt sich um einen kontinuierlichen Übergang, der nicht in Einzelwerte aufgelöst werden kann.
Wenn etwa Melodie als musikalischer Parameter bezeichnet würde, wäre das irreführend, denn eine Melodie ist nicht lediglich eine Tonhöhenfolge, sondern zugleich eine Tondauernfolge, und sie unterliegt eigenen geschichtlichen und ästhetischen Bestimmungen. Auch die Einstufung von Harmonie und Rhythmus als Parameter wäre zumindest unhistorisch.
Im Unterschied zu naturwissenschaftlichen oder mathematischen Elementen ist in der Musik – von ihren physikalischen Eigenschaften einmal abgesehen – nicht zu objektivieren, welche Größen als elementare Parameter einer musikalischen Komposition gelten können und welche als zusammengesetzte Nebenerscheinungen – die Komponisten gehen je verschieden damit um. Die Bedeutung des Begriffs Parameter verliert im Übergang von den akustischen Gegebenheiten zum kompositorischen Momentum seine naturwissenschaftliche Basis und wird zum Gegenstand eines kompositorischen Konzeptes.
Parameter des Tonsatzes
Die Behandlung der Klangfarbe als Parameter war von Anbeginn problematisch. Bezeichnenderweise waren die ersten seriellen Kompositionen für Klavier geschrieben, sie klammerten das Problem zunächst aus. Olivier Messiaens Mode de valeurs et d´intensités (1949) berücksichtigte zunächst die Parameter Tonhöhe, Dauer, Intensität und Anschlagsart. Die Tonhöhen erschienen hier nicht absolut, sondern getrennt nach „Tonqualität“ (der Ton „c“ wird unabhängig von seiner Oktavlage und damit seiner tatsächlichen Frequenz behandelt) und „Register“. Der Versuch, den Parameter Klangfarbe systematisch zu gestalten, führte zur Klangsynthese und damit zur Elektronischen Musik.
Im Folgenden wurden zunehmend mehr Ebenen der Komposition „parametrisiert“: Karlheinz Stockhausen führte in seiner 5kanaligen Tonbandkomposition Gesang der Jünglinge (1955–56) den Parameter „Raum“ ein, strukturierte also Klangbewegungen im Raum. Iannis Xenakis organisierte in seinem Orchesterwerk Metastaseis (1953–54) Dichtegrade des musikalischen Geschehens. Schließlich wurde der Begriff Parameter auf jede Dimension der Musik angewendet, die dem kompositorischen Zugriff zugänglich war und sich in Skalen anordnen und/oder quantifizieren ließ.
Quellen
- Joseph Schillinger The Mathematical Basis of the Arts. New York 1948.
- Herbert Eimert und Hans-Ulrich Humpert: Artikel Parameter, in: Das Lexikon der elektronischen Musik, Regensburg:Bosse 1973.
- Christoph von Blumröder: Artikel Parameter, in: Handwörterbuch der musikalischen Terminologie, Freiburg i. Br.: Steiner 1982.
- Brockhaus-Riemann-Musiklexikon: Artikel Parameter, Bd. 3, S.268, Mainz: Schott 1989
Einzelnachweise
- ↑ Ulrich Dibelius Moderne Musik I. München 1966, 4te Auflage 1988, S. 337f.
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