Partielle Differentiation

Partielle Differentiation

In der Differentialrechnung ist eine partielle Ableitung die Ableitung einer Funktion mit mehreren Argumenten nach einem dieser Argumente.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Sei U eine offene Teilmenge des euklidischen Raums \R^n, und f: U\rightarrow \R eine Funktion. Sei weiterhin ein Element a=(a_1, \ldots, a_n) in U gegeben. Falls für die natürliche Zahl i mit 1 \leq i \leq n der folgende Grenzwert existiert:


 \frac{\partial f}{\partial x_i}(a) :=
 \lim_{h\to 0} \frac{f(a_1,\ldots,a_i+h,\ldots,a_n)
   - f(a_1,\ldots,a_i,\ldots,a_n)}{h}

dann nennt man ihn die partielle Ableitung von f nach der i-ten Variablen xi im Punkt a. Die Funktion f heißt dann im Punkt a partiell differenzierbar. Das Symbol \partial (der kursive Schnitt des kyrillischen Minuskel д) wird als d oder zur Unterscheidung auch del ausgesprochen.

Die partielle Ableitung nach xi ist selbst wieder eine Funktion von U nach \R, falls f in ganz U nach xi partiell differenzierbar ist.

Den Vektor


 \text{grad}\, f = \nabla f:=
 \left(\frac{\partial f}{\partial x_1}, \ldots,
 \frac{\partial f}{\partial x_n} \right)^T

nennt man den Gradienten von f. Das Symbol \nabla wird Nabla genannt. Als abkürzende Schreibweise ist auch oft \frac{\partial f}{\partial x}= f_x oder \frac{\partial f}{\partial x}=\partial_x f zu finden.

Zusammenhang Ableitung, partielle Ableitung, Stetigkeit

  • Total differenzierbare Funktionen sind stetig.
  • Total differenzierbare Funktionen sind partiell differenzierbar.
  • Stetig partiell differenzierbare Funktionen (das sind Funktionen, deren partielle Ableitungen stetig sind) sind stetig total differenzierbar (und umgekehrt).
  • Partiell differenzierbare Funktionen sind i.A. nicht stetig und damit auch nicht total differenzierbar.

Verwendung

Partielle Ableitungen ermöglichen die Berechnung einer Lösung für Probleme, die von mehreren Parametern abhängen.

Das Bestimmen der optimalen Lösung ist ein Extremwertproblem. Einfache Extremwertprobleme findet man in der Analysis bei der Berechnung von Maxima und Minima einer Funktion einer reellen Variablen (vgl. hierzu den Artikel über Differentialrechnung).

Die Verallgemeinerung des Differentialquotienten auf Funktionen mehrerer Variablen (Veränderlichen, Parameter) ermöglicht die Bestimmung ihrer Extremwerte, und für die Berechnung werden partielle Ableitungen benötigt.

In der Differentialgeometrie benötigt man partielle Ableitungen zur Bestimmung eines totalen Differentials. Anwendungen für totale Differentiale findet man in großem Maße in der Thermodynamik.

Partielle Ableitungen sind darüber hinaus ein wesentlicher Bestandteil der Vektoranalysis. Sie bilden die Komponenten des Gradienten, des Laplace-Operators, der Divergenz und der Rotation in Skalar- und Vektorfeldern. Sie treten auch in der Jacobi-Matrix auf.

Beispiele

Beispiel 1

Als Beispiel wird die Funktion f:\R^2\rightarrow\R mit f(x,y): = x2 + y2 betrachtet, die von den beiden Variablen x und y abhängt.

Betrachtet man y als eine Konstante, z. B. y = 3, so hängt die Funktion g:\R\rightarrow\R mit g(x) = f(x,3) nur noch von der Variablen x ab:

f(x,3) = x2 + 9

Für die neue Funktion gilt folglich g(x) = x2 + 9 und man kann den Differenzialquotienten bilden

\frac{\mathrm{d}g(x)}{\mathrm{d}x} = \lim_{\Delta x \to 0}\frac{g(x+\Delta x) - g(x)}{\Delta x} = g'(x) = 2 \cdot x

Das gleiche Ergebnis erhält man, wenn man die partielle Ableitung der Funktion f nach x bildet:

\frac{\partial f(x,y)}{\partial x} = f_x = \lim_{h \to 0}\frac{f(x+h,y) - f(x,y)}{h} = 2 \cdot x

Die partielle Ableitung von f nach y lautet entsprechend:

\frac{\partial f(x,y)}{\partial y} = f_y = \lim_{h \to 0}\frac{f(x,y + h) - f(x,y)}{h} = 2 \cdot y

Dieses Beispiel demonstriert, wie die partielle Ableitung einer Funktion bestimmt wird, die von mehreren Variablen abhängt:

Bis auf eine Variable werden alle anderen Variablen als konstant angenommen, bezüglich dieser einen Variablen wird der Differenzialquotient bestimmt. Als Ergebnis erhält man die partielle Ableitung der Funktion nach dieser einen Variablen.

Beispiel 2

Das folgende Beispiel gibt eine geometrische Deutung der partiellen Ableitung:

In einem dreidimensionalen Koordinatensystem wird der Funktionsgraph der Funktion f:B_1(0,0)\rightarrow \R mit f(x,y):= \sqrt{1 - x^2 - y^2} betrachtet. Der Definitionsbereich ist die Kreisscheibe B1(0,0) mit Radius 1 in der x,y-Ebene mit dem Mittelpunkt (0,0).

Die Funktion f projiziert diesen Kreis auf die Oberfläche einer Halbkugel vom Radius 1 (die "obere Halbkugel"). Der Pol dieser Halbkugel ist ein Extremwert von f (ein Maximum). Für einen festen Wert von x ist dann f eine Funktion in y. Bei festem x ergeben die Punkte \{(x,y): y\in\R so dass (x,y)\in B_1(0,0)\} eine Strecke parallel zur y-Achse. Diese Strecke wird von f auf eine gekrümmte Linie auf der Oberfläche der Halbkugel projiziert.

Die partielle Ableitung von f nach y bestimmt unter diesen Voraussetzungen die Steigung der Tangente an diese Kurve im Punkt f(x,y). Für jeden Parameter einer Funktion f kann man partielle Ableitungen bestimmen.

Literatur

  • Kurt Endl; Wolfgang Luh: Analysis II, Akademische Verlagsgesellschaft Frankfurt am Main, 1974

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