Parsival

Parsival
Dieser Artikel behandelt die Wagner-Oper Parsifal.
Für den Helden dieser Oper und zum gleichnamigen epischen Werk von Wolfram von Eschenbach siehe Parzival.
Werkdaten
Titel: Parsifal
Form: durchkomponiert
Originalsprache: deutsch
Musik: Richard Wagner
Libretto: Richard Wagner
Uraufführung: 26. Juli 1882
Ort der Uraufführung: Festspielhaus, Bayreuth
Spieldauer: ca. 4 Stunden
Ort und Zeit der Handlung: frühes Mittelalter
Personen
  • Amfortas, Gralskönig (Bariton)
  • Titurel, Amfortas’ Vater (Bass)
  • Gurnemanz, Gralsritter (Bass)
  • Parsifal (Tenor)
  • Klingsor (Bass)
  • Kundry (Sopran oder Mezzosopran)
  • Zwei Gralsritter (Tenor und Bass)
  • Vier Knappen (Sopran und Tenor)
  • Klingsors Zaubermädchen (6 Einzelsängerinnen, Sopran und Alt)
  • Stimme aus der Höhe (Alt)
  • Chor:
    • Zaubermädchen (Sopran und Alt)
    • Bruderschaft der Gralsritter (Tenor und Bass)
    • Jünglinge und Knaben (Tenor, Sopran und Alt)


Parsifal ist der Titel des letzten musikdramatischen Werks von Richard Wagner. Wagner selbst bezeichnete das dreiaktige Stück als ein Bühnenweihfestspiel und verfügte, dass es ausschließlich im Bayreuther Festspielhaus aufgeführt werden sollte.

Inhaltsverzeichnis

Intention Wagners

"Parsifal vor der Gralsburg" — Weimar 1928 von Hans Werner Schmidt (1859–1950)
Titelblatt der Text-Broschur als Erstdruck

Auf den ersten Blick wirkt Wagners Bühnenweihfestspiel wie ein „religiöses Werk“, mit weihevoller Musik, Monstranzenthüllung (Gral), Taufe, christlichem Abendmahlsritual usw. Bereits in seinen Züricher Kunstschriften entwickelte er die Idee, den Kern des Religiösen durch Kunst zu verdeutlichen. In Religion und Kunst, schreibt er zusammenfassend:

Man könnte sagen, dass da, wo die Religion künstlich wird, der Kunst es vorbehalten sei, den Kern der Religion zu retten, indem sie die mythischen Symbole, welche sie im eigentlichen Sinne als wahr geglaubt wissen will, ihrem sinnbildlichen Werte nach erfasst, um durch ideale Darstellung derselben die in ihnen verborgene tiefe Wahrheit erkennen zu lassen.

Wagner erklärt, dass er zur Transformierung seiner gleichnishaften Botschaft, nämlich Erlösung und Regeneration der Menschheit durch Mitleid – dargestellt durch den suchenden Parsifal und den leidenden Amfortas – eine Kunstform gewählt habe, die mit religiöser Symbolik eine „entrückende Wirkung auf das Gemüt“ ausüben solle.

Entstehungsgeschichte

Wagner beschäftigte sich schon 1845 in Marienbad, als er Lohengrin entwarf und die erste Idee für Die Meistersinger von Nürnberg niederschrieb, mit dem Stoff der Sage, doch die erste Skizze mit dem Titel „Parzival“ entstand erst 1857 in Zürich. 1865 bat König Ludwig II. von Bayern, der seit 1864 Wagner finanziell unterstützte, den Parzival-Plan auszuführen. Daraufhin entstand der erste Prosaentwurf des Werks. Nachdem die ersten Bayreuther Festspiele mit der Aufführung des Ring des Nibelungen beendet waren, begann Wagner auf Bitten seiner Frau Cosima – die in ihren Tagebüchern den gesamten Entstehungsprozess detailliert festgehalten hat – im Januar 1877 mit der Verwirklichung seiner alten Parzival-Pläne. Bald änderte Wagner die Schreibweise des Namens zu „Parsifal“, indem er sich auf die angeblich persischen Worte für „rein“ (fal) und „Tor“ (parsi) bezog. Als im Herzen reiner Tor ist die Figur des Parsifal im Werk auch angelegt. Mit der Komposition begann Wagner im September 1877, im April 1879 waren die Orchesterskizzen für alle drei Akte fertig, doch sollte es noch bis Januar 1882 dauern, bis das Werk (während eines längeren Aufenthaltes in Palermo) vollständig komponiert und die Partitur vollendet war. Im November 1880 erklang erstmals das Orchester-Vorspiel des ersten Aufzugs in einer Privataufführung für König Ludwig II. von Bayern in München.

Die Verlagsrechte verkaufte Wagner zu einem damals hohen Preis von 100.000 RM an die Nachfolger seines Verlegerfreundes Franz Schott in Mainz, die somit auch die 2. Festspiele mitfinanzierten.

Historischer Hintergrund

Die Handlung geht zurück auf das Versepos Wolframs von Eschenbach, strafft und konzentriert jedoch die Geschichte und verändert vor allem die szenischen Requisiten Gral und Speer. Die Personen werden auf wenige Hauptfiguren reduziert, die Handlung auf den in fast allen Werken Wagners dominierenden Erlösungsgedanken konzentriert.

König Titurel ist im Besitz zweier wundertätiger Reliquien, Gral und Heiliger Speer. Der Gral diente als Trinkbecher beim letzten Abendmahl und fing das Blut Christi am Kreuz auf. Der Speer ist jener, mit dem Jesus am Kreuz seine Seitenwunde beigebracht wurde. Titurel hat Ritter um sich gesammelt, die, von den Reliquien gestärkt, in die Welt ziehen und für das Gute kämpfen. Auch Klingsor bemühte sich einst, der Gralsgemeinschaft angehören zu dürfen, wurde aber wegen seiner Unkeuschheit abgelehnt. Daraufhin entmannte er sich selbst und schuf sich in der Wüste ein Gegenreich, einen Zaubergarten mit verführerischen Frauen, und schwor, den König und seine Ritter zu entmachten und die Reliquien an sich zu bringen.

Den Anfechtungen hielten manche der Ritter nicht stand, so dass Titurels Sohn Amfortas als junger Gralskönig beschloss, mit der heiligen Lanze bewaffnet gegen Klingsor in den Kampf zu ziehen. Doch auch er wurde von einer geheimnisvollen Frau verführt. Es gelang Klingsor, ihm dabei die Lanze, den heiligen Speer zu entwenden. Amfortas trägt seitdem eine Verwundung, die Klingsor ihm mit diesem Speer schlug, eine Wunde, an der Amfortas seitdem entsetzlich leidet. Denn die Wunde schließt sich nicht mehr. Mit jeder neuen Enthüllung des Grals, wodurch die gesamte Ritterschaft genährt wird, bricht sie von neuem auf.

Handlung

1. Aufzug, Waldlichtung und Gralsburg

1 Act1- Vorspiel.ogg
Vorspiel Parsifal, Bayreuth 1951, Festspielorchester, Hans Knappertbusch
Parsifal von Hermann Hendrich

Auf einer Waldlichtung nahe der Gralsburg weckt Ritter Gurnemanz einige Knappen. Er fordert sie auf zu beten und das Morgenbad des jungen Königs Amfortas vorzubereiten. Kundry, die geheimnisvoll wilde Helferin der Gralsritter, kommt eilig herbeigeritten. Mit letzter Kraft überreicht sie Balsam für den verletzten König. Doch halb verzweifelt, halb spöttisch bemerkt sie, er werde wohl so wenig helfen wie das Heilkraut, das Ritter Gawan bereits gebracht hat. Kundry wird von den Knappen als „Heidin“ und „Zauberweib“ verhöhnt. Nur Gurnemanz nimmt sie in Schutz, als die Knappen spottend fordern, Kundry solle doch losziehen, um die verloren gegangene heilige Lanze zurückzuholen. Jetzt erzählt Gurnemanz, dass nach einer Prophezeiung nur ein „durch Mitleid wissender“ reiner Tor den Speer zurückgewinnen und damit Amfortas heilen könne. Denn die Wunde schließe nur der Speer, der sie auch schlug.

Die Szene wird durch Lärm vom nahen See gestört. Die Ritter fingen einen Knaben, der einen Schwan mit Pfeil und Bogen getötet hat. Es ist Parsifal, der Sohn der Herzeleide und des im Kampf gefallenen Ritters Gamuret. Der Knabe wuchs unter der Obhut seiner Mutter im Wald ohne Kontakt zur Außenwelt auf. Er weiß selbst weder seinen Namen, noch woher er kommt und wer sein Vater ist. Doch Kundry kennt seine Geschichte und erzählt vom Tod seiner Mutter. Gurnemanz glaubt, den in der Vision des Amfortas angekündigten „reinen Toren“ gefunden zu haben und nimmt ihn, während Kundry in einen hypnotischen Schlaf fällt, mit zur Gralsburg.

Dort versammeln sich die Ritter, Amfortas, Titurel und, als stummer Zuschauer, Parsifal zur Enthüllung des Grals. Amfortas beklagt seine Schmerzen, die der Anblick des Grals nur kurz lindern kann. Titurel und die Ritter fordern ihn auf, den Gral zu enthüllen. Der Kelch mit dem Blut Christi leuchtet in einem magischen Lichtschein. Die Ritter nehmen daraufhin das Mahl, Brot und Wein, und verlassen danach gestärkt den Tempel. Parsifal ist nicht fähig, zu all dem, was er sah, etwas zu sagen und wird von Gurnemanz, der glaubt, sich in ihm getäuscht zu haben, vor die Tür gesetzt. Jedoch: eine Stimme aus der Höhe wiederholt mit den letzten Klängen der Gralsglocken die Worte der Prophezeiung: „Durch Mitleid wissend, der reine Tor“.

Garten der Villa Rufolo, dem Modell des „Zaubergartens“

2. Aufzug, Klingsors Zaubergarten

Der zweite Akt führt in eine andere, fantastische Welt. Klingsor beobachtet in seinem Zauberspiegel Parsifal, der sich seiner Burg und dem Zaubergarten nähert. Mit Kundry als Werkzeug will er dem Toren die Unschuld rauben. Jetzt kommt die Rolle der Kundry ans Tageslicht: Indem sie Jesus auf seinem Weg zur Kreuzigung verhöhnt hat, sucht sie ihn nun „von Welt zu Welt“, in immer neuen Wiedergeburten, um Erlösung von ihrer Schuld zu finden. Voll Todessehnsucht dient sie seither zum einen freiwillig büßend den Gralsrittern als Helferin, zum anderen gelingt es dem Zauberer Klingsor immer wieder, sie in seinen Bann zu ziehen und als willenloses, schönes Werkzeug der Verlockung zu missbrauchen. Sie war es auch, die in veränderter Gestalt Amfortas verführt hat.

Erlösung kann sie nur erlangen, wenn ein Mann ihrer Verführung widersteht. Sie fügt sich nur widerstrebend dem Befehl Klingsors, Parsifal zu bezwingen, muss aber seiner Macht gehorchen. Nachdem Parsifal den unschuldigen Verlockungen der Zaubermädchen, alles Blumen in Klingsors Garten, entfliehen will, ruft Kundry ihn mit seinem Namen. Sie eröffnet ihm damit seine wahre Identität und erzählt dem Knaben vom Tod seiner Mutter. Tröstend, aber mit der Absicht, ihn in die Liebe einzuführen, schließt sie ihn in ihre Arme. Doch in dem Moment eines langen Kusses erkennt Parsifal die Zusammenhänge und die Ursache von Amfortas′ Leiden, er wird „welthellsichtig“. Parsifal stößt Kundry zurück und verspricht ihr dafür Erlösung. Ihr Ausbruch von rasendem Lachen und Schreien ruft Klingsor herbei, der den heiligen Speer auf Parsifal schleudert. Der Speer bleibt schwebend über Parsifal stehen, der ergreift ihn, schlägt damit das Kreuzzeichen, worauf Kundry und Klingsor, mit ihnen der gesamte Zaubergarten, zusammenbrechen. Kundry blickt im Zusammensinken nach Parsifal, der ihr im Enteilen noch zuruft: „Du weißt, wo du mich wiederfinden kannst!“

3. Aufzug, Waldlichtung und Gralsburg

Das Orchestervorspiel stellt die labyrinthische Irrfahrt Parsifals dar, der zur Gralsburg zurückzufinden sucht.

Jahre sind vergangen. Gurnemanz lebt nun allein als Einsiedler im Wald und findet dort eines Morgens Kundry in tiefer Ohnmacht im Gestrüpp. Nachdem sie erwacht, ist sie ganz verwandelt – sanft, hilfsbereit und schweigsam. Ein Ritter in schwarzer Rüstung betritt die Szene, und Gurnemanz verweist dem Unbekannten am heilgen Karfreitag mit Waffen aufzutreten. Als Parsifal sein Visier öffnet und die Rüstung ablegt, erkennt Gurnemanz hocherfreut, dass es Parsifal mit dem heiligen Speer ist, den er zurückgeholt hat.

Er begrüßt ihn schlicht und berichtet vom Tod Titurels und davon, dass die Gralsrunde zerfallen ist, weil die Zeremonie durch Amfortas nie mehr vollzogen wurde. Nur zur Totenfeier für Titurel will Amfortas noch einmal, ein letztes mal, den Gral enthüllen. Kundry wäscht Parsifal die Füße und Gurnemanz salbt und segnet ihn, damit er rein von allen Sünden und aller Irrfahrt Staub von ihm gewaschen sei. Durch diese Handlungen wird Parsifal zum neuen Gralskönig. Als sein „erstes Amt“ spendet er Kundry, die heftig weint, die Taufe. Staunend nehmen Parsifal und Gurnemanz die wie verwandelt erscheinende Blumenaue wahr, als ob sie durch Kundrys Reuetränen aufgeblüht wäre – bedeutungsvoll spricht Gurnemanz: „Das ist Karfreitagszauber, Herr“. Es ist Mittag, Glockengeläut von der Gralsburg ertönt. Gemeinsam machen sich alle drei auf den Weg zur Burg.

Dort hat sich die in zwei Gruppen gespaltene Ritterschaft versammelt. Amfortas beklagt seinen toten Vater, der durch seine Schuld, weil er den lebensspendenden Gral nicht mehr enthüllte, gestorben ist und erfleht verzweifelt seine Erlösung: die Ritter sollen ihn töten, von selbst dann würde ihnen wohl der Gral leuchten. Bevor es dazu kommt, betreten Parsifal und seine Begleiter den Tempel. Mit der heiligen Lanze schließt Parsifal Amfortas Wunde, er übernimmt sein Amt und enthüllt den Gral. Aus der Höhe kommt eine weiße Taube als Zeichen besonderer Gnade herab und schwebt über Parsifal und dem erglühenden Gral. Kundry ist von ihrem Fluch erlöst, sie darf, was sie sich seit Jahrhunderten gewünscht hat, sterben und sinkt „entseelt“, wie es bei Wagner heißt, zu Boden. Parsifal verfügt die Öffnung des Grals für alle Zeiten: „Nicht soll der mehr verschlossen sein!“

Das einst durch Amfortas entweihte Heiligtum ist wieder vollständig – Gral und heiliger Speer sind vereint. Aus der Höhe besingen Knabenstimmen die wunderbare Rettung der Gralsgemeinschaft: „Höchsten Heiles Wunder: Erlösung dem Erlöser.“

Die ersten Aufführungen

Die Uraufführung fand zu den 2. Bayreuther Festspielen am 26. Juli 1882 statt und wurde von Hermann Levi dirigiert. Das Bühnenbild schuf Paul von Joukowsky, den Wagner auf seinen Italienreisen in Neapel kennengelernt hatte. Demzufolge war die Bühne mediterran beeinflusst: Der Gralstempel der Uraufführung erinnerte an den Dom von Siena, Klingsors Zauberschloss war vom Garten des Palazzo Rufolo in Ravello beeinflusst. Insgesamt wurden bis Ende August noch 20 Aufführungen gegeben. In der letzten Vorstellung übernahm der Komponist selbst den Stab und dirigierte von der Verwandlungsmusik im III. Aufzug an bis zum Ende. – Es war das einzige Mal, dass Wagner in seinem Festspielhaus eine öffentliche Aufführung leitete.

Die Reaktion des Publikums – darunter auch viele Künstler und Musiker – war durchweg positiv und entsprach der Intention Wagners, mit seinem Bühnenweihfestspiel einen Effekt der „Sammlung“ zu erzielen, in einer Gesinnungs-Gemeinschaft besinnlich reflektieren und meditieren zu können. Bei vielen traf er den Nerv. Der junge Gustav Mahler schrieb, dass er keines Wortes fähig aus dem Festspielhaus hinausgetreten sei und gewusst habe, dass ihm das Größte und Schmerzlichste nun aufgegangen wäre. Claude Debussy hielt fest, dass die Musik zu Parsifal von erlesener Schönheit und sie eines der schönsten Klangdenkmäler sei, die zum unvergänglichen Ruhm der Musik errichtet worden seien.

Zur Aufführungspraxis

Nach dem ausdrücklichen Willen Wagners und seiner Erben sollte der Parsifal ausschließlich in Bayreuth zur Aufführung kommen. Kurz nach dem Tod des Komponisten wurde von seiner Witwe Cosima eine Sonder-Aufführung in München für König Ludwig II. gestattet. Die erste szenische Aufführung des Parsifal außerhalb Bayreuths, die Heinrich Conried am 24. Dezember 1903 ohne Genehmigung Cosima Wagners an der Metropolitan Opera in New York durchführte, verärgerte Cosima dagegen derart, dass der Dirigent der Aufführung Alfred Hertz künftig von allen deutschen Bühnen verbannt war (Felix Mottl, der die Oper ursprünglich einstudiert hatte, war als Dirigent im letzten Augenblick zurückgetreten). Cosima Wagner bemühte sich später nachdrücklich, den 1913 endenden Urheberrechtsschutz für das Werk verlängern zu lassen, worüber es zu einer kontroversen Auseinandersetzung im Reichstag kam. Der Antrag fand jedoch keine Mehrheit, so dass von 1913 an Aufführungen des Parsifal in aller Welt nichts mehr im Wege stand. Die erste legitime vollständige Aufführung des Parsifal nach dem Ende der Schutzfrist fand im Opernhaus Zürich 1913 statt, die erste Aufführung in Deutschland 1914 im damaligen Stadttheater in Halle (Saale).

Lange Jahre war es üblich, nach Aufführungen des Parsifal wegen des „religiösen“ Charakters überhaupt nicht zu klatschen. Auch heute verzichtet das Publikum oft noch nach dem ersten Akt (Abendmahlszene) darauf. Wagner selbst hatte nichts gegen Beifall bei Parsifal-Aufführungen. Er wurde aber selbst, als er seinen „Blumenmädchen“ des zweiten Akts in die Musik hinein Beifall klatschte, ausgezischt.

Traditionsgemäß wird Parsifal gern zu Ostern oder an den Tagen davor und danach gegeben – der dritte Akt spielt an einem Karfreitag. Zuweilen finden auch Aufführungen am Karfreitag statt, was wegen des ernsten und pseudo-religiösen Charakters des Werks in einigen deutschen Bundesländern erlaubt ist (Feiertagsgesetze).

Reflexionen

Friedrich Nietzsche

Die Hinwendung Wagners zur Mitleidsethik des Christentums, zum Religiösen an sich, wie sie auch im Parsifal zum Ausdruck kommt, war einer der Gründe für die zunehmende Entfremdung und schließlich für den Bruch zwischen Friedrich Nietzsche und Wagner. Nietzsche schilderte dies später in einem Brief an Lou von Salomé:

Die letzten geschriebenen Worte Wagner’s an mich stehen in einem schönen Widmungs-Exemplar des Parsifal „Meinem theuren Freunde Friedrich Nietzsche. Richard Wagner, Ober-Kirchenrath.“ Genau zu gleicher Zeit traf, von mir gesendet, bei ihm mein Buch „Menschliches Allzumenschliches“ ein – und damit war Alles klar, aber auch Alles zu Ende.[1]

Als Nietzsche Anfang 1887 in Monte Carlo zum ersten Male das Vorspiel zu Parsifal hörte, da bekannte der bekennende Antichrist und Pfarrerssohn, dass nichts Vergleichbares das „tiefe“ Christentum ausdrücken und zum Mitgefühl anregen würde; ein unbeschreiblicher Ausdruck von Größe und Mitleiden sei diese Musik. „Hat Wagner je etwas besser gemacht?“ … fragte er in einem Brief an seinen „Assistenten“ Peter Gast (Heinrich Köselitz) und versuchte, das Gehörte zu beschreiben:

… ein außerordentliches Gefühl, Erlebnis und Ereignis der Seele im Grunde der Musik, das Wagner die höchste Ehre macht, eine Synthesis von Zuständen, die vielen Menschen, auch „höheren Menschen“, als unvereinbar gelten werden, von richtender Strenge, von „Höhe“ im erschreckenden Sinne des Wortes, von einem Mitwissen und Durchschauen, das eine Seele wie mit Messern durchschneidet – und von Mitleiden mit dem, was da geschaut und gerichtet wird.

Hans Knappertsbusch

Hans Knappertsbusch, einer der berühmtesten Dirigenten des Parsifal in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts, war von der Unverzichtbarkeit religiöser Symbole wie z. B. dem Erscheinen der Taube am Ende des Werks überzeugt. Als Wieland Wagner eben dieses Symbol aus seiner Inszenierung entfernen wollte, weigerte sich Knappertsbusch zu dirigieren. Wieland behielt also die Taube bei, ließ sie aber nur so weit aus dem Schnürboden der Bayreuther Bühne herunterkommen, dass der Dirigent sie vom Pult steil nach oben blickend sehen konnte, während sie für das Publikum unsichtbar blieb. Der Legende nach ging Knappertsbusch später zu Wieland Wagner und legte ihm wortlos ein Stück Bindfaden auf den Schreibtisch.

Adolf Hitler

Auch Adolf Hitler, der seit seiner Jugendzeit in Wien ein glühender Wagner-Verehrer war, gab ein Urteil ab und bezeichnete den Parsifal als die Schlüsseloper par excellence.

Ab 1934 nahm Hitler per Verfügung Einfluss auf die Bayreuther Parsifal-Inszenierung. Er steuerte mit seinem ehemaligen Maler-Idol Alfred Roller aus Wien Ideen zum Bühnenbild bei, wollte bereits damals eine Art „Entrümpelung“, weg vom allzu christlichen Weihegetue.

Thomas Mann

Thomas Mann, der sich immer wieder mit dem „Phänomen Wagner“ auseinandersetzte, ihm nach eigenen Worten Kunstglück und Kunsterkenntnis verdankte und ihn lange Zeit über all sein künstlerisches Denken und Tun stellte, aber auch ehrlich genug war, seine Liebe zu Wagner als „Liebe ohne Glauben“ zu bezeichnen, meinte, das Werk wäre in „seiner frommen Verderbtheit und ungeheuerlichen Schmerzensausdruckskraft sicher das Merkwürdigste, was es gibt“. In einem Brief an seinen Schriftstellerkollegen Ludwig Ewers schrieb er am 23. August 1909 nach einer Parsifal-Aufführung:

Obgleich ich recht skeptisch hinging und das Gefühl hatte, nach Lourdes oder zu einer Wahrsagerin oder an sonst an einen Ort suggestiven Schwindels zu pilgern, war ich schließlich doch tief erschüttert. Gewisse Stellen namentlich im III. Akt, die Karfreitagsmusik, die Taufe, Salbung etc., dann aber auch das unvergessliche Schlussbild – sind bedeutend und durchaus unwiderstehlich […] Eine so furchtbare Ausdruckskraft gibt es doch wohl in allen Künsten nicht wieder. Die Akzente der Zerknirschung und Qual, an denen Wagner sein ganzes Leben lang geübt hat, kommen erst hier zu ihrer endgültigen Intensität …

Bedeutende Einspielungen

Allgemeines

Einzelnachweise und Literatur

  1. Brief Nietzsches an Salomé, 16. Juli 1882, KSB 6, Nr. 269, S. 229.
  • Sven Friedrich: Richard Wagner, Deutung und Wirkung. Würzburg 2004
  • Felix Gross: Der Mythos Richard Wagners. Wien 1931
  • Werner Huemer: Die Botschaft aus dem Gral. Stuttgart 2002
  • Ulrike Kienzle: … daß wissend würde die Welt! Würzburg 2005
  • Josef Lehmkuhl: Gott und Gral. Würzburg 2007
  • Horst Obleser: Parzival auf der Suche. Leinfelden 1997
  • Daniel Schneller: Richard Wagners Parsifal und die Erneuerung des Mysteriendramas in Bayreuth. Bern 1999

Weblinks


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